
maya60
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Du bist vor einigen Jahren gestorben, viel zu jung, aber du bist noch lebendig, nur in anderer Form. Genauso wie ich hier im Forum auch immer Pimbolina voll lebendig spüre wie sie mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Trauer schaut.
Du hast mir, da war ich noch sehr jung, als Erster gezeigt, dass Moral immer eine Frage der Perspektive ist und oft eigene Chancenlosigkeit und Einsamkeit mit Moral verwechselt wird.
Du, 13 Jahre älter als ich, warst damals, kurz nach meinem Abitur, kurz vor dem Umzug in meine Studienzeit, ich gerade 20 Jahre alt, ein großes aufregendes Abenteuer in Sachen Liebe für mich. Das lebt noch in mir und dir auch. Das wusste ich eh und als du mich kurz vor deinem Tod auf Facebook wiederfandest, war alles zeitlos immer da, auch wenn es gleichzeitig vorbei war. Aber Liebe schert sich nicht um Zeit und Raum und Polarität und Widersprüche und Schmerzen.
Du warst mein zweiter fester Freund. Beide waren wir aber schon Beziehungserfahren, denn meine erste langjährige Partnerschaft begann schon mit 14 Jahren und dauerte bis 19 Jahre. Sie war auch wundervoll, wie wir beide die ganze Jugendzeit mit viel Zeit in die Liebe hineinfanden.
Nicht so wie es heute die Liebessozialisation durch P.o.rnos suggeriert, dass E.r.otik etwas im Mann Unbezähmbares ist, das von Schulmädeln träumt und sie dann anfällt. Was für ein kranker Blödsinn! Wäre es so, wäre es ein Fall für den Arzt. Als ob die zärtliche Liebe und das Entdecken der Liebe sich nicht wie in unserem Fall 2 Jahre Zeit lassen könnte und trotzdem so zufriedenstellend sein könnte.
Darum, weil ich in dem Jahrzehnt der freien Liebe die Liebe spielerisch zärtlich entdecken durfte, darum war und bin ich dagegen, S.. vom Liebemachen zu trennen. Ich habe auch das versucht, aber das gab mir nichts.
So, in diesem Kontext lernte ich dich in meiner kurzen Singlezeit kennen im Freundeskreis meiner Schwester. Und ich sah dich und wollte dich sofort mit deinen langen lockigen dunklen Haaren, deiner Weltgewandtheit mit über 30 Jahren, deinem Aramis-Rasierwasserduft - wer trug denn Rasierwasser? Das war für mich mein Vater, der trug aber 4711.
Es war auch zwischen uns spielerisch, wild, summer of love - und dass du verheiratet warst, war mir völlig wurscht und dir auch. Du erzähltest den Urtext aller Fremdgänger von der schlechten Ehe und ich dachte nur Jaja und es interessierte mich nicht. Ich war für freie Liebe, solange mein Freund nicht dafür war - das war es nämlich!
Wir waren 3 Jahre zusammen und du dachtest nicht an was zu Festes, du warst ja gerade mal wieder frei, als deine Ehe zerbrach und wir ein Paar waren. Die 3 Jahre waren ein Spaß und die Fernbeziehung änderte nichts, du kamst oft zu mir und ich zu dir.
Aber als es dann kriselte, vergnügte sich auch mal ein WE eine Freundin von uns mit dir und beide dachten sich nichts dabei, war ich doch selber für das freie Spiel. Ha! Da nicht mehr! Hätte ich selber gerade ein Abenteuer gehabt, hätte das allerdings ganz anders ausgeschaut! :
Und dieses Dilemma stellt sich uns Menschen: Mehrere Menschen gleichzeitig lieben zu können, nicht von Natur aus monogam zu sein, aber wenn die Partner*innen sich ein Abenteuer erlauben, verletzt es uns tief als Untreue und Betrug. Und jede/r träumt in langjähriger Beziehung davon, ist das auch Untreue?
Es ist nicht zu lösen, dieses Dilemma, auch von mir nicht. Es hilft nur, das Thema loszulassen und sich der Liebe zu öffnen, die bedingungslos ist.
Bleib, der du bist. Love, maya