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Wertschätzung Erfahrungen - Wichtig oder gar Überbewertet ?

M
Pflege ein trauriges Thema .

Anstatt miteinander in der Pflege gibt es häufig ein gegeneineinder.
Aber nicht nur.

Als ich vor zwei Jahren meinen Mann begleitet habe war da eine Ärztin
vom ambulanten Palliativdienst.

Für diese Ärztin war es selbstverständlich auch die pflegerische Versorgung
zu übernehmen. Als meine Kraft nicht reichte hat sie sich ans Bett gestellt
und mit der anderen Pflegekraft meinen Mann gewaschen und gebettet.
Für sie selbstverständlich.
Dieser Ärztin bin ich heute noch für die gesamte Begleitung dankbar.
Genauso wie der Heimleitung die ihren Mitarbeiter aufnahm um ihm einen Platz zum sterben zu geben.
Wir wussten schon was sie dadurch auch ihren Mitarbeitern zugemutet hat.

Alle akzeptierten unsere Dreiecksbeziehung, kein dummes Wort, kein Garnichts.
Wertschätzung im Reinformat.

Die Zeit hat mir gezeigt es gibt auch in der Pflege Lichtblicke.

12.06.2019 16:46 • x 7 #31


L
Liebe Maya
Tränen laufen mir übers Gesicht! Danke dass Du mir die Geschichte der alten Bäuerin geschenkt hast!
Lisa

12.06.2019 16:58 • x 4 #32


A


Hallo Jedi,

Wertschätzung Erfahrungen - Wichtig oder gar Überbewertet ?

x 3#3


maya60
Liebe Machara, wie dankbar wir für die heute doch schon sehr verbreitete Palliativpflege sein müssen, dafür gibt es fast keine Worte und das ist selten bei mir!
Als ich im Seniorenstift arbeitete, wurde die Palliativmedizin gerade verpflichtender Inhalt im Medizinstudium, aber das wurde dann eben meistens erst die nächste Ärztegeneration!

Wer nicht zum Sterben ins Hospiz geht, sollte dringendst die regionalen ambulanten Palliativteams in Anspruch nehmen, um ein fachlich und menschlich würdiges Sterben zu durchleben.

12.06.2019 17:08 • x 4 #33


maya60
Liebe Lisa, ja, das ging der Pflegekollegin und mir am nächsten Morgen auch so! Wir sind mit einer Tasse Kaffee, ob dafür Zeit war oder nicht, erstmal beisammengesessen und waren so dankbar, diesen Abschied für die alte Bäuerin und uns möglich gemacht zu haben!

Denn damals ohne Palliativmedizin (heute, wie ich hörte teilweise leider immer noch) waren die Hausärzte in Altenheimen oft ziemlich ängstlich und ahnungslos zum tatsächlichen Ablauf des Sterbeprozesses, was zu unnötigen Schmerzen und falschen Behandlungen führte.
So wusste damals z.B. kaum jemand, dass am Ende des Sterbeprozesses starker Durst auf keinen Fall bedeutet, viel Flüssigkeit zuzuführen, denn der sterbende Körper kann diese gar nicht mehr verarbeiten. Allein schon den trockenen Mund, die trockenen Lippen mit einem nassen Q-Tip oder Eiswürfel zu benetzen, löscht den Durst.
Auch trau(t)en sich ahnungslose Ärzte oft nicht, Schmerzmedikamente oder Psychopharmaka oder Narkotika hoch genug zu dosieren, so dass die Sterbenden ihre Panik und Qual verlieren.

Auch allein und einsam sterben ohne Palliativteam kam und kommt vor, was nicht sein darf und muss! Damals war es viel schlimmer damit als heute!
Auch, wenn das Fachpersonal nicht weiß, welche Phasen es beim Sterben gibt, so individuell auch jedes Sterben ist, ist das ein Unding!

Wegen all dieser Dinge war das Sterben der alten Bäuerin so wohltuend für alle Beteiligten, sie sagten, nach dem letzten Blick auf den Kirschbaum konnte die alte Dame lächelnd loslassen.

12.06.2019 17:18 • x 5 #34


M
LIebe Maya
danke das du mit uns dein Erleben mit der alten Bäuerin geteilt hast.

LG Machara

12.06.2019 17:24 • x 4 #35


maya60
Liebe Machara, danke, dass du die Beispiele für die menschlich und fachlich gute Palliativmedizin bei deinem Mann und für die menschliche Pflege, die ihren Mitarbeiter für´s Sterben aufnahm, mit uns teilst. Ehrliche Wertschätzung handelt nämlich auch anders!

Liebe Grüße! maya

12.06.2019 17:30 • x 3 #36


L
Liebe Machara
Wie wunderbar, dass es noch solche Ärzte gibt, wie die Ärztin Deines Mannes! Wie gut tun mir diese wunderschönen Erfahrungen, wie Menschen menschlich handeln! Ich danke Dir dafür! In meinem Herzen gehen so viele schöne Türen auf zu Erinnerungen an Menschlichkeit dadurch - und das tut mir so gut! Wie mutig, dass Du Deinen Mann gepflegt hast - wie mutig! Ich weiss nicht, ob ich dazu die Kraft hätte! Es bedeutet, dem Leiden des liebsten Menschen ins Gesicht zu sehen - es war mir schon bei meinen Eltern so schwer gefallen! Manchmal war ich der Ohnmacht nahe.
Liebe Grüsse
Lisa

12.06.2019 18:10 • x 5 #37


L
Nun kommen mir noch so viele Beispiele in den Sinn, wo ich erleben durfte, dass Wertschätzung uns allen das Leben leicht und schön und sinnvoll macht - auch dort oder gerade dort wo grosses Leid herrscht. Diese Erinnerungen - wie konnte ich sie vergessen - vergessen, wie gut sie mir tun!
Heute blühen sie in mir auf wie ein ganzer Garten voller Blumen!
Ich arbeitete auf einer Palliativstation und dort lebte über Monate ein Mann, der Parkinson und Kehlkopfkrebs hatte und nur noch über ein Silberröhrchen im Hals atmen konnte. Er musste - musste! - mit allen am Tisch essen, obwohl er es gar nicht wollte! Er musste nämlich oft Schleim abhusten über das Röhrchen und er konnte das Wind ablassen nicht kontrollieren, weil durch den Parkinson die Muskulatur einem nicht mehr oder nur teilweise gehorcht - wie schrecklich peinlich das dem gebildeten Mann war, der eine Firma geführt hatte! Und vom Heimleiter wurde er noch vor allen dafür gerügt! Es war mangelndes Fachwissen gewiss - doch einfach hätte der Heimleiter sich sagen sollen, einen erwachsenen Menschen rügt man nicht vor allen Menschen, das hätte er zumindest wissen und einhalten müssen - Ich hatte damals nur den Wunsch, nie mehr an diesem Tisch essen zu müssen und diese Demütigungen mitanhören zu müssen. Doch da bekam der Mann die Gelegenheit zu Ergotherapie und dort schuf er Seidenmalereien, wunderschön! Die Ergotherapeutin bestand darauf, ihn selber abzuholen und zurückzubegleiten von der Station. Als er nach ein paar Sitzungen ein wunderschönes Foulard um den Hals trug, das so dezent zu seinem eleganten Anzug passte, wurden alle - Besucher, Bewohner und Personal - darauf aufmerksam und aus seinen Augen leuchtete ein Stolz und eine Freude, dieser Moment hat mir so unglaublich gut getan, ihm war seine Würde zurückgegeben dadurch, dass seine Einzigartigkeit, sein Schaffen sichtbar gemacht worden war - und von da an hatte er auch schon mal einen scharfen Blick übrig für die Heimleitung oder stand einfach auf vom Tisch und ging. Er hatte seinen Stolz wiedergefunden durch dass er seine Einzigartigkeit leben durfte in seinen Werken in der Seidenmalerei - und die Therapeutin hatte ihn auch auf der Station da hindurch begleitet und allen dadurch gezeigt, das ist Herr X und er ist einzigartig und wertvoll! Ich habe diese Frau sehr bewundert, nein mehr einfach geliebt dafür, dass sie die Menschlichkeit zurückgebracht hatte auf die Station durch ihre Anwesenheit - das hat mir damals unendlich gut getan.

12.06.2019 18:32 • x 5 #38


Alexandra2
Meine Mutter verweigerte nach einer OP in der Klinik die Nahrungsaufnahme. Etwas, das eintreten würde, auf das ich den Arzt vorab hinwies, falls er eine große Operation beabsichtigte.
Mutter beschloss, ich will nicht mehr, sie verweigerte jeden Bissen und jeden Schluck. Und versank in sich.
Ich kämpfte um Ihre Verlegung, was gelang. Dort öffnete sie ein letztes Mal die Augen, ich holte den Arzt dazu, und letzte Wünsche wurden erfragt und notiert.
Einstellen der Nahrung, Getränke, Medikamente bis auf Morphium in engen zeitlichen Abständen. Mein Vater, mein Bruder und ich entschieden uns zur Sterbebegleitung, ich zeigte, wie eine angenehme Mundpflege gemacht wird. Noch Rosenduft und klassische Musik, wenn ich da war, brachte sie zum tiefen Seufzen in der Bewußtlosigkeit, was mich immer wieder erschütterte.
Mein Bruder erlebte die entspannten Gesichtszüge bei ihr, wenn ich da war.
Wir haben unsere letzte Kraft als disfunktionale Familie aufgeboten, um ihr die letzte Zeit in Würde zu ermöglichen, obwohl sie selbst es uns gegenüber nie konnte.
Sie starb in meinem Beisein im Koma, wo sie mich doch so gehasst hat.
Daß Pflegepersonal zeigte sich äußerst respektvoll, so eine Begleitung hätten sie noch nie erlebt. Ich hingegen kenne es genauso und es Aufgabe der Pflegenden, genau das mit den Angehörigen zu besprechen.
Mein Vater sollte nun endlich Zeit für sich haben, aber er starb allein kurze Zeit später. Das war entsetzlich

12.06.2019 18:47 • x 6 #39


maya60
Liebe Lisa, danke für dieses wunderbare Beispiel für Menschlichkeit!

Palliativmedizin und Palliativpflege ist heutzutage übrigens ein Beispiel dafür, wo Dinge wirklich besser geworden sind und zwar breitflächig. Macharas Beispiel ist nicht eines von den letzten eines ethischen Arztbeispiels, sondern ein zum Glück verbreitetes, denn Palliativmedizin ist verpflichtender Fachinhalt im Studium und es gibt viele regionale ambulante palliative Teams wie auch Palliativstationen in Kliniken und die Palliativmedizin in Hospizen.

Bei deinem Beispiel fällt mir noch eins ein aus der Ergotherapie mit einem gepflegten Herrn mit Demenz. Er war noch im immer subjektiv belastendsten Stadium seiner Demenz, nämlich dem, in dem ihm seine deutlichen Gedächtnisverluste noch voll bewusst waren. So konnte er z.B. nicht mehr seinen Beruf ausüben als maßstabsgerechter Maler, heute wird das sicherlich eh alles am PC gemacht.
Also dieser Mann stand für absolute Exaktheit und selbst seine Gabe der verkleinerten maßstabsgerechten Darstellung gelang ihm nicht mehr.
Er war depressiv und voller Angst, was ja jeder wäre. Alles verschwamm immer mehr und jeglicher innerer Halt wankte.

Als Maler, also Künstler, ging ihm aber noch mehr verloren: Der Selbstausdruck in Farben!
Und da ich immer mit dem innersten Selbstausdruck arbeitete, der auch bei Dementen bis zum Schluss nicht verloren geht, höchstens sich verändert, wollte ich, dass er malte und dabei Farben ineinander verlaufen ließ, dass er also eher impressionistisch oder gar nicht mehr gegenständlich malte.
Er wollte natürlich gar nichts mehr vom Malen wissen, weil nur seine Form des Malens seins war.

Dann habe ich ihm gesagt, dass die Gabe, zu Malen, nicht verloren wird, nur die Einschränkung auf eine Form des Malens. Und ich sagte ihm, wir bräuchten das auch gar nicht Malen zu nennen, sondern Farbspiel, denn es ginge mir einzig um dieses, weil die Demenz nicht die Fähigkeit zum Spiel und zur Grundlage seiner Gabe nehme und die umfasse mehr als Exaktheit.
Ich sah die Sehnsucht in seinen Augen und irgendwann ließ er sich breitklopfen und malte nach meiner Vorgabe, Farben seiner Wahl mit Wasserfarbe erstmal nur nass ineinander verlaufen zu lassen, einfach mal zu gucken, was die völlige Grenzauflösung schuf.
Das machte ihn sehr glücklich und er sah selber, dass man seinen Werken den Maler ansah. Er war stolz auf seine Werke, dass er auch sowas konnte und zwar wunderschön, weil er ein Farbengenie war, im Mischen schon mit einfacher Wasserfarbe. Vor allem, dass da noch etwas Neues kam und nicht nur das absolute Nichts, das beruhigte ihn ungemein.

Er redete dann gar nicht mehr, sondern malte stundenlang mit gelöstem Gesichtsausdruck.
Meiner natürlich nur ganz persönlichen Beobachtung nach erlaubte die Demenz oft sehr verkopften und strengen Persönlichkeiten im Leben, wieder in Kontakt zu kommen mit kindlichem Spiel und Genuss. Solange man ihnen Sicherheit und Halt bot, im Umgang und medikamentös. Es war längst nicht nur reiner Abbau.

12.06.2019 18:57 • x 3 #40


maya60
Danke, Alexandra, für dein so persönliches und privates Beispiel und mich berührt so, wie du über deine Mutter in der Pflege hinausgewachsen bist, auch wenn es dir darum gar nicht ging!
Ich habe meinem Mann auch schonmal gesagt, dass ich gerne ganz an ihrem Lebensende meiner Mutter nochmal ungestraft meine Liebe zeigen würde, vorausgesetzt aber, dass sie nicht mehr spricht.

Liebe Grüße! maya

12.06.2019 19:09 • x 3 #41


L
Zitat von maya60:
Meiner natürlich nur ganz persönlichen Beobachtung nach erlaubte die Demenz oft sehr verkopften und strengen Persönlichkeiten im Leben, wieder in Kontakt zu kommen mit kindlichem Spiel und Genuss. Solange man ihnen Sicherheit und Halt bot, im Umgang und medikamentös. Es war längst nicht nur reiner Abbau.

Liebe Maya
das ist auch meine Beobachtung und ich möchte sie gerne ergänzen (wurde mir bewusst durch ein Erlebnis, das ich selber hatte):
Der Seele geht nie! irgendetwas verloren: sie ersetzt es einfach! Nur das irdische Sein verändert sich und wir denken es ist Behinderung/Verlust - aber die Seele selbst bleibt immer ganz und sucht sich ihren Ausdruck einfach an einem anderen Ansatzpunkt im irdischen Dasein. Also diesem Weg der Seele muss man einfach die Türen öffnen wie eben durch dieses Malen in einer anderen Art. Ich finde dies ein wunderbares Beispiel. Ich würde es gerne durch ein Beispiel ergänzen: Mein Vater war durch einen Unfall fast jeglichen Möglichkeiten der Aktion beraubt: fast blind, spastisch allüberall, Luftröhrenschnittatmung, Ernährung über Bauchsonde, kaum Atem zum Reden. Ich sitze da neben ihm und bin unendlich traurig: Mein Vater: Warum bist Du denn traurig? Wir haben ja einander noch und das ist doch das Wichtigste! Da wurde mir bewusst, dass mein Vater seine Situation nicht in der Anzahl der Verluste definierte sondern eben in dem was WAR: er war da und lebte als ganzer Mensch, für ihn war Das wichtig, nicht das was fehlte sondern das was Da war! Damals begriff ich, dass unsere Sicht auf die Defizite falsch, ganz falsch ist: Ein Mensch macht seine Ganzheit aus, sein Dasein, nicht die einzelnen Fähigkeiten, und nur der Mensch selber darf über seine Lebensqualität befinden - und mein Vater befand diese als o.k. in dieser Situation. Er sagte auch meinem Onkel ins Gesicht, als dieser neben ihm darüber sprach, dass die Situation ganz schlimm sein, sagte mein Vater laut und deutlich Nein, schlimm ist das nicht, Peter! Und dies in ärgerlichem Ton. Er beharrte also auf Seiner Sicht der Dinge, die Sicht seiner Seele. Als wir einmal so in der Sonne sassen an einem wunderschönen Herbstabend, ich hätte eigentlich mit meinem Vater schon lange auf der Station zurück sein müssen, bewegte ich seinen Rollstuhl immer etwas der Sonne nach, so dass sein Gesicht in die Sonne gerichtet war (er konnte den Kopf ja selber nicht bewegen) da sagte er bei einem weiteren Bewegen des Rollstuhls mit einer so gelassenen glücklichen Stimme zu mir: Ach Lisa, dieses Sünneli ist das nicht herrlich! Ich brach fast zusammen vor Freude, denn ich kannte ja meinen Vater sehr gut und seine Stimme klang so glücklich und leicht und gelassen wie vor dem Unfall - für ihn war die Welt in dem Moment total in Ordnung! Nur die Aussenstehenden und in dieser Situation also ich sah nur die Behinderungen - für ihn waren diese aber in dem Moment völlig unrelevant. Dann sagte er noch, aber nicht wahr, wir gehen noch lange nicht heim, ich war so glücklich! Wir blieben bis zum letzten Sonnenstrahl und es ist einer meiner schönsten Momente in meinem Leben geblieben, diese Stunden in der Herbstsonne - ein Zeichen Gottes oder des Lebens, das Leben als das zu sehen was es war: ein Geschenk.
Seither bin ich sehr zurückhaltend, was Beurteilung von Lebensqualität angeht. Ein alter Mensch, der nur noch so da sitzt, erlebt vielleicht in dem Moment die schönsten Erfahrungen seines Lebens in seiner Seele, Wir sollten immer zuerst den Betroffenen fragen - meine Meinung.
Meinen Vater liess man drei Monate später verhungern/verdursten - die Lebensqualität sei nicht mehr gegeben - ich hatte all meine Erlebnisse erzählt in der Sitzung mit den Ärzten und meinen Brüdern, man glaubte mir nicht - es war das Schwerste, was ich in meinem Leben mitgemacht habe: diesen Entscheid mittragen zu müssen.
Lisa

12.06.2019 19:35 • x 5 #42


maya60
Boah, Lisa, welch erschütternde Fehlentscheidung am Lebensende deines Vaters! Wurde er denn gar nicht selber gefragt, ob er noch gerne lebt? Oder konnte er sich gar nicht mal äußern dann, nicht mal mit einem Augenblinzeln oder Lächeln?

Aber wie wunderbar deine Stunden mit deinem Vater! Unendlich kostbar und lehrreich!

Darum ist es wohl auch ganz gut, dass Sterbehilfe in D verboten ist, wegen der Missbrauchsgefahr durch unachtsame Angehörige! Andererseits ist es auch die Entscheidung eines jeden selber. Aber dieses Fass mache ich jetzt nicht auf, hat aber auch mit Wertschätzung zu tun.

Aber was Lebensqualität dem Einzelnen bedeutet, das wird sowieso oft ignoriert, da hast du recht! Und auch, dass eine Behinderung oder Beschränkung sich dann andere Ausdrucksformen sucht, kann ich nur zustimmen! Läuft ja doch nur auf Nützlichkeitsdenken hinaus, dieses abzusprechen oder auf Unmenschlichkeit wie im Nationalsozialismus mit unwertem Leben.

12.06.2019 20:18 • x 3 #43


Alexandra2
Ich bin entsetzt. Die Entscheidung trifft nur jeder selbst und nur wenn der Sterbeprozess eingesetzt hat

12.06.2019 20:44 • x 3 #44


L
Liebe Maya, liebe Alexandra
leider sah die Wirklichkeit plötzlich so ganz anders aus als alles was ich je gelernt und erfahren hatte -
Ich habe die Wirklichkeit erlebt - die Begrenztheit der Wirklichkeit. Ich musste mich einer Wirklichkeit beugen, die ich so mir nie vorgestellt hätte. Es war, wie wenn mein Vater zum zweiten Mal von einem Lastwagen überfahren wurde - ich konnte daran nichts ändern und musste es akzeptieren als das was es war: eine Lebenswirklichkeit - von Menschen bestimmt und doch irgendwie Schicksal, das ich nicht beeinflussen konnte und akzeptieren musste. Heute kann ich es akzeptieren - es ist passiert. In mir ist seither das Bewusstsein da, dass eben auch menschliche Entscheide so sind wie Blitzeinschläge - man kann sie nicht in jedem Fall rational erklären - manchmal muss ich sie einfach aushalten.
Allein es hier Euch erzählen zu dürfen - Eure Worte dazu lesen zu dürfen - Ihr könnt nicht ermessen, was dies mir Gutes tut! Ich hätte damals meinen Vater fragen wollen - aber es war alles schon abgemacht, man hatte mich erst zwei Tage vor der Sitzung informiert - es war zu spät - und in der Sitzung sagte mein älterer Bruder mir ins Gesicht, ich würde lügen, mein Vater rede gar nicht mehr, ich würde dies erfinden, ebenfalls die Pflege sagte dies. Sie hörten ja nicht hin, wenn mein Vater sprach. Für sie war mein Vater ein Restkörper. Ich hatte Angst, wenn ich meinen Vater frage, kommt er erst auf die Idee und hat Todesangst. Darum fragte ich ihn nicht, weil ich ja keine Macht hatte, den Entscheid zu ändern.
Ja, Wertschätzung sieht eben anders aus. Auch die anderen haben damals darunter gelitten, dass sie meinten, sich entscheiden zu müssen. Man hätte einfach den Dingen seinen Lauf lassen sollen - es wäre für alle einfacher gewesen - aber man meinte, Gott spielen zu müssen. Das wäre nicht nötig gewesen. Es ist unsere Gesellschaft, die nichts akzeptieren will, was abläuft sondern alles im Griff haben will. Eben auch das Sterben. So entstehen dann solche Situationen, die unmenschlich sind für alle. Auch die anderen haben damals gelitten, das weiss ich heute. Die Pflege und meine Brüder. Es ist vorbei. Es tut mir nur unendlich gut, dass es Menschen gibt wie Euch, die verstehen und eine solche Situation aushalten würden. Das gibt mir meine Würde zurück. Und gibt mir Kraft. Damals dachte ich, ich sei geisteskrank, weil alle anderen anders empfanden als ich, das war das Schwerste. Heute weiss ich, dass ich einfach die Spannung besser ausgehalten habe als sie, ich, die so oft weinte, hatte mehr Kraft zum Hinschauen und Aushalten. Das weiss ich heute. Ja, Alexandra, das dachte ich damals eben auch und es erschien mir unglaublich willkürlich - noch heute kann ich es mir nicht erklären, welche Motivation die Menschen damals zu diesem Entscheid brachte. Ich weiss es schlicht nicht. Mein Vater hoffe ich hat es nicht gemerkt. Das ist das Einzige was ich immer noch darum bete. Es muss fürchterlich sein, sich zum Tode verurteilt zu wissen und nichts sagen zu können, ich war in diesen Monaten von dieser Angst besetzt, dass mein Vater etwas merkt. Es war fürchterlich. Aber - es ist vorbei. Vielleicht sage ich mir, hat es ja meinen Vater vor etwas Schlimmem bewahrt, wer weiss denn genau, wie er noch hätte leiden müssen. Darum: es war Schicksal - und ich darf es nicht bewerten - ich muss es annehmen. Aber dass es hier Euch gibt, wo ich es sagen darf und Antwort erhalte - für mich ist das eine unbeschreibliche Wohltat.

12.06.2019 21:25 • x 3 #45


maya60
Liebe Lisa, ja, dass man selber dargestellt wird als Lügner und schon selber an sich zweifelt, das kenne ich. Die haben dich völlig überrollt und du warst überfordert, das war eine echt miese Tour von denen, du bist es nicht schuld. Aber sie haben sich alle schuldig gemacht!

Gerne unterstütze ich dich da im Nachhinein! Nein, du hast klar gesehen!

Ich hätte die alle angezeigt und auf eine richterliche und ärztliche Sofort-Notfallentscheidung bestanden, denn das ist überhaupt nicht legal ohne eine Willenserklärung in mündlicher oder schriftlicher Form des Betreffenden selber! Das ist wirklich zum Toder verurteilt!

Bin erschüttert!

Liebe Grüße! maya

12.06.2019 21:42 • x 2 #46


L
Liebe Alexandra
Dass Du Deiner Mutter noch so viel Liebe geben konntest und Hilfe und Wohlsein - wie stark! Wie einfach wunderbar!
Wenn Du schreibst, Deine Mutter habe Dich gehasst - vielleicht - und ich sage einfach mein Gefühl: Vielleicht warst Du einfach stellvertretend für alles Leid in ihrem Leben - was es nicht besser machen kann für Dich, das weiss ich - aber vielleicht hast Du ihr im letzten Moment durch Deine Fürsorge ermöglicht, dieses falsche Gefühl abzulegen und durch Deine Liebe zu merken, hier ist eine Tochter und sie liebt mich, sorgt für mich, ist für mich da - vielleicht konnte sie Dir nicht mehr mit Worten sagen, aber mit ihrem Wohlsein, ihrem entspannten Gesichtsausdruck, dass sie Dich nun endlich als Tochter erkannt hat - und nicht als Übel dieser Welt. Könnte dies sein? Es muss doch ein grausamer Irrtum sein, wenn eine Mutter ihre Tochter hasst - es kann nur ein Irrtum sein - ein äusserst grausamer Irrtum! Ich hoffe, ich trete Dir durch diese meine Gefühle nicht zu nahe, ich fühlte es aber beim Lesen so und darum wollte ich es einfach Dir schreiben - Du hast ihr auf jeden Fall die Chance gegeben, diesen Irrtum zu erkennen - das berührt mich ganz tief! Und gibt mir sehr zu denken: ich sollte immer bis zum letzten Moment daran glauben, dass Menschen umdenken, Gefühle entwickeln können, die ich ihnen nie zugetraut hätte - das macht mich irgendwie gerade glücklich.

12.06.2019 21:52 • x 1 #47


Alexandra2
Liebe Lisa,
Es ist eine entsetzliche Situation, der Willkür ausgesetzt zu werden.
Ich war ungeheuer wütend auf den großherrlichen Arzt, der sich über unseren Willen hinwegsetzte und die Operation weitaus drastischer durchführte, als gebeten. Meine Mutter konnte nicht mehr sprechen, unterschrieben hatte sie ja. Aber ob sie im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte war?
Ich beantragte die komplette Betreuungsverfügung beim Familiengericht. Mutter hatte ja die Verweigerung begonnen. Die Ärzte der medizinischen Station mussten überzeugt werden, daß sie nicht mehr wollte und konnte. 1/2 Jahr zuvor war sie fast verstorben und war immer noch sehr schwach.
Ich war unglaublich wütend und wenn es nötig gewesen wäre, hätte ich sie mit Polizei und Strafanzeige an Operateur, Oberarzt und Chefarzt da raus geholt.
Die Mediziner der Inneren verstanden nun die Tragweite der OP und stritten unerbittlich mit den Chirurgen. Den Medizinern hatten wir den ganzen Leidensweg erläutert, damit sie Mutter richtig verstanden.
Ich meinte trocken zum Internisten, daß der Chirurg wohl noch diese OP brauchte für seinen Facharzttitel. Er schnappte nach Luft.
Daß mein Vater in dieser Klinik wenige Tage nach meiner Mutter starb, hat mich fast um den Verstand gebracht.
Anwaltliche Beratung ergab, daß die Chancen, die Klage zu gewinnen, 50:50 bestand. Auf die Frage, was mein Ziel war, sagte ich, daß der Arzt bestraft wird für seine vorsätzliche Körperverletzung mit Todesfolge. Aber das ist noch etwas anderes, als aktive Sterbehilfe. Krass ist Beides, strafbar auch. Aber am Schlimmsten, das haben wir gemein, ist sich über den Willen hinweg zu setzen, wissentlich und willentlich, das entspricht dem Vorsatz.
Ein Arzt muss mir beweisen, daß er mich gut und richtig behandelt, ich bin nicht bereit etwas zu dulden.
Und es ist traurig, daß es in Kliniken immer noch keine Ethikkommission gibt, die bei Entscheidungen alle Aspekte abwägen. Hauptsache, die Klinikbetreiber stopfen sich die Taschen voll.
Unsere Verzweiflung, unser Entsetzen mussten wir allein loswerden, so gut es ging. Lisa, Du warst überfordert und überrumpelt und der Macht der Vielen unterlegen. Du hast gemacht was möglich war.

12.06.2019 22:03 • x 3 #48


maya60
Liebe Lisa, oder vielleicht war die Mutter in dem Moment einfach nur sicher und geborgen und das zeigte sie und mehr war auch gar nicht mehr möglich. Oder sie war endlich sich selber emotional los, ihr eigenes Hass-Gefängnis! Denn das, was sie ihrer Tochter versagte und antat, untersagte sie sich natürlich lebenslang auch selber und tat es sich selber andauernd an. Das war mir immer, das gebe ich ehrlich zu, eine Genugtuung bei den Bösartigkeiten meiner Mutter, dass sie pausenlos mit sich selber und diesen Verurteilungen leben musste.
Wenn das im Sterben abfällt, das muss eine Erlösung sein!

12.06.2019 22:04 • x 2 #49


Alexandra2
Es war eine bizarre Situation, wollte keine Nähe zulassen und meiner Mutter nur geben, was jedem zusteht.
Ich wollte meinen Vater entlasten und meinen Bruder ins Boot holen.
Meine Mutter schwer gestört lt meiner Psychologin. Sie war Psychopathin.
Es ist nicht vorstellbar, aber sie hat Gift und Galle gespuckt und ich stand am meisten zur Verfügung

12.06.2019 22:19 • x 2 #50


maya60
Womit wir nun die Abgründe der Nicht-Wertschätzung in Kindheit und im Sterben erreicht hätten, die überall zu schlimmsten Unmenschlichkeiten führen und dass es gerade da viel zu lindern gibt, zu retten gibt durch die, die ehrlich wertschätzen. Es ist so nötig und nie sinnlos.

12.06.2019 22:26 • x 2 #51


L
Liebe Alexandra, wie schlimm, dass Du auch noch Deinen Vater in dieser Zeit verloren hast - ich fühle mit Dir! Wie kann das Leben grausam sein! Deine Worte sind so hilfreich! Ja, eine Ethikkommission wäre nötig und Zeit! Zeit, gute Entscheide zu fällen! Dies würde auch die Ärzte entlasten und die gemeinsame Entscheidung wäre viel stimmiger und menschlicher dadurch. Ja, wir haben gemacht, was möglich war, nicht wahr? Das Leben bestimmt. Der Mensch sieht oft die Möglichkeiten - aber das Schicksal ist eben mehr als das was ein Mensch denken kann. Es läuft einfach ab. Danke für Deine Geschichte - danke, dass ich lesen darf, dass meine Geschichte nicht einzigartig ist oder befremdlich - es ist unsere jetzige Welt in unserer Gesellschaft - mit der ich mich einfach auseinanderzusetzen habe - auch wenn es mich im Innersten trifft.
Wie gerne würde ich Dich tröstend umarmen ganz fest - wenn Du dies magst - sei umarmt und möge die Zeit diese Deine Wunden heilen - meine sind heute wieder ein Stück zugeheilt, machen weniger weh und dies dank Dir und Deiner Geschichte.
Und dank allen hier und der Tatsache, dass hier Menschen zusammen finden, die bereit sind, sich anzuhören und sich so anzunehmen, wie sie sind.
Lisa

12.06.2019 22:50 • x 3 #52


maya60
Liebe Alexandra, ich habe bei deinem ersten Beitrag zum Sterben deiner Mutter noch gar nicht begriffen, dass es dabei auch nicht um ein natürliches Sterben ging, sondern als Folge einer fragwürdigen OP.

Welch eine Katastrophe! Ist dein Vater daran gestorben nur einige Tage danach, an diesem ganzen Grauen?
Gut, dass du in der Situation handlungsfähig bliebst und nicht mehr wie als Kind ausgeliefert, du hast den Ärzten Klartext gesagt und deiner Mutter zum würdevollen Sterben verholfen.

Du hast viel mehr geschafft als deine Mutter jemals dir gegenüber, warst nicht mehr an diese Kindheit gekettet.

Aber die ärztliche Haltung des Chirurgen hätte wirklich eine Ethikkommission gebraucht.

Es tut mir leid, dass dein Vater auch so kurz darauf und dann noch im selben Krankenhaus starb. Welch ein Schock!

Stille Grüße! maya

12.06.2019 23:15 • x 3 #53


M
Liebe Alexandra
es ist schrecklich was euch da passiert ist. Ich kann deinen Zorn und deine Wut verstehen. Es gibt
Momente da ist so eine Ohnmacht die schwer zu beschreiben ist.

Erzählungen wie deine
haben dazu geführt das die Menschen die mir wichtig sind eine
Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung haben.

Ich weiß das auch das nicht immer greift aber
diese Vollmachten sind besser als gar nichts.

Sterbebegleitung hat für mich sehr viel mit Wertschätzung und Respekt zu tun.

Ich bin froh das ich meinem Mann trotz all dem was in den Jahren unserer Ehe passiert ist die Wertschätzung entgegen bringen konnte um ihn in dieser Zeit zu begleiten. Es war einfach die schweren Zeiten die wir hatten auszublenden. Es war auf einmal alles so klein und unwichtig.

Kein Mensch sollte in der letzten Phase seines Lebens allein sein.

Ich wünsch euch eine ruhige Nacht und schöne Träume.
Machara

13.06.2019 00:23 • x 3 #54


Jedi
Hallo Zusammen !

Zitat von Alexandra2:
es ist traurig, daß es in Kliniken immer noch keine Ethikkommission gibt,

ich weiß, dass es in Zertifizierten Krankenhäusern solche Ethikkommissionen gibt.
sie sind in der regel zusammengesetzt, aus Ärzte, verschiedener Fachrichtungen, Pflegepersonal u. Menschen aus dem Bereich der Verwaltung.
Schade Alexandra, dass es offensichtlich eine solche Ethikkommission in dem KH dort nicht gab oder euch ist davon nichts berichtet worden.
das sollte aber so passieren !
Zitat von Alexandra2:
Unsere Verzweiflung, unser Entsetzen mussten wir allein loswerden, so gut es ging.

ich kann jeden nur mut machen, wer in einer solch präkeren situation befindet, der darf sich auch an den Krankenhaus-Seesorger wenden u. wenn es ihn/ihr gibt, an den/die Patientenfürsprechen.
Bitte an Alle, die sich in einer für sie Konfliktbeladenen situation befinden ode mal befinden werdet, fragt nach solchen instanzen nach.
sie helfen auch, wenn es mit dem Arzt oder auch mit der Pflege probleme gibt u. die sich so nicht klären lassen.
das ist oft sehr hilfreich !
Zitat von Alexandra2:
Anwaltliche Beratung ergab, daß die Chancen, die Klage zu gewinnen, 50:50 bestand.

Auch da kann ich nur raten, wenn von seiten eines Angehörigen ein Verdacht , eines Behandlungsfehler gibt, dann wendet euch an einen Fachanwalt für Medizinrecht.
dieser kann Akteneinsicht erhalten u. prüfen lassen, ob ein Behandlungsfehler nachzuweisen ist.
der wunsch nach vergeltung oder bestrafung des Chirurgen, wenn ein Patient nach einem OP-Eingriff, nach kurzer zeit verstirbt, ist absolut nachzuvollziehen.
doch ergeben oftmals bei fachlicher prüfung, keine hinweise auf ein schuldhaftes tun, durch den Chirurgen
eine erweiterte OP, kann indiziert sein, diese zeigt sich aber erst, während der laufenden OP.
ohne den detaillierten Fall, den Alexandra beschrieb zu kennen,
ja es kann mal nötig werden, während einer laufenden OP, diese in ihrer gesammtheit zu erweitern, auch wenn dies so nicht vorher abgesprochen war.
dazu beschreibt der Chirurg später, in seinem OP-Bericht die notwendigkeit.
manche menschen denken reflexartig, wenn sie etwas von gutachten hören, dass da eine Krähe der Anderen kein Auge auskratzt, aber dies stimmt so nicht. meist sind die, die die Gutachten verfassen auch Ärzte, aber sehr oft aus ganz anderen Häusern.
und untereinander wird auch nicht gemauschelt, denn die KH stehen schon lange unter einem enormen Wettbewerbsdruck u.
da ist nicht viel mit solidarität.
Auch wird es durch den Chefarz odert den Oberarzt nicht möglich sein, eine OP so zu beeinflussen, um einen Assistenzarzt die möglichkeit zu verschaffen, seinen Katalog vollzubekommen, um sich zur Facharztprüfung anmelden zu können.
auch hier kusieren oft falsche Annahmen.

warum schreibe ich das, weil es hier, für mich um Wertschätzung gehen soll.
Ärzte stehen häufig in der Kritik, wenn etwas nicht so gelaufen ist oder wenn etwas sich verschlimmert hat.
die Angehörigen mag ich verstehen, aber meiner Erfahrung nach, geben die Ärzte in den Krankenhäusern umter diesen , oft sehr ungünstigen arbeitsbedindungen ihr allerbestes, was sie geben können.
der Arzt u. das gehört auch zur Wertschätzung dazu, in dem weißen Kittel steckt immer auch nur ein Mensch.
Ja, es passieren Dinge, dich nicht ok sind u. auch nicht hingenommen werden müssen u. dies sollten Angehörige dan auch deutlich ansprechen.
den Angehörigen sage ich, holt euch dazu beistand, fragt im Krankenhaus nach !

Was dringend in KH fehlt, sind - mehr Ärzte, besonders Palliativ-Mediziner,
auch der Verwaltungsaufwand, der oft erst nach Feierabend erledigt werden kann, sollte auf das notwendige reduziert werden.

- deutlich mehr Pflegepersonal,
mehr Hilfspersonal, die die Pflegefremden arbeiten den Schwestern u. Pflegern abnehmen u. damit entlasten
- aber auch andere weitere Berufsgruppen, sind vom Personalschwund betroffen.

- mehr hinweise für Patieten u. ihre Angehörigen, ob in dem KH eine Ethikkommission gibt, ob es dort Patientenfürsprechen gibt u.
wo das Büro des KH-Seelsorge zu finden ist !

Zitat von Machara:
Sterbebegleitung hat für mich sehr viel mit Wertschätzung und Respekt zu tun.

dem stimme ich absolut zu !
und wie wichtig dies ist, erlebe ich ja gerade selbst in einer Sterbebegleitung einer Freundin.
diese habe ich jetzt aus dem KH herausgeholt u. in ein Hospiz verlegen lassen.
ich bin von diesem Hospiz so begeistert, tolle Atmosphäre, tolles Pflegepersonal, fühle mich als Besucher toll mit-begleitet.
Zitat von Machara:
eine Patientenverfügung haben.

da hat Machara recht, dass ist sehr sinnvoll u. hilfreich.
Allerdings bitte nicht nur aus dem PC herunterladen, sondern wenn noch möglich , handschriftlich u. genau, am besten Detailliert verfassen, wann keine Lebensverlängernde Maßnahme gewünscht wir, beziehungsweise, wann die Maßnahmen beginnen sollte.
dafür braucht man in der regel beratung, villt. durch den Hausarzt oder einen anderen Facharzt, am besten einen Palliativ- Mediziner.

Ich hoffe, von ein paar allgemeine Dinge euch infomieren zu können, damit ihr villt. so schlimme erlebnisse erst gar nicht erleben solltet.
leider verbreiten sich negative Geschichten, ums KH, Ärzte u. Pflegepersonal recht rasch u. werden von generation zu generation weiter verbreitet.
auch wenn die ein oder anderen vorfälle stimmen, doch so glaube ich, dass dies nicht die überwiegende Mehrheit u. die Wirklichkeit,
unserer KH, Ärzte u. Pflegende abbildet.
Wertschätzung beruht auch darauf, dass man sich immer sein eigenes bild machen sollte oder wenn nötig, sich hilfe an seine seite holen darf !

Upps ist jetzt etwas lang geworden.
ich hoffe, es ist noch ok

LG Jedi

13.06.2019 15:30 • x 5 #55


Jedi
Hallo

Wertschätzung, ja ist wichtig !
Lob, ja ist auch sehr wichtig !
und dabei würde ich feststellen wollen, dass nicht das positive Feedback für irgendeines können oder für intellegenz wichtig ist, sondern eher das Lob für Anstrengung u. Fleiß.
wenn wir das unseren kindern vermitteln können, stärken wir damit ihr Selbstwertgefühl.
darüber gibt es einige studien, die besagen, dass kinder die Lob erfahren haben, für ihre Anstrengungen u. ihren Fleiß, dass sie später ein anderes durchhaltevermögen gezeigt haben. sie hätten weniger ihre Anstrengung infrage gestellt, selbst wenn das Projekt mal ins stocken geraten war.

Lob kann auch in eine falsche richtung gehen, wie manche von BO- Betroffene berichtet haben.
da hieß es, ich wurde krank gelobt !
ein klient berichtete, dass Lob bei ihm manipulativ eingesetzt wurde.
als er es dann bemerkte, war es schon zu spät, denn er erlitt einen physischen u. psychischen zusammenbruch am Arbeitsplatz u. kam in die Notaufnahme einer psychiatrischen klinik.
dort berichtete er, dass mit zunehmenden lukrativen aufträgen, zwar sein Bankkonto wuchs, aber sein Ehe-, Familienleben u. sein privates Umfeld dahin schmolz.
so einiges kompensierte er mit zunehmenden zynismus u. sarkasmus.

in einer speziellen einrichtung für Bo-Betroffene lernte er Dankbarkeit.
Dankbarkeit ist eine gewichtige form der Wertschätzung !
ich persönlich denke, dass Dankbarkeit uns schützt vor manipulativen Lob u. rückt die eigene Wertschätzung unserer Anstrengung u. Fleiß, deutlich mehr in den Mittelpunkt unseres handels.

wenn unsere Anstrengung u. unser Fleiß, nur dem gedanken folgt, von Außen gemocht u. beliebt zu sein, wir uns dadurch nur noch über unseren Erfolg definieren, dann ist der Weg oft kurz, hin in die völlige Erschöpfung.
denn es fehlt bei uns das rechte Maß, so wie das rechte Maß fehlt, wenn wir krank gelobt werden.
so gibt es auch den begriff, jemanden zu tode loben, was ja nun ne steigerung gegenüber dem krank Loben wäre.

villt. kennen auch der ein oder andere hier, das Peter-Prinzip.
da wo jemand weggelobt werden soll.
diese Person steigt weiter u. weiter auf der karriereleiter nach oben, bis sich ihre Unfähigkeit beweisen lässt.
wer sich aber seiner stärken , aber auch seiner schwächen bewusst ist, wird nicht so schnell in diese falle, des (Weg-) Lobens fallen.

so haben Forscher erkannt, dass Dankbarkeit eine sehr wichtige eigenschaft hat, die psychische gesundheit zu stärken !
es gibt viele möglichkeiten zur Dankbarkeit u. einen wichtigen grund, den suche u. finde ihn in Dir.

LG Jedi

13.06.2019 20:37 • x 5 #56


Hoffnung21
Hallo zusammen,

Das Thema Wertschätzung, vor allem beim Sterben liegt mir auch sehr am Herzen. Wir haben meine Schwiegereltern, beide nach Schlaganfall (zeitlich nacheinander) zu Hause gepflegt bis zum Tod. Ohne die ambulante Palliatvpflege wäre das nicht möglich gewesen. Wir hatten immer einen Ansprechpartner, der uns sowohl rechtlich als auch seelsorgerisch und bzgl. Pflege und Medikation betreut hat. Das war vor allem bei meinem Schwiegervater wichtig, weil man ihm noch nach langem Krankenhausaufenthalt und es eigentlich klar war, dass er nur versucht wird zu stabilisieren, damit er heimkommt dennoch eine Magensonde gelegt hat. Er wollte aber schon nicht mehr. Der Oberarzt hat dann auch noch gemeint, natürlich kann es wieder aufwärts gehen, aber ein junger Arzt hat uns zur Seite genommen und gemeint, wir sollen nicht davon ausgehen, dass es besser wird, und wir sollen uns gut überlegen, ob wir ihn nochmal ins KH einweisen lassen, weil wir dann wieder am gleichen Punkt wie jetzt sind, dass sie ihn stabilisieren MÜSSEN, während er zuhause sterben darf. Ich bin ihm heute noch dankbar für seine ehrlichen Worte und die verständnisvolle Art, mit der er uns das gesagt hat. So konnten wir dann auch nach Begutachtung durch den Palliativmediziner, der zur gleichen Einschätzung kam, beruhigt zu Hause würdevoll sterben lassen. Das was die Palliativmediziner leisten ist so eine tolle Sache. Sie geben dem Sterbenden ihre Würde (zurück) und entscheiden nicht über deren Kopf hinweg. Ich bin so dankbar, dass ich diesen Umgang miterleben durfte. Das ist Wertschätzung pur.

LG Eis

13.06.2019 23:00 • x 4 #57


Hoffnung21
Auszug aus unserem Pfarrbrief, von unserem Diakon:

DU BIST WERTVOLL - DU BIST EINZIGARTIG

Der bekannte Seminarleiter startete in sein Seminar, indem er einen 100 Euro-schein hoch hielt. In dem Raum saßen gut 80 Leute. Er fragte: Wer möchte diesen Schein haben? Alle Hände gingen hoch.
Er sagte: Ich werde diesen 100 Euro-Schein einem von Euch geben, aber lasst mich zuerst eines tun. und er zerknitterte und zerknüllte den Schein. Dann fragte er: Möchte ihn immer noch einer haben? Die Hände waren immer noch alle oben.
Also erwiderte er: Was ist, wenn ich das tue? Und er warf ihn auf den Boden und rieb den Schein mit seinen dreckigen Schuhen am Untergrund. Er hob ihn auf; jetzt war er zudem völlig schmutzig. Nun, wer möchte ihn jetzt noch haben? Es waren immer noch alle Arme in der Luft.

Dann sagte er: Liebe Freunde, wir haben soeben eine wertvolle Lektion gelernt. Was auch immer mit dem Geld geschah: Ihr wolltet es haben, weil es nie an seinem Wert verloren hat. Es war immer und stets 100 Euro wert.
Es passiert oft in unseren Leben, dass wir abgestoßen, zu Boden geworfen, zerknittert und in den Dreck geschmissen werden. Das sind Tatsachen aus dem alltäglichen Leben. Dann fühlen wir uns, als ob wir wertlos wären. Aber egal was passiert ist oder was passieren wird, DU wirst niemals an Wert verlieren. Schmutzig oder sauber, zerknittert oder fein gebügelt, DU bist immer noch unbezahlbar für all jene, die dich über alles Lieben.

Der Wert unseres Lebens wird nicht durch das bewertet, was wir tun oder wen wir kennen, oder wie wir aussehen, sondern dadurch wer DU bist. DU bist was Besonderes und wertvoll - Vergiss das NIEMALS! Und denk daran: Einfache Leute haben die Arche gebaut - Fachmänner die Titanik.

Dieser Text hat mich so berührt, das wollte ich Euch nicht vorenthalten.

LG Sigrid

14.06.2019 08:40 • x 6 #58


Alexandra2
Liebe Sigrid,
Herzlichen Dank für dieses wundervolle Erlebnis. Das werde ich mir vor Augen führen, wenn ich an meinem Wert zweifle.
Humanismus ist der wichtigste Wert der Menschheit. Mögen Autokraten, Kriegstreiber und andere Machtbesessene dies rechtzeitig erkennen und erkennen müssen.
Liebe Grüße Alexandra

14.06.2019 09:33 • x 4 #59


A


Hallo Jedi,

x 4#30


Rowi
Liebe Eis,
diesen Textausschnitt kenne ich auch. Ich habe ihn in einem Buch gelesen, weiß aber nicht mehr welches das war und finden tue ich es auch gerade nicht in meinem Bücherschrank. Vielleicht habe ich es verliehen und mir nicht aufgeschrieben.

Mich hatte der Text auch total berührt und sehr zum Umdenken angeregt. Es war einer der Funken, der mir klar gemacht hat wo Wertschätzung beginnt. Bei mir.

Um auch noch den Aspekt der Pflege, der hier ebenfalls stark diskutiert wird aufzugreifen, meine Meinung und Erfahrung.

Im Grunde ist es egal wo wir in unseren Sozialen Bereichen der Gesellschaft hinschauen. Wenn keine Wertschätzung, des Lebens und der Person, an den Tag gelegt wird kann noch so investiert werden, es wird nichts bei raus kommen.

Wenn ich als psychisch Kranke, die gelernt hat sich selbst reflektieren zu können und das auch gut beherrscht, nicht als wertvolle Co-Therapeutin in der eigenen Therapie anerkannt wird, ist das ganze zum Scheitern verurteilt.
Als Therapeut, Arzt oder Pflegekraft ist es wichtig jene mit ins Boot zu holen, die mit der Erkrankung, Behinderung ect. Vertraut sind. Wenn da ein wertschätzender Umgang entstehen kann, profitieren alle Seiten. Die Profis (Therapeuten, Ärzte, Pflegekräfte) lernen von den Experten (Angehörige und auch Patient) und umgekehrt.
Genauso läuft es mit der Förderung Behinderter Kinder, Jugendlicher und Menschen.
Wer das vergisst, zerstört etwas unheimlich kostbares und das ist auch einer der Gründe warum es mich in den Abgrund gezogen hat. Ich konnte nicht zusehen, wie Menschen die, auf Hilfe anderer angewiesen waren, entweder so überversorgt wurden und vollkommen der Wille des Betroffenen übergangen wurde. Denn für mich bedeutet ein Kopf wegdrehen beim Füttern und Augenverdrehen Hey ich hab genug hör auf. oder die Hilfen die echte Stützen für die Orientierung und stabilisierung im Schulaltag einfach abgesezt wurden, weil es der Lehrerin zu anstrengend war.
Beides waren für mich extreme Missachtungen des Lebenswertes dieser Zwei Schützlinge und in diesen Momenten konnte ich nicht mehr Profi genug sein und mich abgrenzen. Weil es einfach meine Grundwerte zerfetzt hat.
Dazu kam dann auch noch eine so gestresste Arbeitsumgebung, das wenn Wertschätzung für das geleistete ausgesprochen wurde, ich es einfach nicht mehr hören konnte, weil einfach keine Zeit dafür war. Das Hirn war im dauerstress. Gejagd von ständiger Veränderung und Umplanung. Da wusste ich selbst nicht mehr wo mein wert und ob es das überhaupt wert war, so weiter zu machen. Ich konnte meine eigene Arbeit die ich immer gern gemacht hatte, nicht mehr wertschätzen.

Für mich ist es unheimlich wichtig, das der Wert jedes einzelnen Menschen respektiert wird. Egal ob mit oder ohne Behinderung und ob krank oder gesund.
Denn jeder ist es Wert auf dieser Welt zu sein, wenn er in sie geboren wurde.

In diesem Sinne denkt daran,
Ihr seit so Wertvoll und seit Teil der bunten Vielfalt dieser Erde.

LG
Rowi

14.06.2019 09:40 • x 5 #60

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