Corona einmal anders sehen.
Jetzt geht corona-technisch ja richtig die Post ab! Schulen und Unis werden geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, ganze Landstriche zur Sperrzone erklärt. Darüber hinaus herrscht Angst und Unsicherheit. Wie kann es da sein, dass ich einen Artikel über die positiven Seiten des Virus schreibe? Bin ich denn ganz übergeschnappt?
Natürlich ist mir bewusst, dass wir uns gerade in einem Ausnahmezustand befinden. So richtig angenehm ist das alles nicht, nein, es ist auch tragisch! Denn das Virus hat bereits viele Menschenleben gefordert und ihnen sowie allen Angehörigen gehört mein aufrichtiges Mitgefühl.
Dennoch möchte ich heute einen neuen Blickwinkel auf die Causa Corona einbringen. Keinesfalls, um die Ernsthaftigkeit der Lage in Frage zu stellen, sondern um zusätzliche Ansatzpunkte und Perspektiven im Sinne einer positiven Bewältigung der Krise zu bieten. Denn eine Medaille hat ja bekanntlich immer zwei Seiten. Und darum dürfen wir, während wir das Leid sehen, auch die guten Dinge sehen.
Zu diesem Zweck habe ich zahlreiche FreundInnen KollegInnen befragt, verschiedene Stimmen aus dem Netz gesammelt und einige interessante Artikel zum Thema gelesen.
Meine Synthese präsentiere ich euch hier:
1) Wir lernen Selbstfürsorge und Nächstenliebe
So gründlich wie in diesen Tagen habt ihr euch wohl noch nie die Hände gewaschen, stimmts? Vielleicht achtet ihr auch viel besser auf euren Körper, auf euer Immunsystem als sonst? Ernährt euch gesünder, stärkt euch an der frischen Luft? Corona lernt uns aktive Selbstfürsorge, und Selbstverantwortung. Wir lernen, unsere Gesundheit zu unterstützen, und achtsam mit unserem Körper umzugehen. Vielleicht auch Grenzen zu ziehen und Dinge nicht zu tun, die uns oder anderen schaden könnten. Wir schauen auf uns und unsere Liebsten und nehmen zum Schutz vieles in Kauf. Das alles ist gelebte Selbst- und Nächstenliebe und es ist schön, dass wir das zeigen!
2) Wir können lernen, über unsere Ängste hinauszuwachsen
Corona bietet die perfekte Bühne verschiedene Ängste zu durchleben. Was löst Corona in dir aus? Ist es die Angst vor dem Tod? Die Angst vor dem Verhungern? Vor Unfreiheit? Vor Kontrollverlust? Vor Machtlosigkeit? Das alles sind sehr reale Ängste, real im Sinne davon, dass sie in uns existieren, oft lange unbemerkt, bis eben etwas kommt das sie wachkitzelt. Auch ich hatte neulich eine ordentliche Panik-Attacke und dachte bei meinem leichten Husten, ich müsse jetzt sterben. Das war "schiarch", aber zeigte mir auch, wo ich eben noch nicht vollkommen loslassen und vertrauen kann. Und für diese Selbsterkenntnis bin ich sehr dankbar!
Corona lehrt uns, unsere Sterblichkeit anzunehmen und damit auch unsere Beziehung zur Welt, zur Natur von Grund auf neu zu gestalten. Mit mehr Demut, mit mehr Vertrauen und Hingabe. Es ist eben nicht alles unter unserer Kontrolle. Und vermutlich war es das noch nie. Wir wachen auf aus unserer Pseudo-Sicherheit, die rein auf Äußerlichkeiten beruht. Was wir jetzt lernen können ist, innere Stabilität zu gewinnen. Sicherheit und Geborgenheit in uns selbst zu finden. Wir dürfen über unsere Ängste hinauswachsen und uns der Kraft in unserem Innersten zuwenden. Verlierst du dich in der Panik oder bleibst du in deiner Mitte? Verkrampfst du dich oder hältst du dein Herz offen? Flippst du aus oder atmest du ruhig? Corona ist die Meisterprüfung für persönliche Krisenresilienz! Auch ich arbeite daran gerade auf Hochtouren
3) Wir besinnen uns auf das Wesentliche
Wow, so besinnlich ging es bislang ja nicht mal zu Weihnachten zu! Innerhalb weniger Tage haben wir das öffentliche Leben drastisch reduziert und einige Gänge runtergeschalten. Wir steigen aus aus der Hektik des Alltags, aus dem Hamsterrad, aus dem ewigen Streben nach mehr. Viele Tätigkeiten sind auf einmal obsolet geworden, oder erscheinen schlichtweg nichtig. Wir haben die Gesundheit und das Leben zu oberster Priorität erklärt, selbst die Wirtschaft ist jetzt nachrangig. Wir erfahren Entschleunigung und haben plötzlich Zeit darüber nachzudenken, was uns wirklich wichtig ist oder was wir mit unserer Zeit anfangen wollen. Keine Ablenkungen mehr. Voller Fokus auf das Leben im Hier und Jetzt! Ist das nicht schön? Nicht mal der Konsum juckt uns mehr. Gut, statt des Hamsterrads gibt es jetzt zwar Hamsterkäufe, aber selbst die besinnen sich ganz auf das Wesentliche: Hygieneartikel statt Luxusartikel. Essen statt Fashion. Das ist niemandem zu verdenken.
4) Mutter Erde darf verschnaufen
Die Anti-Corona Maßnahmen und die damit verbundenen Verhaltensänderungen haben in nur wenigen Wochen mehr positive ökologische Effekte erzielt, als es die ganze Klimaschutzbewegung der letzten Jahrzehnte vermochte. Weniger Reisen, weniger Flüge bedeuten weniger CO2-Emissionen. Weniger Industrie und weniger Wirtschaftsleistung bedeuten auch weniger Feinstaubbelastung. Die Bilder der NASA sprechen für sich. Saubere Luft dank Corona klingt paradox, ist aber so! Dass der Corona-Lockdown mehr Leben durch die reduzierte Luftverschmutzung retten könnte als durch die Reduktion der Infektionen, wird in der Forbes näher erklärt.
Ob neben unserer Atmosphäre künftig auch die Wildtiere Nutznießer von Corona sein werden, wird sich erst weisen, bleibt aber zu hoffen. In China wurden strenge Verbote gegen den Handel mit Wildtieren erlassen - ein großer Schritt in die richtige Richtung! Mithilfe intensiver Aufklärungsarbeit muss es nun aber gelingen, eine Verlagerung in den Schwarzmarkt einzudämmen.
5) Der Ruf nach resilienten lokalen Wirtschaftsstrukturen wird lauter
Corona macht uns eine Sache radikal bewusst: In einer globalisierten Welt, in der alles vernetzt ist, kann nichts mehr isoliert betrachtet werden. Alles, was in China passiert, betrifft mich auch hier. Und umgekehrt. Die globalen Abhängigkeiten sind massiv geworden, und das macht das System vulnerabel und anfällig für Störungen. Ein Schock wie Corona zeigt, wie prekär eine globalisierte Wirtschaft ist, von der viele von uns abhängen. Und wie schnell die Talfahrt dann gehen kann, sehen wir aktuell bei den Aktienkursen.
Wir wissen aber, dass kleinteiligere, regionale Wirtschaftskreisläufe weitaus resilienter und krisensicherer sind. Corona kann hier eine Einladung sein, solche Strukturen aufzubauen. Zum Beispiel bei den Lebensmitteln in Form von Gemeinschaftsgärten, Food-Coops, Community Supported Agriculture, etc. Oder in anderen Bereichen durch den Ausbau autarker Energiesysteme, die Förderung von Nachbarschaftshilfe, Kleidertauschkreise, etc. Wir können dadurch so viel gewinnen! Nicht nur mehr Stabilität im Wirtschaftssystem, sondern auch mehr Lebensqualität: denn Verbundenheit und erfahrene Sinnhaftigkeit machen uns nachweislich glücklicher, als dem Geld hinterherzujagen und für irgendwelche Konsumgüter zu schuften.
6) Wir erfahren, was alles geht, wenn man nur will
Für mich hat Corona bewiesen: Wo ein Wille, da ein Weg. Beziehungsweise: Wenn wir müssen, dann geht es auch! Auf einmal sind Maßnahmen zur Eindämmung potenzieller Gefahren ganz einfach, und gehen wunderbar schnell. Heute tagt der Krisenstab, morgen sind schon die Lösungen am Teller. Gratulation! Und die Bevölkerung spielt auch richtig gut mit. Da fragt man sich schon, was hat Corona was der Klimawandel nicht hat? Wie auch immer - was wir jetzt zumindest gesehen haben, ist, dass es geht, wenn wir nur wollen! Wir wissen jetzt, dass sich die Menschen ändern können. Wir wissen jetzt, dass die Gesellschaft zusammen für ein Ziel eintreten und entsprechende Maßnahmen umsetzen kann. Wir wissen jetzt, dass es ok ist, wenn die Wirtschaft mal nicht an erster Stelle steht. Und das alles ist eine sehr wichtige gesellschaftliche Erfahrung!
Netzfund.
02.04.2021 15:18 •
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