Wer konnte schon erfolgreich den Job verändern?

Anima
Das ist jetzt eine recht praktische Frage, die nach Erfahrungen sucht.

Der Depression ins Auge sehend muss ich ständig fest stellen, dass sich einiges verändern muss, um das Leben in eine andere Biegung zu bringen. Ich gestehe mir ein , dass ich den Job, den ich jetzt habe, nicht mehr so ausüben kann. Ich schaffe das angeforderte Leistungsniveau nicht mehr. Nein, nicht was Wissen und Knohow angeht, sondern in der Tat die Geschwindigkeit. Für jeden Vorgang gibt es Zeitvorgaben. Der Perfektionist in mir ist wirklich gut, bei den Kunden gut angenommen - aber für meinen Arbeitgeber zu langsam. Das kostet den Arbeitgeber Geld und mich eine Menge Nerven.
Es wird mich wieder krank machen, wenn ich an den jetzigen Platz zurück kehre, wenn ich meinen erneuten Klinikaufenthalt geschafft habe.

Nun interessiert es mich, wer es geschafft hat, seine Arbeit zu verändern beim selben Arbeitgeber, wer komplett sich verändert hat und tatsächlich auch damit zufrieden ist. Mich interessieren die Planungen, die Vorgehensweise.

Ich arbeite wirklich gerne, bringe auch gerne Leistung, aber besser auf dem Niveau, das ich leisten kann. Lieber kniffelig als schnell.

Anima

04.12.2011 01:09 • #1


M
Hallo Anima,

ich habe keine Lösung für dich, aber ich kenne das Problem einer früheren Kollegin.

Sie wollte so perfekt sein, dass sie einfach nicht weiter kam mit ihrer Arbeit. Unser damaliger Chef hatte ihr gesagt,
es wäre ihm lieber, sie würde Fehler machen und die zu erledigen Arbeiet ging voran, als wenn sie nur darauf bedacht
wäre, keine Fehler zu machen.

Es ist ja so, wenn eine Kollegin nicht weiter kommt, haben die anderen Kollegen ja ihre Arbeit mit aufzufangen und
damit kommt ja die Unzufriedenheit untereinander auf.

Keiner macht gerne Fehler und hat auch wahrscheinlich daran zu knabbern, aber es muss ja weiter gehen, besonders
heutzutage in dieser schnelllebigen Zeit.

Drücke dir die Daumen, dass ein Umdenken gelingt.

04.12.2011 10:21 • #2


A


Hallo Anima,

Wer konnte schon erfolgreich den Job verändern?

x 3#3


Anima
Das Problem ist im Grunde, dass die anderen Kollegen sich darauf verlassen, dass ich ihre Fehler auch sehe! Das tue ich nicht mehr, die Geschwindigkeit, die verlangt wird - gepresst in ein Zeitraster, das liegt mir definitiv nicht. Ich habe vor meinem Zusammenbruch 2009 alles gekonnt: Korrekt gearbeitet und schnell gewesen. Jetzt klappt beides nicht mehr wirklich, die Anforderungen haben sich geändert und selbst jüngere Kollegen bekommen damit Probleme.

Für mich stellt sich auch vielmehr die Frage: Wenn man weiß, es funktioniert so nicht mehr - wer hat da einen Weg heraus gefunden? Körper und Seele sprechen für eine Veränderung, die Vernunft meldet sich zu Wort, ich sei seit Jahren im falschen Beruf - wer hat einen Weg gefunden? Umschulung, neues Studium, egal - ich sammle einfach gerade Ideen.

Anima

04.12.2011 11:16 • #3


G
Ich habe meinen Beruf erfolgreich verändert, wobei ich glaube einfach auch ganz viel Glück gehabt zu haben. Mein Traum war es immer Historikerin zu sein und eine Doktorarbeit zu schreiben. Doch das ganze muss irgendwie finanziert werden und von Luft und Liebe kann ich halt nicht leben. Ich war 2,5 Jahre auf der Suche nach einem richtigen Job nach meinem Studium und da ich mir selbst ein bisschen Programmieren am Computer beigebracht hatte, fand ich letztendlich einen Job in der Webbranche. Ich bin dort vor Langeweile eingegangen. Für mich war es die Hölle.

Genauso wie du wusste ich, hier kann ich nicht überleben und fing also wieder an Bewerbungen zu schreiben und Kontakte zur Uni zu knüpfen. Wie gesagt, mit viel Glück lernte ich meine Doktormutter kennen und bekam letztendlich eine Stelle an der Universität. Das ist das Beste überhaupt und ich bereue es keine Sekunde.

Ich glaube, wenn man für etwas brennt und es wirklich machen will, findet sich immer ein Weg es auch zu bekommen. Manchmal macht man doofe Zwischenstopps, aber man darf sein Ziel nie aus den Augen verlieren.

Was ich dir raten kann: hör auf dein Herz. Was sagt es dir. Was will deine Seele tun? Und dann reagiere darauf, unabhängig von Geld, Karrierechancen usw. Wenn man etwas wirklich gerne macht, dann kommt die Karriere meist von ganz alleine.

04.12.2011 12:06 • #4


Anima
- , genau das brauche ich!

Was ich mich höchstens immer wieder frage: Ist man mit 43 nicht zu alt für einen kompletten Wechsel? Ich wollte nie (mehrfach unterstrichen) in die Finanzbranche.

Irgendwie habe ich auch schon überlegt, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, den Job, den ich jetzt habe, stundenmäßig zu küren und ein Zusatzstudium zu absolvieren. Ich habe allerdings sooooo viele Interessen, dass ich noch nicht die richtige Richtung habe.

Mensch, Historikerin - das ist beeindruckend! Ich wollte immer schreiben fällt mir dabei ein.

Es gibt mir total Mut, was Du mir geschrieben hast.

04.12.2011 15:35 • #5


F
Liebe Anima,

ich habe mich auch verändert...ich war Angestellte im Friseursalon...wir arbeiteten nach dem Leistungsprinzip mit sehr sehr wenig Gehalt...auf die Dauer hat mich das immer mehr frustriert,ich wollte mich weiter entwickeln,hatte bei meinem damaligen Arbeitgeber nicht die Chance dazu....

Nachdem ich den Salon gewechselt habe und in einem anderen Salon für 3 Monate arbeitete,wuchs in mir die Idee....mich selbständig zu machen.Wir hatten uns ein Haus gekauft mit einem riesigen Keller,der ungenutzt war...

Ich ging für 6 Monate in die Arbeitslosigkeit,unter anderem auch,weil ich spürte,daß eine depressive Phase im Anmarsch ist,hatte auch in der Zeit geheiratet und zusammen mit meinem Mann das Haus eingerichtet,umgebaut...Garten angelegt etc.,Hund gekauft...also kurzum eine sehr stressige Zeit...

Ich begann dann mit der Planung meines Kosmetik-u.Wellnesssalons...beantragte beim Arb.amt Gründungszuschuss und bin jetzt im kommenden April 2 Jahre selbständig im Kleingewerbe...,ich mache die Kundentermine selbst,kann planen,arbeiten,wie ich das möchte...
Natürlich hatte ich vorher riesige Angst,dem nicht gewachsen zu sein...

ABER: Ich habe diesen Entschluss nicht einen Tag bereut...gehe mit Freude meiner Arbeit nach,konnte Lehrgänge besuchen,die mich interessieren und habe einen festen,stetig wachsenden Kundenstamm aufbauen können...
Wenn Du magst,schau Dir meine HP an ...dann bekommst Du einen kleinen Einblick

Link entfernt

Herzl.Grüße

04.12.2011 20:03 • #6


Gummitwist78
Hallo Anima!

Ich stehe auch vor dieser entscheidung.
Denn ich habe Angst da sich das nicht schaffe.Das ist einfach zuviel Druck.Und den will ich einfach nicht mehr.

Habe mir nun vorgenommen einfach mal mich zu Berwerben in den Jobs wo ich mich wohl fühle.

Ich wünsche dir das du es in einem Neuen job schaffst.

Alles Liebe und Gute du schaffst das!!!


Lg

Gummi

04.12.2011 21:24 • #7


Anima
@Fashion - ich bin platt! Das ist klasse - die Aufmachung der Homepage ist sehr sehr angenehm *schwärm*.

Ich sehe vor allem, dass es wichtig ist, sich zu verändern, wenn die Situation nicht mehr tragbar ist. Die Selbständigkeit hatte ich auch im Auge, aber das Finanzwesen ist doch ein Pool, in dem ich mich generell nicht mehr wohlfühlen kann.

@Gummitwist
willst Du in Deinem Beruf bleiben und nur den Arbeitsplatz wechseln?

'Anima

04.12.2011 23:36 • #8


Albarracin
Experte

05.12.2011 09:17 • #9


Gummitwist78
Zitat von Anima:
@Fashion - ich bin platt! Das ist klasse - die Aufmachung der Homepage ist sehr sehr angenehm *schwärm*.

Ich sehe vor allem, dass es wichtig ist, sich zu verändern, wenn die Situation nicht mehr tragbar ist. Die Selbständigkeit hatte ich auch im Auge, aber das Finanzwesen ist doch ein Pool, in dem ich mich generell nicht mehr wohlfühlen kann.

@Gummitwist
willst Du in Deinem Beruf bleiben und nur den Arbeitsplatz wechseln?

'Anima


Guten Morgen Anima!

Erlich das weiss ich noch nicht.Denn mein Job macht mir viel viel Spaß.
Aber er ist auch sehr Stressig.

Ich würde auch gerne mal in Neuen Berufen rein schnuppern.Der Umgang mit Menschen macht mir sehr viel Spaß.

Das ist ein entscheidung die ich noch fällen muss.

Liebe Grüße

Gummi

05.12.2011 11:25 • #10


Anima
@Albarricin!

Ich habe stets im Kopf, dass ich einfach nur depressiv bin und das schon packen werde. Irgendwas, nur das schaffe ich nicht mehr. Heute z. B. war so einer dieser Tage: Das Hirn schaltete auf Durchzug, habe fast geheult, weil ich den Kunden einfach nicht verstanden habe, Herzklopfen bis zum Hals. Schwerbehinderung etc. - das war für mich im Grunde nie ein Thema, zumal ich in der Wiedereingliederung war - natürlich komplett alleine und ohne Ansprechpartner.

Einen Arbeitsrechtsschutz habe ich übrigens! Reicht das aus?

Ich bin gerade vollkommen platt - was ich nicht negativ meine. Es kreis im Hirn, das Gedankenkarussell. Ich habe durchaus in den Unterforen gelesen, konnte aber keinen Zusammenhang mit mir finden. Ich arbeite grundsätzlich gerne und bin eben in der Lage, dass ich mir bewusst bin, das nicht mehr leisten zu können, war mich teilweise wahnsinnig macht.

Die Klinik hat eine Sozialberaterin, zu der ich immer wieder in Kontakt stehe.

Jetzt verdaue ich erst einmal in Ruhe Deinen Beitrag, für den ich sehr sehr dankbar bin.

05.12.2011 21:46 • #11


Eisbärchen
Ich schaffe das angeforderte Leistungsniveau nicht mehr. Nein, nicht was Wissen und Knohow angeht, sondern in der Tat die Geschwindigkeit.

Hallo Anima,

Dein Satz hat mich sehr an eine Infoveranstaltung in der langen Nacht der Wisssenschaften erinnert. Hab verstanden, dass im Gehirn Substanzen fehlen, aufgrund dessen tatsächlich auch die Schnelligkeit nachlässt, da die Verknüpfungen der Synapsen nicht mehr so gut gelingen.
Hilft Dir jetzt zwar nicht, aber ich fand es sehr interessant, dass das auch zum Krankheitsbild gehört. Ist mir bei mir auch schon aufgefallen.

Schönen Abend und viele Grüße
Eisbärchen

05.12.2011 23:04 • #12


Anima
Manchmal komme ich mir halt so vor - plemplem!

Schon letzte Woche habe ich einen Kunden angeschaut wie ein Auto, ich habe vergessen, wer er ist
Ich habe alle Storys hinter den Finanzierungen gewusst, die Kinder und jetzt - gähnende Leere im Hirn.

Da das vor 2 Jahren schon einmal war gehe ich davon aus, dass das nicht so einfach zu beseitigen ist, deswegen eben der Gedanke an einen neuen Job, dass ich vielleicht dort aufgrund eines neu entfachten Interesses wieder Freude an der Arbeit finde und auch Leistung bringen kann. Ich arbeite wirklich gerne...Aber ich mutiere zur Schnecke...

05.12.2011 23:10 • #13


Eisbärchen
vielleicht hilfts dann, wenn Du weisst, dass es ein Teil der Krankheit ist.
Aber mir gehts auch so - ist halt schwer zu akzeptieren, wenn man sich gern mal mit anderen vergleicht ;-).

05.12.2011 23:44 • #14


Gummitwist78
Zitat von Anima:
Manchmal komme ich mir halt so vor - plemplem!

Schon letzte Woche habe ich einen Kunden angeschaut wie ein Auto, ich habe vergessen, wer er ist
Ich habe alle Storys hinter den Finanzierungen gewusst, die Kinder und jetzt - gähnende Leere im Hirn.

Da das vor 2 Jahren schon einmal war gehe ich davon aus, dass das nicht so einfach zu beseitigen ist, deswegen eben der Gedanke an einen neuen Job, dass ich vielleicht dort aufgrund eines neu entfachten Interesses wieder Freude an der Arbeit finde und auch Leistung bringen kann. Ich arbeite wirklich gerne...Aber ich mutiere zur Schnecke...

Aber das kenne ich auch.
Dann stehst du vor den Kunden weisst soviel Privates und doch weisst du nichts.

06.12.2011 08:38 • #15


U
Bin auch im Finanzwesen und habe den Job gewechselt.
Innerhalb der Firma. Habe den Kundenkontakt nicht mehr geschafft wegen den
Zielvorgaben (Abschlüsse etc.).
Bin jetzt 2 Jahre Sachbearbeiter und super glücklich!
Ich verdiene weniger aber das war es mir wert.

Der Job war nicht der einzige Grund für meine Depression aber sicherlich hatte er schon ein großes Gewicht.

Habe auch mit meinem AG damals geredet (ohne Diagnosen zu nennen) und gesagt das mir das aktive Verkaufen, das plötzlich gefordert wurde,
nicht liegt. (War damals schon 6 Monate krank, AG bot mir das Wiedereingliederungsmanagement an). Das ich mich mehr als Berater sehe. Mein Chef hat sich eingesetzt und ich konnte innerhalb der Firma wechseln.

LG

06.12.2011 10:41 • #16


Anima
Vermutlich bin ich gerade in der Lernphase, was die Akzeptanz meiner Depression angeht. Zielvorgaben schaffe ich schon lange nicht mehr, bei meinen Kunden bin ich immer noch beliebt, die meisten wissen, wenn etwas nicht funktioniert, fällt mir immer etwas ein.

Sobald es hektisch wird, steigt der Blutdruck, mir wird schwindelig, habe Schmerzen und die Konzentration sinkt gen Null. Das kommt automatisch, selbst das Treppensteigen wird dann zur Qual . Früher bin ich in solchen Situationen zur Höchstform aufgelaufen!

Eine Wiedereingliederung habe ich ja schon hinter mir, am selben Arbeitsplatz, ohne Hilfe, ohne Ansprechpartner. So war ich schnell wieder im alten Fahrwasser. Jetzt habe ich das Gefühl, es ist schlimmer als vorher, kämpfe oft gegen Verzweiflungswellen, wenn ich wieder Unterlagen in der falschen Akte finde, Rückrufe einfach vergesse, Wiedervorlage vergesse und eben nicht verstehe, was ein Kunde von mir will oder ein Kollege. Ich hadere mit dieser Situation, denn logischerweise sehe ich mich auch betriebswirtschaftlich als zu hoher Kostenfaktor für meinen Arbeitgeber.

Die Tipps von @Albarracin - sind unglaublich wertvoll. Ich habe mir alles ausgedruckt, um immer wieder in Ruhe die Zeilen zu lesen.

Der Verdienst steht nicht im Vordergrund, ich möchte wieder gerne zur Arbeit gehen und auch Leistung bringen. Das kann ich derzeit nicht.

06.12.2011 11:37 • #17


Albarracin
Experte

06.12.2011 13:46 • #18


Anima
Zitat von Albarracin:
Es geht im Schwerbehindertenrecht um den Ausgleich von Nachteilen, die eine starke und/oder langwierige Erkrankung für die Betroffenen mit sich bringt - sowohl im Berufs- als auch im Privatleben. Dies geschieht sowohl durch pauschale Regelungen wie Zusatzurlaub oder vorgezogenes Rentenalter als auch sehr individualisierte Unterstützungen im Rahmen des Reharechts.


So habe ich das tatsächlich noch nicht gesehen. In meinem Kopf schwirrt immer wieder der Gedanke: Alles wird so wie es war - aber im Grunde - und die Vernunft spricht da in mir - ist das so nicht mehr möglich.

Ich habe das alles einfach nicht gewussst und man fühlt sich eben schäbig und unfähig.

DANKE!!!!!

Also Beitritt Gewerkschaft - das wäre der nächste Schritt.

06.12.2011 19:13 • #19


F
Liebe Anima,

vielen Dank für die Eröffnung dieses Themas. Mit Interesse habe ich alle Beiträge gelesen und konnte viele wertvolle Erfahrungen entnehmen.
Nun - bei mir war es eine ganz andere Erfahrung.

Ich bin mit meiner Arbeit (die ich nun seit vier Jahren habe) rundherum zufrieden. Trotzdem kam es vor anderthalb Jahren zum Burnout mit Depressionen. Nein, meine Arbeit war nicht der Auslöser (Vielleicht waren die Arbeitsplätze und Chefs, die ich davor hatte, daran beteiligt?).
Auch ich konnte - wie Du es beschreibst - in einigen Phasen meiner Erkrankung nichts ertragen. Die Gespräche meiner Kollegen waren mir zu viel. Nicht mal den Telefonhörer konnte ich in die Hand nehmen und einen lumpigen Termin absprechen. Es war mir zu viel...

Was änderte ich?

Sowohl im beruflichen als auch im privaten Leben lernte ich zu vertrauen. Darauf, dass es irgendwie immer geht. Und darauf, dass ich meine Arbeit schaffe. Und zwar nicht irgendwie, sondern gut schaffe (Und wenn ich gut meine - bei meinem perfektionistischen Wahn - dann ist die Arbeit in den Augen meiner Kollegen hervorragend bewältigt worden. Also auch irgendwo eine Betrachtungsweise...)

Ich arbeite in meinem eigenen Tempo. Und wenn es eben das Schneckentempo ist, welches Du angesprochen hattest. Ich kann nicht schneller als in meinem eigenen Tempo arbeiten.
Und wer bestimmt, welche Art von Tempo wir haben? Wer bestimmt, ob unsere Arbeit gut ist?
Sind wir es nicht auch manchmal selbst, die mit uns unzufrieden sind, mit unserem Tempo, mit unserer Qualität? Weil wir oftmals hohe Ansprüche haben?
Wie sehen Kollegen unser Tempo? Und unsere Arbeitsqualität?

Ohja, ich denke schon, dass sich das Arbeitstempo erhöht hat. Früher hat man einen Brief geschrieben, den fortgeschickt und man hatte mindestens fünf Tage vor einer Antwort Ruhe.
Und heute? Zack! Geht die E-Mail raus und zack! Ist die Antwort da.
Und dieses zack wird teilweise auch erwartet. Aber können wir nicht auch erwarten, dass eine Antwort auch einen Tag warten kann?

Zum Glück habe ich einen sehr feinfühligen Chef, der sich um unser Wohlergehen sorgt. Das nehme ich nicht als selbstverständlich hin, da ich das in meinem Berufsleben bisher immer anders erlebte.
Letzten Endes halfen mir auch mein Chef und meine Kollegen aus der Erkrankung raus. Ich konnte (mit Wiedereingliederung) an meinen Arbeitsplatz zurück, wusste, was mich erwartete, kannte den Ablauf usw. Es war ein bisschen wie nach Hause kommen. Denn ich musste mich an nichts Neues gewöhnen. Und das war für meine Heilung sehr wichtig und wohltuend.

Wenn Du Dich aber doch für eine Veränderung entscheiden solltest, dann möchte ich Dir Folgendes sagen:
Mit 43 bist Du definitiv nicht zu alt, um etwas Neues zu beginnen. Du hast noch 24 Jahre Arbeit vor Dir, ehe Du in Rente gehen kannst. Im Prinzip also Dein halbes Arbeitsleben!
Meine älteste Schülerin (Ich bilde im pflegerischen Sektor aus.) war 58 Jahre alt, als sie eine einjährige Ausbildung begann.
Und in die dreijährige Ausbildung durfte ich mal eine 50jährige Frau begleiten. Sie sagte immer: Wenn ich mit der Ausbildung fertig bin, bin ich 53 und habe immer noch weit über zehn Jahre zu arbeiten.

Es ist gut, dass Du Dich momentan in alle Richtungen orientierst und möglichst viele Meinungen und Erfahrungen einfängst.

Ich wünsche Dir, dass Du den für Dich richtigen Weg findest.
Viele Grüße
FreieHeide

06.12.2011 20:37 • #20


Anima
Das Mutmachen tut auf jeden Fall gut! herzlichen Dank!

Ich habe mich mit den Kollegen wirklich gut arrangiert und sie tragen auch einiges mit. Leider habe ich für die Arbeiten auch Zeitvorgaben und damit tue ich mich extrem schwer, weil mein Denkprozess einfach verwirrt ist, die Nachhaltigkeit fehlt.
Komplexe Zusammenhänge kann ich erkennen, besser als die Kollegen, aber dafür eben wieder - die Geschwindigkeit der anderen Abläufe.
Im Terminkalender ist genau definiert, wie lange welche Beratung dauern darf und es ist definiert, bis wann wir einen Vorgang abgeschlossen haben müssen. Ich empfinde das im Augenblick nur als Stress und vergesse dabei viel.

Ich war perfekt und schnell und jetzt weder noch - das ist blöd.

Manchmal habe ich den Traum, komplett die Stundenanzahl zu reduzieren und noch etwas zusätzlich zu machen. Eigentlich wollte ich ja eben schreiben oder Literatur studieren. Die Welt der Worte ist einfach interessant.

Anima

07.12.2011 20:51 • #21


ziege
Hallo Anima,
wenn du aus der Reha kommst wirst du danach ja wieder eingegliedert werden. Da wird dann wohl auch erstmal die stundenzahl gesenkt. vielleicht bietet sich da die möglichkeit, auszutesten, wieviel stunden für dich machbar sind und ob du dann die Dinge mit dem schreiben verwirklichen kannst..bzw du zur Uni gehst...

Ich glaube nach der Reha wirst du klarer entscheiden können welchen weg du beruflich gehen willst.

viele liebe Grüße

07.12.2011 22:08 • #22


Eisbärchen
Hallo Anima,

ich danke Dir, dass Du das Thema aufgebracht hast. Hat bei mir auch einen Denkprozess angestoßen. Warum bin ich nicht früher drauf gekommen, welch einen Anteil meine Arbeit an meinem schlechten Zustand hat ?!

Hatte grade 2 1/2 Wochen Urlaub. Die ersten Tage hab ich mich richtig gut gefühlt, ich hatte wieder Kraft, fühlte mich positiv und dachte so kann man sich also auch fühlen - der Wahnsinn! Kaum war die Hälfte erreicht, ging es rapide abwärts. Ich hatte dauernd Angst, was auf mich zukommt, wie ich die ganzen Themen schaffen soll, .... .

Ich bin die Erste in meiner Abteilung, die Teilzeit arbeitet. Mein Arbeitspensum ist aus meiner Sicht extrem hoch (ist aber natürlich eine Frage der Arbeitsgeschwindigkeit bzw. des Perfektionsstrebens).
Mein Chef ist leider sozial total inkompetent, er kritisierte neulich meine Arbeitsleistung. Im Nachhinein erfahre ich, dass für ihn Themen nicht schnell genug angegangen wurden - aber das sagt er mir in der Situation nicht, sondern erst danach. Vieles scheint mir ein Kommunikationsproblem zu sein. Jetzt haben wir ein Jour-fix eingeführt, aber so richtig toll finde ich es nicht, da von ihm ziemlich wenig kommt. Ich rede halt ein bisserl drüber, was gerade für Probleme da sind und was ich als Wichtigstes erachte.

Bisher habe ich mich erst ein Mal ne Woche wegen meiner Depression krank schreiben lassen, aber langsam hab ich das Gefühl, dass ich das nicht mehr lange packe. Aber ich hab absolut keine Ahnung, wie es weiter gehen würde, wäre ich länger krank. Würde mich freuen, wenn Du oder ihr anderen berichten würdet, wie das bei Euch ablief.

Schönen Abend und viele Grüße
Eisbärchen

07.12.2011 22:20 • #23


Anima
Ich war bereits letztes Jahr schon in der Wiedereingliederungsphase. Da habe ich noch andere Medikamente genommen und war quasi ständig nur müde. Trotzdem habe ich dann gleich noch meinen Ausbilder und die Prüfung geschafft, das war ein Anreiz, den ich gebraucht hatte, ein Traum, den ich mir erfüllt habe.

Anfangs ging es auch noch, aber so richtig in den Rythmus reingefunden habe ich mich nie mehr. Die Leistung sank ich musste mir alles, was ich in vielen Wochen verpasst hatte, aufarbeiten, es gab viele Veränderungen und niemand, der da war. Ich habe es geschafft, war es dann aber selbst auch. Die Anforderungen von meinem Arbeitgeber waren zu hoch, aber ich wusste nicht, wie ich das sagen sollte, habe mich geschämt. Und dann kam ich ja noch vor ein Tribunal, wo mir vorgewurfen wurde, ich hätte kein Interesse an meiner Arbeit. Das war verdammt hart und dann musste ich noch mehr kämpfen und die körperlichen Beschwerden haben zugenommen.

Deswegen bin ich mir sicher, dass ich mein Soll so nicht mehr erfüllen kann. Die Lösung dafür, die habe ich noch nicht, aber ich WILL sie finden.

@Eisbärchen: Ich habe Tage vor Ende des Urlaubs immer Panikanfälle, Angst, was ich nicht schaffe. Selbst heute, nach einem Tag Urlaub bin ich am Morgen fast durch gedreht, als ich die vielen Rückrufe liegen hatte etc. - ich dachte, ich packe das einfach nicht mehr. Die ganze Zeit habe ich mich so zusammen genommen, dass ich im Privatleben nicht mehr zeichnen kann oder in Ruhe lesen, geschweige denn, einmal ruhig hin setzen.

07.12.2011 23:25 • #24


Eisbärchen
Hallo Anima,
nach welcher Zeitspanne hattest Du eine Wiedereingliederungsphase? Was bedeutet das, d.h. wie lange arbeitet man dann und wann laufen die Stunden wieder hoch?
Krankengeld gibts ab 6 Wochen, richtig? Wie viel % wäre das dann weniger Gehalt?

Ich drück Dir die Daumen, dass Du eine Lösung findest. Hast Du schon ein Gespräch mit Deinem Arbeitgeber geführt oder willst Du erst eine Lösung suchen?

Liebe Grüße
Eisbärchen

08.12.2011 22:38 • #25


Anima
Jetzt muss ich mal überlegen....12 Wochen Klinik, 6 Wochen zuhause, Kontaktaufnahme AG - dann ging es los, 3, 6 u. 8 Stunden, insg. glaube ich waren es dann ca. 8 Wochen Wiedereingliederung. Allerings mit ausreichend fachlicher Füllung. Ansprechpartner hatte ich keine. Ein Psychater hatte mir das alles aufgeschrieben, Gespräch in 5 Minuten erledigt.

Ja, nach 6 Wochen übernimmt die Krankenkasse die Zahlungen. Die ruft man quasi dann ab, es gibt dafür entsprechende Formulare, die auch vom Arzt unterschrieben werden müssen. Diese Formulare schickt man zur Krankenkasse, die wieder prüft und dann überweist. Da hatte ich wirklich keine Probleme.

Wieviel?- Daumen ca. 70 % des letzten Netto. Hier gibt es bestimmt User, die sich da besser auskennen, ich vergesse das ständig, sorry.

Anima

08.12.2011 23:56 • #26


Sarah
Hallo Anima,

eigentlich wollte ich dir schon längst geantwortet haben, nur waren die letzten Tage ein bisschen sehr stressig

Ich habe vor einem Jahr die Stelle innerhalb des Unternehmens (Versicherung) gewechselt. Vorher war ich in der Außendienstbetreuung - Wochen mit 50 Stunden und 1000 Kilometern, Zahlenvorgaben, Erreichbarkeit für Geschäftspartner von 8 bis 22 Uhr und auch gerne mal am Wochenende, Problemlöser für die Probleme anderer Leute und das alles mit einem Idioten als Chef und in einem nicht funktionierenden Team.

Anfang 2010 hat sich dann die Möglichkeit ergeben, dass ich wechsel. Da war aber schon klar, dass ich erstmal noch in die Klinik gehe. Im Endeffekt bin ich auf den Tag genau 2 Monate nach meiner Entlassung aus der Klinik von Berlin nach Dortmund gezogen und habe dort meinen neuen Job angetreten. Eine Innendienststelle im Bereich Marketing und Vertriebsunterstützung - geregelte Arbeitszeiten, keine Zahlenvorgaben, ein nettes Team. Zwar auch fast 900 Euro im Monat netto weniger (Außendienst hat auch was gutes...) aber für mich trotzdem die richtige Entscheidung.

Ich habe damals auch überlegt, ob ich einen kompletten Neustart wage. Ich wollte früher immer Medizin studieren. Nach einer schlechten Bio-Klausur in der elften Klasse habe ich d iesen Traum angeschrieben - ich war sicher, das Studium eh nicht schaffen zu können. Und diese Entscheidung habe ich immer bereut und tue es bis heute. Und wurde im letzten Jahr dazu ermutigt, es doch noch zu wagen. Meine Eltern hätten mich sogar finanziell unterstützt. Aber dazu hat mir der Mut gefehlt

Aber auch mit der Entscheidung, wie ich sie getroffen habe, geht es mir gut. Wobei man auch die positive Wirkung eines anderen beruflichen Umfeldes nicht überbewerten sollte. Für mich selber schätze ich es so ein, dass es meine Krankheit nicht besser macht oder mir großartig bei der Heilung hilft. Aber es verhindert auch eine Verschlechterung und lässt mich daher vernünftig an einer Besserung arbeiten. Wäre ich im alten Job geblieben hätte ich wohl gleich bei der Entlassung aus der Klinik den Anschlussaufenthalt ein Jahr später buchen können

Liebe Grüße

Sarah

09.12.2011 12:49 • #27


ziege
Zitat von Sarah:
Wäre ich im alten Job geblieben hätte ich wohl gleich bei der Entlassung aus der Klinik den Anschlussaufenthalt ein Jahr später buchen können

Liebe Grüße

Sarah



Sarah das glaub ich auch, es klingt sehr nach Dauerstress den du da mitgemacht hast. Und diese Art Dauerstress, also wenn man immer unter strom steht ist ja nie gut!

mich an die eigene Nase pack.

freut mich das du wechseln konntest!

liebe Grüße

09.12.2011 18:25 • #28


Anima
Ich merke gerade heute wieder, dass ich einfach hätte heulen können, zu viel Arbeit für zu wenig Leute, dazu der Zahlendruck und eben die Antworten von oben, ohne Respekt vor der Person und ständig Reklamationen, weil vieles nicht mehr unter einen Hut zu bringen ist.

Gestern Abend konnte ich nicht abschalten, ich hetze quasi oder fühle mich gehetzt. Außerdem denke ich, ich sollte weg vom Kundengeschäft, weil mir viele Dinge zu nahe gehen und immer schlechter verkraften kann. Ich kann mich dann nicht mehr richtig abgrenzen.

Oh ja, mir fällt gerade viel ein. ....

09.12.2011 18:46 • #29


A


Hallo Anima,

x 4#30


ziege
ja im Verkauf finde ich es auch nicht grade einfach. kann verstehen das dir echt zum heulen zu mute ist grade. scheint auch kein wirklich gutes Betriebsklima zu sein,hm?
vielleicht ist es ja auch möglich im Betrieb in einen anderen Bereich zu gehen, wie bei Sarah,glaub ich.

Hilfe kannst du auch wirklich beim integrationsfachdienst deiner Stadt bekommen, die helfen auch das der arbeitsplatz erhalten bleibt oder dementsprechend verändert wird. wie Albarracin schon geschrieben hatte. Allerdings musst du dafür entweder einen Reha-antrag stellen bei der ARGE/deiner Rentenversicherung oder aber einen schwerbehinderten Ausweis besitzen..

viele Grüße


ps Habt ihr einen Betriebsrat?

immerhin kannste bald mit der Therapie anfangen

09.12.2011 19:00 • #30

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