Schlüsselkind
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ich starte ein Thema, um mich mit euch als Betroffene austauschen zu können, was eigene Erfahrungen und Lösungsansätze angeht. Derzeit befinde ich mich nicht (mehr) in Psychotherapie, kann aber in Notfällen immer kurzfristig darauf zurückgreifen. Was mir immer sehr hilft. Mir geht es hier vielmehr aber um den persönlichen Austausch.
Durch meine 2 Jahre andauernde Psychotherapie (begleitend mit Hypnose) wurde bei mir ein (Kindheits-)Trauma festgestellt, dass mich unterbewusst seither immer begleitet hat, aber jahrelang unterdrückt wurde.
Triggerwarnung 1: (Kindheits-)Trauma
Trigger
se*ualisierte Gewalt
Bei mir hat sich das Trauma dann aber später durch meine Erkrankung (Endometriose) seinen Weg nach Außen gesucht und dadurch begann für mich ein jahrzehntelanger Weg von täglichen Dauerschmerzen (an dieser Stelle verzichte ich auf detaillierte Beschreibungen der Erkrankung, weil das Thema zu komplex ist, um hier behandelt zu werden, wer aber diesen Weg gerne nachlesen möchte, sie ist in der 2. Triggerwarnung enthalten). Vielleicht hilft es ja auch noch jemanden, der ähnliches erlebt oder auch erkrankt ist, ein paar neue Ansätze zu finden:
Triggerwarnung 2: Krankheitsverlauf
Trigger
Endometriose wirkt sich bei jedem Menschen anders aus und ist immer individuell zu betrachten, aber manche Syptome sind schon sehr auffällig und sollten weiter verfolgt werden, um die Krankheit zumindest ausschließen zu können.
Mit 12 Jahren erste Regelblutung, war ein extremes Schmerzerlebnis, wurde zunächst eingestuft Körper-muss-sich erst-hormonell einpendeln, starke Regelschmerzen normal. Habe jeden Monat schon als Teenager viele Schmerztabletten genommen, alle anderen Tage aber beschwerdefrei.
Zischendurch mal Zusammenbrüche da sehr starke Bauschmerzen, teilweise so starke Krämpfe, dass ich auch in die Notaufnahme kam. Verdacht Blinddarm. Nichts gefunden, keine Diagnose.
Im Laufe der Jahre habe ich mit dem Schmerz gelebt, als sich meine Lebensumstände änderten Studium, habe ich plötzlich tägliche Bauchschmerzen gehabt. Sehr starke unerträgliche Krämpfe. Es stand der Verdacht auf Magenschleimhautentzündung. Darauf wurde ich dann ohne Erfolg behandelt. Dann Überweisung zur Psychotherapie Verdacht auf psychosomatische Beschwerden. Therapie hat nicht geschadet, war mir was die Schmerzen angeht aber nicht förderlich. Mir war derzeit oft auch psychisch unwohl, hatte dissoziative Zustände ab und zu.
Nach Studium Berufsanfang, persönliche Veränderungen positiver natur, Buachschmerzen weg, aber teilweise wieder starke Regelschmerzen, auch auch jahrelang schmerzfreieren Monaten. Was hier aber bereits parallel anfing, war meine chronische Erschöpfung die bei Endometriose oft ein sehr starkes Begleitsymptom ist. Regel mal schmerzhaft, weniger schmerzhaft, teilweise beschwerdefrei.
Dann Umzug andere Stadt, erster Besuch bei neuer Gynäkologin. Erkennen von Myomen auf dem Ultraschall. Ich erzählte ihr von der Odysee meiner jahrelangen Regelschmerzen, unerklärten Bauchschmerzen, der Übelkeit, chronischen Erschöpfung, den Zusammenbrüchen. Es folgte Überweisung zur Bauchspiegelung auf dem Ultraschall allein nicht erkennbar!. Bei der Bauchspiegelung wurden Endometrioseherde entdeckt und gleich entfernt, ebenso die Myome. Dazu sei noch zu sagen, dass man Myome auch ohne Endometriose haben kann. Durch die Schilderung meiner anderen vielen Symptome war meine Ärztin aber alarmiert.
Nun war ich offizielle Endometriosepatientin. Nach OP haben Schmerzen angehalten, ich wurde nicht richtig danach aufgeklärt, Behandlung mit Hormonpräparat erfolglos. Dann 2 Jahre mehr oder weniger große Beschwerden während der Regelblutung.
Dann wieder kolikartige sehr starke Krämpfe bis Zusammenbruch während der Arbeitszeit, Krankenhausaufenthalt, erneute Bauchspiegelung. Endometriosherde wurden wieder neu entfernt. Leider können sie immer weiter wachsen und auch der Entfernung wieder auftreten, was die Krankheit unberechenbar macht.
Jetzt hatte ich die Schmerzen täglich und unabhängig von meiner Regelblutung. Wie sich die Endometrioseherde auswirken, hängt gar nicht mal von der Menge ab. Es gibt Menschen mit wenig E.Herden die große Schmerzen haben wie ich und Frauen die viele Endometrioseherde haben, aber gar keine Schmerzen haben. Zudem ist auch wichtig, wo sich die E.herde befinden. Z. B. habe ich schon von Menschen mit E.herden am Darm gehört, die dann sehr starke Darmbeschwerden hatte etc. Häufige OPs führen leider oft zu Verwachsungen oder Vernarbungen, die auch Schmerzen/Beschwerden verursachen können, daher wird heute nicht mehr ganz so voreilig und viel operiert.
Danach begann meine Ärzteodysee mit versch. Behandlunsgansätzen. Da die Ursachen der Krankheit unzureichend erforscht sind und es hier mehrere untersch. Ansätze gibt, war auch die Behandlung sehr individuell wenn manchmal auch kaum vorhanden, weil Ärzte überfordert waren. Bis ich dann meine Professorin entdeckt habe, sie ist selbst auch in der Forschung tätig. Hier habe ich festgestellt, dass man wirklich sehr lange ausprobieren muss bis man sich besser fühlt, weil es leider im Vergleich zu anderen Krankheiten kein Allgemeinrezept gibt. Bei ihr bin ich nun in Schmerztherapie. Hier ist es wichtig, dass man so schnell wie möglich behandelt wird, denn hat sich der Schmerz erst einmal im Schmerzgedächtnis festgebissen, kann er sich schnell chronifizieren - wie es wohl bei mir der Fall war.
Wissenschaftliche Studien, die statistisch zeigen, dass se*ualisrte Gewalt Endometriose auslösen KANN. Untersuchungen ergaben hier eine große Häufigkeit unter den Betroffenen. Aber die Erkrankung kann auch ohne traum. Erlebnisse, durch körperliche Zusammenhänge auftreten. Ist leider noch nicht ausreichend erforscht. Nur zur kurzen Erklärung.
Durch die große Schmerzen und der psychischen Belastung durch die Schmerzen und Begleiterkrankungen startete ich eine Psychotherapie. Nachdem meine Therapeutin der Ursache meiner Erkankung auf die Spur gekommen ist und wir das prägende traum. Erlebnis bearbeitet haben, löste sich meine innere (Schmerz-)Blockade, so dass ich mittlerweile schmerzbefreit bin. Soweit schon einmal zu dem positiven Aspekt, den ich niemals für möglich gehalten hätte.
Psychisch ging es mir seitdem auch ZUNÄCHST gut, ich fühlte mich befreit und gelöst, darüber einmal offen sprechen zu dürfen und zu können, auch wenn es mir sehr schwer fiel. Denn das hätte ich außer meiner Therapeutin niemals jemandem offenbart.
Nun ist es aber bereits seit einiger Zeit so, dass ich mich plötzlich mental sehr unwohl fühle und mich Ängste plagen (u. a. das man mir mein Erlebtes ansehen könnte, wie ich mich in partnerschaftlichen Beziehungen verhalten soll, ob ich darüber reden muss etc.)
Ich hatte vor etlichen Jahren eine sehr merkwürdige Begegnung mit einem mir unbekanntem betrunkenen Mann, der mir etwas sehr explizites an den Kopf warf, dass wirklich nur ich als Betroffene wissen kann. Seitdem kreisen eben diese irrationalen Gedanken, dass man ES mir ansieht. Und das mir das Erlebte dadurch zwischenmenschlich im Weg steht. Dass es überhaupt zwischen mir und anderen Menschen immer stehen wird. Das fühlt sich für mich aktuell am schmerzhaftesten an, dass ich quasi kaputt bin, eine Betriebsstörung habe.
Dann kommen mir Gedanken, dass es vielleicht anders herum doch besser gewesen wäre. Also, die Schmerzen zu behalten und die seelische Last im Verborgenen zu wissen. Jetzt aktuell fühle ich mich gerade einfach nur seltsam abgetrennt von meiner Außenwelt.
Was nicht im Zusammenhang mit dem Erlebten steht, aber auch einen großen Einfluss auf mein derzeitiges Leben hat - und sich auch wie eine Betriebsstörung meinerseits anfühlt - ist das Nicht-Verhältnis zu meinem abwesendem Vater, der vor ein paar Monaten verstarb. Zunächst habe ich keinerlei Trauer gespürt, denn ich hatte trotz des abwesenden Vaters/nicht Kontaktes zu ihm leider trotzdem gesetzlich viele Pflichten zu erledigen, viel Druck: bin viel gereist und war dadurch permanent abgelenkt. Seit ein paar Wochen jedoch geht es mir auch hier nicht gut, und es stellt sich doch eine Trauer ein. Nun habe ich zumindest hierzu ein paar doch interesstante Artikel zum Thema gefunden, wie man mit dieser vielschichtigen Trauer umgehen kann und auch hier würde es mich interessieren, wenn ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt, wie ihr dies lösen konntet?
Bei mir ist definitv gerade mehr die Trauer vorhanden, dass ich nie einen Vater hatte und auch endgültig nicht mehr haben werde als der Verlust des Menschen ansich. Früher hat mich immer der Gedanke getröstet, immerhin dann noch einen - wenn auch schlechten - Vater zu haben (wenn meine Mutter verstirbt). Nun hat sich zu meiner Verwunderung seit ein paar Wochen aber die Trauer ihren Weg nach außen gesucht und ich lasse es so einfach fließen.
Ich weiß, dass ich langfristig für beides bestimmt eine gute Lösung finden werde, aber dies ist es, was mich gerade sehr beschäftigt. Denn ich habe dank meiner Therapeutin über einen langen Zeitraum eine Visualisierung erstellt, was ich noch erreichen möchte im Leben und das hat mir gerade anfangs des Jahres derart viel Motivation und Energie geben können (hab sogar jemand nettes kennengelernt zwecks Partnerfindung, hatte Vorstellungsgespräche zwecks neuem Job) bis mein Vater dann plötzlich verstorben ist und wirklich ALLES im Leben stagniert ist, so dass ich wohl erst einmal doch zunächst für mich mehr Geduld und mehr Zeit aufbringen muss, mich wieder zu fangen.
Vielleicht hat jemand ähnliches erlebt?
Danke schon einmal für das lesen des sehr langen Beitrages und liebe Grüße in die Runde!