Therapie nicht ablenken lassen

B
Hallo!

Eine Frage, die man vermutlich nicht so pauschal beantworten kann, trag ich seit kurzem mit mir rum und frage hier mal nach euren Erfahrungen und Meinungen:

Ist es wohl sinnvoller, sich einzig auf sich selbst und seine Therapie zu konzentrieren? Oder ist es in jedem Fall ratsam, Bücher zu wälzen (z.B. Sachbücher auf Ratgeber-Ebene), um Zusammenhänge schneller und besser verstehen zu lernen?

Ich bin da sehr zwiegespalten. Einerseits erhält man ja erst durch äußere Schilderungen oft die wertvollen Denkanstöße, oder man beginnt vieles erst zu verstehen, was einem ansonsten ewig lange verschlossen bleiben würde. Letztendlich sind wir ja auch deshalb alle hier im Forum ...

Andererseits will ich mich ganz bewußt nicht irritieren oder ungewollt gedanklich beeinflussen lassen. Ich glaube, wenn ich z.B. auch nur eines dieser Schritte aus der Depression-Bücher lesen würde, hätte ich mir damit zwangsläufig eine Handvoll Diagnosen mehr angelesen und würde danach aufgeklärter aber mir selbst fremder gedanklich herumirren. So zumindest meine Befürchtung ...

An mir arbeiten tu ich zumindest dadurch, dass keine freie Minute am Tag vergeht, die nicht mit Grübelei gefüllt ist - von morgens bis nachts, immer ... Seit einigen Wochen betreibe ich das bewußt konstruktiver und lese z.B. alte Tagebücher, Reiseaufzeichnungen, Briefe usw., um mehr aus meiner Vergangenheit und Entwicklung zu verstehen, und schreibe dann zu einzelnen Gedanken und Gefühlen, die mir elementar erscheinen, einfach drauflos ... Auseinandersetzung ist also durchaus da - nur koche ich halt in meiner eigenen Suppe.

Was meint ihr: nicht ablenken lassen? - Oder: Anstöße holen, auch wenn es vielleicht auf falschen Wegen von sich selbst ablenkt?

Liebe Grüße,
byron

[ - Mods: falls unpassendes Unterforum gewählt, bitte verschieben - Danke!]

14.12.2009 00:19 • #1


A
Gute Frage, die Du ja zum Teil selbst schon beantwortet hast: pauschal kann man das nicht sagen.

Ich halte vom Lesen von Büchern für die eigene Gesundung nichts.
Bei mir zB verhält es sich so:
ich bin im Bereich Psychiatrie und psychische Erkrankung und Störungen ausgebildet worden,
hab also viel Input dazu bekommen und auch schon mein Leben lang familiär Kontakt mit
solchen Erkrankungen.

Wenn man Fachbücher liest, weil man sich dort Infos für einen selbst erhofft, dann ist es oft so, dass man
sich genau die falschen Infos rauspickt, von denen man meint, dass sie ja grad passen (und das tun sie gefühlt auch) -
aber es sind meist nicht die infos, die einem weiterhelfen - weil man selbst zu sich nicht den Abstand hat den man bräuchte
damit man sich die wirklich hilfreichen Sachen herausliest.
Man selbst hat ja eine ganz andere Sicht auf sich und seine Erkrankung als Außenstehende - und daher sind auch
Freunde so gut sie es auch meinen, oft keine guten Ratgeber.

All meine Bücher die ich gelesen hab und all mein Fachwissen haben mir bei mir selbst noch kein Stück weitergeholfen -
wohl aber die Erklärungen der Zusammenhänge und des Zusammenspiels meiner Therapeutin in der Reha.

Daher denke ich: man ist wesentlich besser bedient, wenn man einen guten Therapeuten findet, dem man Fragen stellen kann und der offen ist, einem darauf Antworten zu geben - und gerade auch das macht einen guten Therapeuten für mich aus.

Außerdem denke ich, dass solche Bücher auch beeinflussen. Wenn man ein akribischer mensch ist wird man immer versuchen herauszufinden, ob das was der therapeut da tut auch so richtig ist - und das stört widerum das Patienten-/Therapeutenverhältnis.
Und jeder Mensch ist individuell in seiner Persönlichkeit und dem Zusammenspiel der ursachen für seine Erkrankung - man wird also nie was 100%ig auf einen selbst Zutreffendes finden in Büchern, die man nicht selbst geschrieben hat .

Aber das ist nur meine Meinung, andere mögen es anders sehen.

LG, Alannis

14.12.2009 01:31 • #2


A


Hallo byron,

Therapie nicht ablenken lassen

x 3#3


M
Hallo byron,
auch ich bin beruflich vorbelastet und habe in der Ausbildung viel über psychische Krankheiten gelernt. In den ersten Wochen meiner Erkrankung habe ich auch gehofft, mir würde das Lesen von Büchern zu diesem Thema helfen. Aber viele waren zu oberflächlich oder viel zu weit entfernt von meiner persönlichen Geschichte. Manche Geschichte habe ich gelesen und nur gedacht: 'Ja, so geht es mir auch.' Aber weitergeholfen hat mir keines so richtig. Ich habe sie deshalb wieder weg gelegt.

Mir hat meine gute Beziehung zu meiner Therapeutin weitaus mehr geholfen. Sie geht auf meine Fragen ein, gerne machen wir hin und wieder einen ausführlichen Ausflug in die Therorie, um das Besprochene zu untermauern. Es ist einfach viel individueller. Denn das sind wir Menschen, individuell, und in Krankheit ganz besonders.

Vor einiger Zeit habe ich sie um eine Buchempfehlung gebeten. Ich wollte später nochmal nachlesen, was wir in unzähligen Therapiesitzungen mühsam erarbeitet haben. Sie fand meine Idee gut, musste dann aber nach einigen Tagen der Recherche passen. Sie sagte, sie hätte kein geeignetes Buch finden können. Sie seien entweder zu oberflächlich oder zu speziell.

Und so lasse ich es sein mit den Büchern ...

15.12.2009 13:45 • #3


Albarracin
Experte

15.12.2009 16:50 • #4

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