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Ist Genesung von Depression doch Willenssache?

Grenzgaenger
Zitat von Dys:
Die Kernfrage ist, laut Themen Titel, ist Genesung von Depression doch Willenssache?

Also zunächst sollten wir dringend die Begriffe Depression und Willen trennen, denn niemand hat hier im Forum geschrieben, das er keinen Willen hat (Ein Altes Sprichwort sagt ja nicht umsonst: Der Geist war willig, doch das Fleisch war schwach)
Es wird halt nur völlig zurecht die Frage gestellt, ob man allein durch Wille eine Krankheit heilen kann - was meiner Meinung nicht geht, denn selbst wenn ich Genessen will (und selbstverständlich will ich das) kann ich einen Doppelten Schienbeinbruch wohl kaum alleine heilen können...
Und da Depression inzwischen längst eine anerkannte Krankheit ist, lässt sich die genau so wenig wie eine Fleischliche Wunde oder einen Knochenbruch heilen - völlig egal ob ich das nun will oder nicht.
Gruß
G

04.01.2025 23:43 • x 3 #61


Dys
Zitat von Grenzgaenger:
Es wird halt nur völlig zurecht die Frage gestellt, ob man allein durch Wille

Diese Frage wurde von einigen vielleicht so interpretiert, wurde aber vom Thementitel nicht gefragt. Denn dann hätte sie auch so formuliert werden können.
Der Wille zur Genesung wird aber schon nötig, auch bei einem Beinbruch, weil der initial ist um eine Behandlung anzustreben, also beispielsweise den Notruf zu wählen, oder um Hilfe zu rufen, oder sich sofern möglich zu einem Behandler zu schleppen. Ansonsten kann man aber sich auch sagen, „das Bein ist hin, dann warte ich mal bis es brandig wird und tue mal nichts“
Insofern ist es aber interessant zu sehen, wie mir zugeschrieben wird, ich würde die These vertreten, es sei allein durch den Willen eine Genesung der Depression möglich. Da stelle ich eben fest, das Etwas lesen und Etwas verstehen auch zwei unterschiedliche Dinge sind, die einer näheren Betrachtung, meines Erachtens nach, würdig sind.

05.01.2025 06:45 • x 2 #62


A


Hallo Oli,

Ist Genesung von Depression doch Willenssache?

x 3#3


Grenzgaenger
Zitat von Dys:
Insofern ist es aber interessant zu sehen, wie mir zugeschrieben wird, ich würde die These vertreten, es sei allein durch den Willen eine Genesung der Depression möglich. Da stelle ich eben fest, das Etwas lesen und Etwas verstehen auch zwei unterschiedliche Dinge sind, die einer näheren Betrachtung, meines Erachtens nach, würdig sind.

Es kommt halt immer darauf an WIE man eine Frage oder Aussage stellt, und welche Antworten man damit bezwecken will, denn die Diskussion hier war ja recht vielschichtig und hoch interessant.

Und selbstverständlich sind lesen/hören und verstehen schon immer zwei paar Schuhe gewesen weil es sonst wohl kaum zu Diskussionen oder auch Komplikationen kommen würde....

Und ja - in der darf jeder durchaus seine Meinung haben....

05.01.2025 22:07 • x 1 #63


Oli
Habe das Buch „Papas Seele hat Schnupfen“ gekauft, in dem das Thema Depression kindgerecht dargestellt wird.

Auf dem Buchdeckel steht „Jubiläumsausgabe“.

Ich fühle mich komisch berührt.

Ich finde es vollkommen normal, dass sich jemand darüber freut, wenn sich ein Buch gut verkauft. Aber würde man das Wort „Jubiläumsausgabe“ auch auf Ratgeber zu anderen schweren Erkrankungen schreiben, die tödlich ausgehen können?

Das Buch setzt sich auch zum Ziel, dass die Erkrankung Depression ernster genommen wird.

Nunja.

14.04.2025 01:21 • x 4 #64


Oli
Hatte mich zu einem Online-Seminar „Jammerfasten“ angemeldet.

Ich fand das eine gute Idee, die Veränderung meiner Weltsicht hin zum Positiven intensiver anzugehen.

Ich war sehr skeptisch, weil ich immer skeptisch bin und auch solche Positiv-Kurse nicht immer für gut halte.

Und was passiert: in einem Fernsehmagazin wird ausgerechnet der Veranstalter dieses Seminars als Beispiel für Toxic Positivity erwähnt.

Man hat‘s aber auch echt nicht leicht …

14.04.2025 01:30 • x 8 #65


Dakota
Zitat von Oli:
Toxic Positivity

@Oli Was zur Hölle ist das? Und wo bist Du da wieder reingeraten?

17.04.2025 18:27 • x 3 #66


Oli
Toxische Positivität beginnt dort, wo man sich negative Gefühle komplett verbietet und Optimismus als einzige Denkmöglichkeit angesehen werden darf.

Wenn also eine positive Haltung anfängt, Dir zu schaden, weil Du Gefühle unterdrückst, wird das als toxisch bezeichnet.

Interessanterweise wird das auf Seiten der Krankenversicherungen thematisiert.

Ich denke, solch eine einseitige Sichtweise der Welt kommt aus der Zeit, in der wir lernen sollten, dass wir alles schaffen, wenn wir es nur wollen.

Ich finde das durchaus manchmal schwer zu beurteilen, ab wann Optimismus zu Verdrängung führt, gerade wenn ich selbst ja lernen möchte, bestimmte Dinge aus der Vergangenheit und Gegenwart anders zu bewerten als auf die herkömmliche Weise, die mich runterzieht.

19.04.2025 17:01 • x 2 #67


Dakota
Zitat von Oli:
Toxische Positivität beginnt dort, wo man sich negative Gefühle komplett verbietet und Optimismus als einzige Denkmöglichkeit angesehen werden darf.

Klingt nach meinem vorletzten Psychiater, der mir einreden wollte, es gebe keinen Stress, das sei alles nur die Bewertung in meinem Kopf.

19.04.2025 17:37 • x 3 #68


hlena
Zitat von Oli:
wir lernen sollten, dass wir alles schaffen, wenn wir es nur wollen.


Ich kann wollen soviel ich will,ich kann es nicht schaffen!

19.04.2025 18:27 • x 4 #69


Oli
@Dakota @hlena

Dass die Bewertung einer erlebten Sache etwas anderes ist als das Erleben selbst, ist ja eine Binsenweisheit.

Aber ich finde schon, dass es Krisen gibt, die keine Chancen sind, sondern nur großer Käse. Und nicht aus jeder Zitrone, die einem das Leben gibt, kann man mal so eben eine Limonade machen.

19.04.2025 20:22 • x 3 #70


hlena
Zitat von Oli:
Und nicht aus jeder Zitrone, die einem das Leben gibt, kann man mal so eben eine Limonade machen.

Stimmt!

19.04.2025 20:54 • #71


Grenzgaenger
Zitat von Oli:
Und nicht aus jeder Zitrone, die einem das Leben gibt, kann man mal so eben eine Limonade machen.

Ich finde es immer wieder großartig wenn ein Satz es passend auf den Punkt bringt! DANKE

19.04.2025 21:32 • x 1 #72


Stromboli
Zitat von Oli:
Aber ich finde schon, dass es Krisen gibt, die keine Chancen sind, sondern nur großer Käse. Und nicht aus jeder Zitrone, die einem das Leben gibt, kann man mal so eben eine Limonade machen.


... da füge ich gerne nochmal einen meiner Lieblingssprüche an:
Wo ein Wille ist, ist oft kein Weg.
Den lieb ich echt, für mich hat er etwas total Entlastendes.
Dass die Gleichung Wille = Weg absurd ist, müsste eigentlich schon jedem Sportfan klar sein: ALLE wollen sie gewinnen, und wie! Da werden enorme Energien in den Willen gesteckt, Mentalcoaches engagiert usw. ... und am Ende gewinnt eben doch nur einer und die anderen verlieren.

19.04.2025 22:01 • x 6 #73


ZeroOne
Zitat von Stromboli:
Wo ein Wille ist, ist oft kein Weg.


Das würde ich für mich auch teilweise unterschreiben.

Für mich persönlich habe ich gelernt, dass es wohl unterschiedliche Willen und Nichtwillen gibt, die sich ergänzen, aber auch konkurrieren können.

Zu Beginn meiner Therapien war ich noch positiv gestimmt und fest davon überzeugt, dass ich mit viel Fleiß und Einsatz auch das in den Griff bekommen würde - schließlich hat das Leistungsprinzip bei mir im Leben bis dahin immer funktioniert.

Die Therapien haben mich aber an die Grenze gebracht. Streckenweise war ich sogar überzeugt davon, dass ich es noch schlimmer mache, je mehr ich mich reinhänge.

Es hat lange gedauert, bis ich das für mich entknoten konnte: da war zwar einerseits der Wille, hart an mir zu arbeiten, dass ich wieder in die Spur komme. Darunter versteckt war jedoch ein anderer Wille, der unbedingt wollte, dass alles wieder genauso toll wie früher werden muss.

Zwar hat man mir in den Therapien immer wieder eingetrichtert, dass ich andere Wege suchen muss, die mich glücklich machen, weil es nie mehr so wird, wie es früher einmal war.
Natürlich habe ich auch das engagiert versucht, aber wohl im Unbewussten hat ständig etwas dagegen gearbeitet, das mir einredete, dass sämtliche neu eingeschlagenen Wege mir nichts geben und maximal ein schwacher Abglanz meines alten Lebens sind.

Was soll ich sagen - nach weit über einem Jahrzehnt an Krankheit und Therapien...?!

Zwischenzeitlich konnte ich mir eingestehen, dass es nie wieder so werden wird, wie früher. Ich probiere mich dennoch immer wieder neu aus. Zwischenzeitlich traue ich mir auch zu, halbwegs neutral beurteilen zu können, ob ein neuer Weg wirklich wieder nichts taugt, oder mein Hirn mir das nur einreden will.

Allerdings kann ich die Aussagen der Therapien nicht bestätigen, dass man irgendwann einen Weg findet, der sich stimmig anfühlt und am Ende vielleicht glücklicher und erfüllter macht, als es in der Vergangenheit der Fall war - wenn man den Willen hat, danach zu suchen und nicht aufzugeben.

Ich erinnere mich auch an die Aussage ein Settingleiters, der meinte, dass man nicht darauf warten dürfe, dass das Glück eines Tages von selbst an die Türe klopft. Es aber oft schon ausreichen würde, einfach nur einen Stuhl vor die Türe zu stellen, dass das Glück die Möglichkeit zum Verweilen hat, wenn es will.

Diesen Stuhl habe ich vor Jahren vor die Türe gestellt und putze ihn auch regelmäßig.
Außer ungebetenen Gästen und Gefieder, das ihn zugesch*** hat, hat bislang kein Glück darauf Platz genommen.

Gestern 08:42 • x 5 #74


A


Hallo Oli,

x 4#15


Grenzgaenger
Zitat von Stromboli:
Wo ein Wille ist, ist oft kein Weg.

So langsam machst Du mir aber Angst, da Du echt voller Wahrheit und Weisheit spricht...
Aber im Grunde genommen ist dieser Satz ein guter Beweis dafür, wie wir uns mit Sprache manchmal selber belügen ohne es selbst zu merken...
Ach ja - einen habe ich noch:
Wenn Du denkst es geht nicht mehr,
kommt irgendwie ein Fahrrad daher....

Gestern 16:50 • x 1 #75

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