Hallo Ihr Lieben,
ich lese hier seit Tagen mit großen Interesse still mit. Sowohl als Angehörige einer depressiven Partnerin, als auch als ehemals Betroffene.
Respekt für Euren Zusammenhalt hier und für Eure gegenseitige Unterstützung. Das finde ich wirklich großartig. Ebenso wertvoll sind auch die Einblicke und Ratschläge der Betroffenen, die sich ja auch immer wieder zu Wort melden.
Meine Geschichte ist im Gegensatz zu dem, was Ihr momentan durch macht, glaube ich, gar nicht soo dramatisch. Dennoch erkenne ich vele Verhaltensweisen wieder.
Meine Partnerin und ich sind seit 1,5 Jahren ein Paar. Nach etwa 6 bis 8 Monaten bemerkte ich erste Veränderungen und Stimmungsschwankungen. Es gab ein akutes, für sie sehr schlimmes familiäres Ereignis, das sie sehr belastet hat und auch immer noch belastet. Aufgrund dessen entwickelte sie eine depressive Episode, die bis heute (mal mehr mal weniger stark ausgeprägt) anhält. Darunter leidet natürlich auch unsere Beziehung. Wir leben in getrennten Wohnungen und sie braucht, wenn es ihr nicht gut geht, auch viel Abstand und Zeit für sich. Wir sprechen immer mal wieder darüber und ich komme inzwischen besser damit klar, als am Anfang, als ich mir das Verhalten überhaupt nicht erklären konnte. (Meine eigene Depression war diesbezüglich doch ganz anders). Was ich Euch aber mit auf den Weg geben möchte ist Folgendes: meine Partnerin hat mir mal erklärt, dass sie sich das selbst überhaupt nicht erklären kann, wo all ihre Gefühle für mich hin seien, sie aber nach wie vor den innigen Wunsch hat, mich wieder genauso lieben zu können wie vorher. Und um das zu können brauche sie diesen Freiraum. Sie wolle an den Punkt kommen, eine Sehnsucht zu spüren und das könne sie nur, wenn sie ungestört sei. So hatte ich das vorher gar nicht gesehen, aber es leuchtet mir ein und ich respektiere das. Sie hat sich auch bereits therapeutisch behandeln lassen, sodass wir uns momentan in einer Phase befinden, die ich schon als positiver bewerten würde, als noch vor einigen Monaten. Dennoch gibt es immer wieder Rückschläge, die mich dann sehr belasten. Der Weg nach oben ist einfach lang und steinig und er verläuft leider überhaupt nicht nur geradeaus. Dennoch gibt es diesen Weg nach oben auch bei Euren Partnerinnen und Partnern. Ihr wisst nur nicht, wie lang er ist und an welcher Stelle, Kurve, Gabelung etc. Eure Liebsten sich gerade befinden. Und ich glaube, das macht auch diese Ohnmacht aus, die man zwischendurch immer wieder fühlt. Aber das erklärt sicher auch, dass sich Hochs und Tiefs abwechseln und man nicht denken darf, dass es jetzt so bleibt, wie es ist. Weder im positiven noch im negativen Sinne. Aber irgendwann merkt man, dass die Hochs überwiegen und dann kommt der Punkt, an dem auch das letzte Tief überwunden ist.
Bezüglich meiner eigenen Depression kan ich sagen, dass man sie komplett überwinden kann, auch wenn man sich noch so schlecht fühlt. Ich habe unfassbar gelitten und grau war schon das farbigste zwischen all dem schwarz. Man selber kann in dem Moment nicht daran glauben, dass es besser wird, aber man kann es hoffen und den Menschen, vertrauen, die sagen, dass es geht.
Und ja, das braucht Zeit. Ich habe am Anfang etwa 4 bis 6 Wochen nicht arbeiten können. Mir war ALLES zu viel. Selbst Situationen in denen ich nur da gesessen habe und vor mich hin gestarrt habe, waren kaum erträglich. Der Unterschied zu Euren Partnern/Partnerinnen war aber der, dass meine Depression durch eine Trennung verursacht wurde. Deswegen kann ich nicht sagen, wie sich Depression und Beziehung anfühlt. Ich halte es aber für sehr realistisch, dass phasenweise wirklich gar nichts mehr geht und wirklich alle Gefühle komplett verschüttet sind. Teilweise lag ich auch nur im Bett und habe nicht geöffnet, wenn es geklingelt hat. Ich hatte das alles über Jahre gar nicht mehr so im Bewusstsein, weil ich - wie gesagt, diese schlimme Zeit komplett überwunden habe (mit Therapie und Medikation). Aber als es meiner Partnerin so schlecht ging, ist mir vieles davon wieder in den Sinn gekommen. Als Aussenstehende/r kann man sich einfach nicht in diese Krankheit hinein versetzen. Deswegen bleibt bei Eurem Kurs der Geduld, gebt Euren Liebsten den Freiraum, den sie brauchen und nutzt die Zeit etwas Schönes für Euch zu machen, auch wenn es noch so schwer ist.
05.12.2019 16:21 •
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