Du hast ihr jetzt mehrfach gesagt, dass du für sie da bist und hinter ihr stehst.
1. Aber hinter ihrer Entscheidung, dass sie sich jetzt rein auf sich fokussieren möchte, stehst du nicht sondern suchst (verständlicherweise) nach Entschuldigungen und Gründen, warum das nicht so gemeint ist, wie es gesagt ist und akzeptierst diese Entscheidung nicht, dass sie nicht nur 1 sondern 100 Schritte zurückgeht.
2. Du übernimmst Verantwortung und Verpflichtungen, die du NICHT leisten kannst. Was auch immer gerade bei ihr abgeht, ob es Nebenwirkungen von Medikamenten sind, Depressionen oder was auch immer - das KANNST du nicht behandeln! Du bist nicht in der Position als Partner, dir das auflasten zu dürfen und du bist keine Fachkraft! Wenn es sich hierbei um Medikamente handelt, ist der erste Ansprechpartner der Psychiater. Anti-Depressiva ab- und neu einzusetzen ist bestimmt nicht leicht und wird sie wahrscheinlich (nach meiner Milch-Mädchen-Rechnung) noch mehr ins Chaos stürzen. Eine Diagnose zu stellen und eine Therapie zu starten KANNST du auch nicht übernehmen. So schmerzlich es ist, es ist auch eine Erleichterung, weil es dir soooo viele Gewichte von den Schultern nimmt, die du gerade dabei bist zu tragen.
Sie behandelt dich wirklich nicht gut.
1. Du musst dir das wirklich nicht bieten lassen. Es ist aber keine Therapieform, das an dir auszulassen. Dieser Gedanke, Emotionen rauszulassen und dann ist man gereinigt geht aus von der Theorie, dass es so etwas wie eine Katharsis gibt. In der Therapie stellt man aber fest, dass das nicht so wirklich gut ist, bzw. nicht bei allen Emotionen viel bringt. Wut löst immer weiter Wut aus und das Kunststück ist es, hier ein Ventil und einen Umgang zu finden, der angemessen ist. Das was da passiert, ist aber weder angemessen noch gesund - es macht immer mehr kaputt. Du bist es dir zum einen selbst schuldig und es spricht sehr für einen gesunden Selbstwert, wenn du hier den Riegel vorschiebst und sagen kannst, dass es so nicht geht. Abgesehen davon nimmst du ihr damit wirklich die Möglichkeit, sich mit diesem Gefühl nach innen zu beschäftigen, weil sie es nach außen, in deine Richtung abgibt und du damit IMMER zum Sündenbock wirst. Sie mag gerade nicht wissen, was sie macht und jegliches Verständnis von Rücksicht verloren haben, aber das macht es absolut nicht nötig, dass du weiterhin schluckst.
2. Sie kann dir nicht das geben, was du gerade willst. Was brauchst du? Für sie da zu sein, bedeutet nicht, dass es nötig und (für euch beide) gut ist, dass du dich dem weiter aussetzt.
Die Quintessenz ist, dass dir von allen hier empfohlen wird, ihr Raum und Zeit zu geben, als auch dir. Sie ist 100 Schritte zurück gegangen. Sie hat deine Hand losgelassen und hat sich in irgendeine Höhle zurückgezogen. Und trotzdem gehst du weiterhin in dem Verständnis, dass ihr zusammen geht, 100 Schritte vor. Nur, dass sie daraufhin weitere 100 Schritte zurück geht und du dich jetzt wunderst, dass ihr immer weiter auseinander triftet, dass es immer schlimmer wird. Du kannst sie da nicht rauszerren oder navigieren - das müssen sie und ihr Therapeut machen. Alles andere ist gerade wirklich kontraproduktiv. Du hast ihr in die Höhle eine Kerze gestellt. Das reicht. Mehr gutes, mehr zielführendes, mehr hilfreiches kannst du nicht tun. Bleib doch einfach mal einen Moment für dich stehen, finde zur Ruhe, gib dir mehr Zeit als ein paar Tage, um dich zu orientieren und dich wieder zu finden. Dann geht es sich viel leichter und sorgenfreier. Davon profitierst du und im Endeffekt auch sie viel mehr, als von diesem emotionalen Ausnahmezustand.
20.09.2021 14:20 •
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