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Gehe ich richtig mit meinem depressiven Partner um?

maya60
Und ich kann mal versuchen, zu beschreiben, wie ich das erlebe, von der Depression abgekapselt von der Welt zu sein und dass mir alles zuviel ist.
Mal ein Vergleich: Es ist ähnlich wie ein fettes Grippegefühl, wenn die Ohren irgendwie zu sind, die Nase, der Hals, der Kopf wie ein Ballon ist mit Watte, Rauschen und Kopfweh drin und der ganze Körper sich krank anfühlt. Du fühlst dich von innen und außen auswattiert wie im Astronautenanzug. Du fühlst dich total verändert und du bist total verändert.
Wenn du nicht denken kannst außer Panik und Sorgen, wenn du dich schwer und langsam und so erschöpft und krank fühlst, dass du nur im Bett liegen willst.
Dazu kommt noch das Gefühl, innerlich betäubt zu sein, je nach Schwere der Depression richtiggehend leer und wie ein Zombie. Oder in absoluter Sinnlosigkeit, Panik und Verzweifelung, Selbstverachtung und Schuldgefühlen. Und dabei verstehst du Null, was los ist, wenn es zum ersten Mal so kommt. Du kannst es nicht mal beschreiben, weil du nicht mehr weißt, wo oben und unten ist und wo du hier gelandet bist.

Und das geht und geht nicht vorbei.

Du sagst: Lass mich in Ruhe, mir geht´s sauschlecht.

Du fängst an, in allen Lebensbereichen hinterherzuhinken und kriegst davon nur noch mehr Panik. Du wirst auch gereizt womöglich und du kannst einfach nicht mehr. Du kriegst Gedächtnisprobleme und Denkverlangsamung. Nur das Grübelkarussel der Panik funktioniert noch.

Wenn du morgens aufwachst, wenn du überhaupt schlafen konntest, fühlt sich wegen des depressiven Morgentiefs dein Leben wie ein offener Müllschlucker voller Unrat an, du kriegst mehr und mehr Panik. Oder du wirst immer mehr ein Zombie.

Die meisten schaffen es am Ende nur noch, sich am Beruf festzuklammern solange es geht, bis das auch nicht mehr geht.

Wenn du nicht wahnsinnig bist, gehst du dann zum Arzt. Heute, wo Depression bekannt ist. Wenn du Depression gar nicht auf deinem Schirm hast. gehst du womöglich noch lange nicht zum Arzt, weil du keine Idee hast, was los ist.

Liebe Grüße! maya

08.11.2019 20:04 • x 9 #376


maya60
P.S.: Und wenn du zu denen gehörst, die wie ich chronisch depressiv sind, dann machen du und dein Partner eine volle Abschieds-Trauer vom alten Leben irgendwann durch. Dazu gehören Trauer, Schock, Nicht-Wahrhaben-Wollen, Wut, tiefer Abschiedsschmerz und schließlich Akzeptanz oder auch Beendung der Beziehung, dann kommt auch noch dasselbe mit Liebeskummer dazu durch dieselben Phasen.
Und alle diese Gefühle gehören dazu, alles Weinen, aller Verlust, alle Wut, alles Unverständnis, alles muss durchlebt werden.

Was ihr, die PartnerInnen von Depressiven, momentan mitmacht, ist auch schon eine tiefe plötzliche Verlusterfahrung. Schon da gehören alle diese Gefühle auch dazu und die kann man nicht umgehen, da muss man durch, so chaotisch die sein mögen. Da würde ich mir auch schon unterstützend eine psychotherapeutische Begleitung suchen, denn der Psychostress ist sehr hoch und die Verunsicherung und Verzweiflung groß, das wisst ihr ja.
Das tut mir sehr leid für euch und eure Partner, eure Partner gehen da auch durch und noch dazu durch eine Höllenerkrankung.

Liebe Grüße! maya

08.11.2019 20:22 • x 9 #377


A


Hallo Sandra-k,

Gehe ich richtig mit meinem depressiven Partner um?

x 3#3


A
Zitat von Sandra-k:
Wenn unsere Liebe nicht so groß wäre, wären wir nicht hier, sondern hätten unseren Partner schon lange verlassen.
Ich hab echt Abstand gewonnen und es hat sooooo lange gedauert. Man kann nichts tun ausser da sein wenn sie einen brauchen. Und im besten Fall wird alles wieder gut.


Das nehme ich mir jetzt auch vor. Ich lass ihn los. Und muss zu mir finden. Jeden Tag aufs Neue. Auch wenn es mal schwache Tage gibt.
Ich liebe ihn und du hast recht. Im besten Fall wird alles gut.

08.11.2019 20:49 • x 4 #378


maya60
Hallo Anonym, wenn ich noch einen Rat geben darf, verlangt nicht von euch selber, wie Verstandesmaschinen loszulassen und euch alles Gefühlschaos und Tage des Weinens, der Hilflosigkeit zu verbieten.
Je nachdem, wie lange man vorher zusammen war und ob man zusammen lebt oder nicht, also sich täglich sieht, es ist aber für alle ein dicker Schock und Verlust und der Boden unter den Füßen weg.
Mein Mann und ich waren 15 Jahre zusammen und Eltern, als meine Depressionen mich stark veränderten und viel distanzierter machten. Das nicht mehr als Desinteresse und Kälte zu verstehen, war meinem Mann nicht möglich, logisch, damit kann man nicht leben, wenn es stark ausgeprägt ist. Es wurde auch mit aller Behandlung der Depression wieder deutlich besser, aber nie mehr wie zuvor. Wir haben uns beide deutlich verändern müssen. Miteinander.

Alle Gefühle und Verhaltensweisen von Schock, Wut, Verrat, Angriff, Streit, Schikane, Ignorieren, spät heimkommen, Angst, Trauer, Trennungsüberlegungen und was nicht alles liefen einige Jahre lang von unseren beiden Seiten (nicht vor unserem behinderten Sohn), bis dann der Prozess der Akzeptanz wie es ist und dennoch zusammenbleiben zu wollen, begann vor einigen Jahren und wenn dann aber noch weitere Gründe für Distanz dazu kommen wie viele Geschäftsreisen bei meinem Mann oder schlechte Phasen oder zu viele Aufgaben bei mir, dann kippelt das Ganze wieder in eine Krise, weil einfach zu wenig Gemeinsamkeit da ist.

Wie jede langjährige Partnerschaft braucht unsere auch Pflege und Beziehungsarbeit, ist kein Selbstgänger. Aber wir wissen und wertschätzen und lieben, was wir aneinander haben.

Es ist nichts, was man einfach abhaken kann, das ist Liebeskummer nie, das wollte ich damit sagen. Auch, wenn das Loslassen wichtig ist und es gut ist, sich damit täglich Gutes zu tun. Aber nehmt euch nicht euer Gefühlschaos übel, es gehört leider dazu.

Liebe Grüße! maya

08.11.2019 21:15 • x 8 #379


A
@Maya danke für deine Worte. Ich meinte das loslassen in der momentanen Phase. Ich kann ja gerade nichts tun. Ich meinte das eher so, dass meine Gedanken nicht ständig um ihn kreisen, ich mich um mich kümmere und nicht das was ich nicht ändern kann, ständig zu meinem Problem zu machen. Weißt du wie ich meine ?

08.11.2019 21:35 • x 4 #380


maya60
Zitat von Anonym9999:
@Maya danke für deine Worte. Ich meinte das loslassen in der momentanen Phase. Ich kann ja gerade nichts tun. Ich meinte das eher so, dass meine Gedanken nicht ständig um ihn kreisen, ich mich um mich kümmere und nicht das was ich nicht ändern kann, ständig zu meinem Problem zu machen. Weißt du wie ich meine ?


Ja, Anonym, das verstehe ich gut und das ist auch ein wichtiges und gutes Ziel täglich und es ist wichtig, dir selber das wert zu sein. Trotzdem ist es völlig normal, wenn es damit mal gut vorwärts geht, mal wieder gar nicht und dann wieder vorwärts, das gehört einfach dazu bei der Liebe zum anderen und zu sich selbst.

Liebe Grüße! maya

08.11.2019 22:28 • x 5 #381


A
Liebe Maya, da hast du recht! Hab recht vielen Dank. Auch das du uns stets deine Ansicht teilst. Das ist unendlich wertvoll in dieser schweren Zeit.

08.11.2019 22:39 • x 4 #382


Juli1
Maya, lieben Dank auch Dir für Deine Beiträge.
Danke für Deine Ansichten, die sind auch für mich sehr wertvoll zu lesen, so wie auch die Beiträge von Ylvi und Jedi.

08.11.2019 23:25 • x 5 #383


Jedi
Hallo

Sich in den Mittelpunkt zu stellen, gerade wenn es hier bei Euch, um einen Partner geht,
der offensichtlich sich durch eine psychische Erkrankung verändert hat u. ihr um den erhalt der Beziehung bemüht seit,
klingt villt. ersteinmal möglicherweise auch befremdlich ?

Doch mir ist sehr bewusst :
Wer um sich selbst gut kümmern kann, der kann auch eine gute Stütze für einen
an Depression-Erkrankter sein !
Wer gut für sich sorgt, der wird auch in der Lage sein, gut für einen anderen Menschen sorgen können !
Wer nicht Mitleidet, der wird genug Mitgefühl aufbringen können, aber auch, wenn nötig, eine gesunde Distanz zu wahren !
Wer seine Grenzen nicht kennt, der wird immer Übergriffigkeit, durch Andere erleben !
Wer gegenüber einem auch an Depression-Erkrankten nicht für den nötigen Respekt u. Wertschätzung
in einem gemeinsamen Umgang einfordert, braucht sich um Respektloses Verhalten u. geringer Wertschätzung
sich villt. auch nicht zu wundern !

Warum habe ich nun diese wichtigen Erkenntnisse, so finde ich persönlich, hier Aufgelistet ?
Es geht mir dabei um den erhalt der Würde !
Es geht um die Würde der Angehörigen, denen sehr viel durch die Erkrankung zugemutet wird,
aber es geht auch, das der Betroffene ihm seine Würde, unabhängig ersteinmal von seinem Verhalten, erhalten bleiben kann.

Man kann manches Verhalten, was hier beschrieben wird, verurteilen oder auch als ein nicht Erwachsenen-Verhalten beurteilen,
da muss dann auch der Angehörige irgendwann eine Entscheidung treffen, inwieweit er/sie es toleriert,
aber jeder sollte seine Würde achten u. behalten, egal wie die Situation sich entwickelt u. welchen Ausgang sie nehmen wird.

LG Jedi

09.11.2019 00:34 • x 6 #384


S
Wow, was hier wieder viel ausgetauscht wurde. Danke euch allen. Ich meine mit Abstand gewinnen, auch das sich meine Gedanken nicht mehr permanent um ihn und seine Krankheit drehen. Ich habe so oft gelesen ich soll mich um mich kümmern und es krampfhaft versucht, aber es war nicht möglich. Aktuell ist es so das ich mich täglich auf das hier und jetzt fokussiere und bei mir bleibe. Natürlich so gut es geht. Wenn mir nach weinen ist, tue ich das, wenn mir danach ist im zu schreiben tue ich das. Ich bin jederzeit für ihn da. Und ich liebe ihn auch noch, aber ich kann nicht mehr ständig im vergangen denken oder was zum Beispiel an Weihnachten sein wird. Das weiß sowieso keiner wirklich, auch im gesunden Zustand nicht.
Ich hatte heute echt einen guten Tag und hab ihm auch zwischendurch geschrieben. Ich war sogar bis eben mit einer Freundin aus und meine Gedanken waren nicht permanent bei ihm, seinem Loch, wie es war oder wird. Ich war im hier und jetzt. Gut eben wurde ich kurz durch eine Nachricht einer Freundin in Kombi mit Rotwein etwas wehmütig, aber das erlaube ich mir auch total. Es gehört dazu. Aber tatsächlich geht es auch schneller vorbei, als noch vor Wochen als ich mir selbst vorgeschrieben habe wie ich handeln werde. Klar wird immer wieder ein Tag kommen an dem ich doch wieder mehr im Gedankenkarussel bin, aber nicht mehr permanent. Ich plane wieder Aktivitäten auch schon für die nächsten Wochen und das erst mal ohne ihn, ehrlich gesagt hab ich mich das vor 2 Wochen noch gar nicht getraut. Was ist wenn er sich meldet und ich bin dann nicht für ihn da ? Das war ganz stark in meinem Kopf. Jetzt denke und fühle ich. Okay ich plane etwas und ggf. Kann er sich anschließen wenn es ihm besser gehen sollte oder ich plane halt einfach um. Eigentlich simpel, aber in meiner Gedankenwelt in der sich alles nur noch um ihn und sein Loch gedreht hat nicht. Das war nur ein Beispiel von vielen. Ich werde jetzt nach einem angenehmen Tag total müde ins Bett fallen und nicht drüber nachdenken was morgen kommt. Das weiß man nie und außerdem kommt es immer anders als man denkt.
LG

09.11.2019 02:37 • x 7 #385


A
@Sandra-k das kenn ich. Man traut sich nicht mehr aus dem Haus, weil man denkt, vielleicht kommt er heim und holt ein paar Sachen oder möchte reden. Davon hab ich mich seit einer Woche auch frei gemacht. Wenn er kommen sollte, wenn ich nicht da bin, dann ist das so. Wenn er reden will oder mich sehen will, wird er vorher fragen wann ich zuhause bin. Alles andere ist Erwartungshaltung. Und momentan erwarte ich nichts mehr. Ich mache das auf was ich Lust habe, vorausgesetzt das ist mit den Kids in Einklang. Ich wünsche euch einen schönen Tag

09.11.2019 09:49 • x 4 #386


selly
Guten Morgen,

Also mir gehts heute wieder schlechter.mist.
Ich habe ihm jetzt eine Woche nicht geschrieben und spüre dn Drang ihm was kurzes zu schreiben, nämlich dass ich mir von ihm ein kleines Zeichen wünsche, dass ich ihm wichtig bin und dass mir unser Kontaktabbruch sehr weh tut!? Sowas dass es mir weh tut habe ich sonst nicht geschrieben, um ihm kein schlechtes Gewissen zu machen. Aber ist es wirklich so, dass ich meine Trauer und Gefühle alle ihm gegenüber zurück halten soll?
Ich weiss es einfach nicht. Ist es besser nichts zu schreiben, ihn komplett in Ruhe zu lassen? Oder soll man mit kleinen Nachrichten dran bleiben?
Er hat ja bislang nur bei sachlichen Fragen dann sachlich geantwortet, auf Emotionales kam nichts.
Aber ist es trotzdem gut weiter auch ihm meine Gefühle zu äußern, oder ihn in Ruhe zu lassen?
Ich weiss es nicht.
Ich selber für mich hab entschieden deutlich weniger und seltener zu schreiben. Aber gar nichts mehr?
Ich weiss nicht, ob man sich wenn man in einer depressiven Episode ist und sich zurück zieht, trotzdem freut oder es einem zumindest was bedeutet, vom anderen Nachrichten zu bekommen und auch was liebevolles.

Mir wäre heute so danach, ihm zu sagen wie weh mir das tut mit der Kontaktsperre und dass ich auch mal ein Zeichen brauche, dass ich ihm noch wichtig bin.?!

09.11.2019 10:36 • x 5 #387


Y
Guten Morgen,
als ich aus dem Loch langsam aufgetaucht bin, hat auch mein normales Denken wieder eingesetzt. Also ich habe die Dinge zunehemend so gesehen, wie sie sind und nicht depressionsbehaftet.
Irgendwie war mir auch klar, dass die Welt nicht wegen meiner Depression stehengeblieben ist. Im Gegenteil, um nicht selbst krachen zu gehen, hat mein Mann weitergelebt, mit allem was dazu gehört. Und wir haben soweit es jedem möglich war dafür Sorge getragen, das meine Tochter ein glückliches Kinderleben hat. Ihr MÜSST so leben und handeln , dass es euch so gut wie möglich geht, mit Distanz zur Depression. Bei uns hat sich alles wieder zusammengefügt, ich habe ja auch erst langsam wieder angefangen zu leben.

09.11.2019 12:07 • x 7 #388


Jedi
Hallo

Zitat von Ylvi13]Irgendwie war mir auch klar, dass die Welt nicht wegen meiner Depression stehengeblieben ist./quote]

Ein sehr sehr wichtiger Satz, den Yivi13 hier geschrieben hat
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quote=Ylvi13:
hat mein Mann weitergelebt, mit allem was dazu gehört.


Damit hat er eine gute Vorraussetzung geschaffen, seiner Frau auch eine Stütze zu sein
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Zitat von Ylvi13]Ihr MÜSST so leben und handeln , dass es euch so gut wie möglich geht, mit Distanz zur Depression.[/quote]

Kann ich voll u. ganz unterschreiben !
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[quote=Ylvi13:
Bei uns hat sich alles wieder zusammengefügt

Das klingt doch sehr Zuversichtlich u. Hoffnungsvoll Super !

4 ganz wunderbare u. weise Sätze, Erkenntnisreich u. mit Überzeugter Erfahrung, die Yivi13 hier aufgeschrieben hat !

LG Jedi

09.11.2019 13:58 • x 6 #389


A


Hallo Sandra-k,

x 4#15


S
Hallo, ich habe das was Ylvi schreibt vom Kopf her auch sofort verstanden, aber mein Herz und Bauch haben für das tatsächliche umsetzen lange gebraucht und ich kann auch nicht unterschreiben das ich jeden Tag das so leben werde, denn es gehören auch Tage dazu wo ich nochmal kurz an vergangenes schönes denke was mich wehmütig macht. Und ich denke ich muss ihm was schreiben damit er mich in seiner Depression nicht vergisst. Aber ehrlich gesagt es geht immer öfter und immer länger das ich im hier und jetzt bei mir bin.

09.11.2019 14:23 • x 6 #390

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