Hallo Sandra-k, als selber von Depression Betroffene, aber auch Angehörige depressiver naher Verwandter von Kindheit an, habe ich in diesem wunderbaren Forum dein Thema hier gefunden und berührt und voller Interesse viel darin gelesen. Es tut mir leid, was du und auch die anderen Schreiber und Schreiberinnen erleben. Ich weiß, wie das ist, bin darin aufgewachsen. Danke, dass ihr euer Erleben mit uns teilt, das hilft uns wie euch.
Ylvi, deine vielen Beschreibungen aus unserer Betroffenenwarte bewundere ich sehr und du hast die depressive Einkapselung und Gefühlstaubheit wirklich wirklich gut beschrieben und auch die Kraft, die alles kostet und wie man erst langsam wieder hinausfindet mit Schritten vorwärts und rückwärts. Danke, dass du das so wundervoll und berührend den Angehörigen nahebringst, ich finde das fantastisch.
Ich möchte noch einen Gedanken hinzufügen. Und zwar ist es ja so, dass ca ein Drittel aller Depressionen von den Betroffenen einmal erlebt und erlitten werden und danach niemals wieder. Das bedeutet auch für die Angehörigen: Nach dem Leid, dem tiefen entsetzlichen Leid und der schrecklichen Einsamkeit und Dürrezeit ohne Liebe und Emotionen (für Beide!) kommt das alte Leben zurück!
Ein weiteres Drittel der von Depression Betroffenen bekommt wiederholt Depressionen. Und dann muss man wirklich sagen: Von Depression Betroffene sind der Depressive
und die Angehörigen, denn es gibt sowas wie Himmel und Hölle abwechselnd einige Male oder sogar immer wieder. Das bedeutet, dass ein normales Leben unrealistisch ist, sondern die Leidenszeiten gehören fest dazu.
Und ein weiteres Drittel, wozu ich gehöre, hat chronische Depressionen, also einige depressive Symptome immer und dann schlimmere Zeiten und bessere Zeiten, aber immer depressive Beeinträchtigungen, die die Angehörigen natürlich auch mit betreffen.
Da ich in einer depressiven Athmosphäre aufwuchs, stand ich nicht vor dem Vorher und Nachher als Angehörige wie ihr und wusste auch gar nicht, dass ich selber praktisch lebenslang auch depressiv war.
Wenn es aber dieses Vorher und Nachher gibt, dann macht es sicherlich schon einen Riesenunterschied, ob der depressive Partner erzählt, dass er immer wieder oder häufiger Depressionen bekommt. Das bedeutet für eure Beziehung ein anderes Leben.
Ich war seit dem Jugendalter immer in Partnerschaften und bin schon lange verheiratet und auch Mutter, denn auch wir Depressiven lernen viel dazu wie Ylvi schon schreibt.
Ich habe aber auch das große Glück, dass mein Mann und mein Sohn Eigenbrötler wie ich sind, die viel Zeit für sich brauchen. Und wie in allen Familien kommt in der Familienphase mit Kind und Beruf die Partnerschaft oft eh jahrelang zu kurz.
Ich konnte und kann Liebe geben und zeigen und dadurch, dass ich es bewusst mache, wenn ich gerade emotional flach fühle, sogar mehr als andere, denke ich.
Aber ich brauche auch viel Zeit für mich, weil ich wenig Kraft habe. Weil wir zusammenwohnen, treffen wir viel kurz und intensiv aufeinander, viel achtsamer von meiner Seite, das spielt sich ein. Beide Seiten schätzen sehr alles, was wir haben.
Aber wozu ich ermutigen möchte, ist: Lebt das, was ihr braucht! Wartet nicht auf euren depressiven Partner. Seid fürsorglich für euch selbst und erspürt, wenn ihr nicht mehr in einer auch depressiven Beziehung leben könnt und wollt.
Da Depression eine so schwere Erkrankung ist für alle, die zum Umfeld gehören, würde ich es ganz und gar nicht akzeptieren, wenn der Kranke seine Krankheit nicht so gut wie möglich behandeln lässt medikamentös, psychotherapeutisch und in der Lebensanpassung an seine Erkrankung. Das nicht zu behandeln ist unverantwortlich gegenüber sich und der Partnerschaft.
Für mich wäre das ein Trennungsgrund, denn das ist fahrlässig vom Kranken. Und ich halte mich selber auch in meiner Herkunftsfamilie von Kranken fern, die sich nicht behandeln lassen, aber ihren Angehörigen sich zumuten, denn in dem Moment nenne ich es Zumutung.
Liebe Grüße! maya