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Entwicklungstrauma, Urvertrauen in die Menschen ?

Alexandra2
Jetzt möchte ich etwas loswerden. Ich bin auf Streß gepolt von Kindheit an auf Flucht, später auf Aktionismus. Stillsitzen geht nicht. Deshalb ist es für mich einfacher, eher aktiv zu sein in der Depression. Das ist mir tausendmal lieber, als mich der Niedergeschlagenheit hinzugeben. Denn da lauert mein Tief. Aber das ist auch der Trigger. Und jetzt muss ich (seit ich krank bin) Pausen machen und die Unberechenbarkeit der Tiefs aushalten. Ganz ganz langsam sehe ich sie kommen und mit ihnen die Gefahr, in der Depression zu versinken. Das muss vorerst genügen (tut es aber noch nicht).
Im Lauf der Jahre wurde immer wieder die Medikation geändert, ein Therapeutenwechsel war nötig. Jetzt habe ich nach knapp 5 Jahren Erkrankungszeit schon 2-3 gute Stunden/ am Tag. Und ich bin überzeugt,eine super Ärztin und Therapeutin zu haben.
Niemals hätte ich gedacht daß diese Erkrankungen dermaßen anstrengend sein können. Daß der Alltag 'vernünftig' durchgetaktet sein muss. Und daß jeder Leidensweg anders ist und ich für mich rausfinden möchte, was hilft.
Heute habe ich nichts nehmen dürfen gegen rasende Kopfschmerzen. Jetzt versuche ich, mich zu entspannen, ohne Angst vor einem Tief.
Ich bin geprägt von einer Mutter, die mich gehasst hat, vor der ich ein Leben lang Angst hatte, in Panik verfiel, zutiefst einsam und verzweifelt war. Es fehlen mir basale Lernerfahrungen, die ich jetzt nachholen soll. Mich beruhigen, mich entspannen, mich zu Wort melden, mich annehmen und mir Sicherheit geben.
Ich weiß nicht wie, wann, womit mein Alltag leichter wird und denke nicht darüber nach.
Ich weiß nur, ich bin auf dem Weg- das muss genügen

30.01.2019 17:51 • x 5 #511


Liselotte
Liebe Alexandra, ich hoffe, Deine Kopfschmerzen sind erträglicher geworden. Es ist so gut, dass Du so aktiv sein kannst. Du schaffst es sogar Deine Sachen an einen Ort zu bringen, wo Obdachlosen damit geholfen wird.
Ich könnte das momentan nicht bewältigen. Ich bewundere Deine Kraft .
Für diese paar Wörter habe ich nun 20 Minuten gebraucht, meine Gedanken dazu, ist das so in Ordnung, kann ich Dir damit etwas sagen, gibt es Dich da irgendwo, usw. usw. usw.

30.01.2019 20:11 • x 3 #512


A


Hallo Liselotte,

Entwicklungstrauma, Urvertrauen in die Menschen ?

x 3#3


Liselotte
Zur Flucht eine Geschichte aus meiner Erinnerung : Ich komme nach Hause. Sehe durch das Küchenfenster meinen Stiefvater. Er ist betrunken, meine Stiefschwester rollt in so einem Gehlernwagen durch ein Chaos von weißer Soße. Ich gehe in die Wohnung und sage, ich wasche sie mal, sie ist ja ganz schmutzig, packe sie auf meinen Arm, gehe in unser Kinderzimmer, ziehe ihr saubere Sachen an. Dann gehe ich mit ihr ins Badezimmer, sperre die Tür ab und lass das Wasser in die Badewanne einlaufen. Ich steige mit ihr aus dem Badezimmerfenster und klettere einen riesigen Hang hinauf, der war noch nicht bepflanzt, das Geröll löst sich bei jedem Schritt. Dann laufe ich mit ihr durch den Wald acht Kilometer zum Bahnhof, dort sperre ich mich mit ihr in der Bahnhofstoilette ein, solange bis der Zug gleich abfährt. Ich fahre dahin, wo meine Mutter arbeitet. Wir können dort eine Nacht schlafen. Ich bin 12 Jahre alt, meine Stiefschwester ist 2.

30.01.2019 20:34 • x 3 #513


Axel61
Wenn ich das lese bin ich etwas sprachlos und frage mich, wie man da Trost spenden soll. Leider kann man ja virtuell niemand in den Arm nehmen und mal drücken

30.01.2019 21:30 • x 3 #514


Alexandra2
Liebe Liselotte,
Wir sollten uns nicht vergleichen. Ich war völlig erledigt nachdem ich die Sachen abgegeben hatte. Einige Zeit später fiel mir auf, daß ich etwas vergessen hatte abzugeben.
Und daß ich dorthin fahre, war 6 Wochen vorher entschieden. Und dann hieß es, nee heute nicht,- ach heute nicht, immer wieder. Nicht nachdenken, weitermachen.
Du hast eben die Kraft gefunden hier zu lesen und zweimal (!) zu antworten, das ist toll!
Ich bin quasi in sicherer Behandlung, bei Dir könnte noch etwas mehr geschehen. Deshalb ist es bewundernswert, das Du liest+ schreibst. Und es zeugt auch von immenser Kraft, Deine Stiefschwester und Dich in Sicherheit gebracht zu haben. Ich finde das großartig: Du hast gehandelt!
Ich habe meine Mutter immer wieder gebeten, mich ins Heim zu geben. Es wurde genauso wenig gehört, beachtet wie auch andere Äußerungen. Ich habe nur 3 Erinnerungen in der Zeit bis zum 13. Lebensjahr, alles Andere liegt im Dunkeln.
Die Kopfschmerzen haben mich verlassen, nach absoluter Ruhe. Das, das ich so gern hab (Starre= Trigger).
Es ging Richtung Migräne, und ich darf nichts nehmen. Aber jetzt ist es vorbei, nur leises Murren im Kopf.

So, jetzt ein Tässchen Tee zusammen trinken und die Seele baumeln lassen
Ich wünsche Dir Seelenfrieden und umarme Dich

30.01.2019 21:35 • x 1 #515


Juju
Mir fehlen da wirklich die Worte.

30.01.2019 21:38 • x 1 #516


Pilsum
Liebe Liselotte,

etwas aus Deiner Lebensgeschichte zu lesen, hilft sehr, Dich überhaupt einmal
ein wenig zu verstehen. Da ist ja heftiges passiert.
Nun erkenne ich auch, warum Du von verlorengegangenem Urvertrauen sprichst.

Viele Grüße

Bernhard

31.01.2019 11:46 • x 1 #517


Alexandra2
Liebe Liselotte,
Ich schreib mal, wie es mir so geht.
Manchmal hilft mir Recherche. Ich möchte verstehen, wie die Zusammenhänge sind, Trauma und Auswirkungen. Eine leise Ahnung, daß meine Hirnstrukturen anders als bei Gesunden sind, hilft schon etwas. Und das Wissen, daß wir unterschiedliche Symptome haben, Vieles in der nützlichen Dissoziation mündet, das einen gesunden Selbstschutz darstellt. Flashbacks Amnesien können mit wirksamer Psychotherapie langsam aufgelöst werden. Durch sie können wir neue Nerven- Schaltungen entwickeln und ganz langsam die quälende Symptomatik ablösen. Es hilft mir sehr, das zu wissen und mir zu vertrauen, daß ich das auch hinbekomme. Geduld ist nicht meins und naja, solange halte ich es mit der Devise, nicht nachdenken, sondern weitermachen.
Die hilfreichen Maßnahmen gerieten in Vergessenheit: Vitamin D spezielle Lampe, das werde ich wieder 'ausgraben'. Alles was hilft, ist erlaubt.
Nun warte ich ab, ob der Vitamin D Mangel das Tief und die fiese Müdigkeit ausgelöst hat bzw. das verstärkt hat.
Das Einzige was mir fehlt, ist ein gutes Buch über Entwicklungstrauma, da habe ich keins gefunden. Die Stiftung Warentest hat wohl eins zu Depressionen herausgegeben. Das habe ich noch nicht angeschaut. Andere Bücher der Stiftung haben mir außerordentlich gut gefallen.
Aber vielleicht hat jemand einen Tip? Und wer hat Erfahrungen mit der Therapie CBASP?
Und nun pausiere ich mit der Ergo, ich kann mich dort nicht abgrenzen und Probleme der Anderen schießen durch mich durch. Mein Streßhirn wird so aktiviert und ich friere innerlich fest. Und es tut gut, dieses Gefühl für mich benennen zu können und dass ich pausieren darf. Immerhin ist das die Handlung, die das Freezing auflöst bzw. ganz verhindert.
Heute sind wieder viele Pausen angesagt, Mist, die Augen machen sich sofort bemerkbar.
Vielleicht schaffe ich noch einen Einkauf und etwas Leckeres zu kochen.
Ich wünsche Dir 1,2,3 schöne Kleinigkeiten heute
Ganz liebe Grüße

31.01.2019 13:39 • x 1 #518


Liselotte
Ich komme gerade nach Hause und fühle mich körperlich so kaputt. Innerlich total unruhig, ich habe diesen Tag mit den Kindern bewältigt. Ich lebe seit immer alleine, aber momentan ist das Alleinsein so schwer für mich auszuhalten. Die Sonne ist heute rot untergegangen. Ich konnte sie vom Bus aus betrachten,es war schmerzhaft, selbst das Schöne schmerzt.

31.01.2019 18:43 • x 1 #519


Liselotte
Meine Küche ist kalt, ich mag nicht mal reingehen, um mir einen Tee zu kochen.

31.01.2019 18:48 • #520


F
liebe Liselotte,

du ich gehe jetzt einfach in deine Küche und koche dir ein schönes Glas Tee. Du hast diesen deinen Tag gepackt, hast jetzt ein Recht auf Ruhe. Ich möchte versuchen, dir meine Nähe und Anteilnahme zu schenken. Das ich versuche, mit meinem offenen Herzen dir anteilnehmend zuhören.

Versuchen auch das zu hören, was du nicht sagst, oder es nicht sagen möchtest, weil es dir noch peinlich ist, weil es für dich selbst schwer zu ertragen ist.

Denn du brauchst deine Zeit, um wieder zu dir selbst zu finden, wieder atmen zu können. Selbst habe ich auch schon lange Jahre allein gelebt. Und wenn du dann nach Hause kommst, niemand nimmt dich an, versucht dich zu verstehen, gemeinsam nach Lösungen suchen.

Und ich möchte dir wieder Samen für deinen Lebensgarten schenken. Und aus jedem Samen den du säst sollen wunderschöne Blumen der Hoffnung für dich wachsen.

Und die Farben der Blüten sollen sich in deinen Augen spiegeln,

in der Hoffnung,

das diese Blüten sich in deinen Augen spiegeln,

und vielleicht ein ganz ein kleines Lächeln auf dein Gesicht zaubern.


und ganz viele liebe Grüße für dich,

in guten Gedanken für dich,


von Frederick und Hund.

31.01.2019 19:08 • x 3 #521


Liselotte
Mein Bett steht unter dem Fenster. Es ist ein zweigeschössiger Neubau. Meine kleine Schwester schläft in ihrem Bettchen in meiner Nähe. Wir sind oft nachts alleine. Um das Haus führt ein Weg mit so kleinen Kieselsteinen u.d ich höre, wie jemand kommt und vor dem Fenster stehen bleibt, es ist so unheimlich und ich habe solche Angst, dass ich mich nicht mal traue zu atmen. Ich erzähle meiner Mutter davon. Sie sagt, wenn er das nächste Mal kommt und sie zu Hause ist, soll ich ihr Bescheid sagen. Ich höre wieder, wie jemand kommt, ich laufe ins Wohnzimmer, mein Stiefvater ist da. Er hat eine Pistole und läuft durch die Terassentür raus. Danach haben diese unheimlichen Besuche aufgehört.

31.01.2019 19:14 • x 3 #522


Alexandra2
Liebe Liselotte, das hast Du gut gemacht und Dich an Deine Mutter gewandt. Und die Bedrohung war zu Ende?
Das Atmen möglichst lautlos zu machen, kenne ich auch. Dieses Ausgeliefert sein ist Gottseidank vorbei. Einmal musste ich das als Erwachsene nochmal erleben, als mich ein Ex umbringen wollte. Danach habe ich einen SVKurs gemacht. Ich würde inzwischen nicht davor zurückschrecken, einen Angreifer mindestens krankenhausreif zu schlagen.
Seitdem habe ich noch einen 'Beziehungsknacks' dazu. Ich lebe auch schon ewig ohne Partner. Der letzte war am Kind interessiert, nicht an mir. Ich hab die Beiden nie allein gelassen.
Kannst Du etwas gegen die Unruhe machen? Bewegen, tanzen in der Bude oder diese Atemübung, bis 3 zählen beim Einatmen und bis fünf zählen beim Ausatmen, jedenfalls länger ausatmen als einatmen.
Ruhe Dich aus.
Liebe Grüße

31.01.2019 19:46 • x 3 #523


Liselotte
Lieber Frederik,
danke, dass Du in meine kalte Küche gegangen bist und mir so eine heiße Zitrone aus dem Beutel mit Honig zubereitet hast. Du hast mir sogar meine Wärmflasche gefüllt und jetzt versuche, ich zu vergessen, was ich eben als ich nach Hause kam erlebt habe. Es kamen mir 2 Polizisten entgegen und aus dem immer offenen Fenster im Erdgeschoss, welches auf den großen hässlichen Hinterhof mit den immer übervollen Müllcontainern blickt, rief eine Stimme, Martina. Dort wohnt eine Frau mit ihrem Freund, ich kenne sie nur liegend im Bett. Sie leidet unter Angststörungen. Komm doch mal bitte rein, John ist weg, mit 1500Euro aus meiner Kassette. Ich setze mich auf den schmutzigen Teppich neben ihr Bett. Sie ist so dünn, ihre Augen in tiefen Höhlen, es ist kalt, und ich fühle mich, wie so oft in einem falschen Film. Gott sei Dank ist noch eine andere Frau da, denn sie kann einfach nicht alleine sein. Die 1500Euro hat sie gespart, um einen Therapeuten zu bezahlen, der einmal in der Woche zu ihr nach Hause kommt. An Weihnachten hatten mich die beiden zu sich eingeladen, es gab Klösse mit Soße und Blaukraut. Ich war Ihnen dankbar, aber es war sehr schwer auszuhalten.
Ich habe genug erlebt für heute, und denke nun einfach an meinen kleinen, Schrebergarten etwa 1, 5 h von hier, in dem ich im Frühjahr, falls ich die Kraft finde, einfach weiter rumbuddel.
Dir einen herzlichen Gruss und schön, dass es Dich gibt.

31.01.2019 20:14 • x 3 #524


A


Hallo Liselotte,

x 4#15


Y
Liebe Martina,
ein kleiner Schrebergarten, das ist ja was ganz tolles. Wir haben auch einen, einfach mit einem Pott Kaffee unter dem Kirschbaum sitzen und in den Himmel schaun. .
Hier zu schreiben ist grad ein bisschen schwierig für mich, muss morgen ins Krankenhaus und in den letzten Tagen hat mich das gedanklich nicht losgelassen und heute habe ich ganz schön Muffegang.
Ich wünsche dir viele schöne Gedanken an deinen Garten und ruhige Stunden.
Liebe Grüsse

31.01.2019 20:45 • x 2 #525

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