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Vorstellung im Forum - Lebens-/Krankheitsgeschichte

R
Hallo zusammen,

bin über eine andere Webseite auf dieses Forum gestoßen und dachte, ich stelle mich mal vor bzw. teile etwas von meiner Lebensgeschichte.

Ich bin m, Mitte 30, bin berufstätig und in einer festen Beziehung - aber leider eben auch depressiv erkrankt, was unter anderem auch dazu führt, dass ich getroffenen Entscheidungen hinterfrage. Und auch wenn es mir sicher besser geht als teilweise davor, leide ich doch ziemlich unter der Depression und bin weit von einem glücklichen Leben entfernt, das ich mir aber vorgenommen habe anzustreben

Aber jetzt mal der Reihe nach:

Aufgewachsen bin ich in einem leider ziemlich zerrütteten Elternhaus, Streit und Psychoterror waren an der Tagesordnung, teilweise auch Gewalt. Das hat mir ziemlich zugesetzt und rückblickend kann man wohl sagen, dass ich bereits damals in eine Depression hineingeschlittert bin (auch wenn sie damals niemand diagnostiziert hat). Durch den permanenten Stress und Streit habe ich mich dann immer mehr zurückgezogen, bis ich wirklich nur noch zur Schule aus dem Haus gegangen bin. Auch dort gab es zahlreiche Streitereien, war von morgens bis abends gerezigt, und hatte auch in der Schule quasi keine (positiven) soziale Kontakte, war also weitgehend isoliert und mit meinen Problemen allein.

Nach der Schule bin ich an die Uni gegangen, aber natürlich habe ich die Probleme der Krankheit (nach wie vor nicht diagnostiziert) und der dysfunktionalen Familie mitgenommen. Stark vorhanden waren damals Schlafstörungen, Ängste - das Zwangsverhalten, das ich in meinem Elternhaus hatte, haben zum Glück schnell nachgelassen. Auch aufgrund von sozialen Schwierigkeiten habe ich damals erstmals Kontakt zu einem Psychologen gesucht, was aber nicht viel gebracht hat.
Ich habe dann versucht, durch Ortswechsel, eine Besserung der Situation hervorzurufen. Diese Wechsel hatten zwar durchaus Vorteile, etwa, dass ich meine Ängste überwinden konnte, aber natürlich haben sie das grundsätzliche Problem nicht gelöst. Man kann wohl sagen, dass ich damals vor der Krankheit davongelaufen bin. Einen ersten Verdacht des Hausarztes auf Depression habe ich dann leider auch nicht weiterverfolgt.
Irgendwann war mir selbst einigermaßen klar, dass ich wohl unter einer Depression leide, die Psychologin auf die ich dann gestoßen bin, hat mir aber leider auch nicht viel weitergeholfen und das Thema, sowie separate Versuche, die Schlafstörungen in den Griff zu bekommen, sind dann auch wieder versandet.

Nach dem Studium habe ich dann einen ganz ordentlichen Job bei der Firma gefunden, für die ich auch heute noch arbeite. Die Arbeit hat mich dann vor ca. 5 Jahren letztlich dazu gebracht, mit der Selbstdiagnose Depression zum Arzt zu gehen und seitdem bin ich in Behandlung, sowohl medikamentös als auch in Therapie.

Die Schlafprobleme sind durch Medikamente etwas besser geworden, nach wie vor sind aber trotz Antidepressiva die Symptome wie Antriebslosigkeit, Unruhe, Hoffnungslosigkeit, Freudlosigkeit, Reizbarkeit, Vermeidungsverhalten da. Auch merke ich, dass ich sehr zum Grübeln neige, was die Situation in der Regel verschlimmert.
Die oben genannten Symptome habe ich aber weitgehend durchgängig, ich habe nur selten und meist nur sehr kurze Zeit Phasen, in denen ich sagen würde, dass es mir gut geht.
Was dazu kommt, ist dass ich oft das Gefühl habe, dass ich wegen der Depression Entscheidungen getroffen habe, die jetzt eher wieder zu schlechten Situationen führen. Ich bin dann oft mit meiner Beziehung oder auch der Arbeit unzufrieden, habe aber auch nicht den Mut, daran etwas zu ändern bzw. Angst davor, was dann alles passieren könnte.

Ich habe aber nach wie vor die Hoffnung, durch besser geeignete Medikamente meine Grundstimmung und den Antrieb steigern zu können, so dass ich dann konkret die Themen in meinem Leben angehen kann, von denen ich glaube, dass ich sie verbessern sollte.

Danke schon mal für's Lesen und viele Grüße

12.06.2019 16:41 • x 3 #1


F
lieber rbgoal,

erstmal dir ein herzliches Willkommen hier im Forum. Und ich wünsche dir von Herzen, dass dieses Forum dir irgendwie gut tut, du die eine oder andere Antwort auf deine Fragen bekommst.

Deine schwierige Lebensgeschichte erinnert mich ein wenig an die meinige, gerade die schlechten Erfahrungen als Kind in deinem Elternhaus, die so negativen Erfahrungen die du da machen musstest. Du bist heute äußerlich gesehen ein erfolgreicher Mensch, hast eine gute feste Beziehung, du konntest studieren, hast heute einen guten Beruf. Doch du bist leider alles andere als glücklich.

Vielleicht fühlst du dich nach wie vor, trotz deiner schönen Erfolge minderwertig, unzufrieden.

Denn in deinem Elternhaus wurdest du ständig kritisiert und abgewertet. Und das steckt noch heute in dir drin. Ich bin nichts, ich kann nichts, alles anderen können viel mehr, machen es besser.

Selbst kenne ich da auch Neid und Eifersucht in meinem Leben. Da fühlst du dich unsicher und nicht liebenswert, DU zweifelst an deinen Fähigkeiten, an deinen Möglichkeiten. Selbst habe ich mich eine lange Zeit an meine liebe Frau geklammert, sie unnötigerweise kontrolliert, hatte immer Angst, zu wenig Liebe und Annahme zu bekommen.

Was ich bisher in meinem Leben getan habe reicht nicht aus, ich bleibe ständig hinter meinen eigenen Erwartungen und meiner Mitmenschen zurück. Dann machst du dich abhängig von anderen Menschen, nimmst zuviel Rücksicht, traust dir selbst nichts mehr zu. Du lässt dir von anderen Menschen dein Leben bestimmen, gibst immer zu viel und zu schnell nach, um es allen Menschen recht zu machen, und wirst deshalb nur noch immer mehr ausgenutzt.

Denn deine Eltern haben nicht an dich geglaubt, deshalb glaubst du auch nicht an dich selbst.

Und du meinst, nur wenn du etwas leistest bist du geliebt und anerkannt. Dein Selbstwert beruht nur auf überdurchschnittliche Leistungen. Ohne Leistung fühlst du dich ganz klein.

Weil deine Eltern dich nie geliebt und angenommen haben, läufst du ein Leben lang hinter Lob, Anerkennung und Bestätigung her. Dein Selbstwert ist nicht so groß, andere Menschen können dich leicht ausnutzen.

Vielleicht hilft es dir, immer mehr zu wissen und anzunehmen, das du ein sehr wertvoller Mensch bist, auch ohne Leistung. Und du musst dich dir und anderen Menschen nicht immer wieder beweisen.


liebe Grüße an dich,

Frederick

12.06.2019 17:46 • x 6 #2


A


Hallo rbgoal,

Vorstellung im Forum - Lebens-/Krankheitsgeschichte

x 3#3


Hoffnung21
Hallo rbgoal,

Du schreibst ja selbst bereits, dass du die Hoffnung hast, andere Medikamente könnten dir helfen. Hast du schon verschiedene probiert? Du hast ja noch deutliche depressive Symptome, solltest hier also DRANBLEIBEN. Ich hab 7 verschiedene Antidepressiva ausprobiert, bis ich beim momentan richtigen angekommen bin. Aber du solltest definitiv noch eine Psychotherapie machen, die Medikamente allein werden es nicht richten. Du sagst du warst schon beim Psychologen, dann mach weiter wenn es gepasst hat oder wechsle mal zu einem anderen. Eine psychosomatische Reha kann ich dir auch sehr empfehlen.

Alles Gute und LG
Eis

12.06.2019 19:56 • x 3 #3


R
Zitat von Frederick1:
Vielleicht hilft es dir, immer mehr zu wissen und anzunehmen, das du ein sehr wertvoller Mensch bist, auch ohne Leistung. Und du musst dich dir und anderen Menschen nicht immer wieder beweisen.


Hallo lieber Frederick,

vielen Dank für die netten Worte und besonders den obigen Rat

Liebe Grüße

12.06.2019 20:35 • x 2 #4


R
Zitat von Eis:
Hallo rbgoal,

Du schreibst ja selbst bereits, dass du die Hoffnung hast, andere Medikamente könnten dir helfen. Hast du schon verschiedene probiert? Du hast ja noch deutliche depressive Symptome, solltest hier also DRANBLEIBEN. Ich hab 7 verschiedene Antidepressiva ausprobiert, bis ich beim momentan richtigen angekommen bin. Aber du solltest definitiv noch eine Psychotherapie machen, die Medikamente allein werden es nicht richten. Du sagst du warst schon beim Psychologen, dann mach weiter wenn es gepasst hat oder wechsle mal zu einem anderen. Eine psychosomatische Reha kann ich dir auch sehr empfehlen.

Alles Gute und LG
Eis


Hallo Eis,

vielen Dank auch für deine Antwort!
Für die Mittel zur Nacht habe ich schon einige ausprobiert, bis ich jetzt zu einem einigermaßen tauglichen Medikament gekommen bin.
Für das Mittel am Morgen habe ich bisher nur Citalopram gehabt und bin aktuell bei Bupropion. Habe das erst seit ein paar Wochen, bisher allerdings noch mit recht bescheidener Wirkung. Aber da werde ich wohl noch abwarten müssen.
Welches Antidepressivum hat denn bei dir am Ende funktioniert, wenn man fragen darf?
Ich bin auch wieder in Therapie und recht zufrieden damit.
Was macht man denn in einer psychosomatischen Reha? Reha allgemein hört sich ehrlich gesagt gut an.

LG

12.06.2019 20:42 • x 3 #5


Hoffnung21
Hallo rbgoal

Bupropion hat bei mir lange Zeit geholfen, bevor ich wieder angefangen habe zu arbeiten (Arbeitsunfähigkeit). Ich hab schnell auf 300mg erhöht. Mit dem ganzen Stress durch die Arbeit hat es dann leider nicht mehr gereicht. Ich hab dann Lithium dazu kombiniert, das hätte funktioniert, hab es aber leider nach einigen Monaten wegen Nebenwirkungen absetzen müssen. Hab jetzt aktuell Jatrosom, mit dem ich gut zurechtkomme. Ich muss halt mit den Nebenwirkungen leben, aber dafür wirkt es gut. Ich hoffe, das bleibt so.

LG Eis

12.06.2019 22:43 • x 3 #6


Hoffnung21
Hab die Reha vergessen. Da gibt es Gesprächstherapie einzeln und in der Gruppe, verschiedene Entspannungskurse, moderates Sportprogramm, Ergotherapie mit Basteln, Malen, o.ä., Vorträge, wöchentliche Arztvisite u.v.m. Vor allem aber hast du viel Zeit für Dich zum Nachdenken, zum Entspannen und Erholen. Mal weg vom Alltag in eine geschützte Zone.

LG Eis

12.06.2019 22:48 • x 2 #7


R
Hallo Eis,

danke für die weiteren Antworten. Bei Bupropion habe ich auch schon die höhere Dosis, wobei ich paradoxerweise den Eindruck habe, dass es mir seitdem schlechter geht (kann aber auch an anderen Faktoren liegen).
Freut mich, dass Jatrosom bei dir funktioniert, habe neulich zum ersten Mal davon gehört. Wie stark sind die Einschränkungen bzgl. Ernährung? Und was hast Du an Nebenwirkungen?
Von Lithium habe ich auch schon gehört und es kommt mir auch ganz sinnvoll vor, auch wenn wie du schreibst, die NW auch nicht ohne sind.
Naja, werde mich wohl auch noch durch das eine oder andere Medikament durchprobieren dürfen.
So eine Reha halte ich auch für eine gute Sache. Bin gerade im Wechsel zu einem neuen Neurologen, werde es dann mal ansprechen. Ich glaube ein paar Wochen Ruhe und Unterstützung würden mir echt gut tun.

LG

13.06.2019 11:24 • x 1 #8


Y
Wenn ich mal kurz einwerfen darf
Ich nehme 300mg Elontril ( Bupropion ) und dazu bekam ich Lithium. Die anfänglichen Nebenwirkungen verschwanden und es ging mir besser. Leider sind meine Nieren damit nicht klar gekommen und ich habe mich entschieden , es wieder abzusetzen. Nach meiner Erfahrung braucht das Elontril eine Weile, ehe sich die volle Wirkung zeigt.
LG

13.06.2019 12:20 • x 3 #9


R
Danke, Ylvi. Ich werde es wohl auch noch eine Weile probieren.

LG

13.06.2019 14:26 • #10


A


Hallo rbgoal,

x 4#11


Hoffnung21
Hallo rbgoal,

Die Nahrungseinschränkung bei Jatrosom geht aus meiner Sicht für daheim recht gut, beim Auswärtigen Essen ist es eher umständlich. Wobei ich gelesen hab, dass es Leute gibt, die sich nicht einschränken und es passt und genauso gibt es auch Leute, die sehr empfindlich reagieren. Ich gehöre leider zur empfindlichen Sorte. Es gibt absolute Verbote wie Käse, Walnuss, Rotwein, aber es gibt auch Lebensmittel, da darf man eine kleine Menge essen wie 1/2 unreife Banane, 20g Schokolade. Was bei mir gar nicht mehr geht ist Koffein, da geht mein Blutdruck ab wie eine Rakete. Aber ich hab mich mittlerweile an die koffeinfreien Variante gewöhnt.
Nichtsdestotrotz ist Jatrosom ein Medikament, das man nur nach reiflicher Überlegung und wenn alle anderen Alternativen ausgeschöpft sind nehmen sollte. Es gibt doch viele Interaktionen mit Medikamenten, die man immer beachten muss. Ich trage auch immer einen Notfallpass bei mir für evtl. Notfälle, wenn ich nicht ansprechbar sein sollte. Ungeplante OP's z.B. sind absolut nicht zu empfehlen, da muss es vorher abgesetzt werden.

LG Eis

14.06.2019 12:29 • x 3 #11

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