Hallo Marco
Ich hatte erst mal VOR der Reha die große Befürchtung, dass ich ÜBERHAUPT Tabletten nehmen MUSS. Zu dem Zeitpunkt war ich noch total gegen Antidepressiva und hab gemeint, ich schaffe (wie vor der Krankheit) immer alles selbst. Und dann natürlich noch Vorbehalte wegen der Depression selbst, das kriegt doch nicht jemand wie ich, der alles schafft.
Mit Hilfe meiner Psychotherapeutin zu Hause und den Gesprächen in der Reha habe ich dann gelernt, dass die Depression ein normale Krankheit ist, die jeden treffen kann. So habe ich dann langsam die Depression auch annehmen können. Das war ein langer und schwieriger Weg, war für mich aber erst mal das Wichtigste.
Durch Vorträge in der Reha und die Arztgespräche ist mir dann auch bewusst geworden, dass da mit den Neurotransmittern im Gehirn einiges durcheinanderkommen kann. Bei jeder anderen Erkrankung wie Diabetes, Bluthochdruck usw. würde man ja auch Tabletten nehmen. Die Ärztin war bei der Aufnahme zwar erstaunt, dass ich bei meinem Beschwerdebild keine Tabletten bekommen habe, aber sie meinte, wenn ICH das möchte, wird sie mir nichts aufzwingen, auch wenn ich ihrer Meinung nach was nehmen sollte. So hab ich es die ersten Wochen auch gehalten. Dann hab ich langsam gemerkt, dass es fast allen anderen Patienten besser ging als mir, ich hab viel geheult, hatte Probleme mit sozialen Kontakten und der Lautstärke beim Essen z.B., bin aus Gruppengesprächen raus, weil mir alles zu viel war.
Dann hat sich der Chefarzt nochmal Zeit genommen, hat mir die Wirkung der Tabletten erklärt und ich hab dann FREIWILLIG, mit der Möglichkeit, jederzeit die Tabletten wieder abzusetzen, wenn sie mir nicht gut tun. Der erste Versuch, Milnacipran, ging dann gleich in die Hose. Übelkeit, sass ich mich hinlegen musste und Blutdruckanstieg auf über 160. Gleich wieder abgesetzt. Nächster Versuch war dann Elontril, da hab ich nach 2-3 Tagen gemerkt, wie gut es mir von der Stimmung ging, hab wieder mehr gelacht, war ausgeglichener und konnte länger als ein paar Minuten in Gesprächen bleiben. Aber der Antrieb war noch etwas schlecht. Darum habe ich noch Sertralin dazubekommen. Gleiches Spiel wie beim ersten Antidepressiva, Übelkeit und Blutdruckanstieg nach ca. 3-4 Tagen. Abgesetzt. Dann hab ich auf Empfehlung des Arztes NACH der Reha noch Fluoxetin probiert in der niedrigsten Dosierung. Nach 1 Woche wieder Blutdruckanstieg, das mit den SSRI's funktioniert bei mir einfach nicht.
Bei Elontril bin ich aber lange geblieben, hab dann noch u.a. wegen Migräneprophylaxe noch Amitriptylin ausprobiert, da wird mir der Mund so trocken, dass ich auf 3 Tropfen runter bin, das geht gerade so.
Nach einem Rückfall (hab schon wieder gearbeitet zu dem Zeitpunkt) ist noch Lithium dazukombiniert worden, das hat mir sehr gut getan, ich war stabiler und ausgeglichener. Nach einigen Monaten hab ich aber ständig Kopf- und Magenschmerzen bekommen und musste Lithium wieder absetzen. Dann war es erst mal besser, aber ich hätte ohne ein weireres/anderes Antidepressiva nicht arbeiten können. Den Stress hab ich nicht ausgehalten. So hab ich mich nach langen Gesprächen mit meinem (inzwischen gewechselten) Psychiater entschlossen, zum irreversiblen MAO-hemmen Jatrosom zu wechseln. Auch hier ist der Mund seeehr trocken, aber das ist mit Abstand das Mittel, das bei MIR, den Antrieb ganz massiv zum positiven beeinflusst. Ich fühl mich richtig gut und hoffe, dass ich die Mundtrockenheit aushalte.
Du siehst, es war ganz viel try and error.
Gib nicht auf, wenn mal ein Antidepressiva nicht hilft, es gibt noch ganz viele andere. Der Arzt in der Reha meinte, die meisten Ärzte stellen auf 1 Antidepressiva ein, wechseln oder kombinieren noch 1 anderes und dann hören sie auf und lassen die Patienten weiter leiden. Drum finde ich ja die Reha gut, man kommt noch mal in den Genuss, eine andere Meinung zu hören.
Liebe Grüße
Eis
24.04.2019 06:47 •
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