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Seit Jahren unglücklich

F
Hallo,
ich bin neu hier und habe akuten Gesprächsbedarf. Ich schreibe jetzt mal in Stichpunkten von den letzten 14 Jahren. Zu meinen Daten, ich heiße Bärbel, bin 44 Jahre, seit bald 18 Jahren verheiratet, insgesamt bald 26 Jahre mit meinem Mann zusammen. Wir haben einen Sohn, er ist 11 Jahre alt. Wir wohnen im Bundesland Hessen, in einem Dorf, wo mein Mann herkommt. Seine Eltern, Tante und Cousin von meinem Mann wohnen nebenan. Meine Eltern wohnen ca. 15 Minuten entfernt.
Nun zu den emotionalen Dingen, die es seit 14 Jahren gibt:
-2006 sind mein Mann und ich nach Niedersachsen umgezogen, wo er gearbeitet hat
-ich habe mich total wohl gefühlt in der Doppelhaushälfte und in der ganzen Umgebung
-erste Arbeitsstelle in Bremen war auch total schön, ich arbeitete als Kindermädchen
-dann die traurige Nachricht, mein Bruder hatte einen Suizidversuch. Ich war total traurig darüber, mein Mann und meine Schwiegermutter verstanden es nicht, haben mich nicht gestützt.
-die Arbeitsstelle in Bremen musste ich aus Geldgründen leider kündigen
-die nächsten Arbeitsstellen waren in verschiedenen Kindergärten. Da ich mich immer so unter Druck gesetzt habe, bekam ich Depressionen und kündigte selbst.
-danach habe ich erstmal bei einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet
-ich hatte immer viel Freizeit, weil mein Mann erst gegen Abend nach Hause kam, habe viel unternommen, Kontakte geknüpft, im Gegensatz zu meinem Mann.
-dann wurde ich schwanger und war überglücklich, dennoch hatte ich Angst vor der Geburt.
-die Geburt war anfangs sehr schön, verlief später mit Komplikationen, mein Sohn musste mit der Saugglocke geholt werden, denn die viel zu kurze Nabelschnur war um seinen Hals gewickelt, wir beide bekamen Sauerstoff. Ich war aber so mit meinen Schmerzen beschäftigt, dass ich es nicht als dramatisch fühlte.
Als mir mein Sohn auf die Brust gelegt wurde, hatte ich anfangs nicht dieses freudige Gefühl, was eine Mutter spüren sollte. Es war für mich, wie in einem Film.
Abends wo ich alleine mit ihm war, hörte ich Musik auf dem Kopfhörer, sah meinen Sohn an und fing an zu weinen
-die nächsten Tage war ich überfordert mit dem Stillen. Eine Nachtschwester fragte mich, ob ich überhaupt weiter stillen möchte. Ich wollte lieber abpumpen.
Ich war oft am Weinen
-zuhause sprach die Hebamme mit mir wegen dem Abpumpen. Irgendwann habe ich mich für Milchpulver entschieden. Es war mir alles zuviel. Ich war den ganzen Tag mit dem kleinen Würmchen alleine. Hab mir Kontakte gesucht. Mein Mann hat mich oft nicht verstanden, wenn ich nachts gereizt war und meinem Sohn nur noch den Schnuller reinstecken wollte. Er sagte, lass mich das machen, sonst tust Du ihm noch was an. Ich habe meinem Sohn nie ein Haar gekrümmt. Ich könnte sein Weinen nicht aushalten und bin dann zu einer Kinderkrankenschwester gegangen, die erste emotionale Hilfe angeboten hat. Ich war auch bei einem Psychologen, bin aber nur die ersten 5Mal hingegangen. Es wurde vorher schon eine Wochenbettdepression diagnostiziert.
Ich hatte das Gefühl, ich kann mein Kind nicht lieben. Meine Hebamme sagte zu mir, daß man gar nicht merkt, daß ich mein Kind nicht liebe. Ich habe mit meinem Sohn viel unternommen, war bei der Baby Massage, Baby treffen, und privat mit Müttern und Kindern getroffen. Da lernte ich eine Frau kennen, die kurz nach mir entbunden hat. Es entstand eine tolle Freundschaft. Ihr habe ich viel anvertraut, sie hat mich verstanden. Zwischendurch war ich bei meinen Eltern in Hessen. Mein Mann und meine Schwiegermutter hatten das Gefühl, dass ich mich in der Zeit negativ verändert habe. Sie machten mir ein schlechtes Gewissen. Ich habe mich so wohl gefühlt bei meinen Eltern.
-Irgendwann ging es mir immer schlechter in Niedersachsen
-und die Arbeitsstelle meines Mannes lief aus
-ich weiß es nicht mehr genau, jedenfalls wollten wir (angeblich beide) wieder nach Hessen zurück.
-als ich mein ja gegeben habe, wurde mir danach ganz heiß und bekam Panik, so nach dem Motto, warum habe ich ja zum Umzug gesagt
-der Umzug kam und als unsere Nachbarn aus Niedersachsen mit dem Umzugswagen in Hessen wieder nach Hause fuhren, fing ich an zu weinen und hatte oft Heimweh nach dem zu Hause nach Niedersachsen.
Irgendwann konnte ich das vor meinem Mann nicht mehr verbergen. Er verstand es überhaupt nicht.
Das Thema kam bei mir öfters und irgendwann sagte er, er würde nicht nochmal umziehen. Dann sollte ich halt gehen.
-wir hatten hier in Hessen 2einhalb Jahre ein Pflegekind,
kaum Unterstützung von Berater
-Mutter bekam das Sorgerecht wieder
-danach habe ich 4 Wochen das Feld geräumt, ich konnte nicht mehr, ich war bei meinen Eltern. Ich war vorher in Hotels und Pensionen. Meine Mutter nahm mich zu ihnen.
Wenn mein Sohn mich nicht gefragt hätte, wann ich wieder gekommen wäre. Ich wäre noch länger weggeblieben
-wir waren bei einer Paartherapie
-vorher war ich auch in Therapie, mein Mann war auch mal mit. Er meinte, die Psychologin hätte mir geraten, ihn zu verlassen.
Zum Schluß noch gesagt, das Haus in dem wir hier drin wohnen ist von seiner Oma mütterlichseits. Da seine Eltern hier einziehen wollten, wenn sie in Rente sind, wir aber wieder kamen, waren sie anfangs total fies zu uns. Ich fühlte mich total traurig und unwillkommen. Meine Schwiegermutter erbte das Haus ihrer Patentante nebenan. Die Situation entschärfte sich. PS:Vor der Geburt unseres Sohnes hatte ich auch immer wieder depressive Phasen, mein Mann ist der einzige Sohn, eifersüchtig. Ich 100 %treu, unternehme oft mal was mit meinen Freundinnen. Wenn es später wird, ist er aufbrausend und diskutiert bis in die Nacht.
Ich fühle mich nicht mehr geliebt und denke oft, ihn zu verlassen und nach Niedersachsen zu ziehen. Mein Sohn braucht mich aber noch. Der würde nicht von unserem Dorf wegziehen. Es gibt noch mehr zu erzählen.
Sorry, ist nicht nur bei Stichpunkten geblieben.
Ich freue mich, auf ernstgemeinte Antworten. Was würdet Ihr an meiner Stelle machen?
Ich bin mal wieder nur am Funktionieren. Momentan durch Corona arbeite ich 2 Nachmittage in der Notgruppe der Kinderkrippe, ansonsten betreue ich meinen Sohn, Homeschooling und Home-Office.
Viele Grüße Bärbel

11.05.2020 01:13 • #1


buddl1
nun...
wir sind nicht an deiner Stelle, in deinem Leben...
gegen das was war kann man nichts machen,
mit dem was derzeit ist,
muss man irgendwie zurecht kommen.
und für das kommende seinen Platz finden...

ich bezweifele dass eine Trennung dir mehr Glück, mehr Lebensfreude bringen könnte,
zu vieles was im ungewissen liegt.

aber das du in einem tiefen Loch dich befindest und fragend nach oben blickst,
das ist zu lesen...

sicher dein Sohn wird dich noch lange brauchen,
so wie jedes Kind seine Eltern brauch und dem gilt es vor allem gerecht zu werden.
diese Liebe zu ihm zu erhalten, zu festigen, nicht nur für das was man machen muss,
sondern mehr was man machen möchte.
dein Partner...
er ist immer noch da,
auch er hätte schon längst gehen können,
tat er aber nicht...
ja er ist frustriert, sieht dich zum Teil verbittert lustlos und eben zuhause,
während er für all dass sich in die Arbeit flüchtet?

was bleibt eigentlich nach 20 Jahren Ehe?
vieles ist Gewohnheit geworden, ist abgestumpft, zum Alltag geworden.
gibt es überhaupt noch eine Abwechslung, etwas was beide zur Freude gereichen könnte?
was nicht nur mit den Freundinnen erlebt werden könnte...

was ist aus der einstigen Liebe geworden?

die zwei Nachmittage in der Notgruppe,
erscheinen die da nicht auch dir als Flucht vor dem
was zuhause dich erwartet?

ich habe nur Fragen für dich, keine Antworten,
weil es doch dein Leben ist.
du kannst das Morgen beenden, einen Neuanfang wagen
oder aus dem alten das vergangene wiederfinden,
gemeinsam mit Liebe zu deinen Sohn und auch zu deinen Mann.
er muss auch nicht alles verstehen, was dich im inneren bewegt,
aber er hat bestimmt auch lange dein Lächeln für ihn nicht gesehen...

warum ich das alles so schreibe...
31 Jahre Ehe, wo so manches Tief schneller folgte als die mageren Hochs,
doch aufgeben ist keine Option.
jeder Tag ist ein Kampf um das was man sich einst schwor...
buddl1,

11.05.2020 07:04 • x 1 #2


A


Hallo Fleckie76,

Seit Jahren unglücklich

x 3#3


F
Hallo buddl1,
danke für Deine Antwort.
Ich habe meinen Mann mal sehr geliebt und ich vermisse ihn. Ich habe oft schon mit ihm über meine Gedanken gesprochen. Aber irgendwie ändert sich nichts. Ich möchte als Familie und auch alleine mit ihm Unternehmungen machen. Es kommt von ihm nichts.
Ich möchte mit ihm auch mal wieder nur Zweisamkeit.
Wie meinst Du das mit, dass ich mich in einem Tief befinde mit Blick nach oben?

11.05.2020 07:45 • #3


buddl1
nun,
egal in welche Richtung du blickst,
nicht was du greifen kannst.
was du in der Lage währst ändern zu können..
täglich der gleiche Ablauf, täglich die gleichen Reaktionen,
vieles dreht sich im Kreis,
alles wird schwerer, Risse in der Beziehung, obwohl sie keiner will
und doch sich zeigen, vieles zu normal geworden ist...

ja über die eigenen Gedanken sprechen ist ein weg,
doch was sind seine?
manchmal sind die viel schwerer auszusprechen,
auch weil sie verletzten könnten, eben sich nicht mehr
mit deinen decken könnten...
die Liebe dennoch da ist, aber man doch zwei verschiedene Wege dabei geht...
seine Interessen teilen lernen, Zeit gemeinsam planen...

es ist so schwer nach so vielen gemeinsamen Jahren,
sich neu zu entdecken,
die Lust an dem anderen wieder zu finden.
auch er könnte daran Zweifel gefunden ,
ohne es mit Absicht verfolgt zu haben.

du nahmst dir damals eine Auszeit...
was tat er?
sicher war es nötig und richtig, aber du hast geschrieben,
wenn dein Sohn nicht gefragt hätte...
er hat womöglich mehr ertragen, als zu sehen war.
wann wart ihr wirklich das letzte mal eins,
teilte was man nur zu zweit teilt und
genoss des anderen gestillten Bedürfnisses..
nicht alles kann man bereden aber sehr wohl zerreden.
buddl1,

11.05.2020 10:58 • x 1 #4


F
@buddl1,
es klingt so, als wäre ich an allem schuld. Ich habe jahrelang geschluckt, immer gemacht, was andere wollten, mich beleidigen lassen. Und das ich nach so vielen Ereignissen mal eine Auszeit brauchte, ist wohl auch klar. Ich möchte nur einfach verstanden, bzw. ernst genommen werden.

11.05.2020 23:56 • #5


F
@buddl1,
Mein Sohn ist mein Ein und Alles und es tut mir leid für ihn, dass das alles so gelaufen ist. Ich habe jeden Tag mit ihm telefoniert und war oft zuhause und bin gefahren, bis ich ihn ins Bett gebracht habe.

12.05.2020 00:00 • #6


F
@buddl1,
erzähle doch mal bitte von Deiner Ehe. Was gab es für Tiefs bei Euch?

12.05.2020 00:01 • #7


buddl1
nein, allein kannst du nicht die Schuld übernehmen,
das wäre zu einfach.
es kann doch keine Schuldzuweisung geben, wenn man
mir nichts dir nichts in eine Depression fällt,
dass sucht sich doch keiner aus.
als mein Bruder mit nur 9 Jahren unter den Bus mit seinem Fahrrad geriet,
meine Mutter in zwei Zusammenbrüchen, begleitet der jahrelangen Depression fiel-
ich kenn sie kaum lachend oder in glücklichen Phasen-
egale aus welchen Anlass, manchmal ist der ja nicht mal erkennbar, man hineinrutscht,
kann keine Schuld tragen. aber auch nicht dein Mann und dein Umfeld, die einen Verlust nicht
so tief in sich aufnehmen konnten, sie können eben mehr mit dem Verlust umgehen und
sich bald wieder nach vorne schauen: das Leben geht weiter. und ja das stimmt doch auch.
- weißt du wie oft ich am Grab mit meiner Mutter stand und immer diese Frage:
warum...
warum er
ich so oft ergänzte in Gedanken,
ja warum er und nicht ich,
sie liebt ihn doch mehr als mich...
solche Gedanken hatte ich als damaliger 7 jähriger
und dennoch,
ich habe es bis hierher geschafft.
und das denke ich, schaffst du auch,
es wird immer gute und schlechte Tage geben
und ich bin mir auch sicher du liebst deinen Sohn
genau wie meine Mutter mich liebt,
sie war da als der Vater uns zwei Jahre zuvor in Stich ließ
ja wir hatten nicht viel, jeder andere hatte mehr, aber sie gab
was sie geben konnte und eben auch das musst du für dich anerkennen.

vielleicht gelingt es dir, durch dieses Schreiben, alles etwas mit anderen Augen zu sehen,
deinen Sohn.... deinen Mann der sicher auch mal wieder dich lachend sehen möchte,
er ist bestimmt auch in einer gefrusteten Phase.
auch ich arbeite nunmehr als 35 Jahre in einen sehr harten Beruf und
klar kommt dann auch mal der Gedanke , nach Treue, nach Spaß,
vor lauter Arbeit kann man sich schon mal verlieren und der andere
nur halbtags arbeitet, mehr von den Kindern, mehr Freizeit hat.
unser beiden die so unterschiedlich sind, der Sohn, der mit 28 mehr in seiner
PC-Welt versinkt und nicht ans ausziehen denkt, die Tochter mit 25 erst ihren Weg in eine Ausbildung fand,
mit 14 auszog um die Welt zu erobern und doch im Dreck versank.
meine Mutter lebt auch noch und ist in ihrer depressiven Welt gefangen,
will nur noch sterben, die Enkel haben sie schon längst vergessen...
fällt auch nicht schwer, wenn jeder zur Begrüßung immer eine Zurechtweisung bekommt...
ich besuche sie regelmäßig, auch meine Schwester, die weit weg ihr zuhause gefunden hat.
wäre ihr neuer Mann nicht, der seit 30 Jahren mit ihr das Leben teilt,
ich wüsste nicht wie es gehen sollte.
er hatte seine 1. Frau an Krebs verloren und ist doch so voller Güte zu ihr und auch zu uns.
er nimmt das Leben wie es eben ist. auch wenn sie ihn wieder durch die Wohnung mit Aufgaben scheucht.

zähle auf was dir Freude bereitet, was ihr gemeinsam oder zu zweit machen könnt.
Männer können zuweilen aus Bequemlichkeit faul sein.
auch könnte euer Sohn den Papa animieren zum See zu fahren, in den Wald, was auch immer.
wenn man es nur gemeinsam tut.

glaub mir, ich wüsste jetzt nicht wo ich bei meinen Tiefs anfangen könnte,
du liest selbst, wo alles begann und auch wenn in den letzten 2-3 Jahren, vieles stabiler und
besser geworden ist, bleiben einige Phasen doch,
wo man einfach nur aufstehen will um zu gehen,
einfach weg,
buddl1,

12.05.2020 06:43 • #8

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