
Rain_83
- 10
- 2
- 20
ich habe mich hier gerade ganz frisch angemeldet – was für mich definitiv ein großer Schritt war. Ich wünsche mir einen Austausch mit euch und hoffe, dass vielleicht auch nur eine einzige Person sich ein Stück weit in mich hineinversetzen kann und mir beim Sortieren und Bewerten meiner Gedanken und Gefühle hilft. Sehr gerne versuche auch ich, euch Impulse oder Ideen zu geben, sodass wir uns gegenseitig unterstützen können.
Ich habe lange überlegt, ob ich diesen Text posten soll. Es fällt mir nicht leicht, mich so offen zu zeigen. Aber vielleicht hilft es mir – und vielleicht auch jemand anderem, der sich darin wiederfindet.
Ich fürchte, der Beitrag wird etwas länger – und vor allem sehr persönlich. Aber auch ehrlich. Ich freue mich, wenn sich jemand die Zeit nimmt, mir zuzuhören. Danke schon mal dafür.
Zu meiner Person
Ich bin 42 Jahre alt, weiblich und lebe allein. Ich bin eine introvertierte und sehr reflektierte Frau und habe vor etwa anderthalb Jahren mit Persönlichkeitsentwicklung begonnen – ganz für mich allein. Es fing harmlos an mit der Frage: „Warum fällt es mir eigentlich so schwer, Hilfe anzunehmen?“
Im Laufe der Monate bin ich rückwärts durch mein Leben gereist, bis ich in meiner Kindheit ankam. Dabei wurden mir viele Situationen bewusst, die vielleicht erklären, wie ich zu dem Menschen geworden bin, der ich heute bin.
Ein kleiner Einblick in meine Geschichte
Bitte versteht mich nicht falsch – ich möchte kein Mitleid erwecken. Mir ist es einfach wichtig, dass ihr nachvollziehen könnt, wer ich bin und womit ich zu kämpfen habe:
In der Schulzeit wurde ich gemobbt. Meine Ärztin sprach von „Psychoterror“. Schon in der Grundschule wurde ich ausgegrenzt.
Lehrer sahen das und haben teilweise mitgemacht – durch Entwertungen und ständiges Drangenommen werden, obwohl ich die Antwort nicht wusste.
Zuhause wurde nie über Gefühle gesprochen. Es war laut, es wurde viel geschrien, und es gab auch mal einen Klaps.
In der Ausbildung wurde ich von meinem Chef entwertet. Am Ende meinte er, ich sei unfähig und werde nicht übernommen.
Später im Job erlebte ich S. Belästigung – es blieb bei Mimiken und Gestiken, aber es hat Spuren hinterlassen.
Mit 22 bekam ich Neurodermitis und musste lange Kortison nehmen. In zwei Jahren nahm ich 40 kg zu. Erst nach 15 Jahren begann ich abzunehmen – leider viel zu schnell und ungesund. Durch das Gewicht habe ich mich isoliert und konnte keine Nähe mehr zulassen. Noch heute fällt mir das schwer – Vertrauen fehlt.
Als ich all das vor Augen hatte, kamen viele Gefühle und Gedanken hoch – gleichzeitig und überwältigend. Der Kern dieser Gedanken ist immer wieder derselbe:
- Ich kann nichts.
- Ich habe keinen Wert.
- Niemand sieht mich oder will mich sehen.
Ich fühle Wut, Enttäuschung, absolute Traurigkeit, Sinnlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Seit etwa acht Monaten setze ich mich intensiv mit diesen Gedanken auseinander – und analysiere sie regelrecht zu Tode. Ich drehe mich in Gedankenschleifen und verliere mich in diesem Karussell.
Ich bin emotional so ausgelaugt, dass ich meinen eigenen Gedanken und Gefühlen nicht mehr traue. Ich frage mich, ob sie überhaupt berechtigt sind. Ob das, was ich fühle, überhaupt wahr ist. Ich analysiere mein Verhalten so intensiv, dass ich selbst das in Frage stelle, was ich damit eigentlich bezwecke.
Wenn ich mit dem Analysieren aufhöre, fühle ich eine extreme Leere und Unruhe – bei gleichzeitig intensiven Gefühlen. Letztlich lande ich immer wieder beim Analysieren, weil es das Einzige ist, was mir gerade noch Halt gibt.
Aktuelle Situation
Vor vier Wochen begannen Panikattacken. An einem Arbeitstag war es so schlimm, dass ich früher nach Hause ging. Mein Arzt schrieb mich für eine Woche krank. In dieser Woche hatte ich viel Zeit zum Grübeln. Am Ende entschied ich mich, wieder arbeiten zu gehen – um etwas Struktur zu haben. Das hilft grundsätzlich, aber auch im Arbeitsalltag gibt es immer wieder Momente, in denen ich mich zurückgewiesen, ausgeschlossen oder nicht beachtet fühle. Mittlerweile kommen mir sogar auf der Arbeit die Tränen – zum Glück hat das bisher niemand bemerkt.
Ich habe mich überwunden, therapeutische Termine zu vereinbaren und bereits einige Erstgespräche geführt. Leider konnte mir bisher niemand einen Platz anbieten. Ich stehe auf etlichen Wartelisten, aber es scheint aussichtslos, zeitnah Hilfe zu bekommen.
Vor einem Klinikaufenthalt habe ich Bedenken – auch, weil der Arbeitgeber dann wüsste, welcher Arzt mich krank schreibt. Einer der Therapeuten hat mir den PTV11-Bogen mitgegeben und eine mittelgradige Depression bestätigt. Er riet mir zu einer Psychotherapie und einem Termin beim Psychiater, um ggf. Medikamente zu bekommen. Dieser Termin steht immerhin schon in drei Wochen an.
Was mir aktuell fehlt
Nichts macht mir wirklich Spaß. Ich kann mich schlecht konzentrieren. Alles, was ich ausprobiere – Spazierengehen, frühere Hobbys, Computerspiele, kreative Tätigkeiten – breche ich nach wenigen Minuten ab, weil es mir nichts bringt. Das Einzige, was bleibt, ist das Schreiben und Nachdenken. Das hält mich gerade über Wasser.
Philosophische Fragen
Zusätzlich beschäftigen mich Fragen, die über die Depression hinausgehen. Ich frage mich seit über 20 Jahren: Was ist eigentlich der Sinn des Lebens?
Für viele ist es: Familie gründen, einen Partner finden, Freude erleben. Das sind alles Dinge, die mir bisher verwehrt blieben.
Meine Fragen an euch
- Was treibt euch an?
- Welche Ziele habt ihr im Leben?
- Was bedeutet es für euch, „wirklich gelebt zu haben“?
Für mich fühlt sich alles, was ich tue, nur wie ein sinnloser Zeitvertreib an. Die Stunden vergehen, bis ich wieder schlafen kann – und am nächsten Tag beginnt alles von vorn. Es fühlt sich an, als würde ich einfach nur die Stunden füllen, bis irgendwann der Tag X kommt. Kennt ihr dieses Gefühl?
Danke fürs Lesen.