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Ich will zum Therapeuten, aber was soll ich sagen?

Fuchsia
Hallo ihr Lieben,

mir geht es wirklich nicht gut. Jeder Tag ist wahnsinnig anstrengend, ich mag kaum noch das Haus verlassen. Nichts macht mir mehr wirklich Freude, ich fühl mich einfach leer. Ich hab das Gefühl ich enttäusch meine ganze Familie, ich bin immer noch etwas übergewichtig und krieg das kaum in den Griff. Ich esse teilweise tagelang nichts, dann hab ich wieder Binge-Attacken. Und lieg viel im Bett. Ich hab ein sehr gutes Abitur, hab danach aber zwei Studiengänge abgebrochen, musste wegen Umständen dann eine Ausbildung fallen lassen, dann hab ich eineinhalb Jahre im Call Center gearbeitet und mache jetzt eine schulische Ausbildung, was eigentlich ziemlicher Mumpitz ist, weil ich kein Fachabi brauche. Aber ich wollte endlich was in der Richtung machen. Meine Familie war natürlich trotzdem enttäuscht. Ich hab momentan einfach ständig Angst. Das schlägt mir auch auf den Magen, ich hab oft Magenschmerzen und muss brechen, wenn mir der Stress zuviel wird. Ich mache zwar zwangsläufig noch was mit Freunden, da ich in einer WG wohne, die aus meinem Freundeskreis besteht und wo oft Besuch da ist. Zudem hab ich einen festen Freund, der mir viel Kraft gibt. Aber ich merke, dass zuviel soziale Interaktion mich auslaugt. Ich liebe meinen Freund, aber er kann auch nicht alles in meinem Leben lösen und soll er auch gar nicht. Ich rede aber viel mit ihm. Und er ist auch der einzige, den ich die ganze Zeit um mich haben kann. Aber er hat eigene Probleme, kämpft selbst noch etwas mit Borderline. Vor ein paar Monaten hat er sich im Streit in den Arm geschnitten. Es war schwer für mich damit klar zu kommen. Er ist jetzt aber mittlerweile wieder in Therapie und dass wir das überwunden haben, hat uns auch sehr viel näher zusammen gebracht.

Aber sonst krieg ich alles soweit hin. Ich kümmer mich um meine Finanzen, den Haushalt, meine Anträge, mach dir ganzen Behördengänge, ruf auch schonmal bei Behörden für meinen Freund an, hab zumindest jetzt ne Ausbildung, gehe meiner Arbeit nach.

Ich hatte das früher beim Psychologen oft, dass ich total klar im Kopf war. Ich hab alles ganz rational gesehen und dachte dann So schlimm ist das alles gar nicht. Ich konnte dem Psychologen kaum erklären, warum ich da vor ihm saß. Ich kann halt gut 'funktionieren', das muss ich ja bei Familie und Arbeit auch. Da ist einfach so eine panische Angst, nicht ernst genommen zu werden. Ich glaub, es fehlt von meiner Seite vielleicht Vertrauen. Ich möchte wirklich gerne wieder in Therapie, weil ich ohne Hilfe langsam nicht mehr kann. Hinzu kommt nämlich leider noch eine Gras-Sucht, die ich derzeit aber runterfahre und mit Beginn der Ausbildung ganz kappen möchte. Ich hab einfach Angst dass ich wieder dort sitze und mir alle Worte fehlen und ich einfach nicht weiß wie ich es dem Therapeuten erklären soll. Was soll ich machen? Alles aufschreiben? Ist auch komisch, oder?


Danke an jeden der diesen langen, zusammengewürfelten Text gelesen hat. Ich hab einfach drauf los geschrieben. Meine Vergangenheit hab ich da jetzt mal rausgelassen, das würde zuviel Zeit in Anspruch nehmen und ich sehe das Meiste davon als verarbeitet an.

Ich hoffe jemand hat einen Ratschlag für mich, wie ich das angehen kann

Danke an alle!

Nati

08.08.2019 19:03 • x 3 #1


Cleofee
Doch, schreib es auf. Für Therapeuten ist es normal, dass da sprachlose Patienten vor ihnen sitzen. Du könntest auch nur Stichworte aufschreiben, an denen du dich dann langhangeln kannst. Ich konnte mich z.B. viel besser in Bildern ausdrücken. Also habe ich gemalt oder gezeichnet und meinem Therapeuten gezeigt. Du könntest auch deinen hier geschrieben Text ausdrucken und dem Therapeuten geben.

08.08.2019 20:46 • x 2 #2


A


Hallo Fuchsia,

Ich will zum Therapeuten, aber was soll ich sagen?

x 3#3


Fuchsia
Ja, ich zeichne auch. Manchmal auch sog. 'Vent-Art'. Vielleicht gar keine schlechte Idee. Es kostet alles nur viel Überwindung

08.08.2019 21:28 • x 1 #3


Hoffnung21
Hallo Nati

Du scheinst im Moment noch funktionieren zu können. Warte nicht ab, bis das nicht mehr geht. Geh zum Arzt, geh zum Therapeuten. Schreib das Thema für den Therapeuten, das dir in der Seele brennt auf, mal ein Bild dazu. Das sind schon mal ganz hilfreiche Tipps von Cleofee gewesen. Wir haben das in der Reha in Ergotherapie gemacht. Es gab ein Thema und wir sollten ein Bild dazu malen und darüber sprechen. Dabei geht es nicht um Kunst, ich bin da absolut unbegabt, es geht darum, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen und es in Worte zu fassen. Ich muss zugeben, das ist in der Gruppe leichter, weil man durch die Erklärungen anderer Patienten oft leichter Zugang zum sprechen findet, Ideen bekommt oder manches plötzlich versteht. Und sei es bloß der Gedanke, ich bin nicht allein. Du kannst das daheim mit den Zeichnungen für dich auch üben. Du kannst dir verschiedene Themen vornehmen wie deine Gefühlslage, Schlaflosigkeit, Einsamkeit, Dankbarkeit, Liebe, Hoffnungslosigkeit usw. Oftmals merkt man beim Zeichnen erst, ob einen das Thema betrifft.

Zur Ausbildung möchte ich noch was sagen. Eine schulische Ausbildung, die du grad machst als Mumpitz zu bezeichnen weil du dein Fachabi hast ist eine etwas unglückliche Einstellung für deinen Start. So wie Du psychisch drauf bist und mit 2 abgebrochenen Studiengängen ist es bestimmt besser, wenn du dich für eine Ausbildung entscheidest. Erstens ist dein Weg damit nicht zu Ende, und du kannst noch in alle Richtungen weitergehen nach der Ausbildung, denn du hast ja dein Fachabi. Zweitens, entschuldige wenn ich das jetzt so direkt sage, aber es ist eine Beleidigung für alle anderen, die diese Ausbildung machen. Nicht jeder hat das Zeug oder das Interesse, ein Abitur zu machen, ein Studium zu machen, vielleicht sogar noch weiter zu gehen. Aber JEDER dieser Menschen ist wertvoll. Bitte arbeite hier ein bisschen an deiner Einstellung, damit du einen guten Start hinlegen kannst.

Dass du an deiner Sucht arbeitest finde ich gut. Versuch da dran zu bleiben.

Und auch wenn ich etwas direkt war, JEDER Mensch ist wertvoll, auch DU, Vergiß das nicht!

LG Eis

09.08.2019 07:54 • x 1 #4


Fuchsia
Das war auch nicht als Angriff an andere gemeint, ich freu mich persönlich sehr auf die Ausbildung und die Themenbereiche. Es ist eher der äußere Druck, weswegen ich das meinte. Entschuldigung

09.08.2019 09:14 • #5


Fuchsia
Und ich würde nie jemanden den Wert absprechen, nur weil er einen anderen Weg einschlägt. Mein bester Freund hat Abi und hat eine Ausbildung als Konditor gemacht. Ich würde sogar sagen, er hats sehr viel mehr erreicht als ich, immerhin hat er was abgeschlossen und kann das auch sehr gut.

09.08.2019 09:19 • #6


Hoffnung21
Hallo Nati,

Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Der äußere Druck kann einen oft ganz schön verunsichern. Ich höre das auch oft. So nach dem Motto mit Abitur MUSS man doch studieren. Aber das ist halt nicht so. Man hat mit dem Abitur die Freiheit, in ALLE Richtungen zu gehen. Die idiotischen Meinungen, dass JEDER studieren sollte sind halt einfach Quatsch, man drängt die Kinder aufs Gymnasium, egal ob sie sich jahrelang nur durchquälen, Hauptsache man hat Abitur. Wie viele Kinder sind dabei nur unglücklich. Mich ärgert auch das Schlechtreden der Hauptschule, oder wie auch immer man sie gerade nennt. Das sind Kinder, die ihren eigenen Weg finden werden. Die Erfüllung eines Lebens hängt nicht davon ab, wie viel man verdient, sondern wie glücklich man ist (auch wenn natürlich Geld vieles leichter macht). Ich glaube, das wird Dir nahezu jeder hier im Forum bestätigen. Also mach das, was du schaffst, was du gern machst und wenn es sich in ein paar Jahren ändert kannst du immer noch umschwenken. Geh DEINEN Weg und hör nicht auf andere.

LG Eis

09.08.2019 09:43 • x 1 #7


Alexandra2
Liebe Nati,
Du könntest Deinen Post ausdrucken und mitnehmen zum Psychologen. Hast Du einen Termin?
Oder Du filterst die Dich am meisten drängenden Probleme raus, druckst sie aus und nimmst sie mit.
Dann hättest Du einen Anfang? Liebe Grüße Alexandra

09.08.2019 09:53 • x 1 #8


Fuchsia
Da trittst du bei mir offene Türen ein, ich sehs ganz genauso und finde es schade, dass manche Kinder (so ja auch ich zum Teil) denken sie wären was schlechteres weil sie kein Studium haben oder gar Abi. Ich bin bei mir in der Familie die erste die Abi hat, dementsprechend haben mir alle pausenlos eingeredet, dass aus mir ja mal was ganz großes werden muss. Nein, muss es nicht. Ich muss keine 4000Euro Netto im Monat verdienen um glücklich zu sein. Deswegen hab ich jetzt den kreativen Zweig eingeschlagen. Und selbst da:

Alle in meiner Familie lieben meine Bilder und lassen sich gern was malen. Dass ich jetzt aber beruflich was draus machen möchte ist dann wieder total unverständlich.

Um das Familienheil zu wahren, sag ich da nicht viel zu, wenn ich gefragt werde. Es tut aber schon weh, ständig zu hören, wie enttäuscht alle wären. Ich meine, alle sagten mir immer, dass mir mit dem Abi alle Türen offen ständen. Wo ist dann das Problem, wenn ich meine Tür wähle?

Ich hoffe auch sehr, dass sich das positiv auf meinen Zustand auswirkt. Die Arbeit im Call Center war psychisch zusätzlich sehr belastend, da in der Branche natürlich viel Druck herrscht. Deswegen bin ich erstmal froh, wenn Mittwoch mein letzter Tag hier ist. Aber ich hab Sorge, dass das Ändern meiner Lebensumstände nicht ausreicht. Die letzten Jahre hat sowas auch immer nur maximal ein paar Monate vorgehalten, dann ging es mir genauso mies wie vorher. Und das möchte ich diesmal unbedingt vermeiden, ich möchte diese Ausbildung unbedingt erfolgreich abschließen.

09.08.2019 09:57 • x 2 #9


A


Hallo Fuchsia,

x 4#10


Hoffnung21
Hallo Nati,

Das mit den paar guten Monaten hat nichts zu sagen, denn du hast deinen Weg bisher ja nicht gefunden. Wenn du die richtige Tür gewählt hast wird es besser. Zum Ändern deiner Lebensumstände ist die Therapie da. Dort wird das Schritt für Schritt geübt.

Gegenüber deiner Familie musst du dich durchsetzen, auch das kannst du lernen.

LG Eis

09.08.2019 12:22 • x 1 #10

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