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Das Gefühl der Ablehnung

MariaL
Es ist schon 13 Jahre her, seit ich meine erste große depressive Episode bekommen habe. Mit 3 ungelungenen Suizidversuchen hinter mir, habe ich dank der Therapien und Antidepressiva meine Stimmung durchaus stabilisiert. Aber die Depression ist immer noch da. Ich nehme schon seit 13 Jahren die Antidepressiva und es gab mindestens 4 schwere Episode in der Zwischenzeit.
Nun stelle ich mir die Frage, ob es irgendeinen Ausweg von diesem Teufelskreis gibt? Gibt es jemand, der diese Krankheit wirklich besiegt hat? Soll ich die Hoffnung haben, dass es mir irgendwann besser wird?
Es ist so schwer mit dieser Diagnose zu leben, besonders in einem Land/Umfeld wo die Menschen dadurch stigmatisiert werden. Ich kann meine Gefühle niemandem teilen. Deswegen fühle ich mich so einsam und zerbrochen. Ich habe den Eindruck, dass ich eine mangelhafte Persönlichkeit habe, dass ich nicht normal bin. Dieser Eindruck wurde von der Reaktion eines jungen Mannes noch verstärkt worden, mit dem ich in eine Beziehung eingehen wollte. Als ich ihm über meine Krankheit mitgeteilt habe, bekam er sehr enttäuscht und bedenklich. Er hat mir ganz direkt gesagt, dass er nicht sicher ist, ob er bereit ist damit zu leben. Seine Reaktion war wie ein Stich im Herzen, die mir noch mehr unsicher gemacht hat.
Ich wäre für jeden Ratschlag sehr dankbar.
Ich entschuldige mich, falls ich sprachliche Fehler gemacht habe, ich bin Ausländer und wohne nur für kurze Zeit in Deutschland.
Es wäre sehr schön, wenn wir unsere Erfahrungen teilen könnte. Wie klappt es ein privates Leben zu haben oder klappt es überhaupt?
LG

24.02.2023 22:08 • x 2 #1


regensburg68
Hallo Maria,
du schreibst so, dass dich hier alle verstehen können, keine Sorge.

Es hört sich so an, als würdest du nie ein Leben ohne Schwere führen können. Aber du sagst, deine Stimmung sei stabilisiert. Stabilisierung ist auch das, was du von Therapien und Medikamenten erwarten kannst. Depressionen und depressive Episoden begleiten viele hier (mehr oder weniger) ihr Leben lang. Auch, wenn es sich so anfühlt, du bist eben nicht alleine in dieser Welt. Teile dich mit, zieh dich nicht ganz zurück, suche nach Menschen, die dich verstehen können. Ohne zu erwarten, dass diese Menschen deine Probleme lösen.

Und ich habe andere Erfahrungen gemacht. Ja, viele Menschen verstehen nicht, mit welchen Einschränkungen Menschen mit psychischen Einschränkungen zu leben haben. Aber andere schon. Und das erfährst du eben nur, wenn du davon erzählst. Nicht allen, nicht zu allen Anlässen, aber eben dann, wenn du Interesse an deinem Gegenüber hast. Die Reaktion deines Gegenübers zeigt dir nämlich auch sofort, ob dein Interesse am Gegenüber Sinn macht. Wer ablehnend reagiert, kann gerade keinen wichtigen Platz haben in deinem Leben. Es ist gut, dies möglichst schnell zu wissen, um nicht Energie zu investieren, die du ja nur beschränkt hast. In der Partnerschaft ist es wichtig, dein Gegenüber nicht zum Therapeuten zu machen. Sag, dass du erzählen willst von deinen Einschränkungen, aber nicht erwartest, dass dein/e PartnerIn deine Probleme löst. So viel zur „Partnersuche“, die ist für „Gesunde“ oft auch nicht leichter.

Das Forum hier ist ein guter Platz, um Erfahrungen zu teilen. Herzlich willkommen.

25.02.2023 09:28 • x 1 #2


A


Hallo MariaL,

Das Gefühl der Ablehnung

x 3#3


Pilsum
Guten Morgen Maria.

Hier im Forum begrüße ich Dich.
Deine Situation kann ich verstehen. Andere hier im Forum werden ebenfalls wissen,wie Du leidest.
Mit Depressionen zu leben kann sehr belastend sein.
Welche Unterstützung durch Ärzte und Psychologen hattest Du bisher?

Zitat von MariaL:
Ich kann meine Gefühle niemandem teilen. Deswegen fühle ich mich so einsam und zerbrochen.

Vielleicht schreibst Du hier einmal etwas zu Deiner persönlichen Situation. Hast Du einen psychologischen
Berater oder Therapeuten, dem Du Dich mitteilen kannst?

Bernhard

25.02.2023 09:53 • x 2 #3


Pilsum
Zitat von MariaL:
Nun stelle ich mir die Frage, ob es irgendeinen Ausweg von diesem Teufelskreis gibt? Gibt es jemand, der diese Krankheit wirklich besiegt hat?

Ja, viele Menschen finden Wege, mit ihren Depressionen gut leben zu lernen. Einige schaffen es auch,
diese Krankheit so gut zu verstehen, dass sie sich davon nicht mehr belastet fühlen.

Zitat von MariaL:
Soll ich die Hoffnung haben, dass es mir irgendwann besser wird?


Ja Du kannst Hoffnung haben. Eine Depression ist jedoch eine Krankheit, die in der Regel nicht einfach
von allein besser wird. Depressionen brauchen die gedankliche Mithilfe der Betroffenen.
Dazu gehören.
Möglichst herausfinden, was die Depression ausgelöst hat.
Gibt es Menschen, die Dir geschadet haben?
Daran arbeiten und darüber sprechen, welche Gefühle im Kopf auftreten und die gehört werden wollen.
Mit psychologischer Unterstützung herausfinden, was Dich zufrieden machen kann.
Versuchen zu verstehen, wie Menschen miteinander auskommen. Was macht uns zufrieden und was eher nicht.

Es gibt also einiges, was Du besser verstehen lernen kannst und auch einiges, was Du selbst machen
kannst, damit es Dir irgendwann besser geht.

Zitat von MariaL:
Ich habe den Eindruck, dass ich eine mangelhafte Persönlichkeit habe, dass ich nicht normal bin.

Oft täuscht man sich dabei. Warum solltest Du eine mangelhafte Persönlichkeit haben?

Zitat von MariaL:
Wie klappt es ein privates Leben zu haben oder klappt es überhaupt?

Natürlich kann es gut klappen, ein zufriedenstellendes Privatleben aufzubauen.
Wie Du das schaffen kannst, das kann man nicht einfach beschreiben.
Oft ist dies ein langer Weg, der einige Geduld benötigt.
Am Ende aber lohnt es sich immer.

25.02.2023 10:10 • x 2 #4


Nuance
Schade, dass Du nicht mehr schreibst.
Mich hätten die Gründe für Deine Depressionen interessiert - soweit Du/man welche vermutet.
Gab es Auslöser für die Suizidversuche?
Und auch die Medikamenten-Geschichte.
Hast Du Psychotherapien gemacht?

Aber Grund für Deinen Post ist ein anderer...

Leider ist die Stigmatisierung in der Gesellschaft groß. Es ist wie ein Stempel, den man für immer hat. Und immer derselbe - obwohl Depressionen sehr unterschiedlich sind und es ein Auf-und-Ab sein kann.

Mir wird das immer klar, wenn es im TV um vermutete Suizide geht und dann die Info folgt, dass Depressionen im Spiel sind.

Ich denke auch, soweit Du es verbergen kannst, würde ich es nur Menschen erzählen, die es Dir überhaupt wert sind.
Der Mann hat scheinbar noch akzeptabel reagiert. Du solltest ihm zugestehen, wenn er es sich nicht zutraut. Es ist so vllt. sogar leichter zu verkraften als eine Trennung nach Monaten/Jahren.
Allerdings wäre schön, wenn er eine Freundschaft versucht hätte.
Partnerschaften ohne stabiles freundschaftliches Fundament haben langfristig ohnehin keine Chance.

Unter Tabletten stellt sich natürlich zudem die Frage nach Kindern. Eine Schwangerschaft unter Antidepressiva ist sicherlich nicht ideal - Folgen für die Kinder nicht abschätzbar.
Weitere Frage könnte sein, ob überhaupt eine Libido vorhanden ist bzw. Orgasmen möglich sind.
Wie wichtig Dir S. ist - und dem Partner. Letzteren geht es meist vor allem um S.. Deshalb die seltenen platonischen Freundschaften zu Frauen. Natürlich gibt es alles - aber dann muss man aktiv suchen.

Wenn sie ohnehin phasenweise nicht ausreichend helfen: Traust Du Dir nicht zu, sie - sehr langsam und vorsichtig - auszuschleichen? vielleicht neue ausprobieren...
Da Du Suizidversuche erwähnst, bin ich mir nicht sicher, ob der Vorschlag vertretbar ist.
Ich ahne, dass es mehrere sind und ich persönlich muss stets an die zu erwartenden Langzeitschäden denken...

Bald wird vllt. diese transkranielle Magnetstimulation von den Krankenkassen bezahlt. Es gibt gerade 2 Studien. vielleicht sucht man noch Teilnehmer.

Du schreibst nicht, ob Du sozial isoliert bist. Das solltest Du vermeiden.
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Leute kennenzulernen - dank Internet. Ich habe Spontacts ausprobiert. Leider ist hier bei mir nicht viel los. Aber in Großstädten, Ballungszentren schon. Man kann Leute kontaktieren, Gruppen beitreten und selbst gründen. Jedenfalls in Berlin gibt es eine Depressions-Gruppe mit sehr vielen Mitgliedern.
Das halte ich für interessanter, als Gruppen vor Ort. Man hat mehr Auswahl und kann anonym bleiben.
Und eine gute, tiefe Freundschaft - dazu muss man nicht am selben Ort wohnen.

Wenn man deprimiert ist, sind solche Enttäuschungen, Zurückweisungen natürlich sehr schwer zu ertragen.
Eine Pause kann man sich natürlich gönnen. Aber dann sollte man es erneut wagen. Und vielleicht hilft, daran zu denken, wie sehr es helfen würde, eines Tages den Richtigen/die richtigen Menschen gefunden zu haben.

25.02.2023 10:40 • x 2 #5


M
@MariaL

herzlich willkommen hier im Forum lass dir Zeit anzukommen alles kann nichts muss.
Schreib in deinem Tempo so wie du es möchtest und falls es Fragen gibt die du nicht beantworten möchtest
ist das auch in Ordnung.



Zitat von Nuance:
Schade, dass Du nicht mehr schreibst.



@Nuance

Maria hat sich gestern angemeldet vielleicht sollten wir ihr etwas Zeit lassen
gerade wenn sie aus einem anderen Kulturkreis kommen sollte ist es uU nicht so einfach sich mitzuteilen
auf die teilweise schon recht direkten Fragen.



Ich wünsche euch ein geruhsames Wochenende.

25.02.2023 13:03 • x 4 #6


MariaL
Hallo, ich möchte mich bei euch ganz herzlich bedanken. Durch eure Beiträge habe ich mich echt willkommen gefühlt. Als ich meinen Beitrag geschrieben habe, war ich tiefst deprimiert wegen der Reaktion auf mein Gestehen. Es fählt mir generell schwer über meine Situation mit anderen zu reden. Trotzdem ich habe mir Mut genommen und über meine Krankheit ernsthaft geredet. Eben deshalb hat es mir so weh getan, nicht angenommen zu werden. Ich verstehe natürlich, dass es für andere Menschen abschreckend sein kann, aber es ist schon bißchen verletzend, gerade für mich, weil ich sowieso ein ganz schlechtes Selbstbild habe.
Mittlerweile versuchen wir jetzt einander besser kennen zu lernen und unserer Beziehung ein Chance zu geben. Ich bin aber mir nicht sicher ob ich mit einer Person klar kommen kann, die mich nicht völlig akzeptieren kann.

06.03.2023 17:43 • #7


MariaL
@regensburg68 vielen Dank für die Rückmeldung. Mittlerweile habe ich gelernt mit meiner Krankheit zu leben. Trotzdem gefällt mir die Tatsache, dass ich ohne Antidepressivas nicht klarkommen kann, nicht wirklich. In der Zwischenzeit habe ich für 2 Jahre keine Antidepressivas genommen. Aber sobald ich mich mit einer sehr stressigen Situation (Trennung) einandersetzen musste, hatte ich keine andere Wahl und begann die Einnahme wieder.
Obwohl ich meine Situation als stabil bezeichne, es kommt oft vor, dass ich eine schlechte Stimmung habe, mich nicht wohl fühle, keine Hoffnung oder Energie habe. Deswegen finde ich, dass die Antidepressivas nicht wirklich helfen.

06.03.2023 17:52 • #8


MariaL
@Pilsum
Hallo Bernhard, Danke für den Beitrag und die Begrüßung.

Zitat:
Zitat von Pilsum:
Vielleicht schreibst Du hier einmal etwas zu Deiner persönlichen Situation. Hast Du einen psychologischen
Berater oder Therapeuten, dem Du Dich mitteilen kannst?

Seit Jahren habe ich verschiedene Therapeuten und Psychiater gewechselt. Momentan bin ich von einem Psychiater aufgehoben. Dennoch, ich nehme an keiner Psychotherapie teil. Bislang habe ich verschiedene Therapien ausprobiert und alle haben zu dem Zeitpunkt mir geholfen aus einer konkreten depressiven Phase rauszukommen. Da ich nicht die beste KV habe, kann ich mir die Therapie leider nicht leisten.
Was meiner persönlichen Situation angeht, es ist mir schwer zu erklären was genau der Auslöser meiner Depression war. Es gab mehrere traumatisierende Ereignisse in meinem Leben, die vielleicht dazu beigetragen habe:
1. Meine Kindheit habe ich in einer problematischen Familie verbracht, wo ich die ständige Konflikte zwischen meinen Eltern miterleben musste. Diese Konflikte waren leider manchmal mit der Gewalt begleitet;
2. Mit 17 hatte ich gegen meines Willen den Geschlechtsverkehr mit meinem ersten Freund. Ich traue mir bis jetzt nicht, es als Vergewaltigung zu bezeichnen;
3. Die unerwünschte Schwangerschaft habe ich mit der Abtreibung beendet. Das war der größte Fehler meines Lebens, den ich mir nicht verzeihen kann.
4. Nach einem Jahr hat meine Tante, die mich erzogen hat Suizid begangen.
Mit 21 habe ich drei Suizidversuchen gehabt. Nach der letzten Versuch, der schon ernsthaft war, wurde ich zuerst in der intensiven Station behandelt. Danach habe ich einen Monat in der psychiatrischen Klinik verbracht. Dort wurde ich zurück ins Leben gerufen. Seitdem nehme ich Antidepressivas, nur zwei Jahrelang habe ich keine genommen.

06.03.2023 18:32 • #9


A


Hallo MariaL,

x 4#10


Marylu
Hallo MariaL, ich würde eher sagen, dass sie Medikamente einem dabei helfen, dass es nicht wieder ganz so weit bergab geht, so geht es mir. Weg sind die Depressionen nicht, aber nicht mehr ganz so schlimm und das ist schon viel wert. Ich nehme sei 13 Jahren Antidepressiva und hab auch nicht vor, sie abzusetzen.

06.03.2023 18:32 • #10

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