Zitat von Michael808:Gleiche Menschen gesellen sich gern. Wenn (jetzt mal von mir aufgrund der Beschreibung angenommen) du und alle deine Freunde früher bei Frauen nicht ...
Ich entnehme Deiner Antwort, dass Du nicht glaubst, es handele sich um ein Phänomen, das besonders meine Generation betrifft.
Ich komme auf die Idee, dass es meine Generation besonders betrifft, weil meine Freunde und ich teilweise jahrelange Beziehungen hatten.
Die Partnerinnen sind uns aber von der Fahne gegangen und wir haben doof geguckt. An den Liebesliedern für unsere Partnerinnen kann es nicht gelegen haben - die waren großartig (naja - gerade in der vergangenen Woche einen Ordner mit alten Songs weggeworfen - die Lieder waren eher niedlich ).
Mein Freund und ich hatten es beide verpasst, Initiativ zu werden, was die Zukunftsgestaltung anbelangt. Wir dachten, dass sich das halt ergeben werde.
Dass es solche massiven Probleme zwischen den Geschlechtern an sich gibt, habe ich erst erfahren, als ich nach der Schule Zivildienst geleistet habe.
Vorher hatte ich halt eher die Erfahrung gemacht, dass es blöde und freundliche Jugendliche gab, weiblich wie männlich. Die Menschen, die mir besonders nah waren, waren Frauen. Der einzige Kontakt zu Ehemaligen aus meiner Schulzeit ist der zu meiner besten Freundin von damals. Klar habe ich die Macho-Verhaltensweisen meiner Mitschüler mitbekommen. Mit denen hatte ich aber keinen Umgang und meine männlichen Freunde von damals auch nicht.
Ich habe seinerzeit sehr viel Musik gemacht. Da war immer Teamarbeit angesagt und die Grenzen verliefen nicht entlang der Geschlechter. Jede und jeder hatte da seine genauso wichtige Position. Ja, die Bässe meinten immer, sie seien die Besten (das hat etwas genervt und war vielleicht ein Vorgeschmack?). Aber wenn wir für ein Bandprojekt eine Querflöte gebraucht haben, dann haben wir jemanden gesucht, der oder die Querflöte spielen konnte und freundlich war.
Vielleicht hing meine Unbedarftheit insgesamt eben genau mit meiner Freizeitgestaltung zusammen, bei der Frauen und Männer nicht voneinander getrennt waren, so wie es bei den einschlägigen Sportarten meist der Fall ist. So war ich auch so gut wie nie nur mit reinen Männergruppen unterwegs, in denen die Art und Weise über Frauen zu reden doch zeitweise recht derb daherkommt und den Nachwachsenden das als normal signalisiert wurde.
Während meines Zivildienstes Anfang der 90er, habe ich mit Erzieherinnen zusammen gearbeitet, die teilweise für mich seinerzeit sehr ungewöhnliche Lebensentwürfe hatten. Eine hatte sich von ihrem Mann getrennt, um mit ihrer neuen Lebensgefährtin in Dänemark zu leben, wo damals gleichgeschlechtliche Paare mehr Rechte hatten als hier. Eine andere hat in einer Kommune gewohnt und nur Teilzeit gearbeitet, weil sie nicht viel Geld brauchte nach eigenen Aussagen.
Ich bin in dieser Zeit das erste Mal damit konfrontiert worden, dass es (dort) Frauen gab, die Menschen ablehnen, alleine weil sie Männer sind. Das hat mir insofern zu denken gegeben, weil das in meinen Augen eigentlich freundliche Frauen waren.
Diese Zeit als Zivi hat mich in einer Phase meiner Entwicklung geprägt, als ich noch alles andere als fertig damit war, ein Rollenverständnis für mich zu entwickeln.
Als mir mein Mitbewohner im Studium gesagt hat, dass er Badminton spiele und Frauen ja eher Federball habe ich herzlich gelacht und dann erst bemerkt, dass er das tatsächlich ernst meinte. Da dämmerte mir erst so langsam, dass irgendwas nicht stimmt. Ich habe mich auch immer gefragt, warum es einen rosa Weihnachtsmarkt bei uns gibt und sich Lesben und Sch-wule dadurch doch abgrenzen, bis mir dann mal jemand gesteckt hat, dass gleichgeschlechtlich Besucher:innen des Weihnachtsmarktes angepöbelt werden. Da habe ich auch gebraucht, bis ich das kapiert habe. (Das Tolle ist, dass so gut wie alle, die ich kenne, wenn sie überhaupt auf den Weihnachtsmarkt gehen, auf den Rosa-Teil gehen, weil wir uns dort wohler fühlen - und so dieser Teil des Weihnachtsmarktes ein Zeichen setzt, nicht nur für die rosa Welt, sondern einfach für ein achtsames Miteinander.)
Αber es hat noch einige Zeit gedauert, bis ich richtig begriffen hatte, dass es strukturelle Diskriminierung von Frauen gibt und mich das auch betrifft, einfach nur, weil ich ein Mann bin oder weil ich eben auch so sozialisiert bin, dass ich unbedacht geschlechtsspezifische Muster aufrecht erhalte, die zu Benachteiligung führen können.