8

Weiß nicht, was ich vom Leben erwarten soll

W
(Der Text ist sehr lang und eher ein sich Aufregen und Auslassen.)

Ich habe fast mein ganzes Leben Depressionen gehabt. In der Schulzeit habe ich mich damit getröstet, dass es sicherlich besser wird, wenn ich erstmal aus dieser miesen Schule raus bin und mich von meinen Eltern entfernen kann. Meine Freunde waren das einzig Positive an dieser Zeit.

Nach meinem Abschluss musste ich aber erstmal bei meinen Eltern wohnen bleiben, eine eigene Wohnung war einfach zu teuer und eine WG wollte ich nicht. Die Ausbildung, die ich dann gemacht habe, hat mich an manchen Tagen mit Glück erfüllt und an anderen Tagen zur Verzweiflung getrieben. Außerdem habe ich zwar viele neue Leute kennengelernt, aber mich auch zunehmend unwohler bei meinen Freunden gefühlt. Wir hatten uns einfach auseinander gelebt.

In der Zeit habe ich eine Therapie begonnen und hatte auch das Gefühl, dass mir das sehr hilft. Ich habe gelernt, wie ich mit den verschiedenen Problemen in meinem Leben richtig umgehe und wie ich den Schmerz, den meine Eltern mir zugefügt haben, heilen lassen kann. Trotzdem war die Zeit schwierig. Entweder gab es Konflikte auf der Arbeit/in der Berufsschule, oder mich hat ein Streit mit Freunden runtergezogen, oder ich hatte Stress zuhause. Zwar immer nur eine oder zwei Sachen, und immer nur phasenweise, aber dennoch dachte ich mir, okay, und wann ist mein Leben mal schön und unkompliziert?

Dann war ich mit der Ausbildung fertig und wurde vom Betrieb übernommen. Ich kann ehrlich nicht sagen, ob ich das gut oder schlecht fand. Ich habe mich eigentlich sehr über die unbefristete Stelle gefreut, weil ich zum einen Angst vor einer Veränderung hatte, und zum anderen keine Energie und Motivation dafür, mich neu zu bewerben. Ich kannte ja in der Firma schon alles und mir wurde aufgrund meiner Leistungen auch in Aussicht gesetzt, dass ich mehr und vor allem interessantere Aufgaben bekommen würde und mich in der Firma auch etwas hocharbeiten könnte.

Andererseits ist die Arbeit ungeachtet der Aufgaben eher langweilig. Die Firma ist klein und wird auch nicht weiter wachsen. Der Chef macht so ziemlich was er will und fragt uns Mitarbeiter eigentlich nur nach unserer Meinung, damit es so aussieht, als hätte man Mitspracherecht. Mein Vorgesetzter übergibt mir immer mehr Aufgaben von ihm, und ich freue mich zwar über die Verantwortung, aber Spaß macht es mir nicht. Am Anfang meiner Ausbildung habe ich einen älteren, sehr talentierten Mitarbeiter gefragt warum er nicht unser Abteilungsleiter ist. Er meinte, dann ist man der Sündenbock für alles und macht nur noch den langweiligen organisatorischen Kram. Damit hat er Recht, weswegen mich eine höhere Position auch nicht mehr interessiert.

Ich will darauf hinaus, dass ich damals zugesagt hatte, weil es mir besser erschien als irgendwo neu anzufangen und ich bereue diese Entscheidung nicht, aber jedes Mal wenn mich auf der Arbeit was stört oder ich wieder merke wie perspektivenlos die Stelle eigentlich ist, frage ich mich ob es an der Zeit ist zu gehen und was ich eigentlich für eine Art von Arbeit will. Ich bin ja gefühlt nur gelangweilt und gestresst, nie zufrieden. Als ein ziemlich cooles Unternehmen in der Gegend Stellen ausgeschrieben hatte, war ich sofort Feuer und Flamme mich da zu bewerben. Es wurde aber nichts draus und damit hatte sich das Thema Jobsuche dann für mich auch erledigt.

Und dann wohne ich ja weiterhin mit meinen Eltern in einem Haus, was ich schon seit Ewigkeiten ändern will. Ich bin jetzt seit 2 Jahren auf Wohnungssuche und geklappt hat bisher nichts. Einmal stand ich kurz davor, einen Mietvertrag zu unterschreiben, aber dann wurde der Vermieter komisch und ich musste einen Rückzieher machen. Und da dachte ich mir auch, ehrlich gesagt, mir reicht es irgendwie. Die meisten Wohnungen waren überteuert, heruntergekommen, in einer schlechten Gegend oder mit der Hausverwaltung stimmte etwas nicht und allein der Bewerbungsprozess mit Selbstauskunft, Schufa, Gehaltsnachweis, mehrfachen Besichtigungen usw. hat mich einfach tierisch genervt.

Zwar rede ich immer mal wieder mit meinen Freunden über meine Probleme, aber wir verstehen uns eigentlich gar nicht mehr miteinander und deswegen fühle ich mich sehr einsam. Ab und zu komme ich zu Geburtstagsfeiern, weil es sonst unnötige Diskussionen gibt wenn ich absage, aber dann sitze ich halt ein paar Stunden am Handy und frage mich im Nachhinein, warum ich eigentlich keine Freunde mehr habe. Jeder Mensch, der mir mal was bedeutet hat, hat mich verlassen, und die die übrig sind, bedeuten mir nichts mehr. Und dann wäre da noch die Tatsache, dass keiner von ihnen mit ihrem Leben zufrieden ist und ich mir dann eigentlich nur denke, ich kenne keinen einzigen glücklichen Menschen, sollte ich mich einfach damit abfinden, dass ich wenigstens ein Dach über dem Kopf und einen stabilen Job habe?

Ich habe nach Ewigkeiten mit meiner Therapeutin drüber geredet, sie hatte so ihre Meinungen und ich meine, und letztendlich habe ich beschlossen, dass ich erstmal paar Wochen Pause mache und im Herbst weiter Wohnungen suche und wenn ich eine eigene Wohnung habe und mich da eingelebt, suche ich mir einen neuen Job. An sich ein guter Plan, aber die Tatsache ist halt, dass ich morgens aufstehe, realisiere wie unzufrieden ich bin, in Tränen ausbreche, mit jemandem darüber reden möchte aber nur noch eine einzige wahre Freundin habe die selbst überfordert ist, also schlucke ich meine Unzufriedenheit runter, gehe auf die Arbeit, frage mich 8 Stunden lang, ob das die richtige Entscheidung ist, hier zu sein, dann fahre ich nach Hause, bekomme irgendwelche dummen WhatsApp Nachrichten von Menschen, die ich gar nicht mag, schaue irgendeine Serie um mich vom echten Leben abzulenken und das war es dann. Das ist also das Leben?

23.07.2023 11:56 • x 2 #1


Fritz
Hi Wolkenschauer
Willkommen im Forum!
Ich bin für Kleinigkeiten sehr dankbar und bin sehr zufrieden geworden.
Außerdem bin ich davon überzeugt, dass die Depression meist nur ein Symptom ist und es noch weitere Auslöser gibt.
z. B. Angst vor der Zukunft, Angst, nicht gut genug zu sein, Angst vor der Angst, Vergebung, Herkunftsfamilie, Gegenwartsfamilie, Verletzungen in der Kindheit, usw. diese Auslöser sind sehr mächtig und können eine Depression auslösen oder verstärken!. Es lohnt sich, auch diese Auslöser zu bearbeiten.
Alles Gute!

23.07.2023 12:11 • x 2 #2


A


Hallo Wolkenschauer,

Weiß nicht, was ich vom Leben erwarten soll

x 3#3


Dys
Zitat von Wolkenschauer:
Das ist also das Leben?

Kurz gesagt ja, aber das muss ja nicht so bleiben. Verändern wird es sich unter Umständen trotzdem, selbst wenn Du auf (positives) wartest. Nur muss diese Veränderung dann eben nicht zwangsläufig positiv sein. Verändern kann man aber am besten das, was man selbst steuern kann. Erwarten alleine ist da eher passiv und im Grunde nicht zu beeinflussen.
Ich denke, es wird auch eher niemand eine Idee haben, was Du vom Leben erwarten „sollst“.
Ehre könntest Du fragen, was Du vom Leben erwarten kannst oder besser noch, was Du vom Leben erwartest. Dann könnte jemand anderes entweder deine Erwartungen dämpfen, was natürlich eher unangenehm ist, oder Dir Hilfestellung geben, wie Du deine Erwartungen idealerweise erfüllt bekommst. Noch besser, wie Du sie Dir selbst erfüllst.

Ein erster Schritt wäre meiner Meinung nach, einigermaßen zu konkretisieren, was Du tatsächlich willst und nicht was Du sollst. Und was Du erwartest (von Dir und Anderen) und nicht was Du erwarten sollst. Und natürlich, wie realistisch das Ganze ist.

23.07.2023 12:20 • x 1 #3


Bondgirl
Ich glaube in deiner Frage steckt schon das Problem.
Was du vom Leben erWARTEN sollst...
Dich stören verschiedene Sachen in deinem Leben. Diese werden sich nicht von alleine ändern. Dir wird kein Job und keine Wohnung zulaufen. Auch wenn du schon einen Anlauf gestartet hast etwas zu ändern, hast du irgendwann (aus welchem Grund auch immer) aufgegeben...
Was hält dich an deinem aktuellen Wohnort?
Wäre es eine Option irgendwo anders einen Job zu suchen wo vielleicht auch die Wohnungen nicht so teuer sind?

24.07.2023 14:59 • x 2 #4


W
Zitat von Bondgirl:
Diese werden sich nicht von alleine ändern. Dir wird kein Job und keine Wohnung zulaufen.

Das ist mir schon klar. Es geht aber darum, dass es in Anbetracht meiner Vorgeschichte schon eine krasse Leistung für mich war, überhaupt Bewerbungen zu schreiben und zu Wohnungsbesichtigungen zu gehen. Und jetzt habe ich einfach keine Energie mehr, allerdings auch keine Erfolge vorzuweisen und außer meiner Therapeutin und meiner einzigen Freundin sieht niemand das, was ich bisher geleistet habe, und wirft mir endlos vor wie faul ich bin und dass ich an all meinen Problemen ausschließlich selbst Schuld bin und überhaupt nicht genug tue.

Zitat von Bondgirl:
Wäre es eine Option irgendwo anders einen Job zu suchen wo vielleicht auch die Wohnungen nicht so teuer sind?

Darüber habe ich auch schon nachgedacht, aber fühlte mich dann von den Möglichkeiten erschlagen. Suche ich nur hier im Bundesland oder in ganz Deutschland? Wie organisiere ich den Umzug, wenn ich dann einen neuen Job habe? Was mache ich, wenn es dort keine Wohnungen gibt? Was soll ich machen, wenn mir die Arbeit nicht gefällt und ich wegen der Wohnung an der Ort gebunden bin?

Grundsätzlich fanden ich und meine gute Freundin die Idee super, aber es gibt einfach so viel zu bedenken und zu planen und ich muss ja auch erstmal Zeit für Bewerbungsgespräche finden. Und meine Therapeutin meinte wiederum, sie hat bei ihren Patienten eher schlechte Erfahrungen mit so umfangreichen Änderungen gemacht und es wäre vielleicht besser erst eine Wohnung außerhalb zu nehmen und dann meine Jobsuche in die Richtung auszuweiten; dann kann ich ja auch später noch näher an den Job ziehen.

24.07.2023 19:52 • #5


Alexandra2
Liebe @Wolkenschauer,
weise Anschuldigungen, Du wärst selbst Schuld, mit 1-2 Sätzen zurück. Z. B. Die Bemerkung ist unfair , was bildet du dir ein etc. Und dann versuchst Du die Kränkungen abzuschütteln.
Ich denke, mit schmaler Planung könntest Du etwas erreichen. Erst eine Bleibe finden.
Beim Umzug hast Du vielleicht Hilfe, höre Dich mal um. Oft genügt ein gemieteten Sprinter (zB günstig beim Baumarkt zu mieten), den jeder mit PKW Führerschein fahren darf.
Wenn Du umgezogen bist, geht's weiter mit der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.
In der Regel muß Dich der jetzige Arbeitgeber für Bewerbungsgespräche freistellen. https://www.google.com/search?q=Arbeitg...eie=UTF-8

Es könnte helfen, alle Gedanken aufzuschreiben und danach in Zeiträume einzuteilen. Dann siehst Du auch, wo Du stehst und ob die Gedanken Bestand haben.

24.07.2023 20:18 • x 1 #6


W
Ich weiß einfach gerade nicht, wo mir der Kopf steht.

Die letzte Wohnung wäre ja ein paar Städte weiter gewesen und das schien mir ein guter Kompromiss zu sein - nicht zu weit von meiner jetzigen Arbeit, aber nicht so nah dass ich im gleichen Kreis auf Jobsuche gehen würde. Eher klein und teuer, aber dafür nette Nachbarn und moderne Einrichtung.
Und dann hätte ich eben weitergeschaut, ob mir eine Stelle irgendwo anders zusagt oder ich meine Arbeit irgendwann so schrecklich finde, dass ich sage okay, jetzt würde ich alles nehmen solange ich hier weg komme.

Aber dann hat es mit der Wohnung nicht geklappt und ich habe meine ganze Motivation verloren. Und jetzt hinterfrage ich alles. Klar, mit meinem Job bin ich nicht zufrieden, aber das scheint keiner in dem Betrieb richtig zu sein und viele sind schon 10 oder 15 Jahre dabei. Ich kann überhaupt nicht sagen ob ich zu empfindlich und undankbar bin, oder ich mir das nur einrede. Und ob mein Plan jetzt so bleiben kann oder ob ich die Prioritäten doch anders legen soll.

Eigentlich ist meine Wohnsituation ziemlich eindeutig schlechter und bedrückender als meine Arbeitssituation, aber wesentlich schwieriger zu lösen.

Und ich glaube mittlerweile einfach, ich werde niemals Glück finden.

24.07.2023 20:48 • #7

Pfeil rechts




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag