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Vater ist sehr unterkühlt seit meiner Diagnose

O
Ein Hallo an alle,

ich bin seit fast einem Jahr an Depressionen erkrankt und habe es lange Zeit für mich behalten und nicht mit meiner Familie geteilt. Mittlerweile bin ich auf einem ganz guten Weg und habe immer mehr den Wunsch gehabt, meinen Eltern von meiner Krankheit zu erzählen. Psychische Erkrankungen sind in meiner Familie nichts Neues, da meine Geschwister bereits seit einigen Jahren mit psychischen Krankheiten leben.
Ich war wahnsinnig nervös, da ich nicht wirklich vorhersagen konnte, wie die Reaktion ausfallen würde. Meine Eltern sind durch meine Geschwister sehr dünnhäutig und schwer auf solche Themen zu sprechen. Meine Mutter hat wahnsinnig toll reagiert, worüber ich sehr froh bin! Mein Vater hingegen hatte erstmal das Bedürfnis mir zu erklären, dass meine Probleme ja total unnötig sind und ich meine Sorgen gar nicht haben muss. Es gibt ja noch Menschen mit richtigen Problemen (Wow, danke, da wird die Therapie gleich überflüssig)
Ich habe keinen Konflikt gesucht, ich habe nur oberflächlich erklärt, was für ein Problem ich ungefähr habe und dass ich keine besondere emotionale Unterstützung brauche, ich habe mein kleines Unterstützungsnetz und wollte sie nur daran teilhaben lassen. Ich würde mir nur wünschen, dass sie mich normal wie gehabt behandeln, da ich ja immer noch Ich bin.

Seit dem Gespräch vor 3 Tagen sieht er mich kaum noch an. Er spricht wenig mit mir und wenn, dann mit einem sehr gereizten Unterton. Für mich ist das schwer auszuhalten, da meine Angst insbesondere ist, dass Menschen mich nicht mehr mögen, wenn sie merken, dass ich krank bin. Das habe ich ihm auch mitgeteilt. Ich wohne nicht mehr Zuhause und fahre bald wieder. Ich dachte, wenn ich ein paar Tage bleibe und zeige, dass ich trotzdem Ich bin und meinen Kram erledige und einen halbwegs normalen Alltag führe (was eigentlich nicht immer geht), dass er dann damit besser klarkommt. Ich bin so dermaßen enttäuscht und fühle mich extrem wertlos. Ich habe Angst, dass dieses Verhalten weitergeht und ich ihn verliere. Ich wünschte so sehr, ich hätte nichts gesagt. Gleichzeitig fühle ich mich so schuldig, da ich vielleicht auch einfach zu viel von ihm erwarte.

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Haben sich eure Angehörigen/Freunde/Partner irgendwann daran gewöhnt, oder sind zentrale Beziehungen einfach kaputt gegangen?
Ich danke euch ganz herzlich, dass ihr eurch die Zeit nehmt, euch das hier durchzulesen!

08.04.2021 14:48 • x 2 #1


Blume71
Hallo OhneWorte,

ja - mir kommt das bekannt vor - auch beim Vater.

Wenn irgend etwas bei mir im Argen lag (bereits in der Kindheit) ignorierte er mich und war auch zeitweise schroff.

In einer Therapie konnte ich rausfinden, dass er nicht anders konnte bzw nicht in der Lage war Gefühle auszudrücken bzw ihn manches zu viel belastete und das sein Weg war damit umzugehen.

Könnte das hier ähnlich sein?
Bitte geb Dir keine Schuld und fühle dich nicht weniger gewertschätzt.
Du hast Dir das bestimmt nicht ausgesucht und niemand weiß, ausser Betroffene, wie stark wir manchmal sind und sein müssen.

Wäre es eine Möglichkeit, es offen beim Vater anzusprechen? Vielleicht braucht er auch noch ein bisschen Zeit?

Alles Gute Blume

08.04.2021 18:30 • x 2 #2


A


Hallo OhneWorte,

Vater ist sehr unterkühlt seit meiner Diagnose

x 3#3


111Sternchen222
Bei mir war es meine Mutter die es erstmal verknusen musste und lieber leugnen wollte das ihr Kind eine psychische Störung hat. Als unser Hausarzt ihr dann erklärt hat, dass der Hirnstoffwechel aus den Fugen geraten ist, konnte sie es plötzlich annehmen und dann war auch die Beziehung wieder besser.
LG Sternchen

08.04.2021 20:52 • x 3 #3


R
Hallo ohneWorte,
mir ist es am Anfang sehr schwer gefallen zu meiner Erkrankung zu stehen, da ich mich dafür geschämt habe.
Ich finde es total schön, dass du ein Netz von Menschen um dich hast denen du vertrauen kannst und die zu dir stehen.
Das mit deinem Vater ist sehr schade, aber ich denke auch, vielleicht braucht er noch ein bischen Zeit um es zu verdauen. Das wünsche ich dir zumindest.
Es ist gut, dass du nicht mehr zu Hause wohnst und dadurch nicht ständig damit konfrontierst wirst.
Ich verstehe dass du dich wertlos fühlst, das würde ich wahrscheinlich auch an deiner STelle, aber ich möchte dir sagen, dass du wertvoll bist und dass etwas bzw. jemand fehlen würde, wenn es dich nicht gebe.
Bei mirist es leider so, dass meine Schwester den Kontakt zu mir abgebrochen hat, weil ich nicht mehr so funktioniere wie sie es sich wünschen würde. Das war am Anfang sehr schmerzhaft für mich, aber mitlerweile habe ich gelernt, dass das ihr Problem ist und ich damit eigentlich gar nichts zu tun habe.
Ich habe mal einen schönen Spruch gelesen der mir diesbezüglich geholfen hat:Menschen die selbst verletzt sind, verletzen andere.
Eines möchte ich dir gerne noch schreiben, jeder Mensch ist anders und was für den einen gar kein oder kaum ein Problem ist, das kann für den anderen ein riesen Problem sein. Ich möchte damit sagen, dass deine Probleme wichtig sind und dass es gut ist, dass du sie ernst nimmst.
Alles Liebe für dich, Robbe

09.04.2021 19:39 • x 4 #4


O
Liebe Blume,

vielen Dank für deine Antwort! Ja, was du beschreibst klingt sehr ähnlich zu dem, wie ich es im Zusammenhang mit meinem Vater erlebe. Er kommt schätze ich aus einer Generation, in der es noch viel verpönter war, über negative Gefühle und Gedanken zu sprechen. Ich versuche es daher nicht zu persönlich zu nehmen, aber das klappt halt mal mehr und mal weniger erfolgreich. An guten Tagen weiß ich auch im Grunde, dass er mich lieb hat

Ihn darauf anzusprechen halte ich nicht für möglich. Ich habe das Gefühl, dass er so abgeschottet ist von seinen eigenen Gefühlen, dass es ihm sehr schwer fällt andere, oder hier speziell meine nachzuempfinden und sich dafür zu öffnen. Ich werde erstmal abwarten und ein bisschen Zeit vergehen lassen. Sollte es beim nächsten Mal immer noch so unterkühlt sein, werde ich aber schon nochmal das Gespräch suchen.

Ich danke dir für deine lieben und aufmunternden Worte!
Viele Grüße

11.04.2021 09:09 • x 1 #5


O
Hallo 111Sternchen222,

danke für deine Antwort
Vielleicht wäre das eine Möglichkeit, es ihm zu erklären. Für eine Gefühls-Ebene scheint er einfach gar nicht offen zu sein. Auch nach den Erkrankungen meiner Schwestern, die deutlich schwerwiegender sind als meine es jetzt ist, hat er glaube ich nicht verinnerlichen können, dass es sich dabei um Krankheiten handelt und sich keiner bewusst dafür entscheidet. Er ist der Meinung, man könne sich für das Glück entscheiden, was bestimmt irgendwo nicht falsch ist, aber halt in solchen Fällen absolut nicht zutrifft. Daher könnte es vielleicht wirklich ein Ansatz sein, es auf einer chemisch-biologischen Ebene zu probieren.

Ich danke dir herzlich!

11.04.2021 09:14 • x 1 #6


O
Liebe Robbe,

es tut mir sehr leid, dass deine Schwester keinen Kontakt mehr zu dir haben möchte. Genau das sehe ich bei meinem Vater auch. Ich war immer die, die funktioniert hat, die alles gemacht hat, die um alles gebeten werden konnte und dabei noch gelächelt hat. Daher ist es bestimmt ein Schock gewesen von meiner Erkrankung zu hören, die nicht zu dem passt, was er immer gesehen hat. Er legt wahnsinnig viel Wert aufs Funktionieren, weshalb ich immer Angst hatte zu zeigen, dass ich das nicht immer kann. Es ist einfach schwierig, wenn der Wert eines Menschen immer daran gebunden ist, wie gut er funktioniert! Dass Stärke immer mit Produktivität und Fröhlichkeit verbunden wird...Dabei erfordert es wahnsinnig viel Stärke, sich mit den eigenen Problemen und Gefühlen auseinanderzusetzen und diese dann auch noch mit anderen zu teilen. Es ist daher so schade, dass wir und viele andere sich so lange für ihre Erkrankung schämen oder geschämt haben.

Ich freue mich, dass du mit dem Kontaktabbruch einen kleinen Frieden schließen konntest. Deine Worte sind wirklich sehr wertvoll für mich und ich danke dir ganz herzlich dafür! Deinen Spruch werde ich mir auf jeden Fall zu Herzen nehmen

Viele Grüße!

11.04.2021 09:30 • #7


buddl1
.... was ich gelesen hab, es macht nachdenklich und lässt mich fragen:
wenn man sich outet, muss man dann erwarten, dass gerade die Menschen einen doch verstehen müssten, die einem so nahe standen/stehen?
ich denke, nein, sind es doch jene die bisher nur eben den Sonnenschein in uns sahen, all das Gute, das Erlebte und all der Austausch, wenn man Leid und Freud miteinander teilte
und nun,
Abstand, Wortkarg, Distanz, keine Nähe,
warum?
Ja, man ist anders geworden, fremd und keiner möchte mit einem in die Tiefe gezogen werden
und wenn man versucht zu erklären, nichts was man fassen, zeigen oder sehen kann.

ist da die Erwartungshaltung so groß,
dass man fordert?
Sie schweigen auch, weil ihre Wahrheit uns krängen würden,
sogar verletzen und nicht helfen können,
sie,
sie stecken nicht in unseren Kopf, sind überfordert.
Erinnern sich, dass wenn man gefallen,
ein Kuss, ein tröstendes Wort reichte, die Tränen versiegen zu lassen,
es morgen wieder ein sonniger Tag wurde, trotz dunkler Wolken, weil es uns gab.
Aber nun,
wir sind groß, schlagen uns mit unseren Dämonen, die kein andere sehen kann und will,
sie es schwer haben es zu akzeptieren, dass wir mehr brauchen, was nicht immer beschreibbar ist.

der vollzogene Abstand, zu mehr Einsamkeit führt,
wir schweigen lieber, als uns weiter zu offenbaren und
ziehen uns zurück
und fanden solch eine Ort,
hier.
Buddl1,

18.04.2021 08:43 • x 1 #8

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