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Umzug trotz Depression?

W
Hallo alle zusammen!

Folgendes ist mein Problem:

Ich stehe seit einiger Zeit vor einer relativ großen Lebensentscheidung. Und zwar wohne und arbeite ich momentan in Köln, werde nun aber voraussichtlich nach Wien oder Berlin ziehen, da ich dort an zwei großen Filmunis angenommen wurde.

Und damit kommen wir auch schon zum Kern des Problems. Seit Anfang Juni quäle ich mich mit der Frage herum, was ich machen soll - wohin ich gehe. Bis jetzt ist es mir nicht gelungen eine für mich zufriedenstellende Antwort darauf zu finden, und mittlerweile, wahrscheinlich durch den permanenten Stress und Druck den ich mir damit gemacht habe, bin ich wohl in eine mehr oder weniger schwere Depression reingerutscht. Ich habe seit Ende Juli nicht mehr als 4 Std. pro Nacht geschlafen, wache immer super früh auf und direkt beginnt das Gedankenkreisen, habe kaum Appetit, keine Motivation für irgendwas und insgesamt stark das Gefühl den Kontakt zu mir selbst verloren zu haben.

Ich bin gerade an dem Punkt, wo ich mich frage, ob jetzt gerade ein Umzug und der Beginn des Studiums überhaupt so viel Sinn macht. Weil in der Verfassung in der ich jetzt gerade bin, habe ich nicht das Gefühl, die Kraft für dieses Studium und auch alles was damit einherkommt (Umzug, Einleben in neuer Stadt, Leute kennenlernen) nicht aufbringen zu können.

Gleichzeitig denke ich mir aber auch, dass genau das, diese feste Struktur die man da dann auch hätte, neue Leute etc. vielleicht auch genau das ist, was einen ein bisschen da rausholen kann.

Was meint ihr?

30.08.2022 09:35 • #1


aurora333
Liebe@WukongZ, ja da steckst Du in einem grossen Dilemma ( ich nehme jetzt mal an, dass beide Unis attraktiv sind, Berlin und Wien ?), und da macht es Sinn, dass Du zerrissen wirst, was dann verständlicherweise zu Depressivität führen kann. Denn wer auf diese Weise gelähmt ist, bringt auch den Gedanken an grössere Lebensveränderungen in Not. Selbst wenn ein Teil in einem so wie Du all die Vorteile im Abenteuer sehen kann. Ich kenne das von mir selbst, es ging mir einmal genauso. Was mir half, war eine Psychotherapie...wo ich dem Für und Wider mit Hilfe eines professionell Aussenstehendes auf die Spur kommen konnte. Vielleicht könnte das auch Dich aus der Sackgasse bringen ?

30.08.2022 10:17 • #2


A


Hallo WukongZ,

Umzug trotz Depression?

x 3#3


Wuslchen
Hallo lieber @WukongZ,

Zuerst einmal Glückwunsch, dass du angenommen wurdest und dir die Uni auch noch aussuchen kannst! Klar, das stellt dich jetzt zwar vor ein Problem, aber ganz davon abgesehen ist es eine coole Sache.

Es gibt jetzt natürlich eine Menge zu überlegen.
Du wohnst und arbeitest derzeit in Köln - wie verwurzelt bist du da? Ist alleine die Qual der Wahl Grund für deinen derzeitigen Zustand oder kommt auch noch hinzu deinen aktuellen Freundeskreis zu verlassen? Warum hast du dich überhaupt wegbeworben? Sprich, wie ernst ist es dir mit dem Studium? Und das ist keinesfalls angreifend gemeint, sondern etwas, das nur du dir selbst beantworten kannst, auch wenn genau das für dich gerade so schwer ist.
Wie leicht fällt es dir neue Kontakte zu knüpfen? Glaubst du, du findest in der neuen Stadt schnell Anschluss? Wenn das so ist, dann kann es dir nämlich auch Kraft geben die Menschen und die neue Stadt kennenzulernen. Das ist zwar anstrengend, aber eben eine Typfrage, denn manch einem schenkt so etwas auch Energie.
Du denkst da seit Monaten drüber nach, also wirst du vermutlich schon Pro und Contra Listen erstellt haben. Ich bin auf jeden Fall ein Fan von sowas und empfehle es jedem. Visualisiert auf dem Papier vor mir ist es noch einmal eine ganz andere Sache als rein im Kopf. Und dann noch eine Idee: es gibt ja heutzutage genug Möglichkeiten sich vorab ein Bild von den Städten zu machen. Schau dir Bilder an und stell dir vor wie es sich anfühlt dort zu sein. Was löst das in dir aus, was kannst du dir vorstellen, wo siehst du dich eher? Und zwar weg von der Uni, mir geht es da um dein Privatleben, deine Interessen, Hobbys. Wo sagt dein Bauch, dass es sich besser anfühlt?

Und was würde passieren, wenn du dich dagegen entscheidest? Wenn du in Köln bleibst, wie sieht es dann aus? Und wie fühlt sich der Gedanke für dich an?

So akut wären mir gerade zwei Dinge am wichtigsten:
1. mal ganz weg von allen anderen Gedanken/Problemen/Eventualitäten: wie sehr willst du dieses Studium? (Diese Frage ist nicht gedacht hier beantwortet zu werden, sondern nur für dich.)
2. schreib dir abends vor dem einschlafen noch alles von der Seele, was gerade in dir tobt, denn was aufgeschrieben ist, ist schon einmal ein bisschen raus aus dem Kopf und kann zumindest dazu beitragen, dass du vielleicht wieder besser schläfst. Oder du quatschst es in eine Audiodatei, Hauptsache es ist nicht mehr dieser unübersichtliche Gedankenbrei, sondern einmal klar überlegt, ausformuliert und aus dir rausgebracht.

Als letztes bleibt dein derzeitiger Zustand. Ich würde dir ja am liebsten sagen versuch mal ein paar Tage gar nicht daran zu denken, aber das ist halt nicht so einfach. Vielleicht kannst du ja etwas unternehmen, das dich wirklich mal gut ablenkt für eine gewisse Zeit. Und ansonsten hilft rausgehen, spazieren und sei es nur, dass du einmal um den Block schleichst. Frische Luft und ein bisschen Bewegung bringt auch dein Inneres wieder mehr in Bewegung. Vielleicht hast du einen guten Freund, den du bitten kannst, dich alle zwei oder drei Tage mal liebevoll zu treten?
Und steh dir auch Durchhängtage zu. Es ist ok matschig dazuliegen, wenn es einem so mies geht. Wenn ein Tag kacke war, dann war das so, ok. Kannst du nicht mehr rückgängig machen und dich dafür zu verurteilen bringt dir gar nichts, sondern macht es nur noch schlimmer. Heute war furchtbar, dafür habe ich morgen eine neue Chance.

Und auch wenn das vielleicht erstmal komisch klingt, wäre die Telefonseelsorge eine Idee. Da sitzen Leute, die dich nicht kennen, die neutral sind, die aber Krisen bei den Menschen kennen und ihre eigenen Gedanken und Sichtweisen dazu anbringen und dadurch in dir neue Gedanken anregen können. Ohne dich oder irgendetwas von dir zu bewerten. Einen Versuch ist es allemal wert, finde ich.

So, das war jetzt lang, aber das ist halt auch ziemlich individuell und komplex. Ich habe hier jetzt einfach alles reingeworfen, was mir dazu in den Sinn kam, schmeiß weg und vergiss, was für dich totaler Quatsch ist. Aber ich hoffe ich habe dir die ein oder andere Anregung geben können und wünsche dir viel Erfolg, dass du für dich zu einer guten Entscheidung kommst!

Alles Gute
vom Wuslchen

30.08.2022 12:04 • x 1 #3


W
@aurora333 und @Wuslchen

Wow, vielen vielen Dank für eure fixen Antworten! Da sind glaube ich wirklich für mich sehr viele, sehr wertvolle Sachen mit dabei!

Und danke dafür, dass ihr (obwohl es ja eigentlich so eine absurde und glückliche Situation ist) so viel Verständnis dafür habt!

Ja es ist tatsächlich so, dass die Unis an sich vom Renommee her sich nicht viel nehmen. Sie haben aber ein wenig verschiedene Lehransätze, wobei mir der in Wien persönlich besser gefällt.

Und ja ich habe tatsächlich letzte Woche schon mal mit einem Psychotherapeuten gesprochen und werde es morgen nun auch nochmal tun. Hilft auch dabei, die Gedanken zusammen mit einer komplett unabhängigen Person ordnen zu können.

[quote]Du wohnst und arbeitest derzeit in Köln - wie verwurzelt bist du da? Ist alleine die Qual der Wahl Grund für deinen derzeitigen Zustand oder kommt auch noch hinzu deinen aktuellen Freundeskreis zu verlassen?[/quote ] Da ist es so, dass je näher jetzt der Umzug rückt (Studium würde im Oktober losgehen), desto mehr spüre ich natürlich auch die Qual meine Kreise hier zu verlassen. War etwas wo ich ganz am Anfang gar nicht so viel drüber nachgedacht habe, aber wo ich jetzt merke, dass es mir schon sehr wichtig ist.

Ist jetzt halt so ein zusätzlicher Ballast aber grundlegend war das, was mich in diese Position gebracht hat, wirklich die Frage ob A oder B. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass wenn ich nur eine Option gehabt hätte, ich ziemlich schnell gesagt hätte Ja gut mach ich, ich probier das mal aus, da ich grundlegend (bevor ich mich so gefühlt habe, wie ich es jetzt gerade tue) schon eher eine abenteuerlustige Person war.

Die Frage mit wie ernst mir das Studium ist, finde ich auch wirklich sehr interessant! Weil es ist wirklich so, dass das mit dem Bewerben etc. mehr so ein Ausprobieren als ein Das ist mein Traum und das will ich auf alle Fälle machen war. Hatte in dem Zeitraum einfach etwas Zeit und hatte dann so die Einstellung Joa wieso eigentlich nicht, ich probier das mal aus.

Und ich glaube auch nach wie vor dass ich sehr viel aus diesem Studium mitnehmen könnte und dass es mir großen Spaß machen würde, aber gleichzeitig merkt man jetzt halt auch so ein wenig, was man dafür auf der anderen Seite auch alles aufgibt.

Normalerweise kann ich relativ gut und schnell Anschluss zu anderen Menschen finden, wie es aber jetzt gerade, in meinem aktuellen Zustand ist, weiß ich nicht...

Weg von der Uni, fühle ich mich tatsächlich bei dem Gedanken wohler nach Berlin zu gehen. Weil ich da schon mehr Freunde habe, es näher an Köln und auch an meiner Heimat ist etc. Glaube das ist Problem was ich gerade habe, ist auch so ein wenig dadurch entstanden, dass ich mich schon wohl gefühlt hatte damit, nach Berlin zu gehen und dann aber gemerkt habe, dass das Studium in Wien halt eigentlich genau das ist, was ich machen will.

Und in Köln zu bleiben fühlt sich natürlich auch erstmal gut an, weil es halt das ist was ich kenne, wo ich mich wohl fühle etc aber ich glaube der Drang es zumindest ausprobiert zu haben, ist dann irgendwie doch größer. So gesehen kann ich auch in einem halben Jahr wieder zurück nach Köln, falls es mir gar nicht gefällt.

Und ja das mit ein paar Tage mal gar nicht drüber nachdenken, habe ich tatsächlich schon immer mal wieder in dem ganzen Prozess gemacht, und es hat mir tatsächlich auch immer sehr geholfen aber mittlerweile muss leider wirklich mal ne Entscheidung her, auch aus pragmatischen Gründen mit Wohnungssuche etc.

Das mit dem vorm Schlafengehen alles aufzuschreiben werde ich auch beherzigen! Mittlerweile bemerke ich den Schlafentzug auch wirklich stark im Alltag und ist etwas, was mich sehr belastet.

Insgesamt bin ich gerade schon eher davon überzeugt, dass mir der Umzug doch helfen würde, aus meinem aktuellen Zustand rauszukommen. Klar der nächste Monat würde mit dem Ganzen Organisatorischem nochmal hart werden aber danach denke ich schon, dass mir das neue Umfeld, neue Leute, geregelter Tagesablauf etc dabei helfen würde.. Bleibt natürlich trotzdem noch die Frage wohin...

So oder so vielen vielen Dank nochmal für die Antworten! Wirklich super hilfreich!

30.08.2022 13:15 • x 2 #4


Wuslchen
Freut mich, dass du ein bisschen was für dich da rausziehen konntest!

Wenn du magst, dann erzähl doch ein bisschen wie das Gespräch mit dem Therapeuten war, ob aufschreiben vor dem schlafen gehen hilft und halte uns allgemein auf dem Laufenden - mich interessiert es sehr wie du dich am Ende entscheidest. Denn irgendwie klingt alles gut, aber ich bin neugierig; denn ich habe so ein Gefühl und fände es spannend zu erfahren, ob ich das richtig eingeschätzt habe.

31.08.2022 21:35 • x 1 #5


W
Hello!

Das Gespräch mit dem Therapeuten war so mittelmäßig. Kam mir so vor, als würde er mir nur sagen, was alles nicht mit mir stimmt aber ohne irgendwie zu erwähnen, wie er mir konkret helfen kann und wie ich da wieder rauskomme. Hab jetzt trotzdem über die nächsten zwölf Wochen eine Akutbehandlung mit ihm abgemacht, da er auch meinte, dass er das bei mir als dringend nötig erachtet.

Ein bisschen die Gedanken vor dem Schlafengehen loswerden hilft auf alle Fälle! Mache das meist über Sprachmemo, aber ja ist schon gut dafür um alles ein wenig zu ordnen. Was mir glaube auch sehr gut tut, ist das Diazepam abgesetzt zu haben. Ersten Tage waren relativ hart aber jetzt fühl und schlaf ich wieder etwas besser.

Tatsächlich ist es so, dass ich kurz davor war beides abzusagen, bzw um ein Jahr zu verschieben und dafür in Köln zu bleiben. Nach einem Gespräch mit zwei engen Freunden von mir, entschied ich mich jedoch dann dafür doch nach Wien zu gehen.

Und nachdem sich dass auch anfangs sehr gut angefühlt hat, kamen gestern doch wieder große Zweifel dafür bei mir auf. Ich habe halt einfach das Gefühl, dass mir die Freundeskreise die ich in Berlin habe und die örtliche Nähe, sowohl zu Köln als auch zu meiner Heimat, doch wichtiger sind, als dass das Studium in Wien vielleicht etwas besser zu mir passt... Fühle mich gerade auf alle Fälle leider echt nicht gut mit der getroffenen Entscheidung.

03.09.2022 18:27 • #6

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