Tagesklinik wirklich sinnvoll oder mehr Abstand notwendig?

B
Hallo!

Eure Erfahrungen würden mich sehr interessieren.

An diejenigen, die mal in einer Tagesklinik waren: hattet ihr (währenddessen und auch im Nachhinein) das Gefühl, in dieser Zeit ausreichend aus eurem bisherigen Alltagssumpf herausgenommen zu sein? Mal platt formuliert: kamt ihr in dieser TK-Zeit voll auf andere Gedanken?? Oder war abends zuhause beim Blick in den Briefkasten, am PC oder überhaupt in der vertrauten Umgebung erst mal wieder alles wie immer und zurück auf Nullstellung ...?

An diejenigen, die *stationär* in einer Klinik waren: meint ihr, dass dieses völlig rausgerissen sein aus dem bisherigen Leben unverzichtbar, wichtig und ganz entscheidend war?


Mein Thera hat mir inzwischen kapitulierend einen stationären Klinikaufenthalt empfohlen. Tagesklinik sei nicht verdichtet genug: ich weiß, was er meint und stimme ihm eigentlich zu. Allerdings scheidet stationär für mich kategorisch aus, solange mein Haustier noch lebt. (Ehemals Pflegefall aus dem Tierheim, längst intensive gegenseitige Fixierung aufeinander - und die Vergangenheitserfahrung, dass das Tier bei meiner zwei/drei-Tage Abwesenheit schon einknickt, was für ihn nicht ganz unbedrohlich ist... - Geht nicht; das will und *kann* ich nicht!!)

Ich bin überzeugt, dass Tagesklinik um Welten besser ist, als gar keine Hilfe zu suchen. Ich zweifle nur etwas daran, ob die Eindrücke und Veränderungen stark genurg sein würden, um gedanklich und gefühlsmäßig wirklich anders drauf zu kommen (?) Aber ich sehe es als einzigen im Moment praktikablen Weg - und Wege muss man im Zweifelsfall probieren und beschreiten, um zu sehen wo man ankommt ...

LG und so,
byron

24.10.2012 22:38 • #1


Sarah
Hallo byron,

mit Erfahrungen zu einer Tagesklinik kann ich nicht dienen. Denn ich bin genau aus dem von dir genannten Grund vollstationär gegangen. Und nach der Empfehlung meines Therapeuten auch nicht in Berlin, wo ich damals wohnte, sondern 300 km entfernt in Göttingen. Und ich kann für mich sagen, dass es genau die richtige Entscheidung war! Denn so war ich wirklich raus, konnte nicht zwischendurch mal im Büro vorbei gehen und hallo sagen, mich dann doch noch zwischendurch für den Verein einspannen lassen etc.

Was für mich aber der größte Gewinn an einer vollstationären Therapie war: gerade durch die freien Abende und Wochenenden hat man sehr viel Kontakt zu seinen Mitpatienten aufbauen können. Und gerade dieser Kontakt und die Freundschaften, die sich daraus entwicklet haben, waren für mich glaube ich die wirksamste Therapie. Eine Mitpatientin war auch erst in der TK der gleichen Klinik und ist dann zu uns auf Station gewechselt und hat das auch genau so beschrieben.

Wegen deines Tieres: es lässt sich alles organisieren. Als ich in die Klinik gegangen bin hatte ich zwei Kaninchengruppen: ein Pärchen, wobei er zu der Zeit einen nach außen offenen Kieferabzess hatte, der zweimal täglich gespült werden musste und einmal in der Woche vom Tierarzt kontrolliert. Und eine Dreier-Gruppe mit einem Trümmerchen: Shanti brauchte zweimal täglich ein Herzmedikament, einmal täglich inhalieren gegen den chronischen Schnupfen und alle 4 Wochen zum TA zur Zahnkorrektur. Aber ich habe trotzdem 2 Stellen gefunden, die einen Teil ihres Wohnzimmers beziehungsweise den kompletten Wintergarten für 12 Wochen zur Verfügung gestellt haben. Man muss ein bisschen suchen, aber es kann klappen!

LG

Sarah

25.10.2012 06:51 • #2


A


Hallo byron,

Tagesklinik wirklich sinnvoll oder mehr Abstand notwendig?

x 3#3


Eisbärchen
Hallo Byron,

ich war 2 Monate stationär in der Klinik - trotz damals 2 1/2 jährigem Sohn. Es war eine offene Station, d.h. ich hatte die Chance, ausserhalb meiner Therapien auch nach draußen zu gehen und meinen Sohn zu betreuen. Das war mir sehr wichtig, auch wenn ich im Nachhinein denke, dass ich mich zu viel um das Leben ausserhalb gekümmert habe. Aber gut, es war für mich auf alle Fälle sehr hilfreich, dort gewesen zu sein.

Ich wünsche Dir, dass Du die für Dich richtige Entscheidung triffst. Versuch, mal in Dich hereinzuhören und zu verstehen, was Dir gut täte und was Du brauchst. Alles andere lässt sich vermutlich organisieren, auch wenn Du jetzt nicht daran denken magst.

Alles Gute!
Eisbärchen

25.10.2012 13:43 • #3


Pandoras
Hallo byron!

Ich war schonmal in einer Tagesklinik. Aber aufgrund meiner sehr großen Probleme mit dem Aufstehen morgens und meiner großen Schwierigkeiten mit meinem Tagesrhytmus allgemein, musste ich es leider nach 2 Wochen ungefähr wieder abbrechen. Weil ambulante Maßnahmen einfach bei mir nicht greifen durch die Problematik. Aber wirklich eine Veränderung habe ich dort nicht erfahren in meinem Befinden etc.
Da ich ja dann immernoch zuhause war und nicht dauerhaft in dem festen therapeutischen Rahmen dort. Ambulante Therapie ist für mich nicht das Richtige. Ich brauche ein festes alltägliches soziales Umfeld.

Aber diese einzelnen Therapiemöglichkeiten wirken auch auf jeden anders. Weil ja auch jeder andere Krankheits-Schwerpunkte hat.

Das allerwichtigste ist natürlich, dass man sich auf so ein Therapieangebot voll einlassen kann. Sonst nützt auch die beste TK nichts. Das musst Du am besten für Dich herausfinden, ob es was für Dich ist.
Ein Versuch ist es auf jedenfall wert!!

25.10.2012 15:26 • #4


Albarracin
Experte

25.10.2012 16:22 • #5


B
Hallo,

und Danke für eure Gedankenanregungen! Zum Glück hab ich noch Zeit für die Entscheidung und kann alles noch reifen lassen; die anvisierte Wiegmann-Klinik hat eh monatelange Wartezeit, und ein dringender Akutfall bin ich derzeit auch nicht. (Wiederum wäre ja erst mal der Punkt Anmeldung/Einweisung anzugehen, also ist die Frage stationär oder nicht doch demnächst zu klären. Mein Thera meint, dass er mich zweifellos da unterbringen kann - aber vielleicht ist er eh kompromisslos bei der stationär-Frage ...?)

Zitat von Eisbärchen:
Versuch, mal in Dich hereinzuhören und zu verstehen, was Dir gut täte und was Du brauchst.

Eine spontane Antwort fiel mir beim Lesen erschreckend leicht: stationär! Völlig rausgenommen sein, dauerhaft in anderer Umgebung und anderem sozialen Umfeld, ... und das alles mit einer Art gutem Gewissen bzw. der entschuldigenden Enlastung, sich um alles Bisherige draußen einfach im Moment nicht kümmern zu *können*. - Bei der Variante Tagesklinik weiß ich jetzt schon, dass ich nachmittags gehetzt nach Hause fahre und bis nachts alles aufhole, was ich aus altem Muster heraus meine, tun zu müssen: Katze bespaßen, Haushalt und Post erledigen, und zudem die gewohnten Grübeleien. Ich fürchte, die vertraute Umgebung und die vertrauten Alltagsgedanken behindern dann sehr vieles, was abgeschottet möglich wäre ...

Zitat von Sarah:
Was für mich aber der größte Gewinn an einer vollstationären Therapie war: gerade durch die freien Abende und Wochenenden hat man sehr viel Kontakt zu seinen Mitpatienten aufbauen können. Und gerade dieser Kontakt und die Freundschaften, die sich daraus entwicklet haben, waren für mich glaube ich die wirksamste Therapie.

Das glaube ich dir aufs Wort, und so stell ich mir das auch vor. Ich kann mir auch nicht wirklich vorstellen, als flüchtiger Tagesbesucher einen wertvollen Kontakt zu den Anderen aufbauen zu können - aber eben DEN stell ich mir sehr hilfreich und bedeutend vor!

Tja, die Klinik bietet bei stationärem Aufenthalt immerhin 26 Wochenstunden Ausgang an: Fahrtzeiten abgerechnet wäre da immerhin ein täglicher Besuch beim Kater drin; zumindest, so lange es mich gefühlt und gewissensmäßig als unverzichtbar dazu drängt ... Diesen Streß würde ich ganz gut wegstecken können, denke ich - vielleicht sogar auch den Streß, dabei zu wissen, dass ich das Tier irgendwie opfere (?)

Zitat von Pandoras:
Das allerwichtigste ist natürlich, dass man sich auf so ein Therapieangebot voll einlassen kann. Sonst nützt auch die beste TK nichts.

Eben - und genau diese Zweifel hab ich bei TK! Ich fürchte, das wäre (profaner Vergleich) wie diese Urlaubswochen, die man zuhause verbringt: man entschleunigt etwas, kommt vielleicht auch auf ein paar andere Gedanken ... - aber es hat nicht wirklich einen wertvollen Effekt :-0

Tja, das Tier mitbringen wäre traumhaft. Aber das Dilemma beim Kater ist, dass er bei Streß seine Anfälle kriegt. (Insofern sind wir beide ein perfektes Team in unserem unmotivierten Depri-Käseglockenleben hier zuhause ;-) ) Und der Knackpunkt ist eben, dass er meine längere Abwesenheit offensichtlich auch nicht so einfach wegsteckt und zunächst mal mit Verhaltensänderung quittiert. Ich male mir da echt den worst case aus: ich bastel in der stationären Therapie an meinem Leben, und zuhause krepiert der Kater, der jahrelang mein zuverlässigster Freund war - dann kann ich das nächste Brückengeländer suchen gehen!:-0 Klar ist es absurd, wesentliche Entscheidungen von einem Tier abhängig zu machen, aber diese Empfindungsweise ist nun mal Teil von mir (und zumindest DAS soll auch so bleiben!).

Liebe Grüße,
byron

25.10.2012 22:31 • #6


miezelina
Hallo Byron,

ich habe beides hinter mir: stationär und Tagesklinik und das Problem mit der Katze, die einem ans Herz gewachsen ist, hatte ich auch.

Aber der Reihe nach: erst mal zur Katze. Auch ich und mein (Ex-Tierheim-)Kater sind unheimlich aufeinander fixiert. Während meiner 5-wöchigen stationären Klinikzeit hat mein Freund den Kater mittags gefüttert und er hat in meiner Wohnung übernachtet, so dass der Kater wenigstens eine regelmäßige Bezugsperson da hatte. Und ich war selber erstaunt, wie gut das funktioniert hat. Der Kater hatte weiterhin seine Wohnung, also sein Revier (WIchtig!) und jemanden, der ihn füttert und bespaßt. Das scheint letztendlich zu genügen. Katzen sind ja auch sehr selbständig.
Als ich dann wiederkam, war er 1-2 Tage etwas zurückhaltend, aber dann war alles wieder wie immer.

Als ich in der Tagesklinik war, hat mein Freund wieder die Mittagsschicht übernommen und ich den Rest. Das ging hervorragend.

Was das Setting deines Klinikaufenthalts angeht, beides hat Vor- und Nachteile. Das Völlig-Rausgenommen-Sein ist entlastend und tut sehr gut. Man kann sich total auf sich konzentrieren. Allerdings bin ich nach der stationären Klinik dann in ein Loch gefallen, da von einem Tag auf den anderen alles weggebrochen ist: die Rundum-Versorgung, die Gemeinschaft, das Programm, die Unterstützung.

Nach der Tagesklinik ist der Übergang ins normale Leben viel einfacher.
Aber man muss sich selber schon sehr disziplinieren, um den Therapieinhalten und dem Prozess auch wirklich Priorität einzuräumen gegenüber den alltäglichen Sachen, die einfach passieren (bei mir war es eine kaputte Spülmaschine, Rechnungen die ins Haus flatterten, ein Diebstahl, der Haushalt ... bäh). Das ist ganz schön anstrengend!
Aber verdichtet fand ich die Tagesklink dennoch. Also ich war sehr von der Therapie in Beschlag genommen, zumal es eine VT-Klinik war, und wir zu Hause Dinge üben und erproben mussten.

Du solltest deinem Bauchgefühl vertrauen und schauen, dass du deinem Kater einen guten Ersatz anbietest. Vielleicht kann ja ein Bekannter in der Zeit bei dir wohnen.

Tägliches nach-Hause-Fahren während des Ausgangs stelle ich mir extrem stressig vor. Aber regelmäßig mal hinfahren und gleichzeitig wissen, dass der Kater jemanden hat - das wäre doch gut, oder?

Ich wünsche dir und deinem Kater eine gute Lösung -

Miezelina

28.10.2012 17:23 • #7

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