Streit in der Familie - ich fühle mich verloren

charmed
Hallo liebe Foren-Gemeinde,

so wie immer, weiß ich nicht, wie ich einen Text beginnen soll. Aber ich versuche einfach mal, alles ganz chronologisch zu beschreiben.
Ich habe das Thema in die Kategorie Partnerschaft, Familie und Angehörige eingeteilt, da ich denke, es gibt keinen passenderen Thread dazu.

Ich bin bald 22 Jahre alt und habe bisher 'Zuhause', sprich, bei meiner Mutter gewohnt, mit der ich immer wieder in Streit geraten bin. Momentan lebe ich bei meinen Großeltern, (ich bin heute hergezogen) die mich glücklicherweise aufgenommen haben. Bereits vor circa ein einhalb Jahren bin ich zu meiner Oma gezogen, in der Zeit bin ich an einer Anorexie erkrankt, hatte Depressionen (diese aber auch schon vorher) und nach ein paar Monaten bin wieder zurück zu meiner Mutter gegangen, da ich dachte, ich könnte es dort noch einmal versuchen, noch einmal versuchen, in Harmonie zu leben. Außerdem ist meine Oma selber körperlich krank, und mein Opa hat ebenfalls körperliche Beschwerden.

Nur diesmal ist es so weit, dass ich es bei meiner Mutter wirklich nicht mehr ausgehalten habe.
Dazu muss ich sagen: Meine Eltern haben sich getrennt, als ich 10 war, Ich habe vor ein paar Jahren hin und wieder bei meinem Vater gelebt, da meine Mutter mich zu meinem Vater geschickt hatte, wenn sie es nicht mehr ausgehalten hat mit mir. Ich habe zwei Schwestern, die beide schon ausgezogen sind. Nur ich finde irgendwie keinen richtigen Platz. unter den einzelnen Familien Mitgliedern herrscht Streit und das hat es auch schon immer.

Mein Vater hat sich eine 'neue' Familie aufgebaut. was ich ihm natürlich nicht verübeln kann, denn jeder hat ein Recht dazu. Nur hat er sich damals nicht um mich oder meine Schwestern gekümmert, jedoch jetzt schon, um seine 'neue Familie', was mich oft sehr traurig macht. Von ihm höre ich selten etwas. Ab und zu melde ich mich bei ihm, um den Kontakt nicht ganz zu verlieren. Dazu muss ich jedoch sagen, dass mein Vater der Meinung ist 'Die Kinder haben sich beim Vater zu melden' bzw. bei den Eltern. So kommt es zum Beispiel, dass wenn ich zu Weihnachten oder Neujahr nicht anrufe, ich auch ihrerseits keine Frohen Botschaften, wie ein 'Frohes Neues Jahr' etc. zu hören bekomme. Am Geburtstag ist es auch nur eine Textnachricht.

Nach der Trennung meiner Eltern haben meine Schwestern und ich immer die Streits meiner beiden Eltern mitbekommen. Das eine Elternteil wurde gegen das andere 'ausgespielt', schlecht gemacht, beschimpft, als jemand bezeichnet, vor dem man 'Angst haben muss'.
Das hat dazu geführt, dass ich bis heute ein sehr konfuses Bild davon habe, was eigentlich Wahrheit ist und was nicht. Ich habe so viele schlimme Geschichten von meinen Eltern zu hören bekommen, jeweils über das andere Elternteil, dass ich mich unterbewusst immer dem Elternteil 'anpassen' musste, bei dem ich gerade gelebt habe.

Um das Zusammenleben mit meinen Eltern noch besser zu veranschaulichen, kann ich sagen, dass alles, jede Art der Zuwendung und Zuneigung ihrerseits, damit verbunden ist, etwas zu leisten. Nur wenn ich (für Sie) etwas tue, etwas leiste , bin ich es Wert, etwas zu bekommen. Oft habe ich mich unfair behandelt gefühlt, we ein Sklave der für Sie Dinge erledigt, besonders bei meiner Mutter, und 'nein' gesagt. Dadurch wurde leider nur alles schlimmer sodass mir auf irgendeine Art etwas entzogen wurde.

Bei meiner Mutter habe ich oft das 'Silent Treatment' bekommen. Sie redete einfach nicht mehr mit mir, legte eine passiv Aggressive Art an den Tag, das konnte sich über Wochen ziehen.
Mein Vater erkennt meine psychischen Probleme nicht an, bzw. nimmt er sie nicht ernst. Wenn ich ihm erklären, dass ich mit einer Sozialen Phobie, Depression etc. Diagnostiziert wurde, und es mir dementsprechend schlecht geht, sagt er mir, das es alles Quatsch wäre und diese Erkrankungen ja nur 'haben wollen würde',wenn ich mir einrede, so etwas würde es wirklich geben.
Manchmal wird er auch sauer, wenn ich ihm erzähle, dass es mir aufgrund meiner Erkrankung sehr schlecht geht. Für ihn gibt es soetwaswie 'Depressionen' etc. nicht.
Einmal hat er mir erzählt: 'Hör auf dir Sorgen zu machen, dir fehlt doch nichts. Weißt du, wenn ich denke, ich schaffe etwas nicht (Im Leben), dann sage ich mir einfach 'Ich bin der Beste' und mache die Dinge einfach.'

Mein Vater ist der Meinung, wenn es einem schlecht geht, dann 'will man einfach nicht', dass es einem gut geht.
Genauso wie: Wenn ich etwas nicht schaffe, dann 'will' ich es auch nicht wirklich.
Nur ist eine psychische Erkrankung nicht eine Frage des Willens oder der Leistung.

Ich habe das Gefühl, dass sich beide meiner Elternteile nicht dafür interessieren, dass ich im Leben weiterkomme.
Im Moment wohne ich bei meiner Oma, bin aber weiterhin auf Wohnungssuche. Ich studiere unter anderem bald und arbeite Momentan nebenbei bzw. habe einen Nebenjob.

Von meinen Auszugsplänen habe ich meinen Eltern erzählt. Mein Vater ist leider nicht sehr gut darauf zu sprechen gewesen.
Alles was er meint ist, das es 'finanzieller Wahnsinn ist', obwohl er in der Branche Arbeitet und eigentlich ganz leicht sogar eine Wohnung freimachen könnte. Nur tut er dies nicht. Er hat unter anderem sehr viel geerbt und muss sich eigentlich keine Gedanken mehr machen, was Geld angeht.
Er meint, er will mit mir nicht mehr über das Thema reden, und verweigert sich da komplett. Er weiß, wie schlecht mich meine Mutter behandelt, doch trotzdem reagiert er total kalt und empathielos und leugnet diese schlechte Behandlung.

Meine Mutter versteht nicht, warum ich von ihr wegwollte, sie versteht nicht, dass ich nicht nur dazu da bin um unmittelbar bedingungslos alle Wünsche zu erfüllen, Alles im Haushalt zu machen, obwohl ich ein eigenständiger (!) Mensch bin der ebenfalls Ziele im Leben hat und Termine zum einhalten. Sie sagt mir hinter meinem Rücken, dass sie will, dass ich ausziehe, wenn ich es jedoch tue, und zu meiner Oma ziehe, ist es für sie sein 'hochverrat'. Dazu muss ich sagen, dass sie sich mit meinen Großeltern absolut nicht versteht. Sie hilft mir bei meiner Wonungssuche nicht.

Meine Mutter hat sich für mich immer so verhalten, als wäre sie eher eine 'Person mit den ich zusammenlebe' eine Art, Freundin. Und egal was passiert, egal ob sie sich falsch verhalten hat oder unfair, sie entschuldigt sich niemals.
Als ich vorletztes Jahr wieder zurück nach Hause ziehen wollte, hat sie von mir unter anderem verlangt, ihr einen Entschuldigungsbrief zu schreiben.
Meine Mutter ist sehr gut darin, eine Art Kälte im Haus zu verteilen, wenn sie nicht das kriegt, was sie will. Früher hat sie immer damit gedroht, mich oder meine Schwestern rauszuschmeißen (dann können wir ja gucken wo wir landen), wenn wir uns nicht so verhalten haben, wie sie es wollte, bei teilweise Kleinigkeiten. Nur sind Kinder nicht die Erweiterung ihrer Eltern, sondern eigenständige Wesen, die nicht immer zur verfügung stehen können, um ihnen immer zu helfen.

So etwas wie Umarmungen oder Herzlichkeit ist in dem Haushalt meiner Mutter oder meines Vaters ein Fremdwort, ich habe es nie wirklich mitbekommen, dass meine Mutter oder Mein Vater mich oder meine Schwestern mal getröstet haben, als Kind, oder wirklich umarmt. Deshalb fällt es mir auch heute noch sehr schwer, menschliche Nähe zu zulassen.

Ich fühle mich innerlich zerrissen, voller Schuldgefühle und so als würde ich hundert Emotionen auf einmal spüren.
Der größte schmerz, den ich fühle, fühle ich jedoch aufgrund der Tatsache, dass mein Hund noch bei meiner Mutter ist, und ich ihn jetzt nicht mehr oft sehen werde. Das zerbricht mein Herz. Ich kann zwar nicht mehr weinen, aber ich spüre eine Art, fast schon Taubheit in meinem Ganzen Körper, als wäre ich von Emotionen überrollt.
ich habe Angst, in vergangene Verhaltensmuster zurückzufallen. Ich habe Angst, wieder zu wenig zu Essen und meinen Körper zu vernachlässigen. Ich habe Angst, mein Umfeld zu enttäuschen, meine Ziele nicht zu erreichen, wieder in Depressionen oder eine Belastung zu sein für meine Großeltern. Ich habe Angst, dass meine Mutter nie wieder mit mir redet. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und kann anderen nicht lange böse sein, egal wie schlecht sie mich behandeln.

Ich hatte das Bedürfnis, dies alles aufzuschrieben und es zu teilen, da ich gerade nicht weiß, wie ich mit meinen Gefühlen umgehen soll.
Vielleicht hat jemand Tipps, wie ich mit dieser Situation umgehen kann. Tipps, um nicht die Hoffnung zu verlieren oder an sich selbst zu zweifeln. Vielleicht hat hier jemand so eine Situation ja auch erlebt? Ich würde mich wirklich sehr über eine Antwort freuen.

Liebe Grüsse

charmed

03.01.2020 21:26 • #1


C
Es muss irgendwann in den 1970er Jahren gewesen sein, als es losging, dass klassische Familienmodelle zerbrachen, Frauen sich emanzipierten und die Scheidungswellen begannen. Damals wurde, ich weiß es Betroffener selbst, noch die Schuldfrage gerichtlich erörtert, also wem die Schuld an der Zerrüttung zu geben sei. Es ging dabei um Geld und Verteilung von Vermögen und Kindern. Und es wurde logischer Weise zu einer Schlammschlacht zwischen den Eltern in einer Weise, wie es heute sicher kaum vorstellbar ist. Und es ging zu Lasten kleiner Kinder, die das mitzutragen hatten. Man kann sehr schlecht sagen, wie man aus dem hervorgeht oder wie man es besteht. Das ist sehr individuell. Dass Kinder aus dem mit Plessuren hervorgehen müssen, ist nur folgerichtig und ein Versagen ihrer Erzeuger. Es ist nicht das Eigene. Das ist wichtig zu wissen. Nur ab einem Zeitpunkt X müssen wir aus all dem etwas backen und einen Charakter entwickeln. Hierbei hilft uns keiner. Man muss Persönlichkeit werden. Und vielleicht muss man es ohne Hilfe schaffen. Das Erstaunliche ist, dass man es schafft, aber man ist vielleicht ein wenig anders und sehr viel besser als andere. Und gerade das ist das Gute an der Sache - es besser zu machen als jene anderen.
In diesem Sinne, beste Grüße.

05.01.2020 02:34 • #2

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