Schlafstörungen bei Depressionen - was hilft wirklich?

Y
Liebe Medica, noch einmal einen recht herzlichen Dank für deine Nachricht!

Ich wollte auf jeden Fall berichten, wie es bei uns weiter verläuft. Gerade habe ich noch mal in Medicas Thread nachgelesen und möchte nun zum Thema Konsequenz gegenüber dem Partner berichten:

Ich habe mich in der ganzen Beziehung bisher gescheut, gegenüber meinem Partner konsequent zu sein. Ich habe immer gefürchtet, wenn ich ihm gegenüber hart und bestimmt, oder zumindest klar auftrete, dass ich ihn damit verschrecke und ich ihn dadurch verliere. Eure viele Unterstützung hier hat mir die Kraft gegeben, diese Angst zu überwinden:

Vorgestern ist der Abend leider wieder so verlaufen wie so häufig. Dabei hatten wir einen tollen Tag: Wir sind zeitig aufgestanden, der Haushalt war im Schwung und auch mit der Uni fühlte ich mich wohler. Wir waren sogar zusammen joggen, was seit Jahren meine Lieblingsfreizeitbeschäftigung ist. Leider ist mein Vertrauen in mich selber mal wieder so im Keller, dass ich das mit dem Joggen nicht mehr schaffe. Beim Laufen muss ich zwangsläufig denken: Du schaffst das nicht. Du bist viel zu dick geworden (75kg!!!). Deine Zunge wird raushängen und du wirst dich furchtbar blamieren. Während dieser Gedanken werden meine Beine zu Blei, solange bis ich nur noch langsam vor mich hintrotte, dass mich andere Spaziergänger schon überholen. Dass mein Mann mitgekommen ist, hat mir genügend Aufwind verschafft. Ich konnte den Kopf freibekommen. Wir waren über eine Stunde draußen. Ich habe zwar nicht ohne Pausen geschafft, aber es war wie ein Befreiungsschlag mal wieder so weit gelaufen zu sein.

Abends hat er sich dann wieder an seinen Rechner gesetzt und gearbeitet. Nur ein Gläschen Wein. Da habe ich ihn schon ermahnt. Als ich mitbekommen habe, dass mal wieder die ganze Flasche verdunstet, habe ich ihn zur Rede gestellt. Ruhig und klar habe ich ihm vor Augen geführt, dass er bereits seit 5 Tagen am Stück wieder jeden Abend Alk. getrunken hat. Er hatte sich aber vorgenommen, überhaupt keinen Alk. zu trinken. Sein allerliebster Freund war in der Stadt und sie waren zum Fußball gucken verabredet. Da habe ich ihm gleich gesagt, dass er es nicht schaffen wird, und das es vielleicht sinnvoller ist, sich vorher zu überlegen WIEVIEL er trinken will und WANN er nach Hause geht. Das hat gut geklappt. Der Freund ist längst wieder abgereist, er schüttet sich aber trotzdem weiterhin abends PORTUGIESISCHEN WEISSHERBST hinter.

19.06.2010 12:12 • #31


Y
Dann habe ich ihm auseinander klamüsert, wie ICH mich dabei fühle, jeden Abend ein Bett mit einem Betrunkenen zu teilen, dass er sich verändert wenn er trinkt, dass ich mich allein und einsam fühle, weil ich dann keinen Gesprächspartner habe und ich mich wegen seines Konsums immer mehr zurückziehe in mein Zimmer, zu Selbsthilfeportalen und meinen Studien. Wie minderwertig ich mir vorkomme, all Paar Tage unser wundersames Körbchen mit Altglas zum Müll zu bringen und heimlich seine Flaschen zu entsorgen und wie ich mich dabei schäme. Ich trinke selber nie mehr als ein Glas Wein. Da ich Magenprobleme habe, fange ich schon an zu brechen, bevor ich überhaupt betrunken bin. Ich habe ihm auch erzählt, dass ich mir so keine Familie vorstellen kann. Das hat ihm einen harten Schlag versetzt, aber es entspricht einfach der Wahrheit. Und dann habe ich auch endlich gesagt, was meine Meinung zum Thema Alk. ist und wovor ich Angst habe:

Dass ich den leichtsinnigen Umgang damit genuso verabscheue wie Fahrrad fahren ohne Helm. Tod auf Raten. Ich habe meine Oma dahinsterben sehen, ich bin meinen Vater jahrelang im Krankenhaus besuchen gegangen, ich bin auch schon in der Schule von der Direktorin aus dem Unterricht geholt worden, weil meine Mutti in eine Nervenklinik eingeliefert worden ist. Keiner aus meiner Familie hat je getrunken oder geraucht oder sich andersweitig in Gefahr gebracht. Ich kann darum Krankheit als Bestandteil in meinem Leben akzeptieren. Ich kann das Beste aus diesen Situationen herausholen, wenn ich am Krankenbett sitze und mit dem Patienten Rätsel löse oder Werbespot-Raten mache, oder bei Bewusstlosigkeit einfach die Zehen massiere und eincreme. Was ich nicht akzeptieren kann, ist, sich und anderen dieses Leid aufzuerlegen und seine Gesundheit kaputt zu trinken und zu rauchen. Sollte ich ein Kind von ihm bekommen (was ich zu verhüten weiß) und er kommt eines Tages mit Leberzirrhose ins Krankenhaus, dann packe ich meine Sachen und gehe mit meinem Kind weg. Ich werde die Folgen seiner Maßlosigkeit nicht pflegen und ihm auch nicht beim Sterben zusehen und das auch nicht meinem Kind antun. Bei aller Liebe und auch bei allen psychischen Krankheiten dieser Welt. Das Leben, das ihm gegeben worden ist, ist ein Geschenk. Ich sehe mich nicht in der Verantwortung, die Scherben aufzulesen, wenn er es wegwirft.


Er hat sich alles ruhig angehört, wir haben dann aber getrennt geschlafen. Tagsüber sind wir sehr behutsam miteinander umgegangen. Abends haben wir uns dann versöhnt und unsere Liebesbekenntnisse gegenseitig erneuert. Den PORTUGIESEISCHEN WEISSHERBST habe ich hinter seinem Rücken in den Ausguss gekippt.


Wovor ich Angst hatte, dass wir uns zerstreiten, wenn ich ihm sage, was ich fühle, ist nicht eingetreten. Im Gegenteil, er hat darüber nachgedacht und wir können jetzt offen über das Thema Alk. unterhalten. Es hat uns eine neue Gesprächsebene eröffnet. Wichtig war aber dennoch, dass ich beherrscht und ruhig gesprochen habe und gleichzeitig, dass er ein guter Zuhörer ist und er mich nicht verlieren will und wir uns beide vertrauen. Die Situation hätte auch in einem Desaster enden können. Was ich damit sagen will, ich mache gerade die Erfahrung, dass sich kämpfen lohnt. Das man zusammen viel erreichen und überwinden kann. Aber ich weiß auch, dass in all meinen vorherigen Beziehungen genau das nicht möglich war (weswegen die Beziehungen ja auch beendet wurden) und ich deswegen heute in emiener Beziehung Angst hatte, solch eine Situation zu provozieren.

19.06.2010 12:12 • #32


A


Hallo yahila,

Schlafstörungen bei Depressionen - was hilft wirklich?

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Y
Diese Erfahrung möchte ich mit euch teilen. Trennungen, egal wie schmerzhaft sie sind (und ich bin auch schon monatelang mit Sonnebrille rumgelaufen), lohnen sich doch, denn die Chance besteht, dass man den Partner findet, mit dem man ZUSAMMEN kämpfen kann. Jetzt bin ich auch darum klüger geworden, dass ich die eine oder andere Beziehung auch schon hätte viel früher beenden können, dann wäre der Schaden für mich und meine Beziehungsfähigkeit geringer gewesen. Ich weiß auch noch genau welcher Exfreund mich dazu gebracht hat, dass ich in meiner heutigen Beziehung 10 Monate gebraucht habe, bis ich offen und ehrlich, konsequent, hart und klar mit meinem Partner reden konnte.


Dieser Mann erinnert mich übrigens sehr an den Freund von Medica. Er hat eine narzistische Persönlichkeitsstörung und ich habe in seiner Gegenwart nicht mehr gegessen, weil ihn die Geräusche und meine Lust am Essen so sehr gestört hat. Genauso hat ihn meine Spontanität kirre gemacht und mein Gezappel auf der Couch, weil ich einfach keine 3 DVD´s ohne Zappeln am Stück sehen kann. (Heute gibt es in meiner Wohnung übrigens überhaupt keinen DVD-Player). Er hat mich mit Tabletten zugedröhnt, wenn ich meine Tage hatte, weil ich dann immer auf dem Stuhl hin und herrutsche, weil ich das Sitzen dann so unangenehm finde. Und ihn die Vorstellung, dass ich Schmerzen habe, gequält hat. Mich schmerzen meine Schmerzen, aber sie quälen mich nicht. Und wie oft ich ungeduscht ins Bett gegangen bin, weil ihn Duschen nach 19 uhr ebenfalls kirre gemacht hat. Eine tolpatschige Kellnerin konnte ihm den Abend genauso vermiesen, wie wenn ich High-Heels anhatte und ihn das Geklacker genervt hat (genauso wie die Blicke anderer Männer und Frauen). Wenn ich über meine Probleme gesprochen habe, landete ich am Ende in eine Gesprächssituation wie vor einem Scharfrichter und am Ende war ich das ungezogene Kind, dass er nicht gebrauchen kann. Nach der Trennung war ich monatelang unglücklich und wage es heute noch nicht, in seine Nähe zu kommen.
Nun bin ich wieder in Beziehung und es gibt wieder Probleme. Er geht in Therapie, schreibt sich jeden Tag seine Schlafenszeiten auf und spricht mit seinen Freunden und seiner Familie über die Krankheit. Er liebt mich aufrichtig und sieht mich als sein Gegenstück, als seinen Referenzpunkt und ist sich nicht zu schade, was ich sage zu überdenken und dann manchmal erst ein paar Tage später, dass Gespräch mit mir zu suchen und sich mit mir weiterzuentwickeln, statt neben mir her.


Ich liebe und werde geliebt. Nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit Taten.

19.06.2010 12:16 • #33


Y
1) Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt

Er ist in letzter Zeit im völligen Tatendrang, sich zu Hause mehr einzubringen. Darüber freue ich mich, weil es mich stark entlastet und ich endlich wieder Zeit finde, für eigene Sachen. Er hat 4 Tage am Stück abends gekocht und auch wieder abgewaschen - da konnte ich jeden Abend über meinen Studien sitzen

Leider hat die Sache auch einen Haken: Wir rauschen auch genauso oft aneinander wegen Haushaltsdingen

Vorher hatten wir die klassische Rollenverteilung: ER geht arbeiten, SIE macht den Haushalt (und geht arbeiten).
Da gabs keinen Streit, wann und was eingekauft wird und wo das Wischpad trocknen sollte. Jetzt sind wir ein paar Mal wegen total dummen Sachen aneinander geraten. Teilweise findet er sich zu Hause überhaupt nicht zurecht, weil er nicht weiß wo unsere Sachen so liegen ( Wo ist die Schere? Haben wir Schraubenzieher? Wo sind Trockentücher? Womit mache ich die Kaffeemaschiene sauber? Wo sind Glühbirnen? Wo sind die alten Kochbücher? Weggeschmissen? Meine alten Kochbücher??? )

Bei banalen Entscheidungsfragen (Wenn mein Vater morgen kommt, gehen wir vorher einkaufen? Wer passt dann auf den Hund auf? Was kochen wir für Vater?) artet die Diskussion dann schonmal in handfesten Streit aus. Ich bin total enttäuscht, dass man wegen solchen Sachen (die ich früher ohne Streit alleine gemacht habe!) ÜBERHAUPT streitet.

Ich habe mich jetzt im Internet in Familienratgebern belesen und offenbar ist das gar nicht so selten und banal, wie ich dachte. Es gibt ja sogar mehrteilige Seminare dazu, wie man konstruktiv streitet. Ich hab alles ausgedruckt und wir habens zusammen durchgearbeitet. Eigentlich weiß man ja auch schon so vieles - wie man kommunizieren soll - aber es ist so schwer, dass in der Praxis anzuwenden. Am liebsten würde ich so ein Seminar belegen, aber die sind leider sehr teuer und das habe ich nicht eben rumzuliegen nach dem Umzug. Ich werde mal nach brauchbarer Literatur forsten, wo Übungsvorschläge drin sind ??


2) Nebenwirkungen des Antidepressiva´s


Sein Medikament hilft ihm nach eigener Aussage sehr, da er regelmäßig schläft. Leider hat es sehr starke Nebenwirkungen. Von den Stimmungsschwankungen, seiner Gewichtszunahme und seiner ruinierten Haut (die vorher wie ein Pfirsisch war!) mal abgesehen, die schlimmste Wirkung ist, dass im Bett nichts mehr läuft. Das macht uns beide fertig. Vorher gehörten wir eher in die Karnickelfraktion und nun - zweimal die Woche und dann auch nur halbherzig (und weil ich angefangen habe). Wir haben noch nie so viel fern gesehen und soviel gelesen. Es ist einfach nur zum Kotzen. Jeden Tag kochen in mir (per Zwangsgedanken) die Selbstzweifel hoch, das es an mir liegt und dass wenn Megan Fox an der Tür klingeln würde, er ihr sofort unser Schlafzimmer zeigen würde wollen. Dann muss ich mich zwingen daran zu glauben, das es an den Tabletten liegt. Ihm fällt es schwer, sich in seiner Rolle als Liebhaber wiederzufinden und wir wissen teilweise nicht, was wir miteinander anfangen sollen.

Ich würde lieber in meinem eigenen Bett schlafen, aber das will er überhaupt nicht. In meinem Bett stört mich es nicht so sehr, wenn wir keinen S. haben, als wenn ich neben ihm liege. Da komme ich dann überhaupt nicht zur Ruhe. Abends bittet er aber immer, dass ich bei ihm schlafe. Ich hoffe sehr, dass man das Medikament einfach wechseln kann. Es ist ein tricyclisches, älteres Präparat. Ich habe die Befürchtung, dass er nicht gleich ein besseres bekommen hat, wegen der Krankenkasse. Ich hege die Hoffnung, dass er ein anderes Medikament bekommen kann, auch wenn die Thera ihm das auf Privatrezept verscheibt (koste es, was es wolle!). Würde mich da sehr über Kommentare freuen.


Liebe Grüße

23.06.2010 10:48 • #34


Y
Ich habe zwei Adressen von Psychologischen Psychotherapeuten in meiner Nähe rausgesucht - jetzt muss ich nur noch anrufen

es ist so schwer

24.06.2010 13:36 • #35


Y
Ich konnte den verloren geglaubten Tag doch noch retten:


Nachdem ich heute vormittag wieder eine Panikattacke hatte und ich mich von allen Problemen überrollt gefühlt habe, brauchte ich eine Weile, um mich davon zu erholen. Erst am späten Nachmittag bin ich aus dem Haus gegangen. Dafür habe ich dann einen Fußball käuflich erworben (der von der WM :) )

Mein Männe und ich waren zusammen auf dem Fußballplatz spielen. Es hat mir sehr viel Freude bereitet und ich habe mich richtig ausgepowert. Aller Stress ist von mir abgefallen und ich konnte mich dann auch richtig entspannen. Jetzt bin ich geradzu euphorisiert und kann auch früher ins Bett gehen ich bin auch schon müde.

Nun bin ich gespannt, was morgen für ein Tag wird.


Gute Nacht

24.06.2010 22:50 • #36


M
Hallo Yahila!

Wieso hattest Du eine Panikattacke, wenn ich fragen darf? Wegen Deinem Männe - oder wegen Deiner eigenen Welt? Deswegen auch das mit dem Psychotherapeuten?

Sport ist manchmal ein gutes Ventil, um den ganzen Frust mal loszulassen - das kenne ich von mir und meinem Freund auch sehr gut. Uns verbindet das gemeinsame Tanzen - ist manchmal auch gefährlich, weil die Harmonie eines Taznpaares gleichzeitig auch die Harmonie in der Beziehung wiederspiegelt. Will heißen, wenn wir uns gestritten haben, tanzen wir auch schlecht - umgekehrt sind die Höhenflüge des gemeinsamen Erlebens aber genauso schön. Und es geht einfach nichts über das gute Gefühl NACH dem Sport, wenn man so richtig ausgepowert ist - kann ich nachfühlen, dass Du da um kurz vor 11 müde ins Bett fällst! Manchmal beneide ich die Menschen, die tagsüber nicht nur mit dem Köpfchen, sondern auch körperlich arbeiten müssen - ich glaube, die fallen abends wesentlich tiefenentspannter ins Bett als unsereiner.
Aber zurück zum Thema - ich habe in einem Deiner letzten Beiträge hier gelesen, dass ihr nun so große Probleme wegen seiner Lustlosigkeit im Bett habt... Und dass er Trimipramin einnimmt.
Nun, als Medizinerin muss ich dazu sagen - mach ihm keine Vorwürfe (und vorallem Dir selber auch nicht!) - es liegt nicht daran dass er Dich nicht mehr attraktiv findet oder ähnliches, sondern es liegt eindeutig am Medikament. Das ist ein sog. trizyklisches Antidepressivum, und die sind bekannt dafür, dass sie sich negativ auf die Potenz ( Libido) auswirken. Leider sagen das die meisten Ärzte ihren Patienten nicht - und die rutschen dann zu Hause noch tiefer in ihre Depression, weil im Bett plötzlich nichts mehr läuft und sie denken, kann ich denn jetzt nicht mal mehr das?
Daher bitte ich Dich, hab Verständnis für ihn! Ich habe selber eine ausgefüllte Beziehung, was das betrifft, und ich weiß, wie wichtig das für die emotionale Ebene ist, gerade wenn man sonst Probleme hat und oft streitet... Und ich kann mir vorstellen, wie sehr es Dich trifft, wenn dieser Teil Eurer Beziehung nun plötzlich so einbricht!
Aber ich glaube nicht, dass er bei Megan Fox oder wem auch immer anders reagieren würde als bei Dir. Du musst Dir klarmachen, dass es wirklich am Medikament liegt, nicht an Dir!!! Und dass er es nicht böse meint - auch wenn der eigene Frust einen manchmal zu anderen Gedanken verleiten will.
Ich frage mich als Medizinerin: Muss es als leichtes Schlafmittel wirklich ein Antidepressivum sein, was eben die Nebenwirkung mit der Impot. und Lustlosigkeit nunmal in vielen Fällen hat? Vielleicht spricht er oder auch Du mit ihm gemeinsam nochmal mit dem behandelnden Arzt, da gibts mit SIcherheit noch Alternativen!!!

Eure Streitereien zum Thema Haushalt habe ich mit einem Lächeln gelesen - kommt mir sehr bekannt vor, dieses Streiten um Nichtigkeiten, mein topic hast Du ja heute schon gelesen
Mein jetziger Partner wehrt sich zwar auch mit Händen und Füßen gegens Kochen (hat in seiner alten Beziehung immer seine Ex gemacht und er lebt irgendwo auch gerne das klassische Rollenbild), in für mich besonders stressigen (Prüfungs)Zeiten brutzelt er mir aber auch schon mal was Kleines zusammen... Und einkaufen gehen und putzen muss er in seinem Haushalt sowieso selber, wir wohnen getrennt - hat auch so seine Vorteile Nichtsdestotrotz streiten wir uns desöfteren auch schon mal darüber, ob und wann eingekauft wird, dass ich schon wieder Wasserkisten schleppen musste für uns oder wie er meine Handtücher waschen soll... Ich glaube, das ist einfach normal, wenn man den Alltag miteinander teilt, und keine Besonderheit von unseren eher schwierigen Männern. Eine Freundin von mir hat sich gerad mit ihrem Männe gezofft, weil dem ihre Bügelkünste für seine Hemden nicht gut genug waren... Daraufhin hat sie sich geweigert ÜBERHAUPT noch irgendwas von ihm zu bügeln... Er hat nun bügelfreie Hemden gekauft
So sind sie eben, die Männer!
Und mit diesem Zwinkern verabschiede ich mich nun auch in eine hoffentlich entspannte Nacht... Die letzte war nicht so super, ich war total unruhig, ständig wach und unterbewusst mit vielem beschäftigt, aber die nächste wird besser!

Dir wünsche ich auch eine gute Nacht - schlaf gut und bleib so stark!

24.06.2010 23:28 • #37


S
Liebe Yahila,

ich bin vielleicht kein guter Ratgeber, was Dein Thema mit der S. angeht.
Denn ich habe mit dem Thema große Schwierigkeiten.

Ich kenne mich mit den Unterteilungen der Ántidepressiva nicht gut aus.

Ich nehme z.b. Velanfaxin und bei mir im Beipackzettel steht als häufige Nebenwirkung u.a. auch Orgasmusstörungen beim Mann bis hin zur Impot..
Ich kann mir aber trotzdem vorstellen, wie belastend eine solche Situation für Euch beide ist, gerade auch deswegen, weil ihr sehr häufig S. hattet.
Da halte ich es wirklich für sinnvoll, nochmal mit dem Arzt zu sprechen, ob Dein Mann ein anderes Medikament nehmen kann.
Obwohl ich schon oft gehört habe, dass diese S. Störungen gerade bei der Einnahme von Antidepressiva häufig auftreten.
Aber ein aufklärendes Gespräch mit der ärztlichen Seite schadet auf keinen Fall.

Und gerade, weil so etwas beim Mann häufig auftreten kann, brauchst Du Dir wirklich keine Gedanken zu machen, dass es an Dir liegen könnte. Ich gehe mal davon aus, dass Dein Mann Dir das bestätigen wird, wenn Du ihn persönlich darauf ansprichst. Und trotzdem kann ich Deine Gedankengänge auch nachvollziehen. Wir Frauen stellen sehr schnell unsere Attraktivität in Frage, wenn es im Bett nicht mehr funktioniert!

Du möchtest jetzt doch eine Therapie machen? Das ist gut! Was macht es Dir denn so schwer, diesen Schritt in die Tat umzusetzen?
Du schreibst von Panikattacken, die Du hast. Das ist noch ein Grund mehr, Dir auch therapeutische Hilfe zu holen.

Ihr seid beide in einem anstrengenden Prozess. Dein Mann als Betroffener, der gerade dabei ist, aus dem Stillstand herauszukommen, aber auch Du als betroffene Angehörige. Du hast viel Last mitgetragen und trägst sie immer noch.
Du hast Dich bisher sehr in den Hintergrund gestellt und Deine Bedürnisse auf Grund der belastenden Situation sehr zurückgeschraubt. Dein Mann hat die therapeutische Hilfe und Unterstützung und Du als Lastenträger brauchst dies ebenso, denn Deine Akkus sind auch immer leerer geworden.

Ich wünsche Euch weiterhin viel Kraft auf diesem Weg und wünsche Dir, dass Du Dich überwinden kannst, Dir auch Unterstützung zuzugestehen!

25.06.2010 01:19 • #38


Y
Danke Danke Danke !!!!


Ich habe eine Antwort geschrieben - aber die ist zu lang. Das will ich euch nicht antun.


Ich hoffe ich kann morgen eie grkürzte Version hier reinstellen.


Gute Nacht

26.06.2010 01:53 • #39


Y
ich habe in der letzten nacht sehr viel aufgeschrieben. es sind mehr als 2000 wörter und ich habe skrupel, euch damit zu überrumpeln. leider fällt mir immer noch kein fazit ein, wie ich das alles auf den punkt bringen könnte. ich bin sehr verzweifelt und leide, ich habe das gefühl, ich bin nun endlich MEINEM problem auf er spur. mittlerweile bin ich mir sehr sicher, dass ich am Montag die Therapeutin anrufe.

Gestern war ja mein Freund, der Psychotherapeut bei mir zu Hause und ja - in gewohnter Manier hat er mich zum Sprechen gebracht und wir sind sehr weit gekommen und er hat mir offenbar die richtigen Schubser gegeben.

Soviel kann ich sagen, dass die Situation, das mein Männchen nun krank ist und ich Angehörige bin, mich wieder in eine kindlcihe Entwicklungsstufe zurückgeworfen hat, über die ich leider aufgrund meiner Geschichte nie hinauskommen konnte. Ich habe es zwar geschafft, mich zu stabilisieren und mich ziemlich gut durchzuwursteln. Aber sobald mich etwas destabilisiert, so wie die Krise mit seiner Depression, fehlen mir einfach diese paar wichtigen Entwicklungsschritte. Als ich erwachsen werden wollte, sind leider alle in meiner Familie krank geworden, oder ins Ausland gefahren (weg, nicht verfügbar), oder letztendlich gestorben. Das hat angefangen als ich 12 war, und hat erst aufgehört als ich so 16 war. Ich habe meine Gefühle damals in den Dienst derer gestellt, denen es ja nunmal schlechter ging als mir.

(Ich zu mir: Jetzt zieh diese hässliche Hose an, wenn es Mutti dann wenigstens ein bisschen besser geht, weil sie diese Hose so hübsch findet... Warum kannst du nicht ein wenig dünner und hübscher oder klüger sein - soll Mutti sich auch darum noch Sorgen machen? Wenn du jetzt anfängst zu heulen, was soll denn Vati denken, der viel mehr Grund zum heulen hat? Kannst du dich nicht einmal zusammenreißen, damit es deiner Schwester ein wenig besser geht? Wieso musstest du was mit diesem Typen anfangen, soll Vati sich noch mehr Sorgen machen? Stell dir mal vor, Vati kippt tot um, dann war das letzte was du zu ihm gesagt hast .... ! Wenn du das und das tust, stell dir vor, Oma würde noch leben, was würde die davon halten? Wenn du jetzt wegen der gebrochenen Nase jammerst, dann leidet Mutti mit, hör auf zu jammern!)


Auch begleitet mich ein so tiefes und schweres Gefühl der Schuld. Heute weiß ich, dass diese Schuld irrational und nicht existent ist, aber da gehen der Verstand und das Gefühl nicht miteinander. Das Ende vom Lied ist, dass einfach selber sehr krank und kaputt bin und ich das Gefühl dafühl entwickeln muss, das auch zu dürfen. Bisher habe ich es mir einfach nicht erlaubt (Meiner Mutter, meinem Vater, denen gehts schlecht, aber MIR doch nicht genug, um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken...).

Ich wünsche mir sehr, dass mein Partner bei mir bleibt, auch wenn ich nach einer Therapiesitzung nach Hause komme und es sich rausstellt, dass ich vielleicht auch selber krank bin, an verschrieben Medikamenten und Sitzungen vielleicht auch kränker als er. Das sind so die Gedanken, die mir Angst machen und die mich auch sehr behindern, diesen Schritt zu machen.



...

Draußen ist schönes Wetter, ich gehe heute Fußball spielen. Meine Mutti hat mir gestern Fußballschuhe gekauft


Liebe Grüße an euch alle und Danke, wenn ihr jetzt nicht aufhört, hier zu lesen.

26.06.2010 11:55 • #40


Y
Ich gehe jetzt kicken. Alleine.

26.06.2010 19:31 • #41


S
Liebe Yahila,

ich finde es sehr schön, dass Du Dich so langsam öffnen kannst.

Deine Beiträge können so viel Zeichen haben wie sie wollen /Du willst, ich werde immer mitlesen, weil es mich sehr interessiert!
Du musst Dich hier nicht begrenzen, hier darfst Du endlich mal volle Aufmerksamkeit haben, hier darf es so schlimm sein, wie Du es eben fühlst und es wird hier nicht verglichen, wem es evt. schlechter geht!

Zitat von yahila:
Bisher habe ich es mir einfach nicht erlaubt (Meiner Mutter, meinem Vater, denen gehts schlecht, aber MIR doch nicht genug, um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken...).

Du bist schon als Kind unbewusst in eine Erwachsenenrolle gedrängt worden. Du sorgtest dafür, dass es den Erwachsenen gut ging oder dass es ihnen nicht schlechter ging! Dein kindlichen Bedürfnisse nach Aufmerksamkeit und Zuwendung sind in einem Loch verschwunden. Die Rollen sind vertauscht worden, Du bist und warst die Starke und weil Du so stark wirktest, weil Du die Aufmerksamkeit aus falscher Bescheidenheit nicht eingefordert hast, kam eben leider auch niemand auf die Idee, dass Du auch noch Bedürfnisse hattest.

Ich war auch in einer sehr ähnlichen Sitation. Als ich 10 war, ist meine Mutter Alk. geworden, meine Eltern stritten sehr viel, ich hatte richtig Angst und ich war dafür da, dass es nicht eskalierte. Ich wusste, ich muss ganz brav sein, damit ich nicht auch noch Anlass dazu bin, dass sie Streit bekommen.
Ich sorgte dafür, dass mein Vater abends die leeren Flaschen nicht fand, ich versuchte Streit zu schlichten, ich sollte auch immer Schiedsrichte sein, jeder von beiden versuchte mich auf seine Seite zu ziehen.
Mein kindlichen Bedürfnisse hat keiner mehr gesehen und ich habe auch nie was darüber verlauten lassen.
Alles, was ich fühlte, meine Sehnsüchte, meine Ängste, alles habe ich tief in mir vergraben und habe es mit mir alleine ausgemacht.

Dann rutschte ich in eine nicht sehr schöne Ehe rein. Meine Schwester war damals auch schon psychisch krank, alle Aufmerksamkeit war bei ihr, meine Mutter sagte immer zu mir, dass ich doch eh stark sei und einen so guten Mann habe. Von dem jahrelangen S. Missbrauch wusste keiner was, nach solchen Sprüchen erst recht nicht, denn ich dachte auch immer, dass es nicht so schlimm ist. 13 Jahre habe ich es vor jedem verheimlicht, auch vor meiner Familie, weil meine Schwester ja schon so krank war, meine Mutter sich schon sehr um sie sorgte, da darf ich nicht auch noch kommen. Und ich wäre so gerne auch mal schwach gewesen, habe mir es aber auch nie erlaubt!

Ich finde es richtig gut, dass Du anfangen kannst, in Dich hineinzuschauen, auch mal hinzuschauen und anfangen kannst, das Kind in Dir, dass in gewisser Form Kind geblieben ist, wahrzunehmen.

Zitat von yahila:
Ich wünsche mir sehr, dass mein Partner bei mir bleibt, auch wenn ich nach einer Therapiesitzung nach Hause komme und es sich rausstellt, dass ich vielleicht auch selber krank bin, an verschrieben Medikamenten und Sitzungen vielleicht auch kränker als er. Das sind so die Gedanken, die mir Angst machen und die mich auch sehr behindern, diesen Schritt zu machen.

Das würde ja auch bedeuten, dass Dir mindestens genausoviel Aufmerksamkeit zusteht. Ich kenne dieses Gefühl auch, leider auch heute noch, es fällt mir schwer,mir auch diese Aufmerksamkeit zu nehmen, ich bin immer noch zu bescheiden und habe mich auch öfter schon gefragt, ob es denn wirklich so schlimm ist, dass ich so viel Aufhebens machen muss!

Du bist ja auch plötzlich in einer völlig anderen Rolle, eine völlig ungewohnte Rolle, nämlich die Rolle der Kranken, die auch Hilfe braucht und nicht mehr die Rolle der gesunden, die die anderen Kranken, denen es ja SO viel schlechter geht, versorgt und unterstützt.

Ich wünsche Dir sehr, dass Du am Ball bleibst und weiter forschst, Du bist auf einem guten Weg, auch wenn es Dir schwer fällt, in diese Rolle zu schlüpfen.

Übrigens meine ich mit Rolle nicht eine Schauspielerrolle, nicht dass Du das falsch verstehst.
Denn es ist kein Schauspiel, es ist Realität!

Ein herzlicher Gruß von mir an Dich!

27.06.2010 00:39 • #42


Y
Danke für die viele Sonne, mein Blümlein !

27.06.2010 21:26 • #43


Y
Ich habe versucht, meine Geschichte aufzuschreiben.

Keiner muss das lesen. Wer nicht will, überspringt bitte einfach.



Teil I



In der Zeit in der ich erwachsen werden sollte, in der ich mich selbst entdecken und von meinen Eltern absetzen wollte, ist mein ganzes Umfeld erschüttert worden. Mit 11 Jahren habe ich mich das erste Mal verliebt - in die Animateurin auf Mallorca im Kinderclub. Da waren wir noch eine richtige, normale liebende Familie. Meine Mutti hat mich getröstet, dass die Animateurin für mich unerreichbar ist, aber immerhin hat die Animateurin mir ihr Armband geschenkt (und ich habe noch jahrelang daran gerochen ).

Als wir wieder in Deutschland waren, war für mich also die Zeit der vielen kleinen ersten Male, das erste Mal verliebt, die erste Periode, der erste BH und so weiter. Immer waren meine Eltern da, so wie es normal ist. Dann kam ein kleines erstes Mal, dass mich traumatisiert hat. Ehrlich gesagt, ich glaube ich habe noch nie darüber gesprochen. Ich habe mich für einen Jungen intressiert, der schon ziemlich älter war als ich, fast 18. Wir haben immer Tischtennis gespielt. Wie es so kommen muss, eine Freundin hat vorgeschlagen, mit zum Kletterplatz zu gehen. Ich war aber daran gebunden, mich so beim Spielen aufzuhalten, dass meine Mutter mich vom Balkon aus sehen konnte. Dann bemerkte ich schnell, dass der Junge auch mit zum Kletterplatz geht. Also bin ich im Bewusstsein, dass ich später zu Hause mir eine ordentliche Standpauke und Hausarrest abholen kann, weil ich für eine Zeit nicht sichtbar war, mitgegangen. Das war es mir also wert. Am Kletterplatz kam es dann schon sehr bald zu meinem ersten Kuss. Gerade als unsere Lippen aufeinander treffen, ich will gerade meine Augen schließen - habe ich am äußeren Rand meines Blickfeldes meine wütende Mutter anstapfen sehen. Sie war nicht einfach nur wütend. Sie war panisch und außer sich. Sie war so voller negativer Energie, ich füchtete, sie würde mich schlagen. Nach dem ruinierten Kuss - ich war wie vom Donner gerührt (erinnert euch mal mit welchem Schwall an Gefühlen der erste Kuss verbunden ist - bei mir wechselten die Gefühle zwischen Höhenflug und Todesangst, als ich meine Mutter sah). Sie schliff mich unter wütendem Geschrei nach Hause. In mir drin ist alles gestorben. Ich war voller Scham, völlig demoralisiert, ich wollte ehrlich gesagt, sterben. Ich wollte schwören, nie wieder etwas mit einem Jungen zu haben, wenn sie nur bereit wäre, mir zu verzeihen. Ich gab mir alle Schuld für ihre Gefühle. Ich konnte nicht wissen, was sie fühlte. Mein Vater wurde gerade mit einer Ambulanz in ein Krankenhaus gefahren. Ihre Panik galt nicht mir. Meine Mutti musste an diesem Abend meinen Vater, der über 40 Grad Fieber hatte, alleine in ein Krankenhaus fahren lassen, weil sie mich suchen musste. Sie musste mich über eine Stunde suchen, während sie nicht wusste, lebt ihr Mann - ist er tot ? Zu Hause angekommen, war mein Vater also nicht mehr da.

28.06.2010 15:55 • #44


Y
Teil II


Sie unterzog mich einer Leibesvisite. Sie überprüfte meine Unterwäsche - etwas Sekret, dass sich aus meiner Erregung bei meinem ersten Kuss dort angesammelt hat, schloss sie, dass ich S. gehabt hätte und glaubte mir eben nicht, dass es kein Sper. war, von dem ich nicht mal wusste, wie es aussieht. Die Situation eskalierte nun völlig. Ich konnte nicht mehr sprechen, ich bekam auch keine Luft mehr und meine Lippen wurden bald blau. Meine Scham und meine Schuldgefühle - sie stoppten meine Atmung, meinen Herzschlag. Mit stechenden Brustschmerzen wurde ich ins Auto gesetzt, wir fuhren zum Krankenhaus. Mein Vater war schon auf der Intensivstation. Jeder Arzt wurde gebeten, ihn abzuhören, niemand wusste, was er hat. Uns wurde keine Hoffnung gemacht. An mein Ohr drangen die Worte, er würde vermutlich sterben. Ich kann nicht in Worte fassen, was mit mir passiert ist. Ich suchte nur nach einer Möglichkeit, ihm mein Leben zu geben. Ich betete inbrünstig, der liebe Gott möge meinen Vater verschonen und mich nehmen. Ich fühlte, ich würde nie wieder unbeschwert sein. Meine Kindheit war wie weggeblasen. Die Welt tat sich auf, als bedrohlich und tragisch und voll von unentrinnbarem Leid. Ich konnte nur an eines denken: Mein Vater sollte sterben - und ich habe mich mit Schuld beladen.

Er ist nicht gestorben. Er war zwei Jahre im Krankenhaus - sein Herz war angegriffen. Statt ins Schwimmbad gings ins Krankenhaus. Meine Mutti entwickelte Depression. Ich gab mir nur noch die Schuld für alles. Alle waren unglücklich und ich war machtlos dagegen. Aber auch dieses Leid war noch nicht genug. Bei einer Katheteruntersuchung infizierte Vati sich mit Hepatitis C. Unheilbar. Tödlich. Meine Oma kam zu dieser Zeit ins Krankenhaus. In einer Not-OP wurden Galleblase samt über 50 Gallensteinen unterschiedlichster Form und umliegendes Gewebe entfernt. Meine Schwester und ich waren alleine zu Hause. Anruf. Wir sollten ins Krankenhaus kommen.

Ich bin das erste Mal so weit ohne Mutti mit der S-Bahn gefahren. Diagnose: Krebs. An ihrem Krankenbett stehend, verabschiedete Oma sich von meiner großen Schwester. Sie ging für ein Jahr nach Amerika. Meine Oma sagte ihr nun bewusst, für immer Lebewohl. Sie sollte Recht behalten. Meine Schwester hat meine Oma nie wieder gesehen. Dann kam die Chemo-Therapie. Nebenwirkungen... Irgendwann wusste sie einmal nicht mal mehr meinen Namen. Verlegung in verschiedene Krankenhäuser. Im letzten wurde sie dann völlig vernachlässigt, Verdacht auf Misshandlung. Meine Mutti hat unsere Oma dann zu uns nach Hause geholt. Ein Zimmer in ein Krankenhauszimmer umgebaut. Mit Krankenhausbett, einem Schrank voller Windeln. Omas Verdauung war dann schon tot. Manchmal riss die Narbe, und die Flüssigkeiten kamen raus. Einmal ist auch der Beutel geplatzt. Ich habe meinen Vater noch nie brechen sehen zuvor.

Sie wurde immer kleiner, ihr Haar immer weißer. Sie wurde immer durchscheinender. Irgendwann war sie sogar kleiner als ich. Es wurde Omas Sterbezimmer. Sie hatte sehr starke Schmerzen, auch mit Morphium. Auch Halluzinationen, Kriegserinnerungen. Manchmal hat sie Mutti genannt, wie ihre Schwester, die im Krieg vor ihren Augen von einer Granate zerfetzt wurde. Manchmal hat sie uns vor den Russen und den Gräueln, die sie an den Frauen begangen haben, gewarnt. Manchmal hat sie hunderte von Spinnen, die Wand runterlaufen geglaubt.

28.06.2010 15:58 • #45


Y
Teil III



Am Vorabend ihres letzten Tages, habe ich ihr ein letztes Mal Pudding gegeben. Am nächsten Morgen habe ich ihre Hände eingecremt. Von meinen Schulaufgaben erzählt. Oma hat geröchelt. Ich hatte das Gefühl, sie will mir etwas sagen. Leider hat sie das nicht mehr. Als ich von der Schule kam, war Oma tot. Meine Mutti hat eine Kerze aufgestellt, die ich im Ferienlager mit der Hand gezogen habe. Diese Kerze hat einen würdigen Einsatz gefunden. Ich war 14. Meine Mutti hat Oma gewaschen und ihr ein schönes Nachthemd angezogen. Ihre langen verbliebenen weißen Locken um den Kopf gelegt. Eine Locke haben wir ihr abgeschnitten, um sie zu behalten. Am Telefon habe ich es meiner Schwester gesagt. Sie war so viele Tausend Kilometer weg! Wir waren zu dritt auf Omas Beerdigung. Leider sah ich hinter der Kapelle den Leichenwagen, der Oma in einem Plastiksarg angefahren hat. Sie haben sie erst in der Kapelle in den Eichensarg getan. Das meine Oma ÜBERHAUPT in einem Plastiksarg gelegen hat, war nicht zu begreifen. Wir haben Fotos zusammengebunden mit Seidenschleifen. Die ganze vierköpfige Familie, ein einziges Foto nur mit unserem Hund war auch dabei. Wir haben die Fotos in ihre Hände gelegt. Ihre Nase war schon ganz eingesunken und spitz. Aber ihre Haare waren immer noch weiß und lockig. Während die Musik spielte, waren wir nur zu dritt. Ein ganzes Menschenleben lag da im Sarg – und nur drei Menschen saßen in der Kapelle, in der mehr als Hundert Menschen Platz gefunden hätten. Meine Vorstellung – dass auf einer Beerdigung hunderte Menschen in schwarz gekleidet weinen und alles voll ist mit weißen Rosen und seidenen Taschentüchern, sie entpuppte sich als Reinfall. Die Beerdigung war einfach nur einsam.

Wieder Telefonate Übersee. Nur selbst Glück zu empfinden, war doch schon Sünde. Nicht mal dem Massentrend Jugendweihe wollte ich folgen – einen Tag an dem es sich um mich dreht? Vater krank, Oma tot, Mutti unglücklich, Schwester weit weg? Ich kam mir klein und unbedeutend vor. Ich hatte gerade meinen ersten Freund, mit dem ich immerhin schon mal auf einer Couch einen Film im Fernsehen geschaut habe und der mir immer meinen Rücken mit Sonnencreme eingeschmiert hat. Als ich dann im Reitferienlager war, teilte er mir aber leider per Postkarte mit, dass er sich in eine andere verliebt hat. Naja. Das war nicht so schlimm, ich interessierte mich doch mehr für Pferde.

Als meine Schwester wieder nach Deutschland kam, sind sie gleich zu mir ins Reitcamp gefahren. Ich habe sehr geweint, als ich sie wiedersah. Leider war sie wie ausgewechselt. Damals verstand ich nicht, wie es eigentlich alles für SIE war. Nach diesem Jahr hat sie den Anschluss zu uns dreien nicht gefunden. Auch sie war randvoll mit Schuldgefühlen. Es folgten Jahre einer zerrütteten Familie. Ich konnte so vieles nicht begreifen, was denn die Ursache für alles Leid war. Meine Schwester und ich waren bald vollends zerstritten. Darüber wurde meine Mutter tief unglücklich. Ich gab mir immer wieder die Schuld. Die Rivalität zwischen uns Geschwistern war nicht mehr zu überbrücken.

28.06.2010 16:02 • #46


Y
Teil IV

Als ich mich dann mit 15 auch noch in ihren besten Freund verliebte, war alles zu spät. Wir wurden heimlich ein Paar. Beim Gassigehen mit dem Hund, habe ich mich heimlich mit ihm getroffen. Jemand aus meiner Familie ist mir heimlich nachgeschlichen und hat das Geheimnis gelüftet. In ihrer Wut, hat meine Schwester mir per Faustschlag die Nase gebrochen, als ich im Bett lag. Meine Mutti wollte nicht wahr haben, dass die Nase kaputt ist. Doch sie war sehr kaputt. Erst nachts sind wir ins Krankenhaus gefahren. Die Blutlachen auf dem Boden im Bad habe ich nie vergessen. Die Schmerzen auch nicht. Ich hatte damals den Eindruck, dass Mutti sauer ist, dass die Nase kaputt ist. Das ist Blödsinn. Ich habe fehlinterpretiert. Tage später musste die Nase operiert werden. Ich habe meine schönen langen Haare verloren. Sie sind mir büschelweise ausgefallen. Ich konnte nicht liegen, nur sitzen und kaum gehen. Monatelang habe ich Stützen in der Nase getragen. Die ersten Wochen auch Vollstopfen, Atmen nur durch den Mund. Alle Nachuntersuchungen waren schmerzhaft. Immer habe ich stumm geweint, die Krankenschwester meine Tränen aufgewischt. Immer ist Mutti mit reingekommen, dabei wäre ich lieber alleine gewesen. Ich konnte dagegen nichts tun – ich hatte Angst es könnte sie verletzen, wenn ich sie bitte draußen zu warten.

Nachdem die Nase einigermaßen zusammengeflickt war, bin ich von zu Hause abgehauen, mit meinem Freund (der ehemalig beste Freund meiner Schwester) zusammen gezogen. Ich habe die ersten Wochen jede Nacht geweint, weil ich meine Mutti im Stich gelassen habe und ich sie so vermisst habe. Die große Freiheit empfand ich nur noch als bedrückend und traurig. Als ich dann nach drei Jahren 18 wurde, ging ich immer tanzen, machte Bekanntschaft mit Alk. und lauter Musik und kam erst in den Morgenstunden nach Hause. Außerdem war ich wieder in ein Mädchen verliebt. Mein Freund schmiss mich raus. Zurück zu den Eltern. Dann habe ich irgendwie mein Abitur gemacht. Keine 1,X. Meine Eltern waren sehr enttäuscht. Meine Freundin war enttäuscht, als ich nicht mit ihr zusammenziehen wollte – ich konnte mich nicht von meinen Eltern lösen, ich wollte sie nicht noch einmal im Stich lassen. Sie hat Schluss gemacht, einen Tag vor meinem ersten Tag an der Uni. Sie hat mir das Herz gebrochen. Das war 2006.

28.06.2010 16:02 • #47


M
Hallo Yahila,
ich habe gerade Deine ganze Geschichte von Anfang bis Ende gelesen. Das muss ich erst mal sacken lassen...
Es tut mir leid, wieviele schlimme Erfahrungen Du in Deinem Leben schon machen musstest. Du konntest nichts dafür, das Leben ist manchmal einfach grausam und niemand weiß, wieso das alles einem (damals kleinen Mädchen) passieren muss. Bewundernswert, dass Du immer die Stärke hattest, Dich letzten Endes nicht unterkriegen zu lassen und dass Du weiter kämpfst!
Mach Dir das immer wieder klar - es gibt viele, die an irgendeiner Stelle aufgegeben hätten, Du hast es nicht - Respekt.

28.06.2010 19:53 • #48


Y
Also vielen Dank erstmal fürs Durchlesen, sind ja rund 3000 Wörter.

Zitat von Medica:
Es tut mir leid, wieviele schlimme Erfahrungen Du in Deinem Leben schon machen musstest.



Findest du? Ich habe es mir auch gerade nochmal durchgelesen und irgendwie finde ich es jetzt nicht mal mehr sooo schlimm.

Eigentlich schäme ich mich jetzt dafür, dass ich daraus so ein Ding mache - andere Menschen haben richtige Probleme

Ich habe es auch meinem Freund zu lesen gegeben - der hatte heute aber einen total blöden Therapietermin und hat dann beim Lesen abgebrochen, weil er nicht mehr wollte. Leider schäme ich mich jetzt wieder sehr.

Er ist heute zur Thera gegangen und die hat ihn nach fünf Minuten wieder vor die Tür gesetzt. Ein anderes Medikament hat sie ihm nicht gegeben, wieder das alte mit den vielen Nebenwirkungen und das mit dem S. - da sagt sie nur, dass könne bei der geringen Dosierung nicht sein (Frechheit!). Wir hatten zwar wieder S. und auch sehr schön, aber es ist eben weniger als früher und bedarf auch mehr Achtsamkeit, damit es soweit kommt. Dann hat sie ihm eine Überweisung gegeben für einen Analytiker (nächste Frechheit!). Zurecht fühlt er sich in eine Schublade gesteckt und nicht ernst genommen. Diese blöde Frau sollte für ihn da sein, ihm Fürsorge anbieten. Sie hat ihren Job ganz schön vermasselt. Jetzt werden wir einen neuen Therapeuten suchen und zur Analyse denke ich wird er nicht gehen.

Alles in allem ein blöder Tag heute.


Ich möchte ja eine Schematherapie machen - aber finde keine Nummer eines Therapeuten dafür. Die von der Gesellschaft für Schematherapie haben mir einfach nicht geantwortet. Darüber bin ich sehr traurig.

Hier im Forum weiß ich nicht mal in welches Forum ich mich als Kranke reinsortieren will - eine klassische Depression habe ich nicht und irgendwas über Schemata habe ich hier nicht gefunden.

Heute alles konfus.

28.06.2010 20:27 • #49


S
Hallo Yahila,

ich habe auch mit Interesse Deine Geschichte gelesen.

Und wieder ist mir bewusst geworden: Hinter jedem Mensch steht eine geschriebene Geschichte.
Jede Geschichte ist anders, aber man sollte nicht den Fehler machen und Die Geschichten in Schlimm und Nicht so schlimm einteilen.
Was schlimm ist, das bestimmt jeder Mensch selbst durch sein eigenes Empfinden.

Ich kenne aber auch die Gedanken, ob das, was ich erlebt habe, schlimm ist oder nicht. Ich glaube, das hängt mit der eigenen Wertschätzung und Akzeptanz zusammen. Sich zu erlauben, dass es schlimm sein darf, ist auch für so manche ein Entwicklungsprozess. Bei mir war es ähnlich.

Zitat von yahila:
Er ist heute zur Thera gegangen und die hat ihn nach fünf Minuten wieder vor die Tür gesetzt. Ein anderes Medikament hat sie ihm nicht gegeben, wieder das alte mit den vielen Nebenwirkungen und das mit dem S. - da sagt sie nur, dass könne bei der geringen Dosierung nicht sein (Frechheit!). Wir hatten zwar wieder S. und auch sehr schön, aber es ist eben weniger als früher und bedarf auch mehr Achtsamkeit, damit es soweit kommt

Es ist natürlich blöd, dass Dein Freund das alte Medilkament weiter nehmen soll. Aber mir ist gerade auch eingefallen, dass die S. Störungen auch mit der Krankheit Depression allgemein zu tun haben können.
Die Antriebslosigkeit, die als Symptom weitreichend bekannt ist, kann sich genauso gut auch auf die S. Lust übertragen. Vielleicht könnt ihr beide das ja erst mal so akzeptieren. Nebenwirkungen verschwinden meiner Meinung nach aber nach einiger Zeit der Medikamenteneinnahme oder sollten es zumindest.
Weißt Du, vorrangig für den Arzt ist erstmal die Besserung der depressiven Symptome. Leider haben viele Antidepressiva´s (oder alle?) unerwünschte Nebenwirkungen. Das finde ich übrigens auch schlimm. So sind manche Patienten dazu gezwungen, nicht nur Antidepressiva, sondern auch noch Medikamante gegen die Nebenwirkungen zu nehmen!

Wenn ihr doch trotzdem S. haben könnt, nur nicht so häufig oder mit längerem Vorspiel, so ist das doch auch schon mal was. Es gibt ja auch noch andere Möglichkeiten, es sich körperlich schön zu machen, oder?

Zitat von yahila:
Dann hat sie ihm eine Überweisung gegeben für einen Analytiker (nächste Frechheit!). Zurecht fühlt er sich in eine Schublade gesteckt und nicht ernst genommen. Diese blöde Frau sollte für ihn da sein, ihm Fürsorge anbieten. Sie hat ihren Job ganz schön vermasselt. Jetzt werden wir einen neuen Therapeuten suchen und zur Analyse denke ich wird er nicht gehen.

Ich weiß ja nicht genau, was Dein Freund alles schon mit seiner Therapeutin besprochen hat, aber warum findest Du es eine Frechheit, wenn er eine Überweisung zu einem Psychoanalytiker bekommt?
Ich gehe mal davon aus, dass Dein Freund bei ihr eine Verhaltenstherapie macht. Vielleicht hat die Therapeutin ja auch erkannt, dass diese Therapieform für ihn nicht geeignet ist. Vielleicht ist es ja notwendig, dass er erst mal an die Wuzeln seiner Krankheit und Verhaltensmuster geführt wird.
Wie gesagt, ich kenne ja die Frau nicht, aber Fürsorge kann auch bedeuten, dass sie ihn an einen Kollegen überweist, der eine andere Therapieform anbietet, weil es für ihn erst mal am besten ist.

Ich habe übrigens auch noch nie eine Verhaltenstherapie gemacht. Ich hatte vor 4 Jahren eine Kurzzeitgesprächstherapie und mache seit über zwei Jahren eine Psychoanalyse. Bisher fühle ich mich damit noch gut und ich habe diese Therapie auf Anraten eines Instituts begonnen, die mir auf die Frage, welche Therapieform für mich am geeignesten ist, dazu geraten haben.

Aber natürlich sollte jeder Patient auch das machen, womit er sich wohl fühlt.

Schematherapie finde ich übrigens auch interessant. Ich wünsche Dir, dass Du noch einen geeigneten Therapeuten findest.

Und ich wünsche Dir, dass der Tag mogen nicht so blöd wird wie der heutige!

29.06.2010 00:02 • #50


Y
Liebe Sonne,


wiedereinmal Dank für deine Mühen und deine liebevolle Antwort!


Als erstes möchte ich die Sache mit meinem Mann nocheinmal erklären:


Die Therapeutin hatte ihm zu allererst nur Medikamente verschrieben und seine Probleme angehört. Dann hat sie gesagt, in drei Wochen sehen wir uns wieder. Desweiteren sollte er einen emotionalen Lebenslauf schreiben. Er kam sehr geklärt und aufgeräumt wieder und war recht happy, einen Ansprechpartner für seine Probleme gefunden haben. Auch hat sie ihm ein paar Probleme verdeutlicht: Vor allem sein mangelndes Intresse an Dingen, die nicht mir der Arbeit zu tun haben.

Diese Woche jetzt ist wieder sehr schlimm für meinen Mann, da er auf der Arbeit sehr große Ansterngungen und Prüfungssituationen hat. Demenstrepchend hatte er auch eine Erwartungshaltung an den Therapietermin, dass er dort ein offenes Ohr und Unterstützung findet. Ich weiß auch, dass er einige Punkte hatte, die er besprechen wollte. Sie hat ihn aber leider nicht angehört. Er konnte diese Punkte nicht besprechen und wie gesagt, ist er mit dem Medikament nicht einverstanden und da hat sie ihn einfach untergebuttert. Ich persönlich denke, die Lösung liegt in jedem Menschen selbst. Sie hat ihn leider nicht mit einbezogen, was er denn für eine mögliche Lösung hält / welche Therapieform er sich wünscht. Er ist ja nun nicht plemplem, er setzt sich ja mit sich und den Möglichkeiten der Hilfe auseinander. Dass SIE das einfach so entscheidet, WANN und bei WEM er weitermacht, ehrlich gesagt, halte ich das nicht für hilfreich. Im Gegensatz zu körperlichen Erkrankungen wie einen Leberschaden, wo man zum Hepatologen überwiesen wird und man selber nicht viel dazu tun kann, außer seine Medikamente zu nehmen, kann und sollte man doch bei einer Psychotherpie den Prozess gestalten und daran mitwirken.

Er ist der Psychoanalyse gegenüber nicht so interressiert eingestellt, wie zum Beispiel der Verhaltenstherapie. Ich frage mich, inwieweit es sinnvoll ist, den Patienten für unmündig zu erklären und dann die Entscheidungen für ihn zu treffen. Auch warum sie ihn nicht wenigstens mal gefragt hat, wie es ihm denn ginge, und wie es ihm seit dem letzten Termin ergangen ist, verstehe ich nicht. Er versteht das auch nicht und ich muss auch leider feststellen, dass dies für seine Haltung, sich Hilfe zu suchen, nicht gerade förderlich war. Er hat sich selbst die Frage nämlich gestellt und dafür Antworten gesucht und die Frau wollte von all dem nichts wissen. Und inwieweit das Medikament ihm Probleme bereitet, dass muss er doch wissen, da kann sie nicht sagen: Das kann nicht sein. Basta. Nun hat er sich durchgerungen, sich helfen zu lassen und dann hat er sich gestern ernsthaft gefragt, ob das die Frau überhaupt intressiert. Heute gehts ihm auch wirklich nicht gut und er nimmt wieder Verhaltensweisen dann, dass ich denke dass er auf dem Weg ist, seine Probleme wieder zu verneinen und die Augen zu verschließen.

Seine Beschwerde geht vor allem dahin, dass er das Gespräch gesucht hat und motiviert ist, nach Möglichkeiten zu suchen, wie er Genesung erfahren kann, kurz um, er therapiewillig ist. Und er fragt sich, warum er, damit er besser schlafen kann, die Nebenwirkungen eines Psychopharmakons in Kauf nehmen muss, wenn es eine Schlaftablette auch getan hätte. Ganz ehrlich, ich kann ihn da verstehen. Und das mit dem S. ist wirklich schlimmer, als du dir vorstellst. Man fragt sich einfach nur, WARUM, wenn das Medikament nur dazu da ist, dass er besser einschlafen kann. Seine Depression wurde von dieser Frau nämlich nicht behandelt, nur die Schlafproblematik

Ich hoffe wirklich, dass er den Willen und den Mut zur Therapie nicht verloren hat.


Mir gehts heute ein wenig besser und ich hoffe noch etwas für mich heute zu schaffen. Das mit der Schematherapie, am liebsten würde ich gleich loslegen, doch leider warte ich immer noch auf Nummern und wer weiß, wie lange ich überhaupt auf einen Platz warten kann. Deswegen habe ich noch ein paar andere Nummern rausgesucht. Falls ich keinen Platz für eine Schematherpaie kriege, ich will jetzt endlich was machen. Nun geht bei mir die Prüfungszeit los und ich habe Panik, dass ich wieder an mir selbst scheitern werde.





Ich grüße euch herzlich, meine lieben Mitleser, es ist so hilfreich, dass ihr da seit !


Für Sonneblume und Medica herzliche Umarmungen und noch mals vielen, vielen Dank!

29.06.2010 14:40 • #51


Y
Im Griff



Die Arbeit hat IHN wieder voll im Griff.


Die Zwänge haben MICH wieder voll im Griff.


01.07.2010 00:11 • #52


S
Hallo yahila,

es ist gut, dass Du jetzt nochmal näher die Situation zwischen Deinem Freund und der Therapeutin beschrieben hast. Da kann man sich ein ganz anderes Bild machen.

Ich gehe aber mal davon aus, dass die Frau, zu der Dein Freund geht, eine Psychiaterin oder Neurologin ist.
Zumindest lässt sich das daran erkennen, dass sie Medikamente verordnen kann und die Besuche nicht so regelmäßig (z.b. einmal wöchentlich) stattfinden und die Zeit so kurz ist und sie ihm eine Überweisung zu einem Analytiker gegeben hat. Überweisungen stellen nur Ärzte aus!
Ein Gespräch bei einem Therapeuten dauert ca. 50 min.

Dass diese Ärztin ihn natürlich nach 5 Minuten schon wieder nach Hause geschickt hat, ohne seine Probleme, mit denen er gekommen ist, anzuhören, ist natürlich sehr unhöflich. Selbst ein Psychiater sollte sich wenigstens eine Viertelstunde Zeit nehmen, soviel zahlt zumindest die Krankenkasse.
Seine Beschwerden im Zusammenhang mit seinem Medikament so abzutun, ihn quasi nicht ernst zu nehmen, geht auch nicht! Das ist nicht das, was Patienten sich wünschen und was sie brauchen!

Dass ihr Euch jetzt nach einem neuen Arzt umsehen wollt, ist mehr als verständlich.

Falls es so ist, dass sie eben keine richtige Therapeutin ist, dann sollte Dein Freund sich tatsächlich Gedanken machen, sich um eine Therapie zu kümmern. Wenn er auch keine Analyse machen möchte, dann eben eine andere Form.
Im Rahmen einer richtigen Therapie bekomt er die Möglichkeit, regelmäßig dort hin zu gehen und hat dann auch genügend Zeit (meistens 50 min), um seine Probleme zu besprechen.

Ich hoffe, dass er durch dieses Erlebnis jetzt nicht den Mut und die Lust verloren hat, weiter zu machen!

Du schreibst von Deinen Zwängen, wie sehen denn Deine Zwänge aus?
Schreib natürlich nur, wenn Du auch magst!

Eine wunderschöne Nacht für Dich!

01.07.2010 01:59 • #53


Y
Liebe Sonne,


es tut sehr gut in deinen Worten Bestätigung zu finden.


Was ich heute akut schlimm finde, ist, dass er sich nicht meine Geschichte durchgelesen hat. Am Montag hat er gesagt, er kann jetzt nicht, weil er so fertig ist von dem Termin bei der Psy. und er kanns nicht ertragen.

Aber er hats nicht nachgeholt ! Das kann nicht nicht verstehen! Nun habe ich wütend die Blätter in Stücke gerissen und in den Papierkorb entsorgt. Da liegt sie nun. Meine Geschichte. Und er lebt einfach weiter. Hat wieder riesige Erfolge auf der Arbeit gehabt und von allen Seiten Lob geerntet und neue internationale Kontakte geknüpft (ich kanns nicht mehr hören !) und meine Geschichte, die sieht halt nicht so rosig aus und darum liegt sie im Papierkorb. Er glaubt doch selbst nicht, dass aus mir irgendwas wird. Das es sich überhaupt lohnt, sich mit mir zu befassen, dass er einfach kein Intresse hat, es zu lesen... Ich begreife es nicht ! Ich hatte darauf gebrannt zu lesen, was er für die Psyxx..in geschrieben hat. Und das war eigentlich nen tabellarischer Lebenslauf.

Es zerreißt mich vor Enttäuschung, deswegen kann ich gerade über nichts anderes schreiben.

01.07.2010 12:21 • #54


M
Liebe Yahila.

ich kann nicht nur verstehen, was gerade in Dir vorgeht, sondern ich kann das auch genau nachfühlen. Mein Freund hat solche Dinge auch schon oft vergessen - bzw. sagt er dann, genau wie Deiner !, dass ihm das JETZT einfach zu viel ist, weil er nicht mehr kann - Da blockt er meine Probleme einfach ab wie eine Betonwand. Nur - später kümmert er sich auch nicht mehr drum. Das hat mich schon genauso verletzt wie Dich - und es hat mich auch unheimlich wütend gemacht. Wütend deshalb, weil ich das Gefühl hatte, es geht immer nur um IHN, seine Probleme, seine Erfolge - und was mit mir ist, dafür reicht dann lapidar seine Kraft halt nicht mehr. Diese Entschuldigung konnte und kann ich nicht akzeptieren, denn es darf nicht zu einer Generalentschuldigung für alles werden. So wird aus der Beziehung eine einseitige - der eine gibt, der andere nimmt. Das Problem habe ich ja auch mit meinem Freund... Immer wieder. Ganz schlechte Basis.
Selber wird man wütend, weil die eigenen Bedürfnisse und Probleme gar nicht zu interessieren scheinen, andererseits plagt einen manchmal auch das schlechte Gewissen, weil man von einem Menschen, der vielleicht wirklich nicht mehr kann, nichts fordern möchte. Aber man ist sich eben nicht sicher - KANN er wirklich nicht, oder WILL er nur nicht und redet sich raus... Und irgendwo fängt man dann an ihn zu schonen, denkt sich, ich kann ihn jetzt vielleicht nicht auch noch mit meinen Problemen belasten, wo es ihm wirklich nicht gut geht. Ich bin die Stärkere, ich muss das mit mir selber ausmachen. Aber das geht nicht auf Dauer in einer Beziehung.
Deswegen, liebe Yahila: Fordere es von ihm ein, dass er Deine Geschichte liest. Das solltest Du Dir selber wert sein. Du bist eine starke Frau die ihn mit Sicherheit an vielen Punkten unterstützt, da hast Du es auch verdient, dass er sich mal mit Dir und DEINEN Problemen, Deiner Geschichte beschäftigt. Es ist wichtig für Dich, sonst hättest Du nicht so viel geschrieben, also sollte es ihm auch wichtig sein, das zu lesen.

Du schreibst:
Zitat:
Er glaubt doch selbst nicht, dass aus mir irgendwas wird. Das es sich überhaupt lohnt, sich mit mir zu befassen, dass er einfach kein Intresse hat, es zu lesen...

Sagt er das WIRKLICH, oder glaubst Du nur dass er so denkt?
Und: Denkst Du selber auch so über DIch? Dass aus Dir nichts wird?
Ich habe DIch hier als Frau kennengelernt, die schon einiges im Leben einstecken musste und die sich trotzdem nicht scheut, sich der erneuten Herausforderung eines komplizierten / depressiven / suchtkranken Mannes zu stellen - Du hast nicht aufgegeben, Du kämpfst weiter, und das alleine verdient schon Respekt und Hochachtung. Den darfst Du auch fordern! Du klingst ganz und ghar nicht wie eine Frau, aus der nichts wird oder mit der es sich nicht lohnt, sich zu befassen - ganz im Gegenteil. Lass Dir das bloß nicht einreden!!!

Wenn er, statt sich für Dich und Deine Geschichte zu interessieren, von Erfolgen und Lob aus dem Büro berichtet und damit prahlt (zumindest hört es sich so an), dann tut er mir leid - wie kann man denn so unsensibel sein. Er muss doch merken, wie es Dir dabei geht - oder nicht?

Nochmal: Du hast es verdient, dass er Dich und Deine Geschichte anders behandelt. Mit mehr Wichtigkeit, und mit mehr Respekt!

01.07.2010 15:51 • #55


Y
Vielen Dank für deine hilfreiche Antwort, denn ich bin sehr aufgeschmissen heute.


Ja, ich denke wirklich, in ein paar Jahren schlafe ich unter einer Brücke so unter dem Motto. Ich habe eben diese Zwänge, dass ich zwanghaft mein mögliches Bestehen im Leben kaputt rede. Ich nehme mich eben so zwanghaft zurück, dass es auch schon vorkommt, morgen ist Prüfung und ich habe geputzt und gekocht und für jemand anderes Dinge erledigt wie zur Post gehen. In der verbleibenden Nacht habe ich dann soviel gelernt dass es manchmal für eine 4,0 gerreicht hat, manchmal aber eben auch nicht. Ich habe extreme Zwänge, dass ich es nicht schaffe, meinen Alltag nach meinen BEDÜRFNISSEN zu gestalten. So hat meine Mutter immer um zehn das Licht ausgemacht, alle sollten schlafen. Es ist für mich heute sehr schwer, über die 22 Uhr abends hinaus etwas aktives zu machen, also etwas anspruchsvolleres als Bügeln, weil ich einfach immer 22 Uhr ins Bett gegangen bin. Um im Studium aber gut zu sein, müsste ich das schonmal machen. In meiner Familie wird immer geschimpft, weil ich so schlecht im Studium bin und ich leide im Studium, was ja ein gewisses Maß normal ist. Ich leide, weil ich den verdammten Kopf für dieses Studium habe, ich verstehe alles und interessiere mich für alles, ich finde aber nicht die Kraft meinen Alltag nach meinen Bedürfnissen zu gestalten, denn Bedürfnisse habe ICH nicht, die haben nur andere .
Wenn ich nicht anfange, mein Leben nach MEINEN BEDÜRFNISSEN zu leben, dann wird sich das mit der Brücke vielleicht auch mal bewahrheiten. Bisher reichen meine Fähigkeit, zu tun was ich will, einfach nicht über Hausfrau und evtl. Mutter hinaus.

Ich lebe immer im Leben der anderen.


Und ich geh ihn jetzt mal krass mit meiner Geschichte nerven. Ich bin nämlich gerade wieder zwanghaft leise, damit er sein Nachmittagsschläfchen halten kann, obwohl ich eigentlich meine Audio-Spanisch-Aufgaben hören will.

01.07.2010 17:22 • #56


M
Zitat von yahila:


Und ich geh ihn jetzt mal krass mit meiner Geschichte nerven. Ich bin nämlich gerade wieder zwanghaft leise, damit er sein Nachmittagsschläfchen halten kann, obwohl ich eigentlich meine Audio-Spanisch-Aufgaben hören will.


Richtig so!!!!
Schreib mal, wies war und ob er irgendwas verstanden oder eingesehen hat.
Und: Du gehst ihn nicht krass nerven.
Sondern Du forderst die Aufmerksamkeit ein, die Dir auch gebührt - oder gebühren sollte, von dem Menschen, der sagt, dass er DIch liebt!

01.07.2010 20:22 • #57


Y
Er hat sie nicht gelesen. Und mittlerweile will ich das auch gar nicht mehr. Es ist ein generelles Problem, dass er meistens über seiner Arbeit hängt ( oder über einem Schachspiel ) und dass ich mir dann sehr mühe geben muss, sein Gehör zu finden.

Ich sage oft: Bitte lege das MacBook weg und schau mich bitte an wenn ich mit dir rede. Ich fühle mich sonst nicht ernst genommen. BLA BLA BLA

Ich kann mich ja da selbst nicht mehr hören, ich ertrage es nicht mehr! Ich-Botschaften zum Teufel ! Ich höre mich an wie eine alte Öko-Zippe (Maaaarvin, Ich möchte, dass du den toten Vogel aus dem Mund nimmst, weil ich mich um deine Gesundheit sorge!!!

Wenn er Lust auf Kuscheln oder Reden hat, dann lege ich immer alles beiseite und habe Zeit. Nur andersherum ist es oft ein Kampf. Mir kommt es einfach so vor, als ob er mir immer verdeutlichen will, dass er ARBEITEN muss. Aber das weiß ich doch. Niemand weiß besser als ich, wieviel er arbeitet. Und wieviel Erfolg er damit hat. Ich halte mich selbst nur noch für ein Häufchen SCH*****, weil ich überhaupt keinen Erfolg habe und wenn ich ein wenig Aufmerksamkeit wünsche, dann muss ich oft zuerst mit seinem Erfolg konkurrieren. Ich schaffe es bisher gar nicht mehr, überhaupt daran zu glauben, dass ich jemals mein Studium fertig kriege und jemals arbeiten werde. Dafür bin ich einfach zu nichtig. Zu unbedeutend. Erst recht in der Welt der Wissenschaft, in der Erfolg alles ist.

Das einzige, was wieder funktioniert ist S. - er hat gestern die Tablette nicht genommen und dann war heute alles wie früher.

Aber das tröstet mich nun auch nicht mehr - ich bleibe heute wieder in meinem Bett.


Danke Medica, tut gut, dass du da bist.

01.07.2010 21:14 • #58


S
Liebe yahila und liebe medica,

ich möchte Euch beiden gerne eine Frage stellen, wenn ich darf.

Könnte es sein, dass Eure Partner unter einer narzistischen Persönlichkeitsstörung leiden?
Ich hoffe, diese Frage ist Euch nicht zu intim.

Ich stelle sie Euch deswegen, weil ich mich vor kurzem sehr intensiv mit dieser PS beschäftigt habe.
Ich hatte den Verdacht, dass der Mann, mit dem ich so arge Probleme hatte (steht in meinem TB), unter eben dieser Störung leidet. Das würde er natürlich nie zugeben, weil er sehr selbstherrlich und auch sehr selbstbezogen ist, e3r hat einfach IMMER recht! Ich fand seine Reaktionen und seine Verhaltensweisen so krass, dass ich gedacht habe, irgendwas muss da sein, denn normal fand ich es nicht.

Ich bin mittlerweile zu 95% der Meinung, dass ich recht habe, obwohl ich Laie bin und mir gar nicht anmaßen kann, eine Diagnose zu stellen.

Ich habe starke Ähnlichkeiten zumindest zu Medicas Partner gesehen, deshalb interessiert es mich.
Ich habe auch schon zwei mal Beiträge von Schneefrau in Deinem TB, liebe Medica, gelesen, die auch diese Persönlichkeitsstörung erwähnt hat und Dir glaube ich auch diese Frage schon gestellt hat.

Wenn es tatsächlich zutrifft, dann ist mir auch sehr klar, warum Eure Beziehungen so schwierig sind,
Ich glaube, es ist eine tatsächliche Herausforderung, mit solch einem Menschen eine Partnerschaft zu führen.

Über eine Antwort würde ich mich freuen, aber wenn es Euch zu intim ist, kann ich das auch sehr gut akzeptieren!

Ein lieber Gutenachtgruß für Euch beide!

Yahila, ich hoffe, es ist O.K., wenn ich Dein TB benutzt habe, um auch Medica diese Frage zu stellen.

02.07.2010 00:08 • #59


A


Hallo yahila,

x 4#30


M
Sonnenblume,
ich kann gerade gar nichts sagen und nur stumm auf mein topic zeigen - er ist heut abend völlig ausgeklinkt, rausgerannt mit den Worten ich gehe endgültig! und ich weiß nicht wieso - ich weiß nur, dass er natürlich im Recht ist und ich Schuld haben soll, obwohl ich nichtmal weiß was eigentlich passiert ist
Mehr sage ich dazu nicht.... *Tränchen kullern lass*

Nachtrag: Ich habe mal im Internet gestöbert zur narzistischen Persönlichkeitsstörung - ich denke nicht, dass das passt. Er hat eher einen Minderwertigkeitskomplex, meint, dass ihm alle Welt unrecht tut und dass er sich nicht wehren darf gegen dieses Unrecht.
So nach dem Motto, andere dürfen sich falsch verhalten mir gegenüber und werden dafür auch nicht bestraft - nur, wenn ICH mich dann gegen dieses Unrecht wehre, dann werde natürlich ICH bestraft. Ich armer Tropf. Ungerechte, grausame Welt.

Ach, ich weiß es doch auch nicht.

02.07.2010 00:11 • #60

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