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Ich bin wieder hier- oder doch nicht?

W
In meinem letzten Post hatte ich geschrieben: Rente ist nicht mein Problem. Nun ja, jetzt doch. Heute erhielt ich einen Brief von der Agentur f. Arbeit( bin seit August ausgesteuert), dass ich keine 15 Stunden pro Woche mehr leisten kann und ich deshalb Erwerbsminderungsrente beantragen muss. Das ist für mich der Dolchstoß. Vielleicht wissen einige von euch, dass ich mich über die Arbeit definiere, dass das praktisch mein Lebensinhalt ist. Und jetzt. Ich tauge nicht mehr dafür.
Vielleicht denken jetzt einige: ich hätte mir eher Alternativen suchen sollen, okay- habe ich nicht.
Jetzt ist alles kaputt ich fühle mich ohnmächtig und hilflos wie damals
Trigger

als mein ältester Bruder mich missbrauchte, und ich das über mich ergehen lassen musste. Es wurde etwas mit mir gemacht und ich konnte mich nicht wehren [trigger]


Jetzt lohnt es sich wirklich nicht mehr zu kämpfen.

08.11.2023 22:35 • x 1 #91


Wuslchen
Liebe wozu, ich verstehe dich, ich verstehe dich sehr sehr gut. Arbeit definiert uns, gerade wenn wir anders niemals echte Anerkennung erfahren haben.
Aber wann hättest du dich um einen anderen Job bemühen sollen? Du hattest einen SV und warst in der Klinik! Du kämpfst damit jeden Tag überhaupt durchzuhalten! Wie sollst du da an Arbeit denken können?
Ich weiß, dass du dich dafür verurteilst, aber glaube mir, das tut hier von uns keiner und die Aussage du würdest nicht mehr für eine Arbeit taugen kommt ganz sicher nicht aus dir selbst heraus - sondern von etwas, das du vor sehr sehr langer Zeit so tief in dich aufgenommen hast, dass du es verinnerlicht und jetzt übernommen hast. Das bist nicht du, das ist nicht deine Meinung von dir. Du und dein trotz allem vorhandener Überlebenswille, das ist das Suchen nach Hilfe - immer und immer wieder. Das bist du! Nicht diese fiesen Stimmen in dir, die dich ständig schlecht machen.
Das brauchst du mir auch gerade gar nicht glauben, lass es einfach so stehen.

So. Und dann zur Rente. Keine 15 Stunden mehr pro Woche heißt nicht, dass du gar nicht mehr arbeiten darfst. Ich bin ebenfalls in die volle Erwerbsminderungsrente geschickt worden, obwohl ich nur die Teil-EM-Rente beantragt hatte. Ich wollte auch weiter arbeiten, aber erst haben sie sie ständig abgelehnt und als ich dann total zusammengebrochen bin, hieß es auf einmal ab in die volle Rente. Von 100 auf 0, die absolute Vollbremsung und das durfte ich erstmal verdauen.
Aber es geht. Du darfst arbeiten. Einen Minijob mit maximal 3 Stunden pro Tag (genaugenommen 2 Stunden 59 Minuten... ). Ich habe eine Arbeit gefunden für 2 Stunden täglich, 5 Tage die Woche = 10 Stunden pro Woche. Und das kann ich mir bei dir ebenfalls gut vorstellen - besser vielleicht sogar als eine Wiedereingliederung; weil eine Wiedereingliederung eine stetige Steigerung der Arbeitszeit und damit auch -belastung bedeudet, ein Minijob hingegen ist kontinuierlich erstmal nur ganz wenig. Das kann dich deutlich weniger überfordern. Und wenn du irgendwann mehr arbeiten kannst und das auch tust, dann kannst du immer eine neue Begutachtung beantragen und die Rente beenden.
Aber die jetzt zu beantragen und im besten Fall auch zu bekommen würde bedeuten, dass du erstmal durchschnaufen könntest. Und dir dann in Ruhe Gedanken machen könntest was du möglicherweise arbeiten willst und wie viel; und das dann einfach mal ausprobieren. Ohne Druck gleich wieder rauszufliegen, denn einen Minijob hast du schnell gefunden.

Ui, so viel Text war gar nicht geplant, ich hoffe das war jetzt nicht zu viel. Alles Liebe auf jeden Fall für dich!

Und doch noch ein kleines P.S.: Ja, du fühlst dich gerade so hilflos und ohnmächtig wie damals, auch das habe ich exakt so erlebt und das ist jetzt gerade da, keine Frage. Und doch ist das ein Gefühlstsunami, der nicht ewig anhält. Vertrau mir, dieses dich gerade voll überspülende Gefühl lässt wieder nach. Nicht jetzt, vermutlich nicht mehr heute und vielleicht auch nicht in den nächsten paar Tagen - aber es wird trotzdem Stück für Stück ein klitzekleines Bisschen abebben. Weil diese krassen Zustände im Körper gar nicht so lange aufrechterhalten bleiben können. Das Schwierigste ist das jetzt im Moment auszuhalten. Vielleicht hilft es dir dabei dir immer wieder zu sagen, dass das nicht so schrecklich bleibt, das wünsche ich dir zumindest, deswegen hab ich dir das geschrieben.

08.11.2023 23:43 • x 6 #92


A


Hallo wozu,

Ich bin wieder hier- oder doch nicht?

x 3#3


hlena
Ich bin derselben Meinung wie@ wuslchen.
Die Erwerbsminderungsrente+ Minijob ist besser als die Wiedereingliederung.

08.11.2023 23:52 • x 1 #93


Blütenstaub
Zitat von Wuslchen:
Liebe wozu, ich verstehe dich, ich verstehe dich sehr sehr gut. Arbeit definiert uns, gerade wenn wir anders niemals echte Anerkennung erfahren ...

So wunderbar geschrieben. Danke!
Ich schließe mich an!

10.11.2023 03:06 • x 1 #94


W
Liebe Wuslchen und die anderen,
vielen Dank.
Es mag vielleicht richtig sein, was du geschrieben hast, dennoch fühle ich mich so hilflos und ausgeliefert wie damals. Es wird etwas mit mir gemacht, was ich nicht verstehe.
Heute war es wieder so schlimm, dass ich mich selbst verletzen musste, vielleicht aber auch gut, denn ich bin auch dabei, einige Sachen zusammen zu suchen.
Ich kann nicht mehr .
wozu

11.11.2023 01:39 • #95


Wuslchen
Zitat von wozu:
fühle ich mich so hilflos und ausgeliefert wie damals

Ich weiß, ich kenne dieses Gefühl...

11.11.2023 09:16 • x 1 #96


W
Ihr Lieben,
vielen Dank!
Zur Zeit verschiebt sich mein Tag-Nacht-Rhythmus immer weiter nach hinten. Heute war ich wieder bei meiner Psychiaterin, die ich für mich auch ganz gut finde, sie ist offen und ehrlich zu mir. Ich war noch ziemlich müde, weil es am späten Vormittag war und ich noch nicht so lange wach war. Es war ein anstrengendes und gutes Gespräch. Die Wiedereingliederung ist erst mal vom Tisch (ich könnte es jetzt auch nicht).
Dann wollte ich das Lithium absetzen, da kam aber ein energisches Nein. Sie hat mir schon erklärt, was das Lithium bewirken soll, aber ich spüre das nicht. Die Spitzen nach unten gehen viel zu tief.
Ich kaue noch an dem Satz: Ich habe selten eine Frau erlebt, die sich so negativ sieht und so sehr selbst zerstört - Als sie das sagte, schnürte sich mir der Magen um, denn sie meinte mich. Ich versuchte, das noch zu relativieren, aber im Innern spüre ich sehr deutlich- ja- ich sehe nichts Positives in mir und möchte nicht mehr da sein (zerstören?).
Ja, und dann hatte ich noch das Gefühl, dass sie das nervt, dass ich so negativ bin und manchmal denke ich auch, ich nerve euch auch und würde auch gern mal was Positives schreiben. Es bleibt verzwickt.
wozu

15.11.2023 03:52 • x 4 #97


hlena
@wozu
Mag sein,daß du vieles negativ siehst und besonders in der Vergangenheit negativ gesehen hast.
Das gehört aber zu den Symtomen der Krankheit.
Manche Erkrankung verläuft eben schwerer als die andere.
Positiv finde ich aber,daß du dir Hilfe suchst,dich durch alles durchbeißst und uns über deinen Verlauf informierst.

15.11.2023 12:25 • x 4 #98


Lost111
Zitat von wozu:
Ja, und dann hatte ich noch das Gefühl, dass sie das nervt, dass ich so negativ bin und manchmal denke ich auch, ich nerve euch auch und würde auch gern mal was Positives schreiben. Es bleibt verzwickt.

Liebe @wozu ,

du sagtest doch, dass es ein gutes Gespräch war. Jeder Krankheitsverlauf ist anders. Da kann man nichts erzwingen.

Und - du nervst hier überhaupt nicht! Schlag dir das mal bitte ganz schnell wieder aus dem Kopf!
Schreib alles so, wie du es fühlst. Und wenn da nichts Positives bei ist - so what.

LG Lost111

15.11.2023 21:09 • x 3 #99


Ell
Es ist dein Ort und du nervst natürlich nicht!

16.11.2023 13:13 • x 1 #100


W
Ich hatte mal gefragt, ob es noch weiter nach unten gehen kann?
Heute habe ich es erlebt- Heute bekam ich die Ablehnung auf meinen Widerspruch. Meine Therapie wird also definitiv nicht bewilligt.
Ich weiß echt nicht mehr weiter.
Da kämpfe ich, versuche Selbstfürsorge zu betreiben- wozu, wenn mir die notwendige Hilfe doch versagt wird?
wozu

17.11.2023 18:22 • #101


Wuslchen
Also das ist echt unfassbar! Was brauchen die Gutachter bitte noch, um eine Bewilligung zu erteilen?!?
Aber trotzdem ist das nicht das Ende, dein/e Therapeut/in kann dagegen vorgehen, dann wird es erneut geprüft und geht danach meistens durch. Weißt du warum sie abgelehnt wurde? Spontan könnte ich mir vorstellen, dass sie sagen die Therapie ist zu wenig erfolgreich, dagegen ließe sich aber sehr leicht argumentieren, dass es ohne noch deutlich schlimmer wäre und es hier primär um eine Stabilisierung und nicht zwingend Verbesserung geht - schließlich bist du phasenweise extrem suizidal. Aber besprich das in der Therapie, dann bin ich zuversichtlich, dass du die Bewilligung noch bekommst; wenngleich natürlich ein kleines Restrisiko bleibt. Ach Mensch, ich drücke dir soooo sehr die Daumen und bitte bitte nutze diesen Ort hier für dich, du nervst absolut nicht!

17.11.2023 22:10 • #102


hlena
Ich drück dir auch die Daumen,bleib dran!

17.11.2023 23:47 • #103


W
Die Nachricht von der Ablehnung der Therapie ist etwas gesackt, aber dennoch bin ich immer noch irgendwie im Schockzustand und handlungsunfähig.
Ich habe absolut keinen Schimmer, wie es für mich weiter gehen kann und habe auch kein Kraft mehr zu kämpfen.
Das Einzige , was mir etwas den Druck nimmt und ich keine impulsiven Taten im Sinne von Suizidhandlungen begehe ist das SVV.
Wenn ich das mache, fühle ich mich wenigstens etwas.
Ansonsten kann ich nur sagen: Ich kann nicht mehr.
wozu

21.11.2023 23:50 • #104


hlena
Was ist denn SW?

22.11.2023 00:10 • x 2 #105


Lost111
Trigger

SVV = selbst verletzendes Verhalten.

22.11.2023 00:11 • x 2 #106


W
Ich habe nun für mich beschlossen, dass ich eine Zeitlang die Therapie bei meiner ehemaligen Therapeutin selbst finanziere. Das ist zwar ein gehöriger Kraftaufwand, aber ich möchte wirklich nicht mehr in die Klinik und ich erhoffe mir dass ich durch die Therapie weitere Klinikaufenthalte vermeide.
Ich glaube, es ist eine gute Entscheidung.
Seit einigen Tagen habe ich abends immer ein großes Angstgefühl. Ich kann nicht einordnen, woher es kommt. Es ist sehr unangenehm, schnürt mir den Magen zu und führt zu Luftnot. Zuerst habe ich gedacht, es kommt daher, dass ich ein Schriftstück, das ich für einen Antrag an meine geliebte Krankenkasse gebrauche nicht finde, aber das ist es nicht, ich kann es nicht einordnen und bin sehr verunsichert.
wozu

29.11.2023 01:26 • x 3 #107


W
Gestern hatte ich die erste selbst finanzierte Therapiestunde. Ich fand es für mich auf der einen Seite sehr vertraut (es ist ja bei meiner ehemaligen Therapeutin), auf der anderen Seite sehr anstrengend.
Zunächst habe ich erzählt, was in den letzten Monaten passiert ist, und dass ich mich mehrmals so ausgeliefert und ohnmächtig fühlte wie damals bei meinem Missbrauch.
Dann erzählte ich von meinen Ängsten und dass ich noch nicht einordnen kann, woher sie kommen, ja und dann habe ich auch über meinen Suizidversuch und die SVV berichtet.
Während der Erzählungen habe ich mehrmals dissoziiert, das ist mir schon sehr lange nicht mehr passiert.
Schwerpunktmäßig wollen wir jetzt angehen: wie kann es mir gelingen, meine selbstzerstörerischen Anteile und meine Anteile des Leben wollens (der wesentlich kleiner ist) in ein ausgewogenes Gleichgewicht zu bekommen. Ich lasse mich auf den Weg ein, spüre aber, dass es ein schwerer Weg ist.
wozu

05.12.2023 20:52 • x 5 #108


O

05.12.2023 22:58 • x 1 #109


W
Der Grat, auf dem ich wandle wird schmaler. In den letzten Wochen häufen sich vermehrt die S*****Gedanken und werden sehr präsent. Da ich aber alle 2 Tage einen der Termin habe, der mit meiner Erkrankung zu tun hat, geht das z.Zt. nicht, denn ich möchte nicht wieder die Polizei vor meiner Tür haben.
Seit Juni 2023 bin ich wieder krank, aber irgendwie geht es nicht voran. Ich habe keine Kraft mehr, meine kognitiven Fähigkeiten lassen nach (meine Überforderungen werden an vielen Stellen sichtbar, Dinge, die sonst ein Klacks waren, klappen einfach nicht mehr)
Von der Krankenkasse kam jetzt die Absage meines Widerspruchs für eine Therapie bei einer nicht mehr zugelassenen Therapeutin.
Es zieht mich nur noch runter.
Meine Bemühungen eine aktive Therapeutin zu finden liefen ins Leere.
In 9 Tagen beginnt meine Reha, die ich mit riesigen Ängsten antrete.
Am End bestimmen andere über mich- ich bin also von denen abhängig. Ich habe aber auch Angst, dass ich die angeforderten Leistungen nicht packe.

14.01.2024 20:26 • #110


O
Es tit mir sehr leid, dass es Dir so schlecht geht.

Ich wünsche Dir, dass die Reha Dir was bringt und Du bald die notwendige Hilfe bekommst.


Gib nicht auf und sei gut zu Dir!

14.01.2024 21:31 • #111


hlena
Zitat von wozu:
Ich habe keine Kraft mehr, meine kognitiven Fähigkeiten lassen nach (meine Überforderungen werden an vielen Stellen sichtbar, Dinge, die sonst ein Klacks waren, klappen einfach nicht mehr)


Damit sind viele konfrontiert.
Dinge,die früher noch gingen,gehen jetzt schwerer oder gar nicht mehr.
Das ist aber eher dem Alter geschuldet,als der Depression.

Zitat von wozu:
Ich habe aber auch Angst, dass ich die angeforderten Leistungen nicht packe.

Ich finde,was man nicht kann,das kann man nicht.
Evtl.langsam herantasten,also step by step.
Und daß der Widerspruch abgelehnt wurde,war fast zu erwarten,schließlich ist die Therapeutin nicht zugelassen.
Trotzdem wünsche ich dir alles Gute.
Du packst das schon.

14.01.2024 21:56 • #112


A


Hallo wozu,

x 4#23


W
Hallo,
ich melde mich zurück. Am 23.1. begann meine Reha, die ich aber leider abbrechen musste und in einer Akut-Klinik in der Umgebung landete.
Ich war völlig überfordert mit den Reizüberflutungen und rutschte sehr schnell ins SVV.
Am Anfang konnte ich das noch für mich so machen , aber einmal wurde es heftiger und ich musste das Pflegepersonal dazu holen, die mir dann einen Druckverband gemacht haben, der jedoch in der Nacht immer noch sehr stark blutete.
Die Begleitung in der Reha war in dieser Zeit richtig gut, ich fühlte mich wahrgenommen. Da ich die Reha nicht verkacken wollte, habe ich darauf gedrängt, alles weiter zu machen, aber ich habe meine Grenzen erlebt, es ist frustrierend.
Sich selbst wahrnehmen, als jemand, die kaum noch etwas auf die Reihe bekommt, führte mich in die Suizidalität. Ich fühle mich wertlos. Was macht mein Leben noch aus?
Mein Beruf ist mein Leben. Und nun kam gar nicht die Frage auf, dass ich wieder arbeiten kann.
Es kam dazu, dass ich nicht mehr für mein Leben garantieren konnte, dass ich mir was antun wollte, das habe ich auch mitgeteilt (so war unsere Verabredung), da wurde ich dann in eine Akutklinik in der Umgebung verlegt.
Hier verübte ich einen SV- und landete auf der Intensivstation. Danach war ich
3 Wochen in der Geschlossenen. Ich wäre auf die Therapiestation gegangen, aber eine stationäre Therapie kann nur in der zuständigen Psychiatrie durchgeführt werde, so wurde es mir erklärt.
Jetzt bin ich wieder zu Hause und soll mich hier vor Ort um eine stationäre Therapie vorstellen. Das werde ich nicht machen, da ich dort nur schlechte Erfahrungen gemacht habe.
Wie es weiter geht? - Ich habe keine Ahnung.

16.03.2024 01:07 • x 2 #113