Gescheiterte Beziehungen - Depression und finanzielle Probleme

Babaji63
Ich bin in einem sehr konservativen Umfeld groß geworden. Frauen sind dazu da, zu heiraten, Kinder zu bekommen und dem Manne untertan zu sein. Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich fünf war. Ich habe keine Erinnerung an den Auszug meiner Mutter, aber man hat mir erzählt, dass mein Vater sie innerhalb von 2 Stunden vor die Tür gesetzt hat, weil sie sich bei meiner Großmutter über seine Affäre ausgeheult hat. Das fasst den Charakter meines Vater schon relativ gut zusammen. Meine Mutter ist seit ich denken kann, nicht besonders charakterstark, mit vielen Krankheiten beschäftigt und ebenfalls seit 30 Jahren depressiv. Sie hat sich viel zu oft klein gemacht.

Beide Elternteile waren nicht in der Lage ihre Liebe zu mir zu zeigen und mir wirklich Vertrauen zu geben. Aber während meine Mutter das im Laufe der Jahre reflektiert und sich sehr verändert hat, und heute durchaus in der Lage ist, ihre Liebe nach außen zu zeigen, kokettiert mein Vater nur damit, dass er ein schlechter Vater gewesen sein, aber geändert hat er nichts. Mein Vertrauen in ihn ist komplett zerstört, weil er mich in den schlimmen Situationen meines Lebens im Stich gelassen hat oder mir nur sagte, dass ich an der Siuation ja schließlich selbst schuld sei und ich mir selber helfen müsste. Sätze wie Reiß Dich zusammen! Hör auf zu heulen! Du hast nix auf die Reihe gebracht! Du taugst zu gar nichts! haben mich meine Kindheit und Jugend begleitet. Das hat er nie bestätigt, aber vermutlich war mein erster Fehler, dass ich als Mädchen auf die Welt kam. Ich stamme aus einer adligen Familie und mein Vater wollte unbedingt einen Stammhalter, der unsere Linie weiterführt. Er hat jedoch nur zwei Mädchen gezeugt, die lebend auf die Welt kamen. Männliche Zwillinge sind als Frühgeburten auf die Welt gekommen und haben beide nicht überlebt. Meine Halbschwester und ich sind die letzten Namensträger unserer Linie und das ist für meinen Vater vermutlich ein riesiges Versagen, dass er jedoch wunderbar auf mich projezierte.

Mein Vater hat nach der Scheidung sehr schnell wieder geheiratet. Meine Stiefmutter mochte ich als Kind sehr. Sie lebten auf dem Land mit Pferden, Hunden, Katzen in einem großen Haus, auf einem riesigen Grundstück. Als Grundschulkind für mich das Paradies. Nachdem man mich mit Reiten, eigenem Pferd und den ganzen Tieren immer wieder gelockt hatte, bin ich mit 10 Jahren zu meinem Vater gezogen. Meine Mutter hat wenig unternommen, um mich zu halten. Sie musste arbeiten, hatte wenig Zeit für mich und einen neuen Partner, der sie, aber nicht mich wollte. Seine Familie lehnte meine Mutter u.a. deswegen ab, weil sie eine Tochter hatte. So schien das für alle die beste Lösung zu sein. Mein Stiefmutter bekam ein Baby, ich hatte eine kleine Schwester und alles schien perfekt. Damals unternahm mein Vater noch viel mit mir. Er nahm mich mit zur Jagd, zum Fliegen und hat mich bei sämtlichen handwerklichen Arbeiten im Haus und Autoreparaturen angelernt (zumindest etwas, wovon ich heute noch profitiere - Werkzeug macht mir keine Angst). Und ich liebte es mit meinem Vater zusammen zu sein, ich himmelte ihn an für das, was er alles konnte. Außerdem sah er toll aus, konnte sehr souverän und eloquent auftreten und hatte eine natürliche Eleganz. Ich war sehr, sehr stolz auf ihn. Und ich wollte ihm gefallen.

Aber als ich in die Pubertät kam, änderte sich alles. Plötzlich taugte ich nichts mehr, außer Handwerkern unternahm er gar nichts mehr mit mir. Es war einfach nicht mehr zu übersehen, dass ich ein Mädchen war. Heute ist mir auch klar, warum er mir mit 9, während der Ferien bei ihm, meine wunderschönen, langen Haare abschneiden ließ. Das war das einzige Mal, dass ich meine Mutter richtig ausrasten sah, als er mich zu ihr zurückbrachte. Er wollte aus mir den Sohn machen, den er nicht hatte. Aber mit 12, 13 war es einfach nicht mehr zu ignorieren und von da an gab es nur noch Sarkasmus, spitze Bemerkungen, Lieblosigkeiten und Nichtbeachtung. Meine Stiefmutter wandelte sich zu einer Frau, die ihre eigene Tochter deutlich vorzog, sie durfte alles. Mit 4 platterte sie in einem fort am Tisch, während ich nur reden durfte, wenn ich gefragt wurde. Und was tut eine Jugendliche in so einer Situation? Sie versucht Aufmerksamkeit zu bekommen, mit allen Mitteln, auch negativen. Ich klaute, fing mit 14 an zu rauchen, haute mehrmals von zuhause ab, verweigerte die Aufgaben zu erledigen, die ich zuhause hatte und war grottenschlecht in der Schule. So lange, bis sie mich gebrochen hatten, mit sehr harte Strafen und noch mehr Nichtachtung. Für ein paar Strohhalme in der Stallgasse durfte ich 2 Wochen mein geliebtes Pferd nicht sehen. Das ging so weit, dass ich die Vorhänge in meinem Zimmer schließen musste, weil ich zum Stall runtersehen konnte. Vor allem meine Stiefmutter kontrollierte alles. Sie las meine Post, sie fand und las meine Tagebücher, egal wo ich sie versteckte. Sie schlich mir nach, wenn ich in unserem großen Garten meine Geheimplätze aufsuchte, durchwühlte meine Schränke und kontrollierte meinen Schulranzen. Die einzigen ruhigen Zeiten waren die Wochenenden bei meiner Mutter, aber dort war ich auch nur gelitten und nicht wirklich willkommen. Meine Mutter bereut es heute zutiefst, dass sie mich nicht dort herausgeholt hat. Obwohl ich ihr nicht viel erzählte, ahnte sie, dass ich bei meinem Vater extrem unglücklich war. Wenn meine wunderbare Großmutter nicht bei uns im Haus gewohnt hätte, bei der ich immer willkommen war und die mich immer geliebt hat, wäre ich wahrscheinlich irgendwann ganz abgerutscht. Bei ihr habe ich Geborgenheit, Wärme und Nähe bekommen, was aber meiner Stiefmutter nicht recht war. Sie holte mich sehr oft aus der Wohnung von meiner Großmutter, damit ich mich dort nicht ausheulte. Das tut man nicht - familiäre Probleme nach außen tragen ...

Mit 18 zog ich aus. Ich wechselte die Schule und wohnte zur Untermiete bei einer Rentnerin. Die Miete zahlte mein Vater, den Lebensunterhalt meine Mutter, den Rest verdiente ich mit Zeitungen austragen dazu. Die ungewohnte Freiheit tat mir nicht gut: Party, Party, Party. Ein Freund, der mir nicht gut tat, Alk. und ständiges Schule schwänzen. Es kam, wie es kommen musste, ich versemmelte mein Abitur und ging mit Fachhochschulreife von der Schule ab. Ich machte dann eine Lehre als Optikerin und so langsam fing ich mich. Ich lernte einen Mann kennen, der meine große Liebe war - aus heutiger Sicht ein Abziehbild meines Vaters: charmant, sourverän, gutaussehend, aber extrem egoistisch, unfähig Liebe zu geben. Nach 1,5 Jahren verließ er mich und ich litt wie ein Hund. Die Lehre habe ich trotzdem gut abgeschlossen und ich fand eine Stelle in Berlin. Dort lernte ich meinen ersten Mann kennen. Verlobung, Heirat, zwei Kinder. Eine kleine, glückliche Familie. Auch der Kontakt zu meinen Eltern war gut. Aus damaliger Sicht war meine Jugend ja normal, bei vielen meiner Klassenkameraden ging es so oder so ähnlich zu.

Die kleine, glückliche Familie war nur schöner Schein. Mein Mann kontrollierte mich, las meine Post, meine Tagebücher (wer findet den Fehler?). Er hatte Affären, weil ich noch im Wochenbett keinen S. wollte. Und dann traf ich meine große Liebe wieder, der Kontakt war nie ganz abgebrochen. Es kam wie es kommen musste, mein Mann bekam heraus, dass auch ich eine Affäre hatte. Es folgte Gewalt, Einsperren, Wegnahme des Autos und Kontosperrung. Das ging einige Wochen so, bis meine besten Freunde mich samt meiner beiden Kinder (4 und 2,5) da raus holten. Ich wollte die Kinder aber nicht so sehr darunter leiden lassen und machte einen fatalen Fehler. Ich ließ es zu, dass er sie bei meinen Freunden abholte, um mit ihnen in den Zoo zu gehen. Ich sah sie lange nicht wieder. Er brachte sie ans andere Ende von Deutschland zu seinen Eltern, ich saß in Berlin fest, ohne Auto, ohne Geld und - als ich ihn anrief, um zu helfen - ohne Unterstützung meines Vaters. Erst meine Mutter kratzte dann Geld zusammen, dass ich mir einen teuren Mietwagen nehmen konnte, um zu meinen Kindern zu fahren. Das war 1992, damals kosteten Mietwagen ein Vermögen. Ich glaube, diese zwei Tage haben mich 700 DM gekostet - oder besser meine Mama.

Meine Schwiegereltern ließen mich nicht ins Haus, meine Kinder standen am Fenster und weinten. Ich musste die Polizei holen, um das Haus betreten zu können. Mehr konnten sie aber nicht tun, weil es sich hier rechtlich um keine Entführung, sondern Kindeswegnahme handelte und mein Mann auf die Kinder genauso viel Anspruch hatte, wie ich. Mein Schwiegervater sperrte mich im Kinderzimmer ein, damit ich mit den Kindern nicht abhauen konnte, und nach einer Stunde wurde ich wieder raus geworfen.

Durch einen sich endlos hinziehenden Sorgerechts- und Scheidungsprozess - insgesamt über 2 Jahre - verlor ich die Kinder. Begründung der Richterin: Die Kinder sind zu lange beim Vater. Außerdem präsentierte er seine hochschwangere Geliebte beim Prozess und machte einen auf Familienvater. Damit war das Thema für mich erledigt. Ich sah sie nur alle paar Wochen und in den Ferien, weil er mit seiner Familie nach Amsterdam zog. Ich arrangierte mich damit, die Organisation habe ich mit seiner Frau geklärt, mit ihm konnte ich nicht mehr reden. Ich hasste ihn und schon seine Stimme brachte mich auf die Palme. Seine Ehe ging nach ein paar Jahren auch auseinander. Meine 12jährige Tochter kam zu mir, mein 14jähriger Sohn wollte bei ihm bleiben und ihn sah ihn dann über 4 Jahre nicht wieder.

Meine große Liebe und ich zogen in Mölln zusammen, heirateten und bekamen zwei Kinder. Wir kauften uns ein wunderschönes Haus und wir waren eine glückliche, kleine Familie. Aber mein Mann arbeitete immer weniger - er war selbständiger Versicherungsvertreter. Wir kamen in finanzielle Schwierigkeiten. Die Kinder waren noch sehr klein, aber trotzdem musste ich arbeiten. Vor der Heirat hatte ich schon einen Job im gleichen Unternehmen wie mein Mann. Ich fing dort wieder an, um das Familieneinkommen aufzubessern. Mein Mann sollte nur seinen Job machen und morgens die Kinder in die Kita bringen, aber bekam nichts mehr auf die Reihe. Er fing an zu trinken, er schlief nicht, er arbeitete nicht mehr und die Kita beschwerte sich andauernd bei mir, dass er die Kinder viel zu spät und oft noch im Schlafanzug dort abgab. Manchmal hatten sie nicht einmal Frühstück bekommen. Wir zofften uns fürcherlich. Zwischen uns war immer große Leidenschaft, im positiven wie im negativen Sinne. Wir liebten und stritten uns mit aller Energie. Das ging so weit, dass wir uns dicht gegenüber standen und uns anbrüllten und im nächsten Moment völlig gut übereinander her fielen. Ich stellte ihm ein Ultimatum: wenn er sich nicht Hilfe holt, würde ich ausziehen. Er wollte nicht erkennen, dass er krank war, schließlich war er ja ein Mann. Ich zog aus, nach einem Jahr wieder ein, und nach einem weiteren Jahr wieder aus. In diesen Jahren quälte ich mich mit fürchterlichen Knieschmerzen herum. Diagnose: Arthrose 4. Grades - mit inzwischen 40 Jahren. Eine Knie-OP folgte auf die andere. Null Unterstützung von meinem Mann - und von meinem Vater? Fehlanzeige! Nur Mama half mit Geld und mit Unterstützung vor Ort.

2003 im Oktober fuhr mein Mann mit dem Motorrad gegen einen Baum. Er war sofort tot. Da wohnte ich mit den Kindern schon nicht mehr bei ihm. Ich hatte keine Zeit für Trauer. Die Kinder auffangen (5 und 7 - und auch meinen Große, die ihn sehr liebte), sein Haus verkaufen, Gläubiger und Gerichtsvollzieher beruhigen, Behördengänge, Witwen- und Waisenrente beantragen und eine zutiefst unglückliche, aber zeternde Schwiegermutter aushalten, die mir vorwarf, das Erbe der Kinder zu verschleudern, weil ich alles zu Geld machen musste, was sich zu Geld machen ließ. Das alles auf Krücken. Eine Beerdigung, die durch meinen Vater beinahe zum Fiasko wurde. Er kümmerte sich einen schei. um seine Enkel, wollte meine Wohnung nicht betreten, weil ein Freund mein Back-Office war und die Trauergäste versorgte (in den Augen meines Vaters war das mein Liebhaber, und ich hatte gefälligst die trauernde Witwe zu sein), weil ich keinen schwarzen, sondern hellgrauen Anzug zur Trauerfeier trug und weil ich Musik von Elton John und Pavarotti spielen ließ. Die Trauerkarte war auch nicht richtig mit einem Gedicht von Rilke. Mein Vater beschwerte sich lautstark bei meiner Schwiegermutter, dass es nur eine Trauerfeier war und kein christliches Begräbnis. Sie sagte darauf nur: Mein Sohn hätte das so gewollt! Dafür habe ich sie dann doch bewundert. Nach dieser Geschichte habe ich meinen Vater 12 Jahre nicht mehr gesehen. Das Maß war voll. Zum ersten Mal habe ich es geschafft, ihm die rote Karte zu zeigen. Er war beleidigt, und ich war unendlich erleichtert.

Es folgte einen neue Beziehung. Wir zogen von Mölln nach Hamburg in ein gemeinsames Haus und waren einen kleine, glückliche Familie. Mein Freund kam sehr gut mit den Kindern zurecht, wir lebten uns gut in Hamburg ein, fanden Freunde, machten tolle Urlaube, ich hatte nicht mehr diesen langen Weg zur Arbeit. Nur die Knie machten mir richtig Sorgen. 2005 und 2007 bekam ich dann meine künstlichen Gelenke, mit denen ich seitdem gut lebe. Manchmal habe ich Schmerzen, aber ich kann wieder Sport machen und einen ganz normalen Alltag haben. Ich habe eine 50% Schwerbehinderung, was meinen Job schützt und die eine oder andere Vergünstigung für mich bringt. Es war trotz der sehr schmerzhaften Rekonvaleszens eine gute Entscheidung. 2008 bekam ich seltsame Anfälle. Schwindel, Sprachstörungen, Halluzinationen, nicht optisch, aber akkustisch und olfaktorisch. Ich hörte und roch Stimmen und Gerüche, die nicht da waren. Manchmal bis zu 25mal am Tag. Ich ging zu einem Neurologen, der außer einer leicht veränderten Hirnaktivität im linken Schläfenlappen nichts finden konnte. Er schickte mich 2010 dann endlich zum Psychiater, nachdem mein Alltag immer schwerer und anstrengender wurde. Meine Beziehung litt, mein Freund zog sich immer mehr zurück und verließ uns im Februar 2009.

Wieder von vorne anfangen. Neue Wohnung, Kinder stützen, Trauerarbeit, kämpfen, nicht aufgeben, weitermachen. Bis - ja, bis nichts mehr ging. 2010 im Herbst Diagnose: Depression und Burnout. Lange Krankschreibung, Medikamente (bis heute) und 2011 ein langer Klinikaufenthalt. Aber von da an ging es bergauf. Ich kaufte uns einen Hund, pachtete einen Schrebergarten, fing wieder mit Sport an, den ich ganz vernachlässigt hatte und lernte 2012 einen Mann kennen, der mein Leben rund machte. Er war mein Zuhause, ich hatte ungeheuer großes Vertrauen zu ihm und wir hatten eine sehr glückliche Beziehung. Jeder blieb in seiner Wohnung und im ersten Jahr hielten wir uns gegenseitig weitgehend aus dem Leben des anderen heraus. Wir hatten unsere Insel, auf der wir uns gut taten und wohin wir uns zurückziehen konnten. Aber mit der Zeit bauten wir immer mehr Stege an das Land des anderen. Wir lernten Eltern, Kinder, Freunde des anderen kennen. Und es fühlte ich sich alles gut und richtig an. ich konnte mich anlehnen, ausruhen, auch mal müde sein, er konnte sich anlehnen, ausruhen und auch mal müde sein. Es war ein wunderbar ausgeglichenes Geben und Nehmen. Und das ist kein Wunschdenken oder Verklärung, sondern ich weiß, dass er das genauso sieht.

Dann hatte ich einen schweren Fahrradunfall, 5 Monate Reha und Kampf. Mein Liebster unterstützte mich nach Kräften, sorgte für mich, kaufte ein und kümmerte sich. Es folgten drei epileptische Anfälle - einer davon beim S.. Das war der erste Knacks. Er hatte Mühe das zu verarbeiten, zog sich eine Weile zurück, kam aber wieder. Er wollte mich nicht verlassen. Wir unterstützen uns gegenseitig und übernahmen immer mehr Verantwortung für die Dinge des anderen. Dass das ihm zu viel wurde neben seinen eigenen Sachen hat er nie erwähnt. Ich spürte nur seinen Rückzug ab und zu, worauf ich aber nicht in ihn dringen wollte. Wir hatten immer die Dinge angesprochen, die uns störten oder mit uns selbst ausgemacht, je nach dem. Ich wartete also ab und sagte nichts. Inzwischen war mein Vater wieder auf mich zugekommen, ein Thema, das mich sehr beschäftigte, über das ich viel sprach und das letztendlich doch wieder voll in die Hosen ging. Der Kontakt ist erneut abgebrochen. Das hat meinen Liebsten wohl auch ziemlich genervt.

Dieses Jahr fing schon komisch an. Ich hatte Arbeit, wie noch nie in meinem Leben, arbeitete als Teilzeitkraft mit 6 Stunden, zwischen 8 und 10 Stunden täglich. Im Februar hatte ich dann wieder mal eine depressive Phase, das war einfach alles zu viel. Dann bestand Verdacht auf Schilddrüsenkrebs, was sich zum Glück als falsch herausstellte, aber die halbe Schilddrüse musste entfernt werden und ich habe zwei Wochen in großer Angst gelebt. An meinem Geburtstag dieses Jahr brach ich mir dann noch den Knöchel. Wir wollten am nächsten Tag verreisen, er fuhr alleine zu unseren Freunden.

Und am 29.05. diesen Jahres verließ er mich. Er war vollkommen überfordert mit mir, meinen Problemen, meinen Themen. Er wolle frei sein, keine Verantwortung für mehr tragen, als er muss, sich das Leben außerhalb seiner Verantwortungen schön machen und sich nicht auch noch mit meinen Problemen herumschlagen.

Es folgten Verzweiflung, Schock, Wut, Auflehnung, Hyperaktivität und totaler Stillstand. Und jetzt hänge ich so tief im Sumpf, dass ich es gerade noch schaffe zu atmen - obwohl das momentan auch schwer fällt. Bei einem weitern Radunfall vor ein paar Tagen habe ich mir eine Rippe gebrochen.

Nach diesem Leben bin ich einfach erschöpft und müde und ich frage mich jeden Tag, was zum Teufel ich eigentlich immer wieder falsch mache und warum ich immer wieder auf Männer treffe, die mir und meinen Themen nicht gewachsen sind. Ich war mir sicher, mit ihm würde ich alt werden, jeder in seinem Bereich, in seinem Leben, aber mit einer großen Schnittmenge. Wir hatten noch so viele Pläne, Träume und Gemeinsamkeiten umzusetzen, es hätte gereicht für eine lange Zeit.

Es geht mir richtig schlecht, mein Arzt meint, ich müsste in eine Klinik, aber ich bekomme das weder organisatorisch noch finanziell hin. Das vergrößert meine Probleme nur noch. Meine Tochter wäre alleine mit dem Hund. Sie ist zwar schon 18, leidet aber selber unter dem unruhigen Leben und dem Tod ihres Vaters, an den sie sich kaum erinnern kann. Ich kann sie nicht alleine lassen. Einen Tagesklinikplatz zu bekommen ist so gut wie unmöglich, selbst eine Therapie ist in Hamburg mit Wartezeiten bis zu 1 Jahr verbunden.

Ich habe ein Fernstudium zur psychologischen Beraterin gemacht, ich kenne viele Mechanismen, wie es zu Depressionen kommt und wie man da wieder heraus kommt, aber ich kann mir selbst nicht helfen. Ich war IMMER eine Kämpferin. Meine Freunde sagen über mich, so eine starke Frau, die so viel aushält, kennen sie sonst nicht (was ich ein wenig übertrieben finde, denn es gibt noch viel schlimmere Geschichten als meine), aber ich bin nicht mehr stark, ich will mich nur wie mein Hund zusammen rollen, mich um nichts mehr kümmern müssen. Dazu kommt die Angst, dass beide Kinder demnächst weg sind. Der Große wohnt schon fast ausschließlich bei seinem Partner, meine Tochter wird nächstes Frühjahr ins Studium gehen, weit weg von Hamburg. Dann bin ich alleine in meiner Wohnung, mit dem Hund - was mir wenigstens erlaubt, Selbstgespräche zu führen, ohne dass es danach aussieht. Er kuschelt sich an und gibt ein Stück Geborgenheit, aber das reicht natürlich nicht.

Morgen haben ich eine Termin bei meinem Arzt. Ich stehe vor der Entscheidung mich lange krank schreiben zu lassen, ich traue mir arbeiten momentan nicht wirklich zu. Meine Stimmung und die Fehler die ich mache, belasten die Gruppe nur, anstatt sie sie weiterbringt. Aber da ist das finanzielle Problem. Ich müsste mich sehr einschränken, das heißt, Dinge, die mir gut tun wie Sauna, Sport, Tanzen, müsste ich sehr einschränken ... ich weiß nicht wirklich weiter! Es ist wirklich vertrackt!

Babaji - die hofft, dass sich keiner beschwert, dass ich solche Romane schreibe

11.10.2016 13:32 • #1


F
Wirklich eine sehr lange Geschichte, aber vielen Dank fürs Aufschreiben, so bekommt man ein gutes Bild von dir. Die verschiedenen Phasen deines Lebens sind sicher ein verdammt schwerer Rucksack, der dich jetzt zu Boden drückt. Da finde ich es durchaus verständlich, dass du dich eigentlich nur wie ein Hund zusammenrollen möchtest um eben die Einfachheit des Lebens (die dein Hund sicher genießen wird) zu spüren. Und ehrlich, fast jeder mit Erfahrungen in mentalen Problemen wünscht es sich doch, dass die Erdenschwere verschwindet.
Wie eine starke Frau wirkst du allerdings, aber der Vergleich mit anderen Personen hinkt in diesem Bereich meistens. Jeder Mensch hat sein Kreuz zu tragen und wie schwer das jeweils wiegt, betrifft nur einen selbst und auch der stärkste Mensch kann an seine Grenzen kommen, wenn ein Maß erfüllt ist. Aus dem Aspekt und in Anbetracht der gesamten Situation (Single zu sein fällt dir sicher auch nicht einfach, von deiner Kindheit abgesehen erzählst du deine Geschichte in Phasen deiner Beziehungen/Ehen, auch in der Kindheit war die Person des Vaters und sein mieses Verhalten mitentscheident) macht es vielleicht den meisten Sinn, die Waffen der Kämpferin für eine Weile ruhen zu lassen und dich auf dich selbst und deine Genesung zu konzentrieren. Mit einem starken Partner an deiner Seite, den man sicher besser kennen lernt, wenn man nicht nur die dunklen Wolken in seiner Psyche sieht, gelingt ein erneuter Neuanfang leichter. Ich möchte mir aber, da ich dich nicht kenne, nicht rausnehmen aufgrund des einen Posts Ratschläge zu geben, du bist da ja offenbar reflektiert und intelligent genug um das selbst am besten zu wissen :)
Wie lief denn der Termin beim Doc? Hast du dich krankschreiben lassen?

12.10.2016 15:42 • #2


A


Hallo Babaji63,

Gescheiterte Beziehungen - Depression und finanzielle Probleme

x 3#3


Babaji63
Guten Morgen,
Du hast das gut erkannt, das Männerthema zieht sich durch mein ganzes Leben. Aus der Vater-Beziehung resulieren für mich zwei Dinge: die Suche nach einem zuverlässigen Partner, der mich annimmt wie ich bin und der nicht gleich einknickt, wenn mal bei mir was schief läuft, sondern starke Schultern hat, wenn ich mal schwach bin. Ich biete durchaus dasselbe.
Das andere ist, dass ich mir ständig selbst beweisen muss, dass ich etwas wert bin und immer nur etappenweise an den Punkt komme, wo mein Selbstwertgefühl hoch ist. Und dann hat dieser Selbstwert auch noch viel mit dem Außen zu tun: mit meinem Aussehen, mit dem Feedback darauf, mit einem Partner an meiner Seite, mit materiellen Dingen. Innerlich bin ich immer noch nicht wirklich an dem Punkt, dass ich mich als Mensch toll finde und meine Fehler als etwas sehe, was zu mir gehört, was aber auch innere Arbeit gedeutet.
Mein Arzt wollte mich noch nicht krank schreiben. Er meinte, dass durch den Rippenbruch meine Stimmung durch schlechtes Schlafen, die Schmerzen und die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit besonders in den Keller gerutscht ist. Ich solle abwarten, wie es mir geht, wenn der Bruch ausgeheilt ist. Wenn ich dann noch das Gefühl habe, dass ich nicht arbeiten kann, dann schreibt er mich krank.

13.10.2016 07:14 • #3


P
Wow, das ist wirklich lang gewesen, aber ich muss sagen du bist wirklich eine Käpferin!!!

Ich selber kann definitiv nicht mit so viel Erfahrungen oder Wissen dir raten was du am besten tun kannst/sollst, aber wenn ich deinen Roman durchgehe hast du immer gekämpft sei es dafür das man dich so akzeptiert wie du bist, für die Männer in deinem Leben, für deine Kinder oder deine Gesundheit ABER nicht für deine Seele ( meiner Meinung ) und ich denke auch wenn es finanziell erstmal schwieriger wird würde dir zB eine Reha gut tun ( vielleicht kann man das klären das du deinen Hund mitnehmen kannst ) damit du danach wieder nach vorn schauen kannst u deine Batterie aufgeladen ist!?

Ich selber bin gerade zum ersten Mal in meinem Leben komplett am Boden, durch Panikattacken und Depressionen - und habe keine Ahnung wie ich damit umgehen soll, aber deine Geschichte hat mir Mut gemacht niemals auszugeben und ich wünsche dir von Herzen alles alles gute ...

21.10.2016 23:29 • #4


A
Hallo Babaji, du bist wirklich eine Kämpferin! Und Mut macht dein Beitrag auch - es gibt immer ein danach! Mir fällt es am schwersten, mich und mein Leben wichtig genug zu nehmen, und damit die Liebe mir selbst gegenüber auszudrücke. Wie machst du das?

22.10.2016 19:13 • #5

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