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Erneute Depressive Episode - große Hilflosigkeit

A
Hallo zusammen,

mein Name ist Alexander, ich bin Ende 30, ledig und wohne in BW. Aktuell befinde ich mich in einer depressiven Episode. Ich möchte meine Situation schildern, da ich einfacht nicht weiter weiß.

Meine erste depressive Episode hatte ich vor ca. 5 Jahren während der Corona Zeit. Damals bekam ich Escitalopram, was mir allerdings nicht geholfen hat. Mein behandelnder Psychiater hat trotzdem an dem Medikament festgehalten. Parallel dazu habe ich eine Verhaltenstherapie gemacht, die mir leider auch nicht geholfen hat. Da es damals sehr schwer war einen Therapieplatz zu bekommen, habe ich die erstbeste Therapeutin genommen, die Zeit hatte. Es hat aber leider nie gepasst und ich habe mich in der Therapie auch nie verstanden gefühlt, so dass ich die Therapie irgendwann abgebrochen habe. Irgendwann ging es mir dann - ohne erkennbaren Grund - besser und ich konnte die Medis ausschleichen.

Seit einer Woche bin ich jetzt wieder in eine sehr starke Depression gerutscht mit starken Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Angst- und Panikgefühlen, totale Hoffnungslosigkeit, usw. Ich fühle mich komplett hilflos. Zudem schwankt mein Zustand stark - an manchen Tagen geht es mir OK, an anderen geht gar nichts mehr und habe einen kompletten Nervenzusammenbruch, bin nur am Heulen, etc. Meine Partnerin leidet sehr unter meinem Zustand.

Ich weiß gerade gar nicht wo ich anfangen soll. Ich war bisher nichtmal bei meinem Hausarzt. Leider kenne ich den Arzt nicht besonders gut, da ich erst vor einem Jahr hierher gezogen bin. Dementsprechend habe ich hier auch noch keinen Psychiater. Außerdem habe ich - was die Pharmakologie betrifft - Vorbehalte aufgrund meiner früheren Erfahrungen. Ich bin jetzt gerade dabei, die Therapeuten Liste ab zu telefonieren - bisher ohne Erfolg.

Was kann ich in der akuten Phase tun um schnell die richtige Behandlung zu bekommen? Wie steht ihr zu Medikamenten und wie war eure Erfahrung damit? Musstet ihr mehrere ausprobieren bis sie gewirkt haben? Im privaten Umfeld habe ich schon gehört, dass die Leute ähnliche Erfahrungen mit Antidepressiva gemacht haben wie ich, d.h. sie haben keine Verbesserung gemerkt.

Liebe Grüße,
Alex

03.11.2025 13:25 • x 1 #1


hlena
Ich würde erst zum Hausarzt gehen,um eine Überweisung zum Neurologen oder Psychiater zu bekommen
Auch ich wurde bei meiner 2.Depression mit Escilopram behandelt.
Diese Behandlung mußte ich aber wegen Nebenwirkungen abbrechen.
Daraufhin nahm ich erfolgreich Venlafaxin.

03.11.2025 13:44 • x 2 #2


A


Hallo Alexander87,

Erneute Depressive Episode - große Hilflosigkeit

x 3#3


Stromboli
Hallo Alex und herzlich willkommen hier im Forum!

Ich kann gut nachvollziehen, dass die geschilderte Situation in vielerlei Hinsicht sehr schwierig ist: neuer Wohnort und entsprechend kein bestehendes Netz, Therapeutenmangel, Verunsicherung bzgl. Medikamenten, Belastung der Partnerschaft usw. All das trägt sicher zur Depression bei.

Ich finde auch, wie hlena, erstmal zum Hausarzt gehen, auch wenn du ihn noch nicht so gut kennst. Aber er kann eine erste Hilfe sein, sei es medikamentös und/oder mit einer passenden Überweisung.
Was die Medis betrifft: Da reagieren die Menschen wirklich sehr individuell auf verschiedene Medikamente, entsprechend kann es ein mühsames Austesten werden, oder du hast Glück und findest schnell eines, das bei dir gut wirkt.
Lithium hilft bei manchen gut. Auch bei mir hätte das gut gewirkt, nur gehörte ich leider zu dem grossen Teil jener, bei denen es Tremor auslöst, so musste ich es wieder absetzen. Venlafaxin oder auch Wellbutrin wirkten bei mir nicht bzw. hatten zu grosse Nebenwirkungen. Ich lebe nun seit langem mit Mirtazapin, was nicht super, aber doch einigermassen stabilisierend wirkt bei mir. Es gibt natürlich noch eine Reihe andere, da hilft manchmal, wie gesagt, nur Durchprobieren.

Ich drücke dir die Daumen und hoffe, dass du bald etwas findest, was wieder Boden gibt.

03.11.2025 14:12 • #3


Nuance
Du schreibst, dass Du zum ersten Mal in der Corona-Zeit emotionale Probleme hattest.
Abgesehen davon, schreibst Du nichts über Deine Lebensumstände.

Fühlst Du Dich von der Freundin unter Druck gesetzt? Hast Du Angst, sie zu verlieren? Wart ihr schon zu Corona-Zeiten zusammen?

Immerhin - Du suchst einen Therapeuten und kommst der Ursache vlt. auf die Spur. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Suche nach dem richtigen schwierig ist. Immerhin scheinst Du diesbzgl. noch Hoffnung und Kraft zu haben. Und ich denke, diese vorhandene Kraft ist klug genutzt.

Gut, dass Du Escitalopram unbeschadet überstanden zu haben scheinst. Also ohne PSSD. Ich hoffe, Du hast davon gehört. Es gibt einen Artikel bei Wikipedia dazu. Und für Pechvögel Selbsthilfegruppen.

Ansonsten sollte man sich vlt. auch den YT Kanal von Dr. Josef (US Psychiater) anschauen. Videos von/mit Betroffenen, bei denen Antidepressiva zu Problemen geführt haben.

Man sollte eine möglichst umfassend informierte Entscheidung bzgl. Medikamenten treffen. So muss man sich hinterher jedenfalls nicht vorwerfen, man sei nicht aufgeklärt gewesen. Psychiater tun das leider nicht.

Ich finde es in Deinem Fall vertretbar, es medikamentös zu versuchen. Trotz der Risiken. Immerhin kannst Du (noch) davon ausgehen, dass es nur eine Episode ist.

Es gibt so viele Präparate. Man beginnt meist mit SSRI, dann SSNRI und es gibt so viele andere Gruppen.

Ob es vlt. eine Tagesklinik für Dich gibt?

Eine richtig gute Freundin/Partnerin ist natürlich ideal. Könnt ihr nicht intensiver miteinander sprechen?
Für mich ist schwer vorstellbar, dass Dich die Depressionen einfach so überfallen - ohne jeden Grund. Grund/Auslöser kann natürlich - leider - alles Mögliche sein.

Es ist gar nicht so einfach, sich selbst auf die Spur zu kommen. Und auch nicht, sich nichts vorzumachen.

Es wäre in jedem Fall sehr gut, wenn ihr ausgiebig reden könntest, Sie Dir zuhört und es ein Bedürfnis wäre. Und Dir eines, sich ihr zu öffnen.
Ändert denn nichts Deine Stimmung? Reisen, Ausflüge, Hobbys?

Bist Du grundlos am Weinen? Wird es durch nichts ausgelöst? Überkommt es Dich einfach so? Hmm...

Mir kommt ein anderer - spontaner - Gedanke? Vor wie viel Tagen hast Du Escitalopram wie abgesetzt?
Und wie viel hattest Du eingenommen?

Ich recherchiere sehr intensiv zu Medikamenten: Ich erinnere eine Studie bzw. mehrere, wonach Antidepressiva schon in niedriger Dosierung die Rezeptoren fast vollständig besetzen. Eine höhere Dosis macht also keinen Sinn. Man sollte es - mindestens - hinterfragen.
https://psychiatryonline.org/doi/full/1....161.5.826

Überhaupt, die Erfolgsrate bei Antidepressiva ist nicht (viel) höher als bei Placebo.

Könnte es sein, dass Du höher dosiert hast und abrupt abgesetzt hast? Das dürfte regelmäßig starke Depressionen auslösen. Das Gehirn stellt sich innerhalb weniger Tage auf das eingenommene Antidepressiva ein. Es verändert seine Rezeptoren.
Wenn man das Medikament abrupt absetzt, kommt es im Gehirn zu Problemen.
Der Spiegel der Neurotransmitter ist nicht mehr normal.
Es ist im Grunde dasselbe, wie bei einem Kater nach Alk.. Nur kann das bei Antidepressiva viel länger andauern.

Allerdings berichten viele, bei denen ein Antidepressiva nicht wirkt, dass sie es ohne NW abrupt absetzen konnten.

Ob Du Depressionen hast oder nur Absetzprobleme kann man leicht überprüfen:
Man nimmt das Antidepressiva erneut ein - evt. niedriger dosiert. Bei Absetzproblemen geht es einem innerhalb kürzester Zeit (einige Stunden) wieder besser.

Ich bringe es nicht über's Herz, Leuten einfach so zu Antidepressiva zu raten. Und wer sich die Schicksale auf diesem YT Kanal anschaut, dürfte es nachvollziehen können.

Es gibt einen jungen Mann, der nur eine bzw. wenige Tabletten (Cymbalta) eingenommen hat. Ein sensibler Junge, der einfach nur ein bisschen ängstlich in die Zukunft schaute und im Freundeskreis nahmen auch welche Antidepressiva.
Doch bei ihm endete es im Desaster.

Ich suche den Beitrag mal... Sein Problem ist auf den 1. Blick sichtbar...

03.11.2025 15:13 • x 1 #4


Dys
Hallo und willkommen @Alexander87,

bezüglich der Fragestellung
Zitat von Alexander87:
Was kann ich in der akuten Phase tun um schnell die richtige Behandlung zu bekommen? Wie steht ihr zu Medikamenten und wie war eure Erfahrung damit? Musstet ihr mehrere ausprobieren bis sie gewirkt haben? Im privaten Umfeld habe ich schon gehört, dass die Leute ähnliche Erfahrungen mit Antidepressiva gemacht haben wie ich, d.h. sie haben keine Verbesserung gemerkt

wäre es eine Option für Dich, eine PIA (psychiatrische Institutsambulanz) aufzusuchen? Also falls es eine Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in der Nähe gibt, die eine hat?

Persönlich habe ich gute Erfahrungen damit gemacht und im Grunde unterscheidet sich da auch nichts in der Behandlung gegenüber einer niedergelassenen psychiatrischen Praxis. Es könnte sogar einen Mehrwert geben, in Form von therapeutischen Sitzungen und/oder Gruppensitzungen vorort.

Was Medikamente angeht, so ist es ja immer ein Trial Error Spiel, ob eine gewünschte Wirkung bei möglichst wenig bis keinen Nebenwirkungen einsetzt. Ich habe einige durch und brauche zum Glück keine mehr. Psychotherapie hilft mir besser und geht bei mir auch ohne Medis.

03.11.2025 15:27 • x 1 #5


A
Danke für die ausführlichen Antworten.

Zitat von Dys:
wäre es eine Option für Dich, eine PIA (psychiatrische Institutsambulanz) aufzusuchen? Also falls es eine Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in der Nähe gibt, die eine hat?

In meiner alten Stadt gab es das. Hier leider nicht. Es gibt nur niedergelassene Psychiater. Allerdings nehmen diese keine neuen Patienten auf.

03.11.2025 15:53 • #6


bones
Auch von mir ein herzliches Willkommen hier.

Hier wurden tolle Beispiele genannt, die ich unterschreiben kann. Was ich noch ergänzen möchte ist, dass viele psychiatrie eine Ambulanze Stelle anbieten. Dort kann man medikatös aber auch therapeutisch betreut werden. Probier dort mal.

Zu Medikamente möchte ich jetzt nicht loben aber auch auch nicht widersprechen. Es kann eine wichtige säule sein, bei unser Erkrankung. Mir helfen sie gut. Ohne würde ich heute nicht schreiben. Aber wie schon bereits erwähnt, hilft es nicht jedem. Oft ist es mit viel Geduld verbunden, bis das richtige gefunden wird bzw. bis es wirkt. Auch kann es gut möglich sein, dass man erst drauf anspringt, wenn eine Augmentation vorliegt.

Vor 53 Minuten • #7

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