Er unterstützt mich nicht bin erschöpft

F
Ihr Lieben,

das kingt ein wenig plakativ, und ich endschuldige mich dafür: Ich bin müde und mutlos.

Es bildet andererseits genau ab, wie ich mich fühle:
Meinem wiederkehrend winterdepressiven und grundlegend melancholischen Partner (44) wächst die aktuelle depressive Phase über den Kopf. (Dazu gibt es aus meiner Sicht einige hintergründige Ursachen, die bisher nicht verarbeitet wurden, sowie einen ganz aktuellen Auslöser: nebst den kürzer werdenden Tagen begleiten wir seit einem 3/4 Jahr seine schwer demenzkranke Mutter in den Tod.)
Ich erlebe seine Depression aber nicht - wie hier oft zu lesen, und selbst schon in leichter Form erfahren, als Rückzug, sondern überraschenderweise als das genaue Gegenteil: Ein absolutes Negieren der Schwere der Lage, striktes Ablehnen von (professioneller) Hilfe - außer von mir, die ich doch als langjährige Partnerin nach Möglichkeit alle Bedürfnisse nach aufbauender Komunikation, Zuspruch, körperlicher Nähe nächtlicher Aufbauarbeit zu leisten hätte. Daneben natürlich den Haushalt, die Kinderversorgung, den Betrieb klaglos zu managen habe. ('Wir schaffen das schon' - was dieses 'wir' bedeutet, wissen vermutlich alle hier)
Ich fühle mich .. erpresst, erschöpft, 'missbraucht' und sehe nicht, dass ich ihm im Erfüllen seiner Erwartungen etwas Gutes tue: ich sehe uns stattdessen in eine Abhängigkeitsspirale strudeln, die aus meiner Sicht höchst zerstörerisch ist: Er würde gerne auf mich zugreifen, wann immer es ihm nötig scheint - und Lasten bei mir abladen, die ich aus verschiedenen Gründen nicht handhaben kann.

Ich denke, dass ich im Gegenteil vielleicht durch Rückzug erst den Ernst der Lage veranschaulichen und seinen Selbstheilungswillen vllt wieder entflammen lassen kann? Was aber richte ich damit in unserer Beziehung an?

Ich wünsche mir Entlastung, Klarheit, Unterstützung - für ihn! Und muss damit wohl warten, bis er selbst dies sucht.

'Ich will Dich brauchen dürfen' höre ich.
Ich aber will kein Strohhalm sein.

frauT

20.11.2012 02:37 • #1


Eisbärchen
Hallo frauT,

ich denke, Du hast schon erkannt, dass Dir die Last, Deinen Partner aufrechtzuhalten, zu viel wird. Vielleicht müsstest Du anfangen, Dich abzugrenzen und klar kommunizieren, wenn es Dir zu viel wird. Vielleicht holt er sich wirklich Hilfe, wenn er merkt, dass Deine Belastungsgrenze erreicht ist?

Achte auf Dich, es ist Deinem Partner nicht geholfen, wenn Du dabei auf der Strecke bleibst.

Alles Gute!
Eisbärchen

20.11.2012 21:00 • #2


A


Hallo frauT,

Er unterstützt mich nicht bin erschöpft

x 3#3


Katie
Hallo frauT,

Vor euch liegen schwierige Zeiten, das liest man heraus.
Um deine eigene Position, aber auch die deines Partners vielleicht noch besser zu verstehen, wird es hilfreich sein, sich mal
die Funktionen unserer Spiegelneuronen eingehend klar zu machen.
Du fühlst unweigerlich seine Ängste und depressiven Stimmungen mit. Er wiederum auch die seiner Mutter. Daraus entwickelt
sich eine Spirale, die krank macht, wenn man nicht rechtzeitig einen Ausgleich schafft.
Mir hilft es sehr, etwas so klar wissenschaftlich erklärt und bewiesen zu verfolgen. Das kann ich dann eher verstehen und auch
vorsorglich um manches drum herum lenken.

Schau hier im Forum vielleicht mal in die Spalten Meine Kraftquellen, Ressourcen..., da gibt es wertvolle Hinweise, wie man Hilfe zur Selbsthilfe praktizieren
kann. Übergangsweise mag das entschärfend wirken.
Wenn sich die Grundstimmung etwas gefangen hat, ist dein Partner vielleicht auch eher für eine Beratung offen.
Ich wünsche dir viel Kraft.
Liebe Grüße

21.11.2012 03:17 • #3


F
Hallo Eisbärchen,
ja, das ist meine aktuelle Gradwanderung: nach Kräften meine eigenen Grenzen zu wahren, ohne zurückweisend zu sein. Das gelingt mir leider je nach (seiner, und meiner) Tagesform völlig unterschiedlich .. mal wird es mir gedankt, vorgeworfen, dann wird es ignoriert, oder ich sehe mich heftigen Forderungen gegenübergestellt. Ich fühle mich wie in Treibsand: jeder Schritt kann verheerend sein.

Liebe Katie,
danke. Das ist ein guter Hinweis.. weniger für mich selbst, denn ich bilde mir ein, ein sehr verlässliches (aus seiner Sicht übersensibles) Alarmsystem für schiefhängende kommunikative Prozesse zu haben - aber als Übersetzungshilfe für meinen Partner stelle ich mir das hilfreich vor: Er benutzt als Naturwissenschaftler eine deutlich andere Sprache als ich.. Das führt selbst in unbelasteten Zeiten immer mal wieder unsere Verständigungsversuche in die Irre.
Gibt es denn Titel, die Du empfehlen kannst ?

Ich habe mich schon ein wenig in der Rubrik 'Kraftquellen' umgeschaut - und glaube, ganz gut für mich zu sorgen. Ich sitze seit einigen Jahren Zazen und habe mir andere kleine Alltagsübungen der Achtsamkeit angeeignet - und nicht zuletzt einen Handwerkskoffer an Kommunikationshilfen (GFK, the work u.a) angelesen, die mich an unserer Anstrengenden Situation wachsen statt verzweifeln ließen.
Dennoch merke ich, dass mir der Rollenwechsel von der erbetenen/geforderten/gewünschten, fast therapeutischen Begleitung zurück in die einer liebenden Beziehung nicht gelingen will. Gibt es dazu vielleicht auch etwas zu lesen?

Danke.
frauT

22.11.2012 01:42 • #4


Katie
Liebe frauT,

oha, das ist wahrlich nicht einfach, wenn der Partner naturwissenschaftlich orientiert ist.
Bei Amazon sind einige Bücher angeboten Warum ich fühle, was du fühlst z. B. Aber ob er das akzeptieren/lesen würde...?

Ich selbst arbeite mich bevorzugt durch Studienarbeiten, die online sind.
Zum Beispiel:
Die Masterarbeit von Andrea Keisel aus 2011 (Note ausgezeichnet)
Die Entwicklung einer Lösungsfokussierten Haltung auch über den Körper: Um den Widerstand, ausgelöst durch die Bedrohung desInneren Bildes bei einem Konflikt zu transformieren

aber zum kurzem Überfliegen und Einstieg ist die Seite 36 der Masterarbeit

Faszination Lernen - Die Rolle der Spiegelneuronen
von Yshouk Ursula Kirsch

schon recht aufschlussreich. Sie erklärt, dass unsere Spiegelneuronen unter Angst, Druck, Stress und Anspannung nicht mehr lösungsorientiert
arbeiten können. Wörtlich heißt es, dass die Problemlösefähigkeiten abgeschaltet werden.
Ich hangel mich dann gern an der angegebenen Literatur weiter entlang, wenn ich einen Gedanken tiefer verfolge.
Ihre Arbeit hat zwar den Kern Lernen, aber ist das nicht auch grad der Kern wechselnder Lebenssituationen, wie nun z.B. die Begleitung der
kranken Mutter deines Partners?

Man findet diese Arbeiten öffentlich unter Goggle books und kann sie dort auch direkt erwerben, oder eben seitenweise einsehen.
Interessante, aktuelle Vorträge einiger Professoren könntest du auch unter Youtube abrufen, wenn du Spiegelneuronen und Gehirn / Angst eingibst,
findest du einiges.
Oder auch Artikel aus der Fachzeitschrift Gehirn und Geist, verbunden mit Spiegelneuronen.

Ich suche verzweifelt nach einem Video, in dem ein Arzt sich als Versuchsperson zur Verfügung stellt, aber ich hatte es nicht abgespeichert.
Nur so viel:
Er hatte seit vielen Jahren meditiert und ist in der Lage, durch die Meditation seine Spiegelneuronen im Gehirn vor dem Abschalten der Problem-
lösefähigkeiten zu bewahren. Man konnte das auf den Monitoren sichtbar machen.
Das wäre jetzt nur zur Bestätigung deiner eigenen Erfahrungen mit Zazen usw.

Zitat:
Dennoch merke ich, dass mir der Rollenwechsel von der erbetenen/geforderten/gewünschten, fast therapeutischen Begleitung zurück in die einer liebenden Beziehung nicht gelingen will. Gibt es dazu vielleicht auch etwas zu lesen?



Es steht grad einiges in Therapien an einer Schwelle, wie dieses Buch beschreibt:
Achtsamkeit und Akzeptanz: Das Erweitern der kognitiv-behavioralen Tradition [Broschiert]

Wie eigentlich alles in unserem Leben Entwicklung ist und jede Beziehung an sich einzig ist in ihrer Entwicklung.
Ich muss in dieser Hinsicht leider passen, zu diesem Thema habe ich nichts aktuelles gelesen zur Zeit.

Liebe Grüße

22.11.2012 03:57 • #5


F
oh, wow!

Katie,
ich danke von Herzen für die ausführliche Antwort und die vielen weiterführenden Hinweise.
google books habe ich als Quelle tatsächlich noch nie in Betracht gezogen - ich werde mich mal umschauen.
Ja, ein Naturwissenschaftler und ich als Geisteswissenschaftlerin - in guten Zeiten kann man über die Gesprächstverwirrungen gemeinsam lachen. In den schlechteren Tagen blockt er ab - fühlt sich von meiner Ausbildung, von meinem Anspruch, überfordert. Und ja, manchmal bin ich in Gefahr, ungeduldig zu werden, weil mir sein Sprachgebrauch nachlässig erscheint. Aber ich übe Geduld :o)

Liebe Grüße
frauT

22.11.2012 23:13 • #6


Katie
Hallo liebe frauT,

ich wünsche dir erfolgreiches Stöbern, doch bitte, halte mich /uns hier auch auf dem Laufenden, was du als besonders hilfreich entdeckt hast.
Ich bin auch für jeden Tipp dankbar.
Liebe Grüße

23.11.2012 00:40 • #7

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