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Der Familie von Depression erzählen Erfahrungen

S
Hallo,
Ich bin erwachsen, 38 Jahre alt und weiß nicht wie ich meinen Eltern von meiner Depression erzählen soll.
Lange Zeit habe ich mit der Frage gerungen ob ich es überhaupt sagen soll. Man möchte ja keinen belasten und möchte nicht, dass sie sich Sorgen machen. Auch wie die Reaktion sein wird bin ich mir nicht ganz sicher.
Mittlerweile bin ich an einem Punkt wo ich es unbedingt sagen will, da es nun schon eine Situation gegeben habe in der ich lügen musste. Verheimlichen oder nichts sagen war schon schwer genug, aber lügen möchte und kann ich nicht.
Meine Eltern lieben mich und ich gehe davon aus, dass sie Verständnis haben werden. Trotzdem habe ich Schiss davor und weiß auch nicht recht was/wie ich es genau sagen soll.
Wie sind euere Erfahrungen?
Wie/was habt ihr gesagt und wie war die Reaktion?
Ich würde mich sehr über Antworten freuen. Möchte das Gespräch zeitnah machen, weil es mich immer mehr belastet.

Lieben Dank im Voraus!

20.11.2020 03:19 • #1


A
Hallo Schokolove,
mir ging es mit meinen Geschwistern so.
Weil beim Gespräch immer von ihrer Seite her abgewiegelt wurde, dass mein Problem doch gar nicht sein könne, was letztlich ja heißt, nicht sein dürfe,
habe ich einen Brief geschrieben.

LG Mayke

20.11.2020 07:50 • x 3 #2


A


Hallo Schokolove20,

Der Familie von Depression erzählen Erfahrungen

x 3#3


S
Hallo Mayke1,
Danke für deine Antwort
Das tut mir sehr leid, dass deine Geschwister so reagiert haben.
Hast du denn dann auf den Brief nochmal eine positive Rückmeldung bekommen?

20.11.2020 09:14 • x 1 #3


A
Hallo, liebe Schokolove, (du hast dir einen tollen Namen gegeben!)
Meine Schwester zeigte sich zugänglicher als mein Bruder. Beide Geschwister sind wesentlich älter als ich. Sie sind in einer Zeit aufgewachsen, wo es einfach keine psychischen Störungen zu geben hatte, um zu überleben. Sie gestehen mir heute noch nicht zu, Depressionen zu haben und an Erschöpfung zu leiden, denn als ich geboren wurde, gab es in D doch nur Motivation zum Wiederaufbau und die Anfänge neuen Wohlstandes waren zu erkennen. Wie man denn da zu Depressionen kommen könnte?
Mein Bruder ist der Meinung, nur den Allerwertesten zusammenkneifen zu müssen, um aus dem Dilemma zu kommen. Er erkennt nicht an, dass gerade das jahrelange Zusammenreißen meinen Zustand verschlechtert hat. Selber gab er zu, auch nicht unbelastet zu sein, aber halt anders damit umgehen würde.
Weil ich ahnte, wie meine Geschwister reagieren würden, schrieb ich diesen sehr offen gehaltenen Brief.
Meine Schwester reagierte verwundert, räumte aber ein, dass Depressionen wohl jeden treffen könnten und bedauert, dass ich als Familienmitglied nun dieses wörtlich benannte schwarze Schaf sei. Bestenfalls akzeptiert sie meinen Zustand, aber so ganz verstehen kann sie ihn nicht. Mein Bruder fühlt sich sehr zurückgesetzt, wenn ich aus persönlichen Gründen nicht seinen Vorstellungen entspreche. Er möchte gern zusammen mit mir und meinem Mann etwas unternehmen und dadurch mehr Farbe ins eigene Leben bekommen. Das aber können wir nicht erfüllen. Dazu geht es mir auch körperlich zu schlecht.
Und so dümpeln wir durch die Tage ohne rechte Lösung. Ich müsste sehr sehr deutlich bei meinem Bruder werden und schrecke dennoch davor zurück. Er ist der Typ, der MIR die Schuld in die Schuhe schiebt, verantwortlich für den Zwist und das Auseinanderleben zu sein.
Eigentlich müssen weder du mit deinen 38 Jahren noch ich mit meinen 64 Jahren uns vor unseren Verwandten für unseren Zustand rechtfertigen.
LG von Mayke

20.11.2020 09:30 • x 3 #4


S
Oh weh, das klingt alles überhaupt nicht gut. Das tut mir wirklich sehr leid, dass du da so auf Unverständnis gestoßen bist.
Da gebe ich dir recht: eigentlich sollte man doch meinen gerade in der Familie über soetwas reden zu können und sich ernst genommen werden anstatt als schwarzes Schaf bezeichnet zu werden. Das Menschen es nicht verstehen, wenn sie es nicht selbst erlebt haben kann ich ja verstehen. Aber trotzdem kann man einen doch ernst nehmen.
Mh, deine Antwort bestärkt mich jetzt leider nicht gerade mein Vorhaben umzusetzen. Aber ich danke dir sehr für deine Antwort

20.11.2020 09:41 • #5


blossom79
Hallo Ihr Lieben,

meine Eltern wissen zwar von meinen Depressionen-doch ich erzähle Ihnen von den rezidiven Phasen auch nichts. Mittlerweile lebe ich damit seit 20 Jahren (bin 41).
Ich behaupte ja, dass unser familiäres Konstrukt u.a. dazu beigetragen hat, dass bei mir die Krankheit sichtbar wurde.
Weil unsere Familie nur über oberflächlichen Mist redet, Probleme wurden schon immer unter den Tisch gekehrt und als nicht existent betrachtet.
So what. Ich kann meine Eltern nicht ändern. Ich versuche, selber endlich die Depressionen als einen Teil von mir zu akzeptieren.

20.11.2020 11:04 • x 4 #6


Heideblümchen
Da ich selber extrem verunsichert war, als ich die Diagnose schwere Depression bekommen habe, habe ich mich an meine Mutter gewandt in der Hoffnung, mit ihr darüber vorsichtig (!) sprechen zu können. Es hat mich umgehauen, als sie mir erzählte, dass sie schon jahrelang an depressiven Schüben leidet, MICH aber damit nicht belasten wollte. Wir konnten uns dann entsprechend intensiv über unsere Erfahrungen, Ängste und auch die Auslöser austauschen. Heute bin ich froh, dass ich mich getraut habe, sie darauf anzusprechen und ihr die Möglichkeit gegeben zu haben, mir ihre Geschichte zu erzählen, ohne dass ich mich schuldig fühlen musste, ihre Tiefs nicht mitbekommen zu haben. Es hat uns noch näher zusammen gebracht und inzwischen weiß ich auch, dass noch andere Familienmitglieder von Depressionen belastet waren oder aktuell sind. Die Älteren von ihnen reden nur nicht so offen darüber, weil auch sie die Erfahrung gemacht haben, dass das Umfeld sie nicht versteht oder verurteilen könnte. Und - keine Ahnung, ob Klischee oder nicht - vor allem die Männer haben scheinbar oft ein Problem damit, offen darüber zu reden....

20.11.2020 11:31 • x 4 #7


blossom79
Ich vermute ja auch schon ein paar Jahre, dass meine Mum depressiv ist...

20.11.2020 12:25 • x 3 #8


S
Danke euch allen für eure Kommentare und Erfahrungen.
Ich habe am Freitag Abend noch allen Mut zusammen genommen und meinen Eltern von den Depressionen erzählt.
Sie haben sehr gut und verständnisvoll reagiert. Ich bin jetzt total erleichtert und es sind mir einige Steine vom Herzen gefallen.

22.11.2020 13:55 • x 3 #9


A


Hallo Schokolove20,

x 4#10


S
Ich habe meinen Eltern zusätzlich zu meiner Schilderung meiner Lage noch das Video vom schwarzen Hund gezeigt. Vielleicht kennt ihr es schon!? Ich finde das Video sehr gut und wenn man mal nicht weiß wie/was man sagen soll hilft es vielleicht auch es (zusätzlich) jemand zu zeigen.

22.11.2020 13:59 • x 4 #10

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