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Depressionen/Selbstzweifel wegen Fahrfehlern

cpw423
Liebe Community,

ich wende mich an euch mit einem womöglich sehr ungewöhnlichen Anliegen, dass im Vergleich zu anderen Problemen des täglichen Lebens fast schon lächerlich erscheinen mag. Mich macht es jedoch zunehmend psychisch fertig und daher würde ich mich über hilfreiche Tipps zur Bewältigung sehr freuen.

Seit etwas mehr als drei Jahren habe ich nun meinen Führerschein und fahre seitdem auch regelmäßig Auto. Ich bin von Natur aus ein sehr pedantischer Mensch, der stets versucht, keine Fehler zu machen und sämtliche Anlegenheiten mit der größtmöglichen Sorgfalt und Genauigkeit zu erledigen. Leider bin ich auf der anderen Seite auch wenig selbstbewusst und zweifle oft an der Richtigkeit meiner Handlungen. Dieses Mindset macht sich auch in meinem Fahrverhalten bemerkbar: Ich achte beim Fahren immer sehr genau auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit, ich bremse bei gelben Ampeln ab und bin beim Abbiegen sehr vorsichtig, wenn ich Fußgänger und Fahrradfahrer erkenne und warte diese sicherheitshalber lieber ab, wenn ich sie ansonsten auch nur zur kleinsten Verzögerung zwinge. Kurz gesagt: Ich fahre haargenau so, wie man auch in der Fahrprüfung fahren muss, um den Führerschein zu bekommen. Aufgrund meiner Persönlichkeit und ebenso meiner beruflichen Absichten (ich studiere derzeit Jura) habe ich grundsätzlich eine starke Abneigung dagegen, Gesetze zu missachten, selbst, wenn ein regelwidriges Fahrmanöver (objektiv betrachtet) ungefährlich wäre.

Würden alle anderen Autofahrer nach denselben Prinzipien fahren wie ich, gäbe es ja eigentlich auch überhaupt kein Problem. Dies ist aber leider nicht der Fall. Auf der Straße werde ich für meine Fahrweise nahezu täglich bedrängt, angehupt, riskant überholt und dabei geschnitten etc. Auch bekomme ich oft Mittelfinger zu sehen oder mir wird der Vogel gezeigt. Als ich einmal an einer gelben Ampel gebremst habe, ist mir mein Hintermann voll hinten aufgefahren. Seine Begründung war, dass er mit einem Bremsmanöver meinerseits nicht gerechnet habe und ich doch noch ,,locker hätte fahren können“, da die Ampel ja nicht rot war. Da diese Reaktionen keine Einzelfälle sind und immer wieder vorkommen, beginne ich, immer mehr an meinem Fahrverhalten zu zweifeln und setze mich selber stark unter Druck. Auch meine Familienmitglieder und Freunde kritisieren meine Fahrweise, wenn sie mal mit mir mitfahren und behaupten, diese sei nicht ,,praxistauglich“. Nach ihrer Meinung würde ich die Verkehrsregeln viel zu ernst und genau nehmen.

Vor einigen Tagen ist es dann passiert: Ich stand an einer sehr stark befahrenen Vorfahrtsstraße und musste Vorfahrt gewähren. Ich wollte nach links abbiegen. Es kamen von beiden Seiten permanent Autos, wodurch sich einfach keine Lücke geboten hat, um rechtskonform in die Straße einzufahren (also ohne jemanden zum Bremsen zu zwingen). So wartete ich bestimmt 10 Minuten an der Kreuzung und es wurde einfach nicht leerer. Währenddessen wurde ich von meinem Hintermann bestimmt 10 Mal angehupt und ich sah im Rückspiegel, wie er wild mit den Händen fuchtelte. Normalerweise lässt mich sowas ja kalt. Nach 10 Minuten stieg der Fahrer aber sogar aus, ging zu meinem Fenster und fragte mich aggressiv, ob ich denn an der Kreuzung übernachten wollen würde. Ich zeigte nur auf die vorbeifahrenden Autos und machte ihm klar, dass ich nicht fahren dürfte. Daraufhin schrie der Mann mich an und behauptete, dass ich auch gleich bis übermorgen warten könnte, wenn ich hier rechtlich alles korrekt machen würde. Ich würde nach seiner Ansicht alle anderen behindern und den Verkehr mit meiner Fahrweise zum Erliegen bringen. Ich ignorierte ihn und konzentrierte mich weiter auf den Verkehr. Als sich auch nach weiteren 3 Minuten keine Lücke bot, hörte ich von weiteren hinter mir wartenden Fahrzeugen etliche Hupkonzerte und fühlte mich irgendwie schuldig, obwohl ich ja eigentlich alles korrekt machte. Da ich mich sehr unter Druck gesetzt gefühlt habe, habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin mit Vollgas in die Kreuzung eingefahren, obwohl von rechts ein Auto kam, dass vielleicht nur noch 40 Meter von mir entfernt war. Obwohl ich sehr stark Gas gegeben habe, merkte ich beim Einfahren, dass das vorfahrtsberechtigte Auto abbremsen musste und ich dem Fahrer somit die Vorfahrt genommen habe. Er hat mich nicht angehupt oder bedrängt, sondern ist danach normal und mit angemessenem Abstand hinter mir hergefahren. Ich habe meine Hand aus dem Fenster ausgestreckt und eine entschuldigende Geste gemacht.

Dennoch lässt mir diese Aktion seitdem keine Ruhe und ich zweifle nun permanent an meiner Eignung zum Führen eines Kfz, da ich letztendlich nachgegeben und den Dränglern gegeben habe, was sie wollten. Natürlich wäre ich niemals in die Kreuzung eingefahren, wenn hinter mir niemand gewartet hätte. Ich habe also mein eigenes Handeln von den unberechtigten Forderungen eines anderen Verkehrsteilnehmers abhängig gemacht und dies ruft bei mir nun große Schuldgefühle hervor. Ich habe seitdem keine Lust mehr, in mein Auto zu steigen. Ebenso kann ich mich nicht mehr auf mein Studium konzentrieren, weil ich permanent an diese Situation zurückdenke und mir ausmale, was passiert wäre, wenn der Vorfahrtsberechtigte nicht für mich gebremst hätte oder mich vielleicht anzeigen wird. Ich kann seitdem auch kaum etwas essen und schlafe schlecht, weil es mich psychisch fertig macht, nicht Herr meiner Handlungen gewesen zu sein.

Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Sollte ich mich vielleicht an einen Psychologen wenden, um die Sache mit ihm zu besprechen? Ich weiß, dass es sich lächerlich anhört, aber ich brauche einfach mehr Selbstbewusstsein, damit so etwas nie wieder passiert. Ich zweifle aber, ob ich dieses Selbstbewusstsein selber ausstrahlen kann, wenn ich das nächste Mal wieder bedrängt werde. Habt ihr da irgendwelche Tipps?

Vielen Dank im Voraus und sorry für den langen Text.

LG

18.04.2023 12:25 • #1


BlackKnight
Vielleicht die Situation mit dem Fahrlehrer besprechen. Dort könntest du ja auch eine Testfahrt mit ihm unternehmen... er sollte
deine Praxisfähigkeit beim Fahren gut einschätzen können

18.04.2023 12:44 • x 1 #2


A


Hallo cpw423,

Depressionen/Selbstzweifel wegen Fahrfehlern

x 3#3


Mit180gen0
Hallo cpw423,
erstmal herzlich willkommen hier...

Tja, die Welt im Verkehr ist nicht immer so lustig. Kürzlich wäre ich fast vom Fahrrad geholt worden, weil die Autos mir die Vorfahrt genommen haben.
Aber das ist ein anderes Thema.

Ich denke, du solltest einen Mittelweg für dich finden. In der Tag ist es nicht möglich, so sehr korrekt im Alltag zu fahren, wie du das gerne würdest.
Deine Beschreibung mit der Kreuzung ist ein gutes Beispiel. Das was der Fahrer hinter dir gemacht hat, war nicht ganz ok, aber aus meiner Sicht verständlich. Man kann nicht den halben Tag warten, bis KEINER mehr kommt.
Es gibt immer mal kleinere Lücken und dann muss man fix handeln und abbiegen.

Zitat von cpw423:
Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Sollte ich mich vielleicht an einen Psychologen wenden, um die Sache mit ihm zu besprechen?

Ja und das ist auch gar nicht lächerlich!
Ich glaube, dir würde ein wenig Therapie gut tun. Für dein Selbstwertgefühl und dein Selbervertrauen. Ich könnte mir vorstellen, dass du sonst langsam aber sicher in eine Zwangserkrankung abtauchst.

Es wird immer Situationen geben, wo du dich in einer Grauzone befindest.
Jeder fählt mal bei gelb, es kommt eben drauf an, WANN es gelb wurde. Die Geschwindikgeit korrekt einzuhalten finde ich aber gut!

18.04.2023 13:46 • #3


Dys
Was Selbstwert und Selbstvertrauen betrifft, also wenn es da generell erhebliche Defizite gibt, ist eine therapeutische Unterstützung absolut sinnvoll und nichts wofür man sich in irgendeiner Weise schämen oder rechtfertigen muss.
Bezüglich dem Autofahren ist es aber auch wirklich wichtig eine Situation einschätzen und auch abschätzen zu können, ob es passt, wenn man sich einfädeln muss. Meine Schwägerin kann das beispielsweise tatsächlich nicht, sie nimmt Entfernungen und herannahende Objekte nicht korrekt wahr. Obwohl sie auch den Führerschein ohne Probleme bekommen hatte, fiel das erst im normalen Alltag zunehmend den Mitfahrenden auf und dann auch zwei anderen unabhängigen Fahrlehrern, bei denen sie dann nochmal war. Die sagten zwar auch, dass sich das mit der Zeit einpegelt, je mehr Fahrpraxis man hat, doch stellte sich heraus, das es bei ihr tatsächlich Probleme bei der Wahrnehmung von Entfernungen und Geschwindigkeiten gibt. Also sie hat das auch wenn sie als Fußgängerin unterwegs ist und z.B. eine Straße überqueren will und sich ein Auto nähert, dass aber tatsächlich weit genug entfernt und langsam genug ist um bequem auf die andere Seite zu kommen, ohne das der Fahrer bremsen müsste, wenn er nicht vorher beschleunigen würde.
Es liegt auch nicht an ihren Augen, bzw. dem Sehen, nur „berechnet“ das Hirn offenbar etwas nicht richtig.

18.04.2023 14:44 • #4


cpw423
Vielen Dank euch allen für eure Antworten! Dann werde ich es mal tatsächlich mit einem Termin beim Psychologen versuchen. Könnte bestimmt nicht schaden.

Zitat von Mit180gen0:
In der Tag ist es nicht möglich, so sehr korrekt im Alltag zu fahren, wie du das gerne würdest.
Deine Beschreibung mit der Kreuzung ist ein gutes Beispiel. Das was der Fahrer hinter dir gemacht hat, war nicht ganz ok, aber aus meiner Sicht verständlich. Man kann nicht den halben Tag warten, bis KEINER mehr kommt.
Es gibt immer mal kleinere Lücken und dann muss man fix handeln und abbiegen.

So sehr ich die Ansicht des Fahrers auch verstehen konnte, könnte ich solche Lücken einfach nicht unbedacht ausnutzen, ohne ein unerschütterliches schlechtes Gewissen zu bekommen, weil ich jemanden ausbremsen musste. Denn leider sind bei Weitem nicht alle Fahrer so kooperativ und verständnisvoll wie in meinem Fall. Es gibt ja auch etliche Autofahrer, die, komme was wolle, auf ihr Vorfahrtsrecht pochen und einfach draufhalten, wenn ihnen die Vorfahrt genommen wird. Da ich dieses Risiko nicht eingehen kann, bin ich wohl oder übel dazu gezwungen, solche Kreuzungen zu den Stoßzeiten zu meiden und lieber Umwege in Kauf zu nehmen.

Euch noch einen schönen Abend.

LG

18.04.2023 16:54 • #5


Dys
Zitat von cpw423:
So sehr ich die Ansicht des Fahrers auch verstehen konnte, könnte ich solche Lücken einfach nicht unbedacht ausnutzen, ohne ein unerschütterliches schlechtes Gewissen zu bekommen, weil ich jemanden ausbremsen musste.

Nun, wenn es tatsächlich so ist, würde auf den Straßen Stillstand herrschen, falls jeder so denken würde. Also ich denke, es ist da doch eher ein allgemeines Problem mit Selbstvertrauen und vielleicht auch noch Angst. Vielleicht ist da therapeutische Hilfe tatsächlich erstmal wichtiger.

18.04.2023 19:49 • x 2 #6


Mit180gen0
@cpw423 Ich denke, du wirst einen aktzeptablen Weg für dich finden.

Lass dir gesagt sein, dass es aktuell nicht einfach ist, einen Therpeuten zu finden. Es wird sicher dauern. Je eher du damit anfängst, desto früher hast du einen ersten Termin.

18.04.2023 19:51 • #7


Krizzly
Hallo

Ich hätte zwei Fragen spontan:

Zitat von cpw423:
So sehr ich die Ansicht des Fahrers auch verstehen konnte, könnte ich solche Lücken einfach nicht unbedacht ausnutzen, ohne ein unerschütterliches schlechtes Gewissen zu bekommen, weil ich jemanden ausbremsen musste. Denn leider sind bei Weitem nicht alle Fahrer so kooperativ und verständnisvoll wie in meinem Fall.

Kannst du erklären, wieso du jemandem gegenüber ein unerschütterlichen schlechtes Gewissen hast, der deinetwegen mal kurz auf die Bremse treten muss, aber nicht jemandem gegenüber, der 15 Minuten hinter dir warten muss?

Und: Neigst du in anderen Lebensbereichen auch zu ähnlichem Verhalten und einem Hang zu Überkorrektheit, vielleicht auch Perfektionismus und nimmst dir kleinere Fehler so zu Herzen, dass sie dich gar nicht mehr loslassen?

Liebe Grüße Krizzly

18.04.2023 21:06 • x 1 #8


cpw423
Hallo Krizzly,

Zu Frage 1:
Das schlechte Gewissen besteht bei mir deswegen, weil das Ausbremsen nicht legal ist und eine Gefährdung gegenüber dem Vorfahrtsberechtigten darstellt. Diese kann m Zweifelsfall zum Unfall führen, für den ich dann die volle Schuld tragen würde. Zudem kann eine Vorfahrtsmissachtung im Zweifel mit Punkten und Fahrverboten bestraft werden, wenn die Polizei die Tat zufällig beobachtet. Beides möchte ich nicht riskieren.

Dass jemand hinter mir eventuell 15 Minuten warten muss, löst bei mir wiederum kein schlechtes Gewissen aus, weil das Warten eine unvermeidbare Behinderung ist, für die ich nicht verantwortlich bin (keine angemessene Lücke wegen dichtem Verkehr). Ich stehe da ja schließlich nicht zum Spaß.

Zu Frage 2: Ja, tatsächlich kann ich das auch in anderen Lebensbereichen bei mir beobachten. Ich bin (leider) sehr perfektionistisch und kann erst zufrieden sein, wenn ein Ergebnis vollständig meinen Vorstellungen entspricht. Dies könnte wohl einer der Gründe dafür sein, warum ich mir so intensiv über Sachen Gedanken mache, die andere eher als Nichtigkeiten einstufen.

VG

18.04.2023 21:33 • x 1 #9


Mit180gen0
Zitat von Krizzly:
Hallo Ich hätte zwei Fragen spontan: Kannst du erklären, wieso du jemandem gegenüber ein unerschütterlichen schlechtes Gewissen hast, der deinetwegen mal kurz auf die Bremse treten muss, aber nicht jemandem gegenüber, der 15 Minuten hinter dir warten muss? Und: Neigst du in anderen Lebensbereichen auch zu ...

Ja, das ist eine berechtigte Frage.

Ist es nicht auch so, dass DU in dem Moment ein Verkehrshindernis darstellst, wenn du ewig an der Kreuzung stehst und wartest? Es ist immerhin kein Parkplatz.
Du studierst Jura, ich nicht...

18.04.2023 22:09 • #10


Mit180gen0
@cpw423
Zitat von cpw423:
weil das Ausbremsen nicht legal

Es gibt aber unterschiede. Ich kann mit voller Absicht und ganz bewusst Leute daran hindern, zu fahren. Z.B. wenn sich zwei Fahrspuren zu einer verengen. Das Reißverschluss-Prinzip. Keiner lässt den anderen gerne vor, dabei MUSS ich vorlassen.
Wenn ich also mit Absicht so fahre, dass der andere nicht vorbeikann und sich hinter mir einreihen muss, dann ist DAS Absicht und nicht erlaubt und dem von der geschilderten Ausbremsen gleich.

Sich in den fließenden Verkehr einfädeln ist etwas anderes. Kein Mensch kann verlangen, 15 min an einer Kreuzung zu stehen. Das habe ich weder jemals erlebt noch gehört.

Zitat von cpw423:
Zudem kann eine Vorfahrtsmissachtung im Zweifel mit Punkten

Sicher, wenn du es tust, um andere zu ägern. Du tust es aber einfach, weil du nunmal AUCH auf die Kreuzung willst.

Zitat von cpw423:
Ich bin (leider) sehr perfektionistisch und kann erst zufrieden sein, wenn ein Ergebnis vollständig meinen Vorstellungen entspricht.

Du sollstest dringend an dir arbeiten. Langfristig wird dich der Perfektionismus auffressen. So kann niemand leben. Der Tag hat nur 24 Stunden.
Ich bin das beste Beispiel, mich hat mein Perfektionismus in den Burnout geschleudert und ich glaube ich war nur ein Bruchteil so wie du es zu sein scheinst.

18.04.2023 22:16 • #11


Mit180gen0
@Mit180gen0 Es ist möglich, mit ganz kleinen Schritten anzufangen:

Wenn du z.B. Gegenstände ganz exakt in eine Position legst: leg sie an die Stelle, wo sie halt hingehören, aber lege sie eben schief ab.

Nutze für ein Buch kein Lesezeichen, sondern einen simplen Zettel oder ein Post-it

Komme mit Absicht 1 min zu spät zu einer privaten Verabredung

Lasse dein Bett, wie es ist, wenn du am Sonntag aufstehst. Also Kissen und Decke nicht aufschütteln und zurechtlegen.

Zieh morgen Abend und zu Hause mal zwei verschiedenfarbige Socken an - das ist eh gerade total in.

Iss deine Pizza von einem tiefen Teller.

Trinke Cola oder Wasser direkt aus der Flasche. Du könntest ja deinen Namen an die Flasche schreiben.

Falls du dir ein Brot schmierst: schneide es andersrum durch, als sonst üblich.

Nimm am WE mal dein Handy oder eine richtige Kamera und geh durch die Straßen. Halte die Kamera so auf Hüfthöhe und fotografiere total sinnlos drauf los. Du wirst nur halbe Autos fotografieren und die Beine von Leuten, nichts schlimmes.
Schau dir dann an, was draus geworden ist.

Wenn du meinst, jetzt müsstest du lernen, dann setze ich mal 5 oder 10 min einfach nur hin und atme. Du kannst auch eine Atem-Meditation machen. Auf Youtube, z.B. von Mady Morrison oder Jettes Atelier.
DANACH wirst du viel freier lernen können.

Wenn du üblicherweise in der Mittagspause in der Kantine/Mensa isst, dann setze dich an einem Tag mal nach draußen, nimm ein Brot oder etwas mit und höre einfach den *beep* zu.

Das sind alles ganz harmlose Dinge, keine Gesetzesverstöße! Suche dir 1 oder 2 Sachen raus, die du dir zutraust und übe einfach mal!

Wenn das geklappt hat: super! Übe mit so simplen Dingen weiter, denke dir vielleicht auch selber etwas aus. Nicht täglich, aber immer mal.

Was meinst du, wie du dich eines Tages freuen wirst, etwas lockerer geworden zu sein.

Viel Erfolg...

18.04.2023 22:33 • x 3 #12


Krizzly
Zitat von cpw423:
Dass jemand hinter mir eventuell 15 Minuten warten muss, löst bei mir wiederum kein schlechtes Gewissen aus, weil das Warten eine unvermeidbare Behinderung ist, für die ich nicht verantwortlich bin (keine angemessene Lücke wegen dichtem Verkehr). Ich stehe da ja schließlich nicht zum Spaß.

Diese Sicht darauf finde ich ein bisschen schwierig. Denn wie du dich im Straßenverkehr verhältst ist ja irgendwie schon deine Verantwortung. Und ich sag dir jetzt mal was aus Sicht von jemandem, der eine Angsterkrankung gepaart mit Reizdarmsyndrom hat: An so manchen Tagen, wenn mein Darm mal wieder verrückt spielt, würde ich in dem Auto hinter dir Todesqualen leiden, wenn du mich dort 15 Minuten warten lassen würdest. Also manchmal haben Menschen es aus guten Gründen eilig. Und vielleicht denkst du ja zufällig daran in einer künftigen ähnlichen Situation.

Davon mal ganz abgesehen: Da du schreibst, dass du das an dir auch in anderen Lebensbereichen beobachtest, würde ich dir raten, dir einen Therapeuten zu suchen. Ich kann aus Erfahrung sagen, dass sich solche Dinge gerne verselbständigen und dann das Leben sehr einschränken können. Es ist immer gut, in Behandlung zu gehen, solange sowas noch ein kleines Flämmchen ist und kein Flächenbrand.

18.04.2023 23:24 • x 5 #13


Bennyhuggi
@cpw423 Es ist nicht lächerlich, aber ich denke das du es mit Deinem Therapeuten unbedingt besprechen solltest. Ich machte mit 28 meine Fahrerlaubnis und dann fuhr ich gar nicht mehr. Mit 53 wollte ich wieder fahren. Ich hatte totale Angst,aber setzt mich ins Auto alleine und übte nur in der Nacht. Es war ein alter Polo und dem habe ich erstenmal eine fette Beule verpasst. Egal ab und durch. Ich war auch dann alleine in Leipzig mit meinem neuen kleinen Mini. So aber zu Deiner Angst,manche sind wirklich Ar. aber so was von. Eigentlich machst du nichts verkehrt,die Menschen sind nur noch im Stress. Rede darüber sonst fährst du wirklich nicht mehr ,so ging es mir auch. Die Selbstzweifel blockieren uns. Ich hoffe das ich auch Unfallfrei bleibe.

19.04.2023 15:53 • #14


cpw423
@Bennyhuggi Hallo, danke dir für die Schilderung deiner Situation. Ja, ich werde es definitiv thematisieren, sobald ich einen Termin beim Psychologen bekomme.
Es ist bei mir tatsächlich nicht die Angst vor dem Fahren an sich. Dies macht mir überhaupt keine Probleme und je leerer die Straßen sind, desto entspannter nehme ich das Autofahren wahr. Mein Problem rührt eher daher, dass mich das ungeduldige, teils extrem asoziale Verhalten vieler Verkehrsteilnehmer belastet und mich manchmal zu Manövern wie in meinem beschriebenen Beispiel verleitet, die ich ansonsten niemals vollführt hätte. Ich fühle mich in der Situation einfach massiv unter Druck gesetzt und als ein ,,Verkehrshindernis“, obwohl mir natürlich bewusst ist, dass ich in rechtlicher Hinsicht überhaupt nichts falsch mache. Meine zentrale Herausforderung ist hierbei einfach, über solchen Provokationen der anderen zu stehen und mich davon nicht beeinflussen zu lassen. Da meine Lebenssituation es momentan nicht anders zulässt, werde ich um das Autofahren (leider) ohnehin nicht drumherumkommen und es von daher stets aufs Neue versuchen müssen, mehr Selbstsicherheit im Straßenverkehr zu zeigen.
LG

19.04.2023 22:48 • x 1 #15


Mit180gen0
@cpw423 Irgendwie finde ich mich in dir wieder.
Ich habe andere Bereiche, wo ich mich provoziert fühle und habe auch schon im Affekt kleinere und größere Übersprungshandlungen vollbracht.
Keine körperliche Gewalt, aber verbale auf jeden Fall...

Umso besser, dass du selber erkennst, dass du alleine nicht weiter kommst und dir nun Hilfe suchen möchtest!

Ich gebe dir einen Tipp: erstelle eine Tabelle mit allen Therapeuten in deiner Nähe, am besten alphabetisch.

Jede und jeder hat eigene und andere Telefonsprechzeiten, die solltest du dir dazu schreiben. Du kannst natürlich zu deren Sprechzeit anrufen, dann sabbelst du dir den Mund fusselig. Oder du rufst außerhalb an in der Hoffnung, dass ein AB läuft. Oft ist da nämlich schon drauf, dass sie keine neuen Patienten nehmen oder aber die Sprechzeit hat sich geändert.
Lass dich auf jede Warteliste setzen! Absagen kannst du immer noch.
Du hast 4 Sitzungen, da kannst du schauen, ob die Chemie zwischen euch stimmt. Erst danach wird ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt.
Viel Glück!

20.04.2023 09:18 • #16


A


Hallo cpw423,

x 4#17


Alexandra2
@cpw432 soziales Miteinander im Straßenverkehr ist so vielschichtig, da gibt es den unbekannten Graubereich. Der Verkehr soll fließen, Vorschriften beachtet und das Leben aller geschützt werden.
Ich habe auch den Eindruck, es braucht Übung, wann ich gefahrlos handeln kann, um den Verkehrsfluss zu gewähren. Es kommt natürlich darauf an, wann und wo Du fährst. Für ein Training des Graubereichs könntest Du Fahrstunden nehmen, um ein besseres Gefühl zu bekommen, wann Du noch oder schon reagieren kannst.
Einige Verkehrsteilnehmer fahren ohne Erlaubnis, Alk., mit Dro. im Blut, für die muss man mitdenken. Einige sind massiv unter Zeitdruck, egoistisch oder fremd und unsicher unterwegs, Gründe gibt es viele. Die Frage ist, mit welchem Kompromiss kann ich mich gefahrlos anpassen?
Du wirst die Anderen nicht ändern können, nur Dein Verhalten und Deine Sicht auf die Dinge. Dafür finde es es auch angebracht, einen Psychologen zu finden. Akribie kann einsam und krank machen und Dir selbst nur schaden.
Liebe Grüße Alexandra

20.04.2023 17:14 • #17