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Depressionen durch Ausbildung und Druck durch Eltern

J
Hallo da draußen. Da ich keinen anderen habe, mit dem ich darüber sprechen kann, hau ich meine Geschichte einfach mal hier raus.

Ich bin 21 Jahre alt und habe letztes Jahr eine schulische Ausbildung zum Pharmazeutisch-technischen Assistenten abgeschlossen. Die Ausbildung war zwei Jahre lang und sollte mit einem halbjährigen Apothekenpraktikum und einer Prüfung enden. Das Praktikum habe ich im September begonnen, jedoch konnte ich es nicht abschließen. Die Chefin und das Team der Apotheke fanden, dass ein Praktikant zu anstrengend sei und haben sich mir gegenüber mehr als respektlos verhalten. Ich hatte in meinem Leben schon viele Praktika in den verschiedensten Berufen und wurde in keinem so mies behandelt. Es grenzte schon oft an Mobbing. Jeder noch so kleine Fehler wurde mir ständig unter die Nase gerieben und egal, was ich gemacht habe, es gab immer einen Fehler, meist wegen fehlenden Informationen, die ich nicht einmal durch Nachfrage erhalten habe. Ich wurde dumm angemacht und vor Kunden bloßgestellt. Und das war nur die Spitze des Eisberges. Teilweise wurden mir von einer Kollegin sogar Fehler untergeschoben, die sie gemacht hat. Und als ich das angesprochen habe glaubte mir niemand. Nachts konnte ich nicht mehr richtig schlafen, da ich mir dutzende Gedanken über meine Fehler gemacht habe. Nach kurzer Zeit bekam ich Panikattacken. Ich konnte häufig schwer atmen und mein Herz klopfte wie wild. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie so eine Angst gespürt.

Nach gut einem Monat kam schließlich die fristlose Kündigung von meiner Chefin. Ich stand ohne Praktikumsplatz da und musste deswegen die letzte Prüfung verschieben. Um ehrlich zu sein war ich erstmal sogar glücklich endlich da raus zu sein, doch die Panikattacken und meine Ängste verschwanden nicht. Im Gegenteil. Ich zog mich immer mehr von der Öffentlichkeit zurück. Ich konnte auf einmal nicht mehr mit fremden Menschen reden, ich hatte Angst unter Leute zu gehen und nicht einmal telefonieren konnte ich. Seitdem saß ich fast nur noch in meinem Zimmer und schottete mich komplett ab. Meine Stimmung schwankte heftig. Es gab Momente in denen ich überglücklich war und dann gab es welche, in denen ich verklemmt, traurig und komplett fertig war. An manchen Tagen kam ich nicht einmal mehr aus meinem Bett und wirklich Freude hatte ich nur noch an sehr wenigen Dingen des Lebens.

In den Monaten danach habe ich mich nach einem neuen Praktikumsplatz umgesehen und bekam sogar Hilfe von meinen Eltern dabei. Doch jedes Mal, als ich mich beworben habe, kamen die fürchterlichen Erinnerungen an das erste Praktikum zurück. In der Stadt, in der ich wohne ist es, wie ich bald merkte, sehr schwierig einen Praktikumsplatz zu bekommen, da die meisten Apotheker nicht ausbilden wollen. Irgendwann habe ich es dann aufgegeben und habe mich nach etwas neuem umgesehen. Ich habe mir das einige Zeit durch den Kopf gehen lassen und habe schließlich gemerkt, dass ich mich in der 12. Klasse schon gar nicht mehr wirklich für diesen Beruf interessiert habe. Also schien mir eine neue Ausbildung der richtige Weg zu sein. Ich bewarb mich als Biologielaborant, da mir Laborarbeiten in der Ausbildung am meisten Spaß gemacht haben und ich da sogar gut drinnen war. Dann habe ich mich auch noch kurzfristig dazu entschlossen mich für eine Ausbildung zum Fachinformatiker zu bewerben, da ich auch gut am Computer bin und ich gerne lernen würde, wie man richtig Programmiert.

Doch das alles ist nicht so einfach. Die erste Ausbildung nagt immer noch an mir. Auch wenn ich heute weiß, dass ich den Beruf des PTAs auf keinen Fall ausüben möchte, sind meine Eltern nicht so verständnisvoll gegenüber der Tatsache, dass ich etwas neues machen möchte. Ich habe oft genug darüber geredet, dass mir der Beruf nicht mehr gefällt und das ich das schon im letzten Ausbildungsjahr festgestellt hatte. Sie sind jedoch der Meinung, dass ich längst richtig arbeiten sollte und schon längst ausgezogen sein sollte. Sie machen mir regelrecht ein schlechtes Gewissen und setzen mich enorm unter Druck, was alles andere als Hilfreich ist. Jetzt haben sie eine Apotheke gefunden, die einen Praktikanten suchen. Ich erlag ihren Druck und bewarb mich. Ich hatte sogar ein Vorstellungsgespräch, was von Seiten der Apotheker gut lief. Doch um ehrlich zu sein, habe ich während des Gespräches wieder einmal gemerkt, dass meine Begeisterung von damals, als ich die Ausbildung angefangen habe, weg ist. Ich habe keine Lust mehr auf diesen Beruf.

In ein paar Tagen habe ich ein Vorstellungsgespräch bei einem IT Unternehmen, was einen Auszubildenden zum Fachinformatiker sucht. Ich war überglücklich darüber, dass ich eingeladen wurde, obwohl meine Kenntnisse beim Programmieren laienhaft sind. Dennoch habe ich unglaublich viel Lust darauf und spüre auch langsam, wie mein Selbstbewusstsein zurückkehrt. Dann gibt es in meiner Stadt sogar noch eine Stelle für einen Fachinformatiker. Jedoch ist dieser andere Ausbildungsplatz wieder eine schulische Ausbildung, in der ich kein Geld verdiene.

Meine Eltern sind wie schon gesagt nicht darüber begeistert und drängen mich regelrecht dazu die Apothekenstelle anzunehmen. Und eine schulische Ausbildung kommt für sie erst recht nicht in Frage. Immer wenn ich das Thema anspreche, artet es in einem Streit aus. Ich habe auch bereits gesagt, dass es mir deswegen nicht gut geht, doch es scheint sie nicht zu interessieren. Und schließlich wurde auch mein depressiver Zustand wieder schlimmer. Dieses Mal kamen sogar Selbstmordgedanken dazu. Ich schlafe kaum noch, ständig muss ich an die PTA Ausbildung denken und sage mir jedes Mal, was für ein Versager ich doch bin. Dass ich mit 21 Jahren längst auf eigenen Beinen stehen sollte, mein eigenes Geld verdienen muss und das, wenn ich ganz ehrlich bin, meine Familie besser ohne mich dran ist. Dass der ganze Stress vorbei ist, wenn ich mich von einer Brücke stürze oder mir anderweitig das Leben nehme. Ich habe das Gefühl eine Enttäuschung zu sein, dass aus mir nichts mehr wird. Es ist auch nicht gesagt, dass ich die Stelle in der IT Firma bekomme nach dem Gespräch und die Zeitspanne in der ich bestätigen soll, dass ich bei der Apotheke das Praktikum mache, ist auch sehr kurz. Ich fühle mich von allen Seiten unter Druck gesetzt aber eines weis ich genau. Und zwar, dass ich nie wieder in einer Apotheke arbeiten möchte. Ich habe Angst, dass wenn ich bei IT Firma nicht genommen werden sollte, ich wieder zurück in die Apotheke gehen muss. Die Chefs von der Apotheke kamen auch alles andere als höflich rüber und ich will nicht wieder so etwas durchmachen müssen.

Ich halte es einfach nicht mehr aus. Bald ist September und der einzig sichere Platz ist die PTA Stelle, die ich nicht mehr machen möchte. Ich hasse diesen Beruf mittlerweile und habe keine Ahnung, was ich noch machen soll. Ich bin verwirrt, habe Angst, fühle mich wie der letzte Dreck und würde einfach am liebsten alles beenden.

Und mit meinen Eltern kann ich darüber auch nicht mehr reden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ihnen das egal ist und das sie mich einfach nur schnell loshaben wollen. Und ihre Bedingung, dass ich, wenn schon was neues anfange, ich mein eigenes Geld verdienen muss, ist auch alles andere als Hilfreich.

Die ganze Situation ist hier etwas verwirrend geschildert aber besser kann ich es momentan nicht beschreiben. Ich fühle mich verloren, neben mir und kalt. Ich halte es nicht mehr aus und weiß nicht mehr an wen ich mich wenden soll. So hoffnungslos war ich noch nie in meinem ganzen Leben.

20.06.2019 04:30 • x 1 #1


Lara2019
Du hast sehr klar und überhaupt nicht verwirrend deine Situation beschrieben. Die Verzweiflung in der du steckst ist deutlich spürbar. Lasse an dieser Stelle mal ein Paket mit viel Trost hier.
Die Stelle in der Apotheke ist auf keinen Fall mehr eine Option, das schreibst du auch ganz deutlich. Zu diesem Entschluss solltest du auch weiterhin stehen, egal was deine Eltern sagen. Es ist dein Leben und DU müsstest in einem verhassten Beruf arbeiten, nicht sie. Es geht ihnen ja auch vielmehr um die finanzielle Seite. Sie möchten, dass du unabhängig von ihnen, alleine deinen Lebensunterhalt bestreiten kannst. Dein Wille dazu ist ja auch da. Nur fehlt eben noch die Zusage von der IT-Firma. Ich drücke dir an dieser Stelle natürlich die Däumchen, dass du sie bekommst. Wenn nicht, ja, dann müsstest du in der Tat die Zeit überbrücken bis du wieder eine neue (Ausbildungs)-Stelle angeboten bekommst. Das hiesse evtl. , wieder die Schulbank zu drücken und in der Zeit finanziell nicht abgesichert zu sein. Wenn sich deine Eltern weiterhin weigern, müsste doch von staatlicher Stelle her etwas möglich sein. Ich kenne mich jetzt per se mit diesen Dingen nicht so aus, aber ich bin mir sicher, da gibt es Mittel und Wege. Vielleicht kann dir da das Arbeitsamt/Berufsberater weiterhelfen. Nur so ein Gedanke.
Eventuell lenken deine Eltern doch noch ein, wenn du sie von der Ernsthaftigkeit deines Berufwunsches erneut versuchst zu überzeugen und ihnen nochmals vor Augen führst, dass es dir psychisch sehr schlecht geht und du schon unter Depressionen leidest UND sogar schon Selbstmordgedanken hast.
Doch wie auch immer, ich finde es gut, dass du von deinem Berufswunsch nicht abweichst. Für deren Umsetzung müsste im äussersten Notfall eben staatliche Hilfe her.

Ach ja, bist du wegen deiner psychischen Probleme in Behandlung? Wenn nicht, würde ich dir raten, dir fachärztliche Hilfe zu holen. Vielleicht könnte dir zusätzlich auch ein Antidepressivum in dieser schweren Zeit helfen.

Lasse mal liebe Grüsse hier
Lara

20.06.2019 08:03 • x 2 #2


A


Hallo JonasJoestar,

Depressionen durch Ausbildung und Druck durch Eltern

x 3#3


Alexandra2
Lieber Jonas,
Mir fällt auf, dass Du Dich immer weiter zurückziehst, versuchst Problemen aus dem Weg zu gehen. Dabei isolierst Du Dich und fühlst Dich weitgehend unfähiger, auf Schwierigkeiten zu reagieren. Das ist zwar verständlich, aber fördert leider das Gefühl der Ohnmacht.
Die ersten Apotheker haben Dich traumatisiert! Gibt es nicht eine Apothekerkammer, wo Du diese Apothekerin anzeigen kannst? Sie wird evtl vorgeladen, muss Stellung beziehen, bekommt evtl eine Rüge mit/ohne Bußgeld. Es geht mir darum, dass Du versuchst Dich zu wehren. Niemand ist solchen Dumpfbacken ausgeliefert. Du darfst und musst Dich laut zur Wehr setzen, das würde Schlimmeres verhindern!
Was spricht dagegen das letzte Stück Praktikum durchzuziehen und bald die letzte Prüfung zu absolvieren? Es liest sich in Bewerbungen immer besser, eine andere Ausbildung gemacht zu haben, als eine Lücke im Lebenslauf. Du kannst ja danach Umschulung anstreben, vielleicht wird Dir die nächste Ausbildung verkürzt?
Mit Deinen Eltern würde ich darüber sprechen, welches ihre Gründe sind, Dich zum Auszug zu drängen. Es gibt verschiedene Gründe (Geldmangel, Platzmangel, Genervt sein wg Hotel Mama etc. ), wenn Du diese kennst, lässt sich vielleicht eine Lösung finden und eine, die beiden Seiten gerecht wird. Also mache Dich gerade, sage nicht ja, wenn das für Dich nicht stimmt. Ich weiß, es ist Neuland für Dich- und Du solltest es wenigstens versuchen. Und mit einer lösungsorientierten Kurzzeittherapie wäre es vielleicht leichter. Mache Dich gerade, Du bist einzigartig und solltest es Dir wert sein. Nur Mut!
Liebe Grüße Alexandra

21.06.2019 20:22 • x 1 #3


Mandinka
Hallo Jonas, ich schreibe dir als Mutter eines Sohnes, der gerade ebenfalls in einer großen Krise während der Ausbildung steckt. Was du darüber schreibst, wie es dir geht, klingt fast genau so, wie das, was mir mein Sohn vor wenigen Tagen erst offenbarte.
Ich war darüber sehr erschrocken und alarmiert, was er mir mitteilte. Es hat ihn auch sehr große Überwindung gekostet, mit mir darüber zu sprechen - obwohl ich voller Verständnis für ihn bin. Aber er wollte mich offenbar nicht beunruhigen und belasten. Jetzt sind wir aber dabei, gemeinsam nach Lösungen und nach Hilfe zu suchen, und wir haben den Druck für ihn rausgenommen. Ich gebe zu, auch ich habe ihm öfters in den Ohren gelegen, unbedingt dieses und jenes in bezug auf die Ausbildung zu tun und zu schaffen. ohne daß ich eben ahnte, wie stark ihn das belastete, Druck ausübte und ihn am Ende überforderte. Mir als Mutter war das so nicht bewußt und mir tut das jetzt sehr leid. Auch sein Vater hat nun einiges eingesehen.

Ich denke, es wäre wichtig, daß du dich deinen Eltern versuchst zu öffnen. Sie ahnen sicher gar nicht, was in dir vorgeht und wie sehr du unter deiner Situation leidest, und sie wären wahrscheinlich genau so besorgt, wie ich es war, wenn sie hören, daß ihr Kind solche Ängste entwickelt hat, sich selbst als Versager empfindet und keine Lebensfreude mehr hat.

Schade wäre es schon, wenn die zwei Jahre Ausbildung, die du bereits hinter dir hast, umsonst gewesen wären. Vielleicht gibt es ja doch noch eine Lösung, wie du die letzte Hürde zum Abschluß absolvieren könntest oder du wechselst tatsächlich die Richtung. Nur ist immer zu bedenken, daß es immer wieder im Leben passieren kann und wird, daß solche schwierigen Situationen eintreten. Deshalb wird mein Sohn nun erst einmal pausieren und therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen in der Hoffnung, für die Zukunft für schwierige Zeiten besser gerüstet zu sein. LG

25.06.2019 15:43 • x 1 #4

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