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Burnout wie sich wehren?

Nikita
Halllo liebe Forumteilnehmer,

ich leide seit einem heftigen BurnOut unter chronischer Energielosigkeit. Zudem seit Jahren unter wiederkehrenden mittelschweren Depressionen. Am Anfang meiner Berufskarriere war ich immer sehr idealisiert und motiviert und gab immer mehr als mein Bestes. Einen großen Teil meiner Selbst wurde über Arbeit und Einkommen definiert. Als ich nach jahrelangen 70 Stunden Wochen irgendwann nicht mehr aus dem Bett kam, bemerkte ich das etwas falsch lief. Ich machte also Rhea und Therapie. Ich lernte gesunde Grenzen zu setzen, Nein zu sagen und mich beruflich anderweitig zu orientieren. Es ging mir gut, bis bei meinem jetzigen Arbeitsplatz Umstrukturierungen vorgenommen wurden. Ich stecke wieder in einem Hamsterrad fest und sehe keinen Ausweg, ich bekomme doppelt mehr Arbeit, mehr Druck, mehr Stress. Irgendwie falle ich resegniert zurück und denke mir: Das System ist perfide, der Unternehmer darf Profite/Gewinne anhand von Ausquetschen der Mitarbeiterleistung einnehmen, er zahlt beimverbrannten Mitarbeiter dann max. 6 Wochen Lohnfortzahlung und überlässt den Rest den sozialen System .Die Krankenkassen weisen alle höhere Zahlen von psychischen Krankschreibungen die letzten Jahre auf. Woran liegt es? Streiken wir zuwenig, sind wir zuwenig in Gewerkschaften solidarisiert? Stellen zu wenig Arbeitnehmer Überlastungsanzeigen beim Chef, aus Angst dann angemobbt zu werden? Ist das Spiel mit der Angst nicht Mittel zum Zweck für die Arbeitgeber? Was würde passieren, wenn alle Pflegekräfte Montags aus Protest nicht Arbeiten gehen würden, weil Sie bessere Rahmenbedingungen bzw. mehr Personal fordern(Slogan: Monday for Future Nurses)? Könnte sich durch Solidarisierung nicht das Hamsterrad ändern? Die Unternehmer schmerzt es keinen Cent, wenn Mitarbeiter ausbrennen, stehen doch 1000 weitere Sklaven bereitwillig vor der Türe. Ggf. wird genötigt, weil sich niemand zuständig für den ausgebrannten fühlt. Der medizinische Dienst der Krankenkassen will baldmöglichst die Zahlung einstellen, ein Gutachter der vom MDK finanziert wird, begutachtet Patient Nr 108 und stellt fest, dass er trotz psychiaterischen Attest, arbeitsfähig ist. Notfalls noch eine medizinische Rhea dann wird er eben hier gesund entlasten bzw. für mehr als 6 Stunden tauglich für die Arbeitswelt. Das Arbeitsamt gibt dem ehemaligen Patienten Nr.108 dann zu verstehen, du bist ein Kostenfaktor, du musst wieder zurück ins Laufrad, ansonsten gibt es keine Zahlungen mehr oder wir schikanieren dich anderweitig. Deswegen, sollte man sich besser wehren, sonst ändert sich nichts auf dem Arbeitsmarkt!

Von einer ausgebrannten überlebenden Nikita!

29.12.2019 00:50 • x 3 #1


ZeroOne
Toll geschrieben, @Nikita !

Nach meiner Meinung ist Deutschland - im Vergleich zu anderen Ländern - mit sozialen Institutionen ganz gut aufgestellt.

Ob sie dem Individuum - gerade im von dir beschriebenen Fall - helfen, oder eher schaden, ist allerdings die Frage?!

Meine persönliche Erfahrung ist: je mehr Institutionen (Betriebsräte, Gewerkschaften, Behindertenvertretungen, IFD, etc.) man zur Stärkung seiner Position gegenüber dem Arbeitgeber einschaltet, desto schlechter werden die Karten.

Und wenn es am Ende hart auf hart kommt, dann lassen dich auch diese Institutionen hängen und du kannst es einen Anwalt richten lassen, wenn du versichert bist, oder einen dicken Geldbeutel hast.

Aber selbst, wenn am Ende ein guter Aufhebungsvertrag mit akzeptabler Abfindung dabei raus kommt, bist immer du der Verlierer, weil du kostbare Lebenszeit und deine wertvolle Psyche ruiniert hast und dann erst richtig loslegen darfst, um dir beruflich einen neuen Wirkungsbereich zu erkämpfen.

Am Ende muss man die Show immer allein rocken! Trotz der ganzen, tollen, sozialen Institutionen, für die man teilweise auch nicht unwesentliche Beiträge, Steuern, Gebühren, etc. bezahlt hat.

Am Ende ist doch jeder wieder sich selbst der Nächste.

LG
ZeroOne

29.12.2019 01:18 • x 3 #2


Pimbolina71
Hallo @Nikita : leider ist es auch hier in der Schweiz nicht anders. Mein Patenkind arbeitet ebenfalls in der Pflege und erzählt uns manchmal unglaubliche Dinge von Krankheitsausfällen, über Mobbing bis hin zu Entlassungen. Es fehlt also auch hier Personal, aber so lange die Politik da nicht eingreift und bessere Arbeitsbedingungen und Löhne bezahlt, dreht sich das Hamsterrad weiter - leider.

Umso wichtiger ist es, frühzeitig die Notbremse zu ziehen und auch mal Stopp zu sagen.

Pass gut auf Dich auf.

LG Pimbolina

29.12.2019 08:32 • x 2 #3

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