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Wie sage ich es dem Arzt

M
Hallo zusammen,
vielen Dank für die Aufnahme in dieses Forum. Tja, wie fange ich am besten an.
Ich bin 57 Jahre alt und war immer ein sehr fröhlicher und lebensbejahender Mensch. Beruflich sehr engagiert mit sehr vielen Überstunden, privat viele Interessen. Nun hat sich in den letzten Jahren aber folgendes getan:
Meine 85jährige Mutter lebt allein und braucht zunehmend Unterstützung im Haushalt und beim Einkaufen. Ist für mich kein Problem. Belastend ist ihre herrische Art und dass ich ihr nichts recht machen kann. Meine Schwester wohnt 2 Straßen neben ihr, aber die beiden haben sich vor Jahren wegen meiner Mutters Art böse zerstritten. Hier bekomme ich keine Unterstützung.
Beruflich kann ich nicht mehr so wie früher, obwohl die Arbeit mehr wird und eine Kollegin, die gekündigt hat, nicht mehr nachbesetzt wird.
Das alles hat sich in den letzten Monaten bei mir angestaut. Ich leide mittlerweile an Schlaflosigkeit, daraus resultierend Dauer-Kopfschmerzen, Schwindel und teilweise Schmerzen im Bereich des Herzens. Letzte Woche konnte ich kaum einen Arbeitstag durchstehen. Zudem habe ich eine anhaltende Angst entwickelt: Angst davor, meinen Job zu verlieren. Angst davor, meiner Mutter wieder nichts recht machen zu können. Ich brauchte dringend eine längere Pause. Eine Woche Urlaub im Februar hat nichts gebracht.
Nun meine Frage: was soll ich dem Arzt sagen, ohne als Drückeberger dazustehen. Auch hier ist wieder die Angst, nicht ernst genommen zu werden. Ich mache mir ernsthaft Sorgen um meine Gesundheit, denn in unserer Familie gab es häufiger Herzinfarkte. Davor habe ich Angst.
Vielen Dank für eure Hilfe.

20.03.2022 22:23 • x 3 #1


R
Hallo und willkommen hier.
Sag dem Arzt genau das, was du hier geschrieben hast. Es beschreibt deine Situation und deine berechtigte Sorge um deine Gesundheit. Das ist Selbstfürsorge. Nichts davon klingt für mich nach Drückebergerei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dein Arzt dich nicht ernst nimmt. Warte nicht zu lang .
VG

20.03.2022 22:53 • x 7 #2


A


Hallo Mäusepfötchen,

Wie sage ich es dem Arzt

x 3#3


D
Hi,
sag dem Arzt genau das was du geschrieben hast. Falls du sorge hast dass du es nicht richtig kommunizieren kannst könntest du es ihm sogar ausdrucken. Und sehr richtig auch der Hinweis, nicht zu lange zu warten. Ein Herzinfarkt ist nur dann ein Problem, wenn er plötzlich akut auftritt. Das was davor steht nicht wirklich. Du wirst untersucht, bekommst Ruhe und vielleicht Medikamente verschrieben - also nichts wovor man sich fürchten muss oder Angst haben, ansonsten isses wie immer (Zahnarzt, Hämorrhoiden, Burnout): Wenn man ewig wartet und Signale ignoriert kanns natürlich mal knallen.

Die Zeiten wo man vielleicht als Drückeberger mit solchen Sachen dasteht sind lange vorbei. Der Arzt wird den Blutdruck messen, das Herz und Lunge abhören, allgemein den medizinischen Zustand bewerten, vielleicht auch ein EKG machen und dich eventuell an einen Kardiologen oder an andere Ärzte überweisen. Also nichts Wildes.

Ich weiß Famielie ist Familie. Aber tu dir selber den Gefallen und hol dir Hilfe für deine Mutter. Gerade wenn sie eine schwierige Person ist ist es vielleicht an der Zeit sich eine Haushaltshilfe oder einen Pflegedienst zu organisieren für Sie.
Das wird vermutlich nicht besser mit Ihr. Überlege auch ob du da vielleicht etwas einschränkst und nur 1x die Woche einkaufst. Und ja, mit herrischen 85 Jähigen Umgang zu haben klassifiziere ich als Schwerstarbeit.

Investiere unbedingt in dich selbst. 57 zu sein (bin selber 36 also eher Wissen/Erfahrung als jemand der mit Menschen arbeitet als eigene Erfahrung) bedeutet noch einige Jahre beruflich zu arbeiten und dementsprechend möchte man fit sein.

21.03.2022 00:38 • x 2 #3


M
Vielen Dank für eure Antworten.
Eine aussenstehende Hilfskraft will meine Mutter nicht. Pflege benötigt sie auch nicht. Es geht nur um Wohnung und Einkaufen. Fenster putze ich ihr nicht gut genug.
Mein Hauptproblem ist, dass ich einfach Angst habe zum Arzt zu gehen und um eine längere Auszeit wegen körperlicher und psychischer Probleme zu bitten. Ich schäme mich so. Aber ich weiß auch, dass ich alleine aus dieser Spirale nicht mehr raus komme.
Ich will weiterhin für meine Mutter sorgen, aber dazu der Job, das packe ich im Moment nicht mehr. Ich würde auch gerne eine ambulante Therapie oder ambulante Reha machen. Keinesfalls stationär.
Der letzte Punkt der mir Sorgen bereitet: wenn ich eine Krankmeldung von einem Psychiater bekäme, was sagen dann die Kollegen die das sehen. All diese Dinge gehen im Kopf rum.

21.03.2022 10:18 • #4


sundancere20j
Also wenn Deine Mutter nicht in der Lage ist diese Dinge selbst zu erledigen, kann es ggf. Sinn machen sich über die Beantragung einer Pflegestufe Gedanken, bestenfalls dazu beraten zu lassen. Bei Erfolg kann man dann entsprechende Pflege- und Geldleistungen (bspw. Haushaltshilfe) in Anspruch nehmen.

Ggf. macht es aber auch Sinn mal deutlich zu sagen, dass man es selbst nicht schafft und deswegen eine Hilfskraft selbst bezahlt, falls eine Pflegestufe nicht durchgeht. Alte Menschen können einem echt manchmal mit ihrem Anspruchsdenken den letzten Nerv rauben und vergessen völlig, dass das Gegenüber eventuell auch noch ein eigenes Leben hat. Ist schwer, aber es hilft. Habe selbst beste Erfahrung damit gemacht.

Beim Arztgang mach Dir mal keine so großen Gedanken. Der wird schon erkennen, dass es Dir nicht so gut geht. Lass Dir nur gleich entsprechende Facharztüberweisungen ausstellen und kläre ab, dass Du bis dahin die Hilfe des Hausarztes in Anspruch nehmen möchtest, was die Arbeitsunfähigkeit angeht. Die meisten zucken nicht einmal, sondern helfen gern. Ist einfach ein wenig Überwindung.

Und sollte es dann zur Facharztbehandlung kommen und dieser Dich dann weiter Arbeitsunfähigkeit schreiben, hast Du das Recht die Facharztbezeichnung auf der Bescheinigung zu schwärzen. Wobei die meisten Psychiater gleichzeitig Neurologen sind und sich so eigentlich kein Rückschluss auf Dein Problem ergeben sollte. Hier klärst Du bestmöglich auch weitere Maßnahmen ab, wie bspw. Therapiemöglichkeiten/Reha.

Außerdem reichst Du die Arbeitsunfähigkeit ja auch bei Deinem Betrieb bei einem Vorgesetzten ein. Normalerweise sollte die vertrauliche Behandlung sensibler Personaldaten in der heutigen Zeit selbstverständlich sein und so auch gewahrt bleiben. Oder geht das dann per Rundmitteilung bei Euch durch die Firma?

Bei uns ist sogar so geregelt, dass ich die Arbeitsunfähigkeit an unsere Personalabteilung per E-Mail schicke und diese nicht mal in der elektronischen Akte abgelegt werden. Somit hat nicht mal mein direkter Vorgesetzter Kenntnis und Zugriff darauf.
Er bekommt lediglich die Mitteilung das ich Arbeitsunfähigkeit bin, wenn ich es bin.

Nicht drüber Nachdenken. Machen! Viel Erfolg.

21.03.2022 16:20 • x 1 #5


ZeroOne
Zitat von Mäusepfötchen:
Ich würde auch gerne eine ambulante Therapie oder ambulante Reha machen.


Eine Therapie ist bestimmt eine gute Idee!
Wie ich deinen ersten Post verstanden habe, hast du Probleme, dich abzugrenzen und vielleicht auch einfach mal Nein zu sagen - gegenüber deiner Mutter und auch beruflich.

In einer Therapie lässt sich sowas prima erarbeiten.

Zitat von Mäusepfötchen:
Keinesfalls stationär.


Meist ist das am Anfang gar nicht schlecht - am besten ein Stück weit weg vom üblichen Umfeld, um bewusst die üblichen Störfaktoren mal auszuschalten und bewusst nur an sich arbeiten zu können.

21.03.2022 19:21 • x 1 #6


M
Nochmal herzlichen Dank für eure Antworten. Ihr habt mir bereits jetzt sehr geholfen, den ersten wichtigen Schritt zum Hausarzt zu machen. Ihr habt recht: wichtig ist MEIN Leben und MEINE Gesundheit.
Ich möchte mich natürlich weiterhin um meine Mutter kümmern. Sie hat mir-obwohl alleinerziehend- eine sehr gute Ausbildung ermöglicht und das will ich ihr jetzt zurückgeben. Ich hoffe, dass ich in einer Therapie lerne, mit dieser Situation besser umzugehen. Das berufliche ist erst einmal zweitrangig. Ich bin ordentlich unkündbar.
Nochmal ganz herzlichen Dank für eure aufmunternden Worte Ich habe für Freitag einen Termin beim Hausarzt vereinbart.

21.03.2022 19:45 • x 1 #7

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