Wie komme ich aus dem emotionalen Tief raus - Rollstuhl

Howeynous
Guten Abend!

Es ist schon lange her, dass ich mich hier gemeldet habe... ich habe im für mich tiefen Winter 09/10 in diesem Forum viele Texte verfasst und möchte mich nochmal für die Unterstützung bedanken.
Warum schreibe ich jetzt wieder und wer bin ich überhaupt?
Nun, ich möchte mich nochmal vorstellen: Ich heiße Tim, 24, wohne inzwischen selbstständig in Münster, bin schwerbehindert (Muskelschwäche, E-Rollstuhl, Dauerbeatmung, 24-Stunden-Assistenz) und studiere Mathematik im Masterstudium.
Meine alten Threads sind leider nicht mehr da, aber als Vorstellung genügt das auch erstmal.

Zwischenzeitlich dachte ich, es würde bergauf gehen.
Am 15.11.2009 ist aus einem nicht näher bekannten Grund alle Kraft und Zuversicht in mir zusammengestürzt und seit diesem Tag behaupte ich von mir selber, ich sei depressiv.
Ich wollte mit meinen Sorgen und Problemen in meinem engmaschigen Umfeld aus Eltern und Assistenten anonym bleiben, beziehungsweise ich wollte niemanden vor den Kopf stoßen damals.
Daher habe ich diesen grausamen Winter irgendwie überstanden - alleine durch oberflächliche Gespräche mit einer guten Freundin und durch dieses Forum.

Ganz langsam wurden meine Stimmungen auch wieder besser, aber es blieb wechselhaft.
Im Sommer 2011 bin ich von zuhause ausgezogen in der Hoffnung, gewissermaßen ein neues Leben zu beginnen.
Der folgende Winter war aber wieder hart... ich hatte damals schon eine gute Bekannte aus dem Internet kennen gelernt, die schon einiges älter war als ich und mir gewissermaßen als gute Seele zur Seite stand.
Dank ihr habe ich im März 2012 dann auch endlich den A**** hoch bekommen und mich um eine Therapie bemüht.
Um offen dazu zu stehen, dass ich es selber nicht mehr schaffe, hat es aber unter anderem gebraucht, dass 2 meiner Assistenten sich selber als depressiv geoutet haben.

Meine Therapie läuft jetzt leider schon bald zu Ende und ich bin froh, sie zu haben - aber es kommt nicht zu einer nachhaltigen Veränderung in meinem Leben und in meinem Stimmungsbild.
Die einzige Veränderung ist, dass ich inzwischen offener mit meiner Depression umgehe.
Ich rede in den Therapiesitzungen fast ununterbrochen, wahrscheinlich weil mir ansonsten jegliches Ventil fehlt.
Obwohl ich immer Menschen um mich herum habe, fühle ich mich fürchterlich einsam. Körperlich, gedanklich und seelisch.

Mit meiner Bekannten, die mir seit seinem Auszug viel Halt gegeben hat, habe ich mich leider letzte Woche zerstritten. Sie nennt mich stur und unbelehrbar - vielleicht hat sie in dieser Sache ja sogar in manchen Punkten recht, ich zweifle an mir selbst. Aber eigentlich ist das auch der springende Punkt: ich möchte mich gar nicht belehren lassen nach dem Motto Hör mal Kleiner, so funktioniert das im Leben.
Wann werde ich in der Welt der (jungen) Erwachsenen endlich mal für voll genommen?

Viele haben mich schon als guten Zuhörer bezeichnet - aber sie wenden sich alle nur an mich, wenn es ihnen schlecht geht. Wenn ihr Leben dann wieder mächtig Fahrt aufnimmt, ist für mich keine Zeit mehr.
Eine Beziehung hatte ich noch nie, das belastet mich auch immer mehr. Nicht mal die Tatsache an sich, sondern dass viele automatisch davon ausgehen, ich könnte bei diesem Thema eh nicht mitreden. Sei es als verbohrter Mathematiker oder als Rollstuhlfahrer - irgendwas an mir ist ja schließlich nicht ganz normal.
Nun, das mag sein und ich mache mich auch gerne über mich lustig^^, aber meine Wünsche und Sehnsüchte sind bisweilen schon ganz alltäglich und normal.

Ich habe Angst in ganz alltäglichen Situationen, wie wenn ich mich mit jemandem Zum Kaffee verabreden will, etwas falsches vorzuschlagen oder mich falsch zu verhalten. Habe mich da schon diverse Male überwunden und je unpersönlicher die Veranstaltung ist, desto besser geht es auch... ich weiß auch, dass ich da dringend souveräner werden und Initiative ergreifen muss, wenn sich etwas ändern soll. Aber zum Beispiel jemanden um ein Date zu bitten wäre für mich der absolute Horror und wenn ich das in Angriff nehmen würde, würde ich wahrscheinlich erstmal 10 Minuten um den heißen Brei herumreden oder versuchen, das Ganze als gaaanz harmloses treffen ohne jeglichen Hintergedanken zu verkaufen.
Wahrscheinlich ist bis jetzt kein Wunder, warum ich so selten irgendwas in Sachen Freundschaft und Treffen auf die Kette bekomme.

Ich denke, das genügt für den neuesten Stand der Dinge... ich habe schon damals viel zu viel auf einmal geschrieben und scheinbar kann ich es einfach nicht lassen :-)

Liebe Grüße!
Tim

25.05.2013 03:49 • #1


achtsamkeit
Hallo Tim,
gut, dass erst einmal das Schreiben für dich ein Ventil ist. Du reflektierst dich ja selber, wobei du auch deinen Stärken ruhig mehr Beachtung zollen kannst.
Deine Therapie läuft also aus. Wie sieht es mit einer Verlängerung aus? Hast du dies schon angeleiert?
Deine Gefühle und Sehnsüchte sind verständlich und ganz normal. Vielleicht sehen andere dich mehr als den Kopflastigen (Mathematik?), vielleicht fällt es ihnen auch leichter dir auf dieser Ebene zu begegenen. Ich denke, dass auch eine große Unsicherheit und Unkenntnis besteht wie man sich dir gefühlsmäßig nähern kann.
Das sind jetzt nur Gedanken, die mir so durch den Kopf gehen. Ändern vorort kannst nur du, was du ja bereits selbst erkannt hast.
Vielleicht wäre es eine Option für dich, wenn du selbst ein Forum eröffnest mit THemen die dich belasten. Vielleicht triffst du da auf Menschen mit ähnlichen Gedanken und Gefühlen?

LG Achtsamkeit

25.05.2013 13:09 • #2


A


Hallo Howeynous,

Wie komme ich aus dem emotionalen Tief raus - Rollstuhl

x 3#3


Howeynous
Hallo Achtsamkeit!

Vielen Dank für deine Rückmeldung!
Ich weiß nicht genau, wie das funktioniert, aber kann schon gut sein, dass die Therapie noch weitergeht. Wahrscheinlich nach einer gewissen Pause im Sommer dann.
Hier haben ja doch einige von euch große Erfahrungen in diesem Bereich... sollte ich versuchen, mehr Therapiesitzungen mit einem handfesten Ergebnis zu beenden?
Ich erzähle sehr viel und immer wieder kommt ein anderer großer Themenkomplex zur Sprache... aber genau dadurch fehlt eben die Vertiefung und es fehlen die ganz konkreten Ergebnisse.
Wobei mir das Reden an sich schon gut tut, zumindest kurzfristig... keine Frage.

Wahrscheinlich bin ich ungeübt in persönlichen Gesprächen und intimen Situationen, so dass der Stempel kopflastig auf der Hand liegt. Wahrscheinlich bin ich das auch in einem gewissen Sinne. Wer würde sich sonst freiwillig mit alpha-Unendlichkeitsnormen beschäftigen und das Thema auch noch wissenschaftlich spannend finden? :-)
Aber der Mensch hat viele Facetten und die, in denen ich einfach total gleichberechtigt und auf Augenhöhe zu den Menschen in meinem Umfeld stehe, bekomme ich nicht genügend hervorgehoben.

Wie meinst du ein eigenes Forum eröffnen?
Die Idee klingt auf jeden Fall interessant... allerdings wüsste ich nicht so recht, zu welchem Thema und mit welchen Leuten.

Die Kehrseite der Medaille ist, dass Computer und Internet so oder so schon eine relativ große Rolle in meinem ganzen Sozial- und Arbeitsleben spielen.
Viele meiner bisherigen Freundschaften wurden ausschließlich über E-Mails oder skype oder so gepflegt.
Ich habe ausdrücklich nichts dagegen!
Aber trotzdem bin ich eigentlich ein Mensch, der gerne auch mal die Bude verlässt.
Ich gehe abends ganz gerne aus und auch gerne zum Fußball, ab und zu ins Kino etc. - Aber genau das muss ich dann eigentlich immer alleine (bzw. mit meinen Assistenten) tun!
Reale Treffen sind ein schwieriges Thema... abgesehen davon, dass ich mich oft schwertue ein Treffen vorzuschlagen, haben die Leute meistens alle keine Zeit. Über Monate.
Tatsächlich habe ich manchmal schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich eigentlich an 4 oder 5 von 7 Wochentagen nichts geplant habe... ich mag es so und möchte das auch nicht komplett vermissen! Aber ich bin damit in dieser schnelllebigen Welt mehr als nur die absolute Ausnahme geworden.
Ich fühle mich manchmal als Student, der nie so richtig im Studentenleben angekommen ist, als Mathematiker, der noch nicht so richtig in der Wissenschaft angekommen ist, als junger Erwachsener, der noch nicht so richtig in der Erwachsenenwelt angekommen ist.
Ich befürchte, ein zeitaufwändiges Forum würde auch meine Wahrnehmung da draußen nicht wesentlich bessern. Oder wie seht ihr das?

Die eigenen Schwächen gut zu kennen, aber die eigenen Stärken nicht so richtig stichhaltig benennen zu können... ich glaube das ist häufig eine wesentliche Folge der Diagnose Depression.

Liebe Grüße,
Tim

25.05.2013 15:37 • #3


G
Ich halte die Idee mit einem eigenen Forum nicht zielführend. Du brauchst den Kontakt in die reale Welt und das geht leider nur mit rausgehen. Aber vielleicht. gibt es Selbsthilfegruppen für Depressive in deiner Nähe. vielleicht. Auch mit dem Thema soz. Ängste. Ich könnte mir vorstellen, dass dir diese Kontakte helfen.

Ich möchte noch meine Bewunderung zeigen, dass du dein Leben so aktiv und selbstbestimmt gestaltest. Ich glaube auch, dass du noch mehr schaffen könntest. Zunächst solltest du in deiner Therapie direkt ansprechen, wie und ob es weitergeht. Eigentlich sollte der Therapeut das von sich aus machen, aber manche sehen es als Theriebestandteil, dass der Patient von selber nachfragt (Thema: Interesse, Eigenleistung usw.). Ich könnte mir auch vorstellen, dass bei einer 100% Schwerbehinderung da keine Begrenzungen an Stunden vorgesehen sind. Sicher weiß das aber mag oder Wolfgang in diesem Bereich.

25.05.2013 16:13 • #4


Katie
Hallo Tim,

ich glaube auch, dass ein eigenes Forum zumindest derzeit nicht das ist, was dir wirklich das Lebensgefühl geben könnte, das du vermisst.

So klasse es auch unbestritten ist, über´s Internet zu kommunizieren. Ich möchte einerseits auch nicht darauf verzichten und möchte andererseits
aber meinen Platz im wirklichen Leben so ausleben, wie es im Rahmen meiner Möglichkeiten optimal zu machen ist.

Selbsthilfegruppen sind eine gute Einrichtung, ohne Zweifel, aber ich habe hier im Umkreis auch keine, die ich für mich persönlich als optimale
Möglichkeit zum Austausch sehe.
Es geht mir in sehr vielen Stunden ganz ähnlich wie dir, und ich hatte vorhin noch Raul Krauthausen über Facebook kontaktiert, ob er vielleicht hier
für den Bereich um Münster einen guten Tipp hätte, Adressen von Gruppen kennt, die gemeinsam was unternehmen.

Ich weiß ja wohl, dass ihr Naturwissenschaftler an der Uni ein eigenes Völkchen bildet - man sagt ja so schön: euch erkennt man schon von Weitem,
aber hättest du nicht mal Lust in ein völlig anderes Fach rein zu schnuppern? Musik, Kunst, oder Theater. Oder bietet Münster da nichts an?

26.05.2013 00:20 • #5


Howeynous
Ja Danke nochmal...

Bezüglich des Forums hatte ich ja schon ähnliche Bedenken. Trotzdem nichts gegen die Idee an sich.
Ich habe viele Menschen über das Internet kennen gelernt und häufig ist auch richtig freundschaftlicher Kontakt entstanden.
Aber vielleicht habe ich einige bisher zu schnell als Freunde bezeichnet... Solche Kontakte können sehr schnell sehr intensiv werden und genauso schnell wieder verschwinden, ohne dass daran eine Seite zwingend schuld sein muss. Ich bin weiterhin gerne im Internet unterwegs, aber der Fokus für zukünftige Veränderungen liegt da draußen vor der Tür.

Ich gehe, auch außerhalb der Uni, gerne raus und unter die Menschen.
Aber meistens eher dahin, wo es relativ anonym zugeht.
Das ist generell etwas ungewöhnlich bei mir... ich halte Vorträge und hätte kein Problem damit, sofort cool und einigermaßen locker vor 5.000 Leuten oder so zu sprechen.
In einer 4er-Gruppe weiß ich aber nicht, wann und wie ich mich sinnvoll einbringen soll und im 1:1-Gespräch habe ich so Angst vor einem negativen Feedback, dass mir mit jedem Satz der Ar. auf Grundeis geht.
Genauso ist das bei Veranstaltungen... mit 200 Leuten in der Kneipe Fußball gucken immer wieder gerne, aber eine kleine Gesprächsrunde mit Leuten, die ich nicht kenne - da fühle ich mich richtig gehend unwohl, wenn mich keiner an die Hand nimmt.

Selbsthilfegruppen sind mit Sicherheit eine gute Sache.
Aber ich befürchte, mir würde es da ähnlich ergehen wie dir Katie... ich weiß nicht einmal, ob ich das Bedürfnis habe, mit anderen Depressiven etc. zu sprechen.
Ich wünsche mir einfach freundschaftlichen Kontakt zu Menschen.
Auch, wenn er mal oberflächlicher sein sollte... ich bin kein oberflächlicher Mensch, aber um mit einem Kumpel abends was trinken zu gehen muss man nicht sein ganzes Innenleben kennen. Trotzdem wäre der Abend dann einfach gemütlicher und außerdem fällt es dann auch so viel einfacher, neue Leute kennen zu lernen, als wenn man immer alleine unterwegs ist finde ich.

Die Sache mit den Naturwissenschaftlern ist mir bekannt^^.
Ich hatte auch öfters Überlegungen, mal woanders rein zu schnuppern.
Im Rahmen meiner allgemeinen Studien habe ich mich damals viel mit Philosophie beschäftigt. Das finde ich heute noch sehr interessant, aber auch Philosophen stehen ja diesbezüglich mal in einem leicht zweifelhaften Ruf :-)
Ich interessiere mich auch z.B. für Politik. Aber das alles nur im Rahmen einer leicht zu verstehenden Diskussion... für ein Bücherstudium in einem dieser Bereiche halte ich mich für nicht geeignet.
Ich wollte vielleicht mal bei einer politischen Hochschulgruppe vorbeischauen, aber die beiden bei denen ich angefragt habe sind nicht barrierefrei zugänglich und außerdem fehlt mir da doch die allerletzte Überzeugung.
Mit diesen Aktivitäten hätte ich wohl am besten nach 2 Semestern angefangen und nicht nach bald 10...das Ende meiner Studentenlaufbahn ist absehbar.
Im Nachhinein sind viele von uns schlauer...

Eigentlich ist Münster ein wunderbarer Ort um zu leben und zu studieren finde ich... jung, extrem vielseitig... ich habe nicht das Gefühl, dass ich hier so einsam sein müsste, wie ich es leider seit Jahren bin.

Gute Nacht!
Tim

26.05.2013 03:47 • #6


Katie
Hallo Tim,

Zitat von Howeynous:
Eigentlich ist Münster ein wunderbarer Ort um zu leben und zu studieren finde ich... jung, extrem vielseitig... ich habe nicht das Gefühl, dass ich hier so einsam sein müsste, wie ich es leider seit Jahren bin.

Ja, eindeutig! Münster hat was, und von Vielem was!!
Nur zu meinem Leidwesen auch extrem viele Fahrradfahrer. Da springt meine Spastik leider sofort an - mich muss nur jemand seitlich von Hinten überholen
und es bringt mich total aus dem Gleichgewicht. Darum hatte ich für mich Hannover gewählt, um dort als Gasthörer ein Seniorenstudium aufzunehmen.
Übrigens in Philosophie , Reigionsphilosophie und auch Gesundheitspsychologie. Alles interessant zum täglichen Ausgleich.

Doch da hatte ich auch ein ähnliches Hindernissrennen wie du vor mir. Die Häuser, in denen Vorlesungen gehalten wurden, waren überwiegend nicht
barrierefrei, bzw. die Treppenhäuser waren so alt und ohne Geländer an beiden Seiten, so dass ich freihändig hätte runtergehen müssen. Ein no go, klar.
Ich bin nach ein paar Jahren nun doch wieder an meinen Fernstudien hängen geblieben. Aber der lebendige Austausch fehlt.
Es gibt zwar ganz interessante und vielversprechende Seiten, wo man sich auch ganz gut noch einbringen kann, wie Rollingplanet zum Beispiel.

Dein Problem kann ich grundsätzlich gut nachvollziehen, auch wenn ich keine Vorträge vor so großen Publikum hielt.
Zitat von Howeynous:
Ich halte Vorträge und hätte kein Problem damit, sofort cool und einigermaßen locker vor 5.000 Leuten oder so zu sprechen.
In einer 4er-Gruppe weiß ich aber nicht, wann und wie ich mich sinnvoll einbringen soll und im 1:1-Gespräch habe ich so Angst vor einem negativen Feedback, dass mir mit jedem Satz der Ar. auf Grundeis geht.


Ich fand für mich persönlich klasse in diesem Beitrag von Nouga veranschaulicht:
der-positive-sprueche-thread-bitte-mitmachen-t19323.html

Gut, dass du deine Gedanken offen mitteilst, Tim. Rückblickend denke ich, dieser Schritt wäre vor Jahren auch sehr hilfreich für mich gewesen.
Liebe Grüße

27.05.2013 14:32 • #7


S
Hallo Tim!
Es war für mich sowohl sprachlich, als auch seelisch ein Genuss, deine Beiträge zu lesen. Du wärst ein Mensch, mit dem ich stundenlang plaudern könnte, ohne dass es fad wird. Du zeichnest mit deinen Worten ein glasklares Bild von dir - man weiß sofort, was Sache ist - außerdem hast du Humor und für mich bei Menschen extrem wichtig: Du kannst über dich selber herziehen und lachen. Was kann sich Mensch als Gesprächspartner noch mehr wünschen?
Wäre schön, wenn du mir zurück schreiben würdest, auch wenn du mich vielleicht alt und langweilig findest. Aber das kannst du mir ja dann eh sagen.
So, jetzt schick' ich dir noch als Draufgabe sonnige + liebe Grüße aus dem schönen Waldviertel! Stella

08.06.2013 19:56 • #8


Howeynous
Ohh danke für deine schmeichelhaften Worte Stella :-)
Tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte und wieder tief nachts^^ aber so schlecht geht es mir gerade nicht, ich arbeite viel zuhause. Gerade erfahre ich nach 5 Jahren vielleicht wirklich zum ersten mal, was Stress in der Prüfungsphase bedeutet.
Trotzdem habe ich das Gefühl, im Großen und Ganzen noch mitzukommen und es ist ein guter Ansporn, dass ich bei Erfolg in einem Monat aus dem verschult monotonen Teil des Studiums endgültig und für immer raus sein kann ;)
zur Erklärung... als ich im Winter 2009 hier angefangen habe über meine depressiven Tendenzen zu schreiben, war verschulte Monotonie einer meiner Lieblingsausdrücke, um meine Wahrnehmung des Uni-Alltags zu beschreiben.

Ich werde gleich im Tagebuch noch was erzählen, möchte aber hier noch eine Sache ansprechen in Sachen Therapie:
Bisher hatte ich mich eigentlich immer auf die Sitzungen richtig gehend gefreut, aber in den letzten Wochen merke ich an mir, dass ich anfange, Therapietermine im Vorfeld einfach nur noch als Dinge wahrzunehmen, die halt gemacht werden müssen. ist das gängig und normal?
Wenn ich dann in der Therapie bin, freue ich mich doch wieder, dass ich einfach jemanden zum Reden habe ;)
aber im Vorfeld empfinde ich den Termin inzwischen eher als, naja, Stress will ich nicht sagen... aber als Termin eben. Nicht als was, was mir unbedingt gut tut... wobei mir im Nachhinein dann meistens doch etwas besser geht.

Kurzum... im Moment empfinde ich es als genau richtig, dass wir uns nur noch alle 2-3 Wochen sehen, vor einem halben Jahr noch hatte ich jede Sitzung dringend nötig, um alles loszuwerden.
Ich habe noch 9 Sitzungen, die auch etwas zeitlich ausgestreckt werden sollen...und ich überlege mir gerade, ob es vielleicht fürs Erste nicht reichen würde, die noch einigermaßen effektiv nutzen zu wollen und dann auslaufen zu lassen.
Es gibt auch Momente, da weiß ich im Laufe der Therapie nicht mehr sofort, was ich jetzt fragen oder erzählen soll... das war im letzten Jahr undenkbar, da wollte ich mich oft einfach dauernd mit Worten ausheulen.
Ist das soweit alles normal und nachvollziehbar?
Meine depressiven Gedanken an sich treten leider trotzdem immer wieder noch auf.

Guten Morgen gleich an die Frühaufsteher :-)
Tim

27.06.2013 03:30 • #9


Elanor
Hallo!

Ich dachte mir, wir als Studenten müssen zusammenhalten und deswegen schreib ich hier einfach mal spontan als Neuankömmling eine Antwort. :)
Ich als Außenstehende würd ganz plump sagen: Ist doch gut, dass du nicht mehr jeder Therapiesitzung entgegenfieberst oder? Ich denke, dass das ein sehr gutes Zeichen ist. Natürlich bist du danach froh, dass du noch einiges dort loswerden konntest aber es ist doch toll, dass du auch so klarkommst oder?
Man lebt in seinem Studium ja auch richtig auf, wenn man endlich das studieren kann was man will Ich kann da ein Lied von singen !

01.08.2013 15:54 • #10


Howeynous
Danke erstmal dir Elanor, habe ich tatsächlich erst jetzt gelesen. :)
Freut mich, dass du in deinem Studium aufzuleben scheinst!
Ich studiere ja schon etwas länger, mein Vater hat auch vorher schon öfters wilde Geschichten aus seiner Studentenzeit erzählt, aber ehrlich gesagt habe ich mir dieses aufleben etwas besser vorgestellt.
Was das Studium inhaltlich angeht, klar ist das eine Steigerung zur Schule :)
Der Ablauf des Studiums ist mir leider trotzdem zu verschult und ich freue mich, dass ich seit einem Monat jetzt aus den Vorlesungen raus bin.
aber ich fühle mich immer noch total Einzelgänger und Mauerblümchen... der Unterschied ist nur, dass ich das zu meiner Schulzeit mehr oder weniger freiwillig war und jetzt seit einigen Jahren nicht mehr freiwillig.

Hier wieder ein allgemeine Frage zu meiner Psychotherapie... wie schon erwähnt, habe ich nicht mehr viele Sitzungen und werde denke ich auch erstmal ohne einigermaßen zurecht kommen.
Mein aktuelles Befinden ist kompliziert, aber ich werde morgen wieder einen Tagebucheintrag zum Besten geben.

Jetzt habe vor einigen Wochen ich den Vorschlag angenommen, zumindest nochmal an einem Rollengespräch mit mehreren Leuten teilzunehmen. Wir haben schon in der Therapie mal sowas wie ein 1:1-Rollenspiel versucht, aber irgendwie bin ich da nie so richtig reingekommen. Habe immer wieder laut überlegt was soll ich jetzt sagen? und auch nachgefragt, was jetzt von mir erwartet wird... so kann sich natürlich keiner in die zu spielende Situation hinein steigern. Für Improvisationstheater oder Ähnliches wäre ich totale Verschwendung, glaubt das mal^^
Auch, wenn ich es eigentlich gerne können würde.

Aber gut, Hintergrund sind meine durchaus krassen Kontaktschwierigkeiten. Fällt erstmal gar nicht so auf, da ich keine Hemmungen habe, in einem vorgegebenen Rahmen offen über ein vorgegebenes Thema mit einer Person zu reden, zu der ich in einem klar definierten Verhältnis stehe (z.B. Psychotherapie). Da kann das Thema ruhig auch emotional und persönlich sein. Aber zu einer sozialen Interaktion gehört noch viel mehr... unterschwellige Signale verstehen, den anderen behutsam abtasten, sich genau zum richtigen Zeitpunkt genau den richtigen Worten aus der Deckung wagen, spontan die richtigen Fragen stellen usw.
Das alles beherrsche ich für mein Gefühl überhaupt nicht.

Kurzum soll es in dem Rollengespräch darum gehen, gewissermaßen mit fremden oder nur sehr oberflächlich bekannten jungen Menschen so in ein Gespräch zu kommen, so dass eventuell ein länger anhaltender Kontakt daraus entstehen könnte (und sei es nur ein Kumpel zum Feiern am Wochenende, die fehlen mir ja auch komplett!)
So weit, so gut... Jetzt soll ich Donnerstag genau sagen, wie ich mir das Rollengespräch vorstelle, was ich davon erwarte usw.
und ehrlich gesagt bin ich schon wieder ein wenig ratlos. Ganz konkret zu werden in meinen Vorstellungen und Vorschläge für den formalen und organisatorischen Ablauf zu geben, das fällt mir auch in der Therapie noch schwierig. Aber diese Woche müssen unbedingt, ob es mir liegt oder nicht, Nägel mit Köpfen gemacht werden, denn grundsätzlich möchte ich schon gerne an so einem Rollengespräch teilnehmen und meine Schwächen in einem gesicherten Rahmen trainieren.
Hat hier jemand Erfahrungen damit, wie sowas abläuft und was ich erwarten kann?

Liebe Grüße und einen schönen Start in die Woche euch allen!
Tim

12.08.2013 05:32 • #11


M
Zitat von Howeynous:
aber ich fühle mich immer noch total Einzelgänger und Mauerblümchen... der Unterschied ist nur, dass ich das zu meiner Schulzeit mehr oder weniger freiwillig war und jetzt seit einigen Jahren nicht mehr freiwillig.

Wenn man jahrelang ein gewisses Verhalten an den Tag gelegt hat, lässt sich dies vermutlich nicht mehr so einfach ändern.
Vielleicht vermittelst du den anderen Leuten den Eindruck, dass du niemanden willst/brauchst?



Zitat von Howeynous:
Jetzt habe vor einigen Wochen ich den Vorschlag angenommen, zumindest nochmal an einem Rollengespräch mit mehreren Leuten teilzunehmen. ....Habe immer wieder laut überlegt was soll ich jetzt sagen? und auch nachgefragt, was jetzt von mir erwartet wird...

Niemand erwartet etwas Bestimmtes von dir.
Schalte dein Hirn aus und agiere nach deinem Gefühl, nach dem, was in dem Moment in dir selber vorgeht. Selbst wenn du meinst, dass es mit der eigentlich zu spielenden Situation nichts zu tun hat. Lass den Emotionen freien Lauf. - dies ist die einzige Erwartung, die man an dich hat.



Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du oft zu sehr deinen Kopf einsetzt. Sei mehr du selbst, dann hast du auch eine andere Wirkung auf andere Menschen.

12.08.2013 11:04 • #12


Elanor
Hey,

natürlich ist das Studium, abgesehen von den Themen, den Schulen ziemlich ähnlich. Dennoch kann man sich dort mehr verwirklichen und auf seine Bereiche spezialisieren. Ich weiss nicht, wie weit das bei deinen Studiengängen möglich ist, aber man hat schon eine ziemliche Auswahl :)
Die wilde Studentenzeit ist es bei mir jedoch auch nicht. Ich müsste echt mal auf eine Studentenparty gehen, aber mir fehlt einfach die Zeit

Das mit dem Rollenspiel find ich echt interessant und ich muss mich dem vorherigen Post echt anschließen : Vielleicht machst du dir zu sehr einen Kopf? Ich hab zwar keine Erfahrung mit sowas, aber soll sowas nicht auch spontan kommen ohne dass du Erwartungen erfüllst , sondern einfach reagierst, wie du reagieren würdest?
Auch wenn ich so ein Rollenspiel noch nie gemacht hat, geht es doch ums Thema Wie lerne ich Leute kennen oder? Ich war vor einigen Jahren echt mega schüchtern und kann dir vielleicht die Ratschläge geben, die ich so bekommen habe und die mir echt geholfen haben :) Es ist wichtig eine gemeinsame Basis zu finden, über die man sich dann unterhalten kann. Das geht im Studiengang natürlich leichter ( über Profs, Klausuren, Kurse usw). Wenn es jemand außerhalb der Uni ist, kann man auch bestimmte Äußerlichkeiten des Anderen eingehen ( z Bsp wenn derjenige ein Bandshirt trägt ) oder was immer geht: Kaugummi anbieten und dann sich einfach vorstellen und fragen wie der Andere heißt und ob er aus der Gegend kommt usw. ! So hab ichs immer versucht und es hat ganz gut funktioniert, um in ein Gespräch zu kommen.
Ich weiss nicht, ob das in dein Rollenspiel passt... War jetzt nur einfach das, was mir eingefallen ist :) Wünsch dir auf jeden Fall ganz viel Erfolg und mach dir nicht zu sehr einen Kopf!

12.08.2013 13:28 • #13


Knoten
Hallo Tim,

seit einiger Zeit lese ich hier mit.

Heute kann ich dir vielleicht ein wenig Unterstützung geben, da ich Rollenspiele in einer Klinik mitgemacht habe.

Es ist ein Kompetenztraining. Wobei ich das Training hervorheben möchte.

Geh einfach ohne Druck, ohne Angst und mit einfacher Neugier an die Sache ran. Es gibt kein Richtig oder Falsch!

Deine Erwartung an das Rollenspiel ist doch ganz klar definiert! Du möchtest deine zwischenmenschliche Kompetzen verbessern.

Bleib locker, denke laut, wenn du es brauchst. Schließlich lernst du und bist kein Profi. In der Gruppe in der ich war, waren viele verschiedene Kompetenzstufen. Manche mussten ausgebremst werden, andere angespornt. Das Feedback währen der Spielzeit ist genauso wichtig wie danach! Du wirst dabei viel über dich lernen, was ja auch eins der Ziele ist. Du wirst viel über Verhaltensmuster lernen, ist ja ein weiters Ziel.

Wir haben die Rollenspiele soweit ausgebaut, bis wir dazu in der Lage waren, kleine Spiele in Geschäften und auf der Straße mit Fremden durchzuführen.
Eine sehr lustige Sache war, als eine junge Frau aus meiner Gruppe Hochzeitskleider aus/anprobieren sollte. Ich bin mit ihr mitgegangen und wir haben uns schief gelacht!
Einen Tankwart in ein Gespräch zu verwickeln war eine leichtere Aufgabe. Ein Telefonat mit einer Person die lange Zeit keinen Kontakt mehr zu mir hatte zu führen war eine weitere Aufgabe.

Soviel mal zu meiner Erfahrung mit den Rollenspielen. Vielleicht hilft es dir ein wenig.

14.08.2013 13:46 • #14


A


Hallo Howeynous,

x 4#15


Howeynous
Guten Abend!

Vielleicht schreibe ich später noch was ins Tagebuch... ehrlich gesagt habe ich mir das eigentlich jeden Abend diese Woche schon vorgenommen^^.
Aber neben dem entscheidenden Kick an Motivation fehlt mir letztendlich auch immer so ein bisschen die passende Formulierung. Ich fühle mich sehr wechselhaft und habe gerade nicht wirklich die passende Worte parat. Trotzdem habe ich irgendwie ein Mitteilungsbedürfnis, aber das ist jetzt eine andere Geschichte.

Ob ich zu viel meinen Kopf einsetze?
ja, anhand meiner Denkmuster ist das tatsächlich zu vermuten. Aber welche Alternativen gibt es?
Körpersprache funktioniert bei mir schlecht^^
Ist es falsch, wenn ich denke, dass ich meinen Kopf besonders einsetzen muss, weil ich ja leider nicht viel anderes einzusetzen habe?
Die grundsätzliche Überlegung versteh ich natürlich schon... ehrlich gesagt würde ich ja sooo gerne mal öfters spontan und unüberlegt leben. Dann könnte ich vielleicht auch viel eher unüberlegt reden. Aber spätestens wenn ich dann Fragen bekomme, ob ich schon nach Parkplätzen etc. gesucht hätte, ob die Ersatzkanülen schon alle ordnungsgemäß desinfiziert und eingepackt sind und ob wir auch pünktlich zum nächsten Schichtwechsel wieder zuhause sind, ist eigentlich schon wieder Essig mit der Spontanität.

Jetzt aber zum Rollengespräch... das lief irgendwie ähnlich wie der letzte Versuch.
Bevor das Gespräch anfing sollte ich ganz detailliert schildern, wie ich mir die entsprechende Szenerie vorstelle und was ich von dem Gespräch erwarte - und genau der Teil ist es, der mir fürchterlich schwer fällt.
Mich kann man wahrscheinlich besser in irgend eine vorgegebene Szenerie hineinschmeißen und einer Rolle spielen lassen... aber um eine Szenerie zu entwerfen, inklusive Details, fehlen mir Fantasie und Vorstellungsvermögen.
Kurzum: es ging ja darum, mit ausdrücklich fremden Menschen so ins Gespräch zu kommen, dass die Möglichkeit besteht, dass sie Interesse an mir und eventuell einem weiteren Kontakt zeigen.
Das weiteste, das wir am Donnerstag gekommen sind, war folgendes:

Ich fahre in die Stadt, weil ich mir ein Geschenk für die frisch geborene Tochter einer guten Freundin aussuchen muss. Weil das Wetter gut ist, setze ich mich mit dem Assistenten auf eine Terrasse. Neben mich setzt sich ein junges Paar mit Einkaufstaschen, die ich anspreche:
Hi!
Hallo
Ach herrlich dieses Wetter, nicht wahr?
Ja, wir haben auch lange auf den Sommer gewartet
Sagt mal, darf ich euch etwas fragen? Es geht um einen Einkaufstipp.
Ja klar, gerne doch.
Meine Freundin hat eine Tochter geboren und ich suche ein passendes Geschenk. Leider kenne ich mich mit diesem Thema nicht so gut aus, wo soll ich suchen?
Also bei Karstadt findest du eher Anziehsachen und gutes Spielzeug gibt es da hinten bei Fritz Müller.
Klingt ganz gut, Danke. Was könnt ihr aus dem Laden empfehlen, ich war noch nie da?
Wir leider auch nicht.
Bei Karstadt habe ich nichts gefunden, dann schaue ich gleich da hinten mal vorbei. Vielen Dank!
Gern geschehen, schönen Tag noch!

Irgendwie empfinde ich das als nicht gelungen... aber wo sollte ich mich konkret verbessern?
Über das, was wir weiter noch in der Therapie besprochen haben, schreibe ich später noch mal. Bin nämlich echt ein bisschen ideen- und ratlos.

Einen guten Start in die Woche euch!

Tim

18.08.2013 22:17 • #15

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