Wie kann ich mit Neid und Enttäuschungen umgehen?

Howeynous
Liebes Forum,

ich kann nicht mehr :(
Gut, diesen Satz habt ihr hier wahrscheinlich schon sooo oft gelesen... aber es stimmt einfach.

Mir fällt gerade auf, wie sehr ich mich doch in den vergangenen Jahren über Erfolge im Studium geradezu schon definiert habe... nicht bewusst und nicht, dass ich es so gewollt habe. Aber es war der Bereich, der auch in den persönlich schweren Zeiten immer mal wieder für ein Erfolgserlebnis und somit auch bessere Stimmung gesorgt hat.
Ich schreibe gerade meine Masterarbeit und habe inhaltlich ein bisschen Schwierigkeiten im Moment... seit mehr oder weniger 3 Wochen suche ich jetzt nach der entscheidende Idee. Aber es ist nicht nur das... mein Studium läuft bald aus und ich habe keine Ahnung, was ich danach überhaupt machen soll. Ich würde gerne promovieren, mein Professor findet auch, dass ich das tun sollte, aber wenn ich ihn von der praktischen Seite dazu befrage sieht er aufgrund meiner Körperbehinderung nur Schwierigkeiten. Er hat selber keine Stelle für mich und kennt auch keinen Kollegen hier, der sich eignen würde... wenn er wieder mehr Zeit hat, wird er mich noch ein bisschen beraten. Aber er legt mir perspektivisch einen Umzug nahe. Ich würde ganz ehrlich auch gerne hier weg. Aber das wäre wieder ein unendlich langer Kampf, 1253x eigeninitiativ werden müsste ich da jetzt eigentlich... und an guten Tagen schaffe ich das vielleicht noch ein oder höchstens zweimal, aber für mehr Aktivität fehlt mir die Kraft. Mir fehlt auch der Kopf, der sich in diesen Tagen gerne ausschließlich mit der wichtigen Masterarbeit befassen würde.

Ich bekomme immer häufiger Gedanken an das, was man in diesem Forum nicht mal aussprechen will und sollte.
Nicht mit Gehässigkeit oder übertriebenem Theater, aber ich bin seit Jahren nicht mehr wirklich glücklich und glaube zudem, dass sich das auch nicht mehr so schnell ändern wird.

Ich WILL mich allerdings in meinem Herzen eigentlich noch nicht aufgeben.
Was tut ihr so alles, um Rückschläge und Enttäuschungen für euch zu verarbeiten?
Freunde habe ich leider aktuell gar keine, so hart muss man das konstatieren. Ich habe in den vergangenen Jahren so gut wie nichts unversucht gelassen, etwas an diesem Zustand zu verändern... gehalten hat es nie.
Woran das vielleicht gelegen haben könnte oder ob da einfach hauptsächlich Faktoren mitgespielt haben, die ich nie beeinflussen konnte... meine Erörterungen dazu stehen bereits an vielerlei Stellen in diesem Forum.

Habt ihr eine Idee, wo ich mir Hilfe holen könnte? Ich habe 2012/13 bereits eine vollständige Psychotherapie absolviert, eigentlich war sie nur in der ersten Zeit wirklich hilfreich. Sogar meine Therapeutin war am Ende nur noch ratlos. Ich habe schon mehrfach mit dem Gedanken gespielt, eine Klinik aufzusuchen, aber das ist mehr als schwierig, wenn man rund um die Uhr auf eingewiesene persönliche Assistenten angewiesen ist. Außerdem weiß ich nicht, ob ich Ende diesen Jahres noch hier wohne, wie oben bereits angedeutet... das ist auch eine Sache, die mich im Moment davon abhält, hier noch langfristige Anträge zu stellen. Die nächste Verhaltenstherapie könnte ich zudem erst im Dezember 2015 beantragen... das ist weit weg.

Eine andere Sache, die mir zu schaffen macht, weil ich mich selbst gewissermaßen schon dafür hasse: Ich empfinde seit Monaten schon insgeheim Neid jedem gegenüber, dem was Schönes widerfährt. Sogar gegenüber meinen eigenen Eltern, die sich ihr schönen Urlaube etc. natürlich über die Jahre mehr als verdient haben.
Kennt ihr diese Neidgefühle und wenn ja, wie soll man damit umgehen? Wie gesagt, ich weiß sehr wohl, dass das nicht richtig ist... soeben hat mir eine Bekannte geschrieben, dass sie sich Hals über Kopf in jemanden verliebt hat und daher den Kontakt zu mir immer mehr schleifen gelassen hat und auch unser geplantes Treffen erstmal noch weiter verschieben möchte... soll ich in diesem Fall ehrlich sein und ihr sagen, dass ich enttäuscht bin und mich sehr gefreut hätte, sie kennenzulernen? Oder soll ich nur schreiben, wie sehr ich mich für sie freue, dass sie jetzt jemanden gefunden hat? Fühlt sich alles falsch an...
Ich würde gerne wieder lernen, mich ganz ehrlich und offen für jemand anderen, den ich lieb gewonnen habe, zu freuen, auch wenn mir der Anlass selbst eher schadet als nützt.

Schönen Sonntag euch noch und hoffentlich ist eure Stimmung heute der meinigen haushoch überlegen,

Tim.

27.04.2014 18:39 • #1


Katie
Hi Tim,

puh, ... ein markiges Posting. Du hast so echte und drängende Probleme, die im Raum stehen und von dir gelöst werden wollen, da fehlen mir die Worte.

Masterarbeit in Mathe ...
evlt. promovieren ... doch noch keine Perspektive für die Zeit danach ...
Du verstehst, das allein sind Themen, die die wenigsten erlebt haben und aus eigener Erfahrung mitreden können.

Aber das heißt nichts.
Der Mensch fängt nicht beim Studium an, nicht beim Master, oder bei der Doktor Arbeit.

Denn wir alle haben ein Bedürfnis, das uns innewohnt: wir möchten sowohl mal Wort als mal auch Antwort sein im Zusammenleben mit anderen.
Und wenn dieser echte Austausch fehlt, fehlt uns die Freude und die Motivation und irgendwann kehrt sich alles gefühlt ins Negative um.

Das ist wahrscheinlich der Punkt, der dir in deiner derzeitigen Situation am drängendsten ist und das verstehe ich sehr gut.

Gut, dass du hier den direkten Weg nimmst und offen ansprichst, was wirklich ist.
Zitat von Howeynous:
ich kann nicht mehr :(


Im Grunde fühlt man intuitiv recht genau, was für einen selbst wohl das hilfreichste sein könnte.
Du schreibst z.B.:
Zitat von Howeynous:
Ich habe schon mehrfach mit dem Gedanken gespielt, eine Klinik aufzusuchen, aber das ist mehr als schwierig, wenn man rund um die Uhr auf eingewiesene persönliche Assistenten angewiesen ist.


Ich halte deinen Gedanken aher dennoch für einen lohnenden Ansatz.
Die Probleme, eine eingewiesene persönliche Assistenz rund um die Uhr zu ersetzen, wird man lösen können. Man würde es ja zwangsläufig müssen, sollte eine Op mal anstehen, oder ähnliches.
Binde vielleicht deine Eltern mit in diese Überlegung ein. Sie kennen die notwendigen Anforderungen an eine Klinik und ihr Personal doch bestimmt und es macht Sinn, dass du auch mal mehr Unterstützung annimmst als du es üblicherweise
tätest.

Wenn du erstmal aus den akuten Konflikten, die du ja nicht innerhalb kurzer Zeit lösen kannst, sozusagen herausgenommen bist, hast du dir die Chance eröffnet, mit geschulten Leuten diese umfangreichen Planungen mal
frei vom Druck, der jetzt auf dir lastet, zu durchdenken.
Ich glaube, das wird dir gut tun, es lastet aktuell ein sehr großer Druck auf dir.
Bei deinem Posting fiel mir als erstes auf, dass in wenigen Sätzen mehrere existenziell wichtige Themen angeschnitten werden, die alle gleichzeitig bearbeitet werden sollen.
Das erscheint nicht nur wie ein unüberwindlicher Berg, das ist so.

Du brauchst Hilfe zu sortieren, was für dich selbst, und vor allem ganzheitlich betrachtet, Schritt für Schritt am wichtigsten ist.
Die Zeit dafür würde ich mir auf jeden Fall nehmen.

Mit etwas Abstand kannst du dann vielleicht etwas in die Wege leiten, was deine berufliche Zukunft betrifft, einen evtl. Umzug usw. konkret planen, usw.

Zitat von Howeynous:
Was tut ihr so alles, um Rückschläge und Enttäuschungen für euch zu verarbeiten?


Ich kann nur betonen, dass es ganz wichtig ist, sich selbst anzunehmen, besonders auch das *ich kann nicht mehr*. Und dementsprechend handeln.
Dann muss man raus aus der Situation, es würde alles überfordernd sein.
Ich hatte Glück, ich erhielt stets umgehend eine Reha wenn ich mich an meinen Versicherungsträger wandte.
Man trifft dort auch Menschen, mit denen man die persönlichen, gesundheitlichen Probleme besser besprechen kann, als im vollen Alltag, den ein jeder ja hat - und für den er kaum die Kraft hat.
Das ist eine ganz andere Situation und gar nicht selten entsteht so ein Wir-Gefühl.

Das könnte deinem Seelenleben derzeit ebenfalls wirklich gut tun.
Ich wünsche dir sehr, dass es dir gelingt, bald wieder in deine Mitte zu finden, wie du es dir ja selbst sehr wünscht.

Zitat von Howeynous:
Ich würde gerne wieder lernen, mich ganz ehrlich und offen für jemand anderen, den ich lieb gewonnen habe, zu freuen, auch wenn mir der Anlass selbst eher schadet als nützt.


Liebe Grüße und halte uns bitte auf dem Laufenden

28.04.2014 01:53 • #2


A


Hallo Howeynous,

Wie kann ich mit Neid und Enttäuschungen umgehen?

x 3#3


Howeynous
Hallo liebe Gisela,

Danke für deine Antwort.
ich habe meinerseits jetzt ein bisschen gewartet... erstens habe ich versucht mit meiner Arbeit ein bisschen weiterzukommen, aber die entscheidende Idee fehlte leider auch da.
Zweitens wollte ich aber auch abwarten, ob vielleicht noch jemand anderes antwortet... es kann ja nie schaden, verschiedene Feedbacks zu bekommen.
Aber jetzt wird es doch Zeit.

Diese Woche habe ich wieder das Gefühl, mit meinem Posting von Sonntag vielleicht doch wieder ein bisschen über die Stränge geschlagen zu sein... beunruhigender Fakt ist allerdings, dass es eben solche depressiven Tage bei mir gibt. Sie sind vielleicht gar nicht häufiger geworden über die letzten Jahre betrachtet, aber in letzter Zeit glaube ich, sie werden wieder intensiver.

Zitat von Katie:
Denn wir alle haben ein Bedürfnis, das uns innewohnt: wir möchten sowohl mal Wort als mal auch Antwort sein im Zusammenleben mit anderen.
Und wenn dieser echte Austausch fehlt, fehlt uns die Freude und die Motivation und irgendwann kehrt sich alles gefühlt ins Negative um.

Das ist wahrscheinlich der Punkt, der dir in deiner derzeitigen Situation am drängendsten ist und das verstehe ich sehr gut.


Ja ist so. ich habe ja ehrlich gesagt manchmal schon ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht nur hier im Forum, sondern auch in meinen Gedanken immer wieder auf diesen Aspekt zurückkomme: Warum finde ich keinen sozialen Austausch, klappen keine gemeinsamen Unternehmungen, was mache ich falsch etc.
Denn ich weiß natürlich auch, dass kein Mensch sich jemals ausschließlich darüber definieren sollte, was andere für ihn empfinden. Eine Depression, wie ich sie immer noch habe, ist ja schließlich eine Störung in der Beziehung zu sich selbst und ich will auch nicht zu viel über externe Faktoren reden.
Aber ich bin gewissermaßen erleichtert, dass du das so geschrieben hast! Liebe Mitmenschen können einem immer entscheidend helfen, sich selbst aus einem Loch zu ziehen... man muss es natürlich immer noch selber tun, aber das ist wohl wie mit dem Kletterer, der in eine Felsspalte gefallen ist: Eine helfende Hand und er kann aus eigener Kraft wieder nach oben klettern. Ohne Halt besteht die Gefahr, dass er bei diesem Versuch abrutscht und ganz abstürzt.
Kurzum: Ja, dieser Austausch ist genau das, was ich mir derzeit wieder am meisten wünsche. Zuneigung, aber auch einfach nur Ablenkung... irgendwas brauche ich.

Zitat von Katie:
Ich halte deinen Gedanken aher dennoch für einen lohnenden Ansatz.
Die Probleme, eine eingewiesene persönliche Assistenz rund um die Uhr zu ersetzen, wird man lösen können. Man würde es ja zwangsläufig müssen, sollte eine Op mal anstehen, oder ähnliches.
Binde vielleicht deine Eltern mit in diese Überlegung ein. Sie kennen die notwendigen Anforderungen an eine Klinik und ihr Personal doch bestimmt und es macht Sinn, dass du auch mal mehr Unterstützung annimmst als du es üblicherweise
tätest.


Ich weiß nicht. :(
an manchen Tagen wünsche ich mir einen Rückzug von allem, aber ich weiß nicht, ob das nicht meine Zukunftschancen eher noch weiter schmälern würde. Wer nimmt schließlich schon einen jungen Mann, der schwer körperbehindert ist UND dann auch noch psychisch geschädigt?
und diese praktische Dimension ist leider durchaus vorhanden, ich habe das mit meiner Therapeutin auch schon erörtert: Ich kenne ehrlich gesagt nur ganze 2 Intensivstationen in Deutschland, die bisher meine Versorgung vollständig übernehmen konnten. Auf jeder normalen Station, auch im Krankenhaus, kannst du das vergessen - für das akute Absaugen muss ich die Leute explizit vorher einweisen und ich bin ja nicht mal in der Lage, eine Klingel zu drücken.
Als ich im Januar ins Krankenhaus musste, mussten die eine Erklärung abgeben, dass sie nicht in der Lage sind, mich rundum die Uhr zu versorgen, und ich durfte für 7 Tage meine Assistenz dort behalten. Zum Glück war ich dann auch schon aus dem Krankenhaus wieder raus.
Ich sehe nur die realistische Möglichkeit, auch in einer Klinik die persönliche Assistenz in Rufbereitschaft zu behalten - weiß jemand hier vielleicht, ob das eventuell in Tageskliniken möglich ist?

Eigentlich will ich aber gar nicht in die Klinik. An manchen Tagen ist es eine ernste Überlegung, aber andererseits denke ich, eigentlich suche ich doch nur zähneknirschend nach irgend einem Erfolgserlebnis. Ein lieber Mensch, der unerwartet in mein Leben tritt, zum Beispiel.

Zitat von Katie:
Ich glaube, das wird dir gut tun, es lastet aktuell ein sehr großer Druck auf dir.
Bei deinem Posting fiel mir als erstes auf, dass in wenigen Sätzen mehrere existenziell wichtige Themen angeschnitten werden, die alle gleichzeitig bearbeitet werden sollen.
Das erscheint nicht nur wie ein unüberwindlicher Berg, das ist so.


Völlig richtig gesagt hast du das.
kennt ihr schöne und gute Möglichkeiten, sich ein bisschen Zeit zu nehmen, auch ohne gleich in eine Klinik zu gehen?

Ich mache mir Sorgen. Meine Eltern machen sich Sorgen. Eigentlich jeder hat zu Recht Sorgen. Und konkret helfen können mir die wenigsten, dass es zum gewissen Teil auch nun mal das Schicksal eines Mathematikers :)
Wie siehst du eigentlich die ganzen Vergleiche zu anderen jungen Leuten mit der gleichen Behinderung?
Einerseits geht das vor allem von meinen Eltern aus. Sie wollen mir damit verdeutlichen, wie schwer das Leben sein wird und dass ich nicht früh genug damit anfangen kann, mich um gewisse Dinge zu kümmern.
Du musst dich unbedingt jetzt überall bewerben. Guck mal der Ralf, der hat einen Superabschluss und immer noch keinen Job. Guck mal der Christian... ich habe in Holland neulich von einem jungen Mann gelesen, der...
Ist es okay, dass ich meiner Mutter gesagt habe, dass dieses Druckmachen durch das Aufzeigen von Horrorszenarien vielleicht gut gemeint, aber nicht hilfreich ist? Konkret helfen kann sie mir ja nicht, das ist klar, daher ist Ihre Schlussfolgerung immer irgendwas mit du musst.

Andererseits vergleiche ich mich auch selber. Ich habe im Internet immer mehr Kontakt zu Menschen mit der gleichen Behinderung. Was erstmal wie eine schöne Sache klingt, ist vielleicht doch gar nicht so gut - die alle haben Erfolg, organisieren Projekte, das einzige, in dem ich allen diesen Leuten noch voraus bin, ist das Studium. Aber glücklicher sind sie und mehr Kraft haben sie derzeit auch. Ich denke manchmal, ich habe in meinem bisherigen Leben einfach versagt.
Ich möchte diese Kontakte jetzt nicht schlecht reden^^ besonders ein Mädchen hat es mir in letzter Zeit angetan, weil wir fast genau die gleichen Interessen, Einstellungen, Hobbys, Ansichten haben... sie geht aber viel positiver durchs Leben und verkörpert für mich schon so ein bisschen das, was ich vielleicht selber gerne ausstrahlen würde und auch vielleicht früher mal getan habe. Ich wäre gerne näher mit ihr befreundet, sie kommt mich auch bald zufällig mal besuchen - aber weiter kann ich das vergessen. Sie wohnt leider weit weg und hat auch kein besonderes Interesse zu schreiben. Kann ich auch niemandem verdenken, wieso auch - die meisten haben nun mal bereits einen vollen Terminkalender. Sogar meine beste Freundin (hat keine Behinderung) hat mir in den vergangenen 12 Monaten vielleicht 3 oder 4 ausführliche Briefe geschrieben, Samstag werde ich sie immerhin mal wieder besuchen. Aber viel Zeit werden wir auch da leider wieder nicht haben.

Gute Nacht und Anfang nächster Woche oder so schreibe ich bestimmt nochmal mehr Sachen, für die jetzt leider kein Platz mehr war.
Tim

02.05.2014 04:30 • #3


Katie
Hallo lieber Tim,

ich leihe mir jetzt mal einfach deinen Satz aus, denn genau so habe ich auch gedacht.
Zitat von Howeynous:
Ich habe meinerseits jetzt ein bisschen gewartet... erstens ...
Zweitens wollte ich aber auch abwarten, ob vielleicht noch jemand anderes antwortet... es kann ja nie schaden, verschiedene Feedbacks zu bekommen.
Aber jetzt wird es doch Zeit.


Deine Selbstwahrnehmung kann ich übrigens auch teilen und ich bin sicher, etliche andere hier auch
Zitat von Howeynous:
Diese Woche habe ich wieder das Gefühl, mit meinem Posting von Sonntag vielleicht doch wieder ein bisschen über die Stränge geschlagen zu sein... beunruhigender Fakt ist allerdings, dass es eben solche depressiven Tage bei mir gibt. Sie sind vielleicht gar nicht häufiger geworden über die letzten Jahre betrachtet, aber in letzter Zeit glaube ich, sie werden wieder intensiver.


Wichtig ist, dass du auch darauf reagierst und das machst du ja, indem du dich nach außen wendest mit deinen Gedanken.

Zitat von Howeynous:
. Eine Depression, wie ich sie immer noch habe, ist ja schließlich eine Störung in der Beziehung zu sich selbst


Viele Menschen erkranken an Depressionen, weil sie es sich aufdrücken liessen, stets mit angezogener Handbremse durch ihr Leben zu fahren. Dass jeder Motor dadurch Schaden nimmt, bezweifelt man nicht, aber auch bei unserer Psyche ist das so.
Vielleicht merken wir es ja lange Zeit gar nicht mal, aber wenn, dann sollten wir zumindest darüber sprechen und im Austausch mit anderen bleiben.
Darum mach dir bitte keine Gedanken darum, dass deine Gedanken raus müssen: Das ist gut und wichtig so!
Zitat von Howeynous:
Warum finde ich keinen sozialen Austausch, klappen keine gemeinsamen Unternehmungen, was mache ich falsch etc.


Ganz ehrlich meine ich, dass du den Fehler nicht bei dir suchen musst, Tim. Unsere persönlichen Einschränkungen sind zwar ein Hindernis, klar.
Aber es lässt sich überwinden, das weiß ich auch und auch du hast ja auch früher schon andere positivere Erfahrungen gemacht.
Denke nur an den Sportverein, den du mit deiner Mutter ins Leben gerufen hattest.
Und eben das ist der entscheidende Punkt : *ins Leben*.
Ich habe gestern bei einer lieben Bekannten einen Hinweis auf ein Video bei YOUTUBE gesehen, das etwas sehr, sehr wesentliches deutlich macht.
Die Gesellschaft an sich lebt nicht mehr im sozialen Miteinander, sondern starrt auf Bildschirme, Monitore und Handys und rennt so blind an allem und jedem vorbei, so die Kernaussage in Kurzform.

Und da ist unglaublich viel dran. Denn man verlernte es auch, auf sein Gegenüber einzugehen, während man gleichzeitig lernt, in einer virtuellen Welt isoliert zu leben.
Daran krankt heute vieles und vor allem wird dem auch wahnsinnig viel Zeit eingeräumt weil man ja auf dem Laufenden der Sinnlosigkeiten bleiben will.
Man trifft sich zwar mit Kollegen. oder Bekannten, aber möglichst unkompliziert, weil ja viel Zeit für`s virtuelle Leben reserviert ist.
So gesehen, hast du eine gesunde Einstellung bewahrt, oder entwickelt...? Und im Grunde gehört dieser Fakt zu den Knackpunkten mehr als der Zweifel, was man selbst falsch macht.
Zitat von Howeynous:
Kurzum: Ja, dieser Austausch ist genau das, was ich mir derzeit wieder am meisten wünsche. Zuneigung, aber auch einfach nur Ablenkung... irgendwas brauche ich.



Was meinst du: dieser Sportverein, den ich erwähnte, wäre es nicht eine gelungene Abwechslung für dich, dich mal wieder dort sehen zu lassen?
Sicher sind damit große Umstände wieder verbunden, das ahne ich nun schon, aber wenn da bei dir ein ganz großes JA wäre: ja, das würde mir Spaß machen und das steht mir auch zu! und
andererseits ein wirklich ganz großes NEIN, nein, so will ich nicht länger rücksichtsvoll zurückstecken! Da müsste doch einiges zu bewegen sein, auf lange Sicht?

Zitat von Howeynous:
Ohne Halt besteht die Gefahr, dass er bei diesem Versuch abrutscht und ganz abstürzt.

Ja, du hast schon Recht, Tim. Halt besteht aber zum Glück aus einem sehr weitem Feld.
Du schenkst anderen oft deine Aufmerksamkeit und auch moralische Unterstützung, weiß ich von dir.

Ich hatte mir vor Jahren den Spruch oft als Helfer genommen: Diejenigen, denen wir eine Stütze sind, geben uns dem Halt im Leben.
Wenn ich jetzt so an dein Engagement bei der Gründung des Sportvereins denke, kann ich mir gut vorstellen, dass du auch in diese Richtung blicken könntest, um für dich selbst die Zeit
erfüllender zu planen.
Sicherlich steckst du gerade aktuell in deiner Arbeit an der Uni und wirst keine Zeit für meine Anregung einräumen können.
Doch vielleicht ist es eine kleine Vision, die du im Hinterkopf behalten magst.
Bei allem Planen müssen für Beruf und Studium braucht man doch auch etwas, was einen Ausgleich schaffen kann- und sei es auch nur gedanklich.
Aber immerhin hattest du das bereits schon einmal gemacht und viel Freude daran gefunden.

Ich wünsche dir viel Kraft und auch Erfolg bei deiner Arbeit und hoffe, du hattest ein angenehmes Wochenende?
Zitat von Howeynous:
Samstag werde ich sie immerhin mal wieder besuchen.


Liebe Grüße

06.05.2014 01:19 • #4


Howeynous
Und hallo wieder liebe Gisela :)

Wie geht es dir eigentlich?
Gut, Einstiegsfrage, aber es interessiert mich einfach - in diesem konkreten Thread geht es hier ansonsten eher um meine Depression... und damit fangen wir doch mal vielleicht an :)

Zitat von Katie:
Viele Menschen erkranken an Depressionen, weil sie es sich aufdrücken liessen, stets mit angezogener Handbremse durch ihr Leben zu fahren. Dass jeder Motor dadurch Schaden nimmt, bezweifelt man nicht, aber auch bei unserer Psyche ist das so.
Vielleicht merken wir es ja lange Zeit gar nicht mal, aber wenn, dann sollten wir zumindest darüber sprechen und im Austausch mit anderen bleiben.
Darum mach dir bitte keine Gedanken darum, dass deine Gedanken raus müssen: Das ist gut und wichtig so!


Ich muss gestehen, mich darin doch leider einigermaßen wiederzuerkennen. Es ist aber keine bewusst angezogene Handbremse - wenn ich etwas realistisches unbedingt will, bekomme ich das auch :)
aber es ist eben ein Merkmal der Depression, nicht mehr oft konkret zu wissen, was man eigentlich will. Ich bräuchte wenigstens ab und zu Input von außen, den ich aber nicht bekomme.
Und wenn doch mal, dann ist vielleicht auch meine Wertschätzung nicht mehr genug... ich verliere mich gerne in großen Träumereien, anstatt die Energie in kleine und realistische Ziele zu stecken... weil diese Ziele dann meistens so klein wären, dass ich wirklich nicht viel Nutzen davon hätte.

Ich hatte gestern eine junge Frau mit meiner Behinderung zu Besuch, die genau das m.E. richtig gut umsetzt. Wir haben uns mehrere Stunden lang super unterhalten, aber es war so, als würde man mir einen kritischen Spiegel vorhalten. Allerdings sind de facto einige Dinge, die sie ins Leben gerufen oder unternommen hat, für mich doch eben doch noch den entscheidenden Tick schwieriger, rein praktisch gesehen... und ich leide halt zusätzlich an der anerkannten Krankheit Depression. Aber Ersteres verfolgt mich halt irgendwie schon ein Leben lang - ich bin meistens die Ausnahme unter den Ausnahmen. Habe z.B. als Jugendlicher öfters versucht, an Ferienfreizeiten für behinderte Menschen teilzunehmen, geklappt hat es nie, weil ich für diese Aktivitäten in der Regel zu schwer behindert war. Das sagt denke ich schon genug... und weil die Realität so immens schwierig zu sein scheint, kommt immer wieder diese Flucht in das Kopfkino.

Das einzige, was ich an meinem früheren Elan zum Glück noch nicht verloren habe, ist der Humor. Immerhin.

Zitat von Katie:
Ich habe gestern bei einer lieben Bekannten einen Hinweis auf ein Video bei YOUTUBE gesehen, das etwas sehr, sehr wesentliches deutlich macht. Die Gesellschaft an sich lebt nicht mehr im sozialen Miteinander, sondern starrt auf Bildschirme, Monitore und Handys und rennt so blind an allem und jedem vorbei, so die Kernaussage in Kurzform.


Ich kenne das Video, möchte deine Aussagen jetzt aber nur zum Teil unterstützen.
Recht gebe ich dir, dass es durchaus beschämend ist, auf den Bildschirm zu starren während man die Möglichkeit hätte, face to face mit jemandem in Kontakt zu treten. Meine Assistenten z.B. haben inzwischen striktes Handyverbot, wenn ich esse und wir zusammen am Tisch sitzen. Nicht, dass sie mit Handy am Tisch ihrer Arbeit nicht nachgehen würden, wenn ich sie aufforderte, aber ich finde das einfach sozial ziemlich herablassend mir gegenüber.
Die andere Seite ist aber, dass das Internet natürlich keine sozialen Kontakte auf Knopfdruck generiert, aber zumindest die praktische Einstiegshürde schon ein wenig erleichtert. Ich habe viele nette Menschen kennen gelernt, wo ich ohne das Werkzeug Internet nie die Chance zu gehabt hätte, praktisch gesehen... und man kommuniziert auch nicht ausschließlich mit Bildschirmen, sondern mit realen Menschen dahinter! Auf die Straße oder in einen Verein zu gehen und schon umarmt dich die halbe Welt (überspitzt ausgedrückt) - ich glaube, das hat so noch nie funktioniert. Vor dem Zeitalter der LED-Bildschirme gab es auch schon einsame Menschen, vielleicht wusste man nur noch weniger von ihnen als heute. Und oberflächlich ist die Welt auch nicht erst seit Facebook Co. - leider.

Zitat von Katie:
Wenn ich jetzt so an dein Engagement bei der Gründung des Sportvereins denke, kann ich mir gut vorstellen, dass du auch in diese Richtung blicken könntest, um für dich selbst die Zeit
erfüllender zu planen.


Du bist ja schon ziemlich vernarrt in diesen Sportverein
Nun, übel will ich es dir aber gar nicht nehmen, die Idee dahinter ist auch nicht abwegig. Aber das ist halt auch schon 12 Jahre her und die treibende Kraft damals war meine Mutter und zudem ein engagierter Heimleiter, ich selber nicht so sehr.
Heute bin ich noch aktiv in einem Schachverein, gehe regelmäßig auf einen offenen Spieleabend, beteilige mich an einer Supervisionsgruppe, war eine Zeit lang in einer Freizeitgruppe vom Pflegedienst und gehe neuerdings wieder ab und zu in eine ähnliche Gruppe, bin fast jedes Wochenende irgendwo in der Öffentlichkeit Fußball gucken... Nein, ich will nicht sagen, dass da nicht vielleicht noch mehr möglich wäre!
Aber andererseits sehe ich das auch nicht als mein Hauptproblem gerade an. In den vergangenen Wochen war ich etwas öfter in meiner Wohnung, der Masterarbeit wegen, aber trotzdem bin ich eigentlich noch jeden Tag unterwegs und unter Menschen. Auch gerne bei schönem Wetter einfach mal spazieren, wo Menschen sind. Wie gesagt, ganz optimal ist das sicherlich noch nicht, aber als Hauptproblem sehe ich eher was anderes:
Ich lerne jetzt nicht haufenweise, aber doch regelmäßig nette Menschen kennen, auf unterschiedlichsten Wegen. Wir verstehen uns gut, haben vielleicht ein gemeinsames Hobby, reden 1-2mal gut miteinander oder schreiben ein paar Wochen lang - und dann lässt das Interesse an einem persönlichen Kontakt rapide nach, meistens aus Zeitmangel bei der anderen Person. Ich nehme viele schon zu schnell als Freunde o.ä. wahr, was ich de facto aber noch nicht bin. Ich bin mir sicher, wenn man alle Menschen auf der Welt eine ehrliche Liste erstellen lassen würde, welche Menschen ihnen außerhalb der eigenen Familie am wichtigsten sind, dann würde mein Name vielleicht auf irgend einer Liste um Platz 10-12 herum auftauchen, aber in den Top 5 sicherlich bei niemandem.
Ist natürlich nur ein Gedankenspiel, wir sind ja hier auch nicht am Punktesammeln wie beim ESC, und ich möchte schon gar nicht wieder in Selbstmitleid verfallen. Im Gegenteil: ich brauche wahrscheinlich neue Ansätze, um die Situation aktiv ändern zu können. Die bisherigen Versuche haben leider kein bisschen gefruchtet.

Und damit auch zurück zur Gründung eines Sportvereins: Die junge Dame, die gestern zu Besuch war, ist gerade dabei, in ihrer Heimatstadt einen solchen Club aufzurichten und möchte mich bei einem eventuell ähnlichen Vorhaben ein wenig unterstützen. Habe ich mir auch fest vorgenommen - nach einem eventuellen Umzug. Wie ich bereits sagte macht diese ungewisse berufliche Zukunft langfristige Planung gerade ein bisschen schwierig.
A propos berufliche Zukunft: Ich muss mich da jetzt sehr ranhalten, leider. Wenn nichts außergewöhnliches passiert werde ich daher erst nach dem 04.06. wieder ausführlich hier schreiben können.

Liebe Grüße und einen schönen, sogar sonnigen, Abend noch :)

Tim

13.05.2014 18:28 • #5


Katie
Lieber Tim,

ich bin mehr als üblich eingespannt gewesen in der letzten Zeit, darum entschuldige bitte, dass ich erst heute auf deinen Beitrag antworten kann.

Zitat von Howeynous:
Wie geht es dir eigentlich?
Gut, Einstiegsfrage, aber es interessiert mich einfach


Erst einmal, danke, dass du dich erkundigst!
Heute geht es mir wieder wesentlich besser als vor einigen Tagen und Wochen noch.
Ja, die Einsicht: Depressionen - und mit der angezogenen Handbremse durchs Leben gefahren zu sein hat mich mal wieder etwas gefordert.
Vielleicht auch überfordert, denn meine Auseinandersetzung damit entwickelte sich unabsichtlich aus anderem Zusammenhang.
Meine Lähmung bringt mir ja zusätzliche Baustellen ein, um die ich mich kümmern muss und genau das bringt auch gelegentlich einen Konflikt mit
dem Kostenträger ein - darum ging es im Grunde.
Weißt du Tim, unfreiwillig stoße ich so immer wieder mal an die Grenze, die andere sich denken: das lohnt doch nicht mehr...
Mir war nun rückblickend klar geworden, dass diese Grundhaltung auch auf mein eigenes Denkmuster abgefärbt hatte und das hatte zusätzlich zu
einem unglücklichen Sturz noch zu einer Krise beigetragen.

Ich kann dich also recht gut verstehen, wenn du auch ähnliches berichtest:
Zitat von Howeynous:
Habe z.B. als Jugendlicher öfters versucht, an Ferienfreizeiten für behinderte Menschen teilzunehmen, geklappt hat es nie, weil ich für diese Aktivitäten in der Regel zu schwer behindert war. Das sagt denke ich schon genug...

Yep!
Aber ich bin zusätzlich noch auf etwas interessantes gestoßen, musste mir natürlich gleich darüber sämtliche Infos und einige Bücher besorgen und werde das Gefühl nicht los, dass auch du dich darin wiederfindest:
hochsensibel und hochbegabt, evtl. auch hochsensitiv, zu sein.

Das könnte u.a, auch bedeuten, dass man wesentlich mehr machen möchte und könnte als andere um einen herum. Auch darin liegt eine Menge Konfliktpotential, das sowohl einengen, als auch bedrücken und in eine
Depression treiben kann. Hattest du in dieser Hinsicht auch schon mal Gespräche geführt?
Ich hoffe, dir lässt die Arbeit an deiner Masterarbeit noch ausreichend Zeit, das schöne Wetter zu genießen?

20.05.2014 18:10 • #6


Howeynous
Guten Abend mal wieder (für Studenten, gute Nacht für alle anderen Menschen^^)

Zitat von Katie:
Ich hoffe, dir lässt die Arbeit an deiner Masterarbeit noch ausreichend Zeit, das schöne Wetter zu genießen?


Ja, ich habe genug Zeit, raus zu gehen. Von genießen möchte ich aber nicht wirklich sprechen. Aber ich weiß ja, woran das vor allem liegt.

Habe leider Donnerstag wieder einen Rückschlag erlitten: Mein Professor war mit meinem bisherigen Fortschritt (absolut zu recht) nicht zufrieden und möchte, dass ich den Großteil meiner Arbeit aus einer anderen Perspektive schreibe. Heißt Verlängerung, werde ich Montag beantragen. Ich hatte aber zuletzt wirklich so eine Einstellung, dass ich die Arbeit nur noch weg haben wollte. Was natürlich auch nicht richtig ist, wenn man eigentlich den Ehrgeiz hat, noch promovieren zu wollen... aber im Moment geht mir einfach die Puste aus.
Ich hätte mir auch ehrlich gesagt mehr Unterstützung von ihm erhofft bei meiner Zukunftsplanung, aber er meinte wieder nicht zu Unrecht, ich solle doch jetzt erstmal die Masterarbeit schaffen. Ich habe auch zum ersten Mal gemerkt, dass wir beide in einigen Themen unterschiedliche Sichtweisen haben und bin mir nicht mal mehr sicher, ob eine Promotion bei ihm fachlich das Richtige wäre, wenn er Platz gehabt hätte. Ist jetzt eh Makulatur, aber meine Eltern z.B. gehen ja immer noch davon aus, dass ich hier bleibe, obwohl ich ihnen natürlich genau das Gleiche schon mehrfach erzählt habe, was ich dir schreibe.

Habe leider wieder eines meiner schlechten Wochenenden... ziemlich genau jedes zweite Wochenende geht es mir psychisch besch...eiden, man kann die Uhr danach stellen. Für übernächstes Wochenende bin ich aber schon fest verplant, bin mal gespannt was das dann wird.
War heute auf einer Firmenfeier in der Nachbarschaft meiner Eltern, wo ich sehr viele Leute kannte, aber ich wollte irgendwie mit niemandem wirklich sprechen, wollte mir alles einfach für mich in Ruhe angucken und sonst in meiner eigenen Welt leben. Hat auf dieser, naturgemäß mit vielen Leuten etwas oberflächlichen, Veranstaltung natürlich nicht gepasst und ich war daher auch nach knapp 3 Stunden wieder weg. Kennst du auch solche Tage?
Smalltalk ist ja ganz ehrlich auch sonst schon eine fürchterliche Schwäche von mir.

Oft ist es das gleiche Schema: In meiner alltäglichen Arbeit gibt es einen Rückschlag, also versuche ich, Abstand davon zu gewinnen und träume von irgendwelchen großen Abenteuern in ferner Zukunft, Hauptsache spektakulär und dementsprechend unrealistisch. Oft genug sind auch Mädchen an diesen Träumen beteiligt^^.
Dann merke ich irgendwann gnadenlos, dass diese Abenteuer niemals so stattfinden werden und, dass ich wieder dringend zu meiner alltäglichen Arbeit zurückkehren muss, in der es vorher schon nicht gut lief... und dann falle ich in ein Loch.
Du merkst, so ein Sicherheitsnetz gegen Rückschläge fehlt mir irgendwie total.
Hast du eine Idee, wie man so einen Teufelskreis durchbrechen könnte?

Jetzt zu deiner Frage wegen hochbegabt/hochsensibel: Ich bin kein besonderer Freund dieser Stigmatisierungen. Ich habe auch durchaus aus Überzeugung früher schon immer gesagt, ich bin sicherlich nicht hochbegabt, ich bin einfach gut in Mathe. Hochbegabung gibt es tatsächlich, aber heutzutage (und schon zu meiner Schulzeit) gilt ja jedes zweite Kind und generell jeder Störenfried zumindest den eigenen Eltern zufolge als hochbegabt.
Aber unabhängig davon: Als ich deine Vermutung gelesen habe, habe ich ehrlich gesagt zunächst etwas mit dem Kopf geschüttelt. Ich war jahrelang ein Einzelgänger und habe eine leichte soziale Phobie - und dann hochsensibel/hochsensitiv??
Je mehr ich allerdings jetzt darüber nachdenke, umso mehr denke ich mir vielleicht, dass doch was dran sein könnte.
Ich bin nicht besonders gut darin, aber ich versuche aus dem Verhalten (oder dem Schreibstil) anderer viel herauszufühlen. Meistens ist das Resultat meiner Analyse vor allem negativ, da spielt dann vielleicht auch die Depression mit rein. Ich erkenne schnell, wenn jemand nicht mehr wirklich Interesse an einem Kontakt mit mir hat - nur weiß ich nicht, wie ich im konkreten Fall darauf reagieren soll.
Als hochsensitiv würde ich mich spontan allerdings nicht sehen.
Mit meiner Therapeutin habe ich nicht konkret darüber gesprochen. Manchmal frage ich mich ehrlich gesagt selbst, worüber wir überhaupt 45 Sitzungen lang gesprochen haben... viel hängen geblieben ist leider nicht.

Und jetzt selbstverständlich auch noch zu dir^^:
Mensch, sagen dir Leute wirklich das lohnt sich doch nicht mehr? würde mir wirklich nie einfallen, jemanden das ins Gesicht zu sagen... vor allem, weil du noch aus deinen psychischen Problemen keinen besonderen Hehl zu machen scheinst. Aber es ist auch komplett die falsche Einstellung.
Darf ich fragen, woran du konkret gemerkt hast, dass du mit der angezogenen Handbremse durchs Leben gefahren bist? Gerne auch per PN, wenn das für hier zu persönlich sein sollte.
Wir sind wohl ähnlich in dem Sinne, dass wir ab und zu jemand brauchen, der uns auf positive Art zu irgendwas mitreißt. Wenn dieser Input komplett ausbleibt, und alle zusätzlich dann auch noch ihre praktischen Bedenken zu jedem Plan preisgeben, wird es schwierig, die Handbremse so richtig zu lösen.

Schönen Sonntag wünsche ich dir und gute Nacht!
Ich bin eine hoffnungslose Nachteule - aber heute hat es mir definitiv gut getan, hier zu schreiben.

25.05.2014 03:42 • #7


Katie
Also dann grüße ich dich als Nachtschwärmer, Tim,

es tut mir wirklich leid, dass du zur Zeit sehr gefordert bist und dabei doch das Gefühl bekämpfen musst, dir ginge bald die Puste aus.

Ein Motivationsschub ist das, was ich dir wünsche, wodurch er auch immer bedingt sein mag.

Ich habe mal gehört, wir Menschen bräuchten entweder ein ganz großes Ja, um unsere Ziele nicht aufzugeben, im Sinne von ja, das will ich, das passt zu mir.
Oder aber wir brauchen ein ganz großes Nein ... nein, das will ich so nicht länger, oder nicht wieder.
Aber Zwischenstadien wie: ich könnte ... bringen nicht die nötige Dynamik mit, um unter allen Umständen durchzuhalten.

Wir brauchen ein großes JA, oder ein großes NEIN.
Bei mir trifft, oder traf diese Erklärung rückblickend auch tatsächlich immer zu und ich wundere mich heute, was ich alles verkraftet, gewagt und riskiert hatte.
Grundlegend war da aber immer entweder ein großes Nein , und /oder ein großes Ja als ganz klares Signal.

Unter diesem Gesichtspunkt würde ich auch betrachten, was dein Professor meinte:
Zitat von Howeynous:
ch hätte mir auch ehrlich gesagt mehr Unterstützung von ihm erhofft bei meiner Zukunftsplanung, aber er meinte wieder nicht zu Unrecht, ich solle doch jetzt erstmal die Masterarbeit schaffen.


Du weißt, meine Mathe-Kenntnisse sind längst nicht ausreichend, um dir umfänglich folgen zu können und die Problematik wirklich zu verstehen.
Zitat von Howeynous:
Ich habe auch zum ersten Mal gemerkt, dass wir beide in einigen Themen unterschiedliche Sichtweisen haben und bin mir nicht mal mehr sicher, ob eine Promotion bei ihm fachlich das Richtige wäre, wenn er Platz gehabt hätte.

Aber auch zu diesem Gedanken fällt mir etwas ein, was mich selbst mal ansprach: wenn wir über Weiterentwicklungen grübeln und Entscheidungen
treffen müssen: man kommt dort der rechten Entscheidung näher, wo man auch das Gefühl verspürt, da passt alles in etwa so, als würde es einem entgegenkommen.

Was du über Tagträume schreibst, kann ich aber recht gut nachvollziehen, Tim.
Auch wenn man nicht an einer Masterarbeit arbeitet, kennt man das immer bedrückender werdende Gefühl gut, dass der Tag herum und fast nichts geschafft ist von dem, was man hätte tun können, weil man sich in Träumereien wiedergefunden hatte und
darin verharrte.
Mir hat alle Jahre lang geholfen, mir ständig Notizen zu machen, an denen ich mich entlang arbeite. Undan denen ich mich in vergleichbaren Stimmungsphasen erfolgreicher orientieren kann, als an sonst etwas.
Selbst heutzutage brauche ich das noch, um meine Disziplin zu halten, besonders wenn es mir mal wirklich nicht gut geht.
Mit hilft die Lehre aus eigenen Schwachpunkten sehr, dass ich - egal worum es geht - ja immer den ganzen Weg zusätzlich wieder zurück muss, wenn ich zuließ, dass mir etwas entgleitet. Und das ist stets härter gewesen.
Gespräche mit anderen darüber haben mir persönlich nichts gebracht, weil ich im Gegenzug ja auch zuhöre und irgendwie so viel Zeit mit Reden verbracht wird, was für mein Empfinden schon in Richtig Smalltalk läuft.
Es gibt allerdings Mailkontakte, die mir sehr, sehr hilfreich sind. Da ist man zeitlich auch nicht so gebunden, als wenn dir jemand gegenübersitzt, dich doch nicht versteht, es aber gut meint und viel aus seinem Leben berichtet.


Tage, wie du einen beschreibst:
Zitat von Howeynous:
War heute auf einer Firmenfeier in der Nachbarschaft meiner Eltern, wo ich sehr viele Leute kannte, aber ich wollte irgendwie mit niemandem wirklich sprechen, wollte mir alles einfach für mich in Ruhe angucken und sonst in meiner eigenen Welt leben. Hat auf dieser, naturgemäß mit vielen Leuten etwas oberflächlichen, Veranstaltung natürlich nicht gepasst und ich war daher auch nach knapp 3 Stunden wieder weg.

kenne ich von früher und weißt du, ich denke, es geht ganz vielen Leuten bei ähnlichen Treffen so, dass sie am liebsten doch ganz woanders wären, sei es bei ihrem Lieblingsverein, oder sonst wo.
Das spürt man und ich denke, da zieht man sich früher oder später ganz zurück.
Trotzdem weiß ich, dass du noch etwas anderes meinst, schon klar. Aber ich glaube, auch diese Grundstimmung lähmt einen zusätzlich noch.

Ich hoffe doch sehr, dass sich die Negativspirale, alle zwei Wochen ist ein besch ... eigenes Wochenende durchbrechen lässt ^^,so dass sich dein erwähntes übernächstes Wochenende anregender gestalten wird.

Hochbegabt/hochsensibel und du nennst es Stigmatisierungen.
So hatte ich es nicht unbedingt gemeint. Ich war ein wenig über die landläufige Vorstellung hinaus gegangen. Heute zählt man eine ganze Reihe Formen von Intelligenz auf, wie z.B. auch die emotionale Intelligenz usw. und ich hatte in diese Richtung gedacht.

Ich war auch ein Einzelgänger - überzeugter Einzelgänger allerdings -weil ich mich dann einfach viel wohler fühl(t)e. Vor dem Unfall als ich noch ganz gesund war, war diese Eigenschaft sehr ausgeprägt. Doch wie ich eben ein unauffälliges, ruhiges Kind war, das
überwiegend in einer Traumwelt lebte, fiel es gar nicht groß auf.
Nach dem Unfall gelang es mir wohl auch eben dadurch wesentlich leichter, ein - für mein Empfinden - normales Leben zu führen.

Zitat von Howeynous:
Mensch, sagen dir Leute wirklich das lohnt sich doch nicht mehr? würde mir wirklich nie einfallen, jemanden das ins Gesicht zu sagen...


Ja, das sind Vorurteile sozusagen. Wir wissen dagegen ja, wovon wir sprechen, Tim.

Ich muss allerdings zurück ins Jahr 1973 gehen, als meine Eltern überlegten, eine andere Wohnung zu suchen. Denn wir wohnten im 2. Obergeschoß und nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus tat sich bald das Problem auf, wie ich die vielen Treppen
immer rauf und runter käme, weil ich ja zu ambulanten Therapien musste. Da kamen eben die Überlegungen auf...lohnt das überhaupt noch ...?
Die Prognosen der Ärzte waren durchweg schlecht und damit waren meine Angehörigen natürlich selber überfordert. Und dementsprechend geprägt war mein gesamtes Umfeld aus Verwandtschaft und damaligen Freunden.
Es lief letztendlich darauf hinaus, dass ich den Kontakt zu allen Verwandten, außer meinen Eltern, abgebrochen hatte und bis heute nur zu einer Cousine sporadisch mal Kontakt habe.

Zitat von Howeynous:
Darf ich fragen, woran du konkret gemerkt hast, dass du mit der angezogenen Handbremse durchs Leben gefahren bist?

Gute Frage, Tim - und jetzt müsste eine ellenlange Antwort folgen.
Ich hatte es selbst gar nicht gemerkt. Nach meinem Unfall hatte mich das Vorbild eines Therapeuten besonders geprägt, der als Jugendlicher durch einen Unfall seine Unterschenkel verlor, aber dennoch als Physiotherapeut später die Gehschule in einem
Krankenhaus machte. Das hatte mich sehr viel mehr beeindruckt als alle Worte, die ich von anderen hörte und ich wollte mich auch so zusammenreißen.
Disziplin ist darum mein wichtigster Halt geworden und es war ja auch nicht schlecht, oder grundverkehrt. Aber ganz optimal war es eben auch nicht und so fällt es mir heute relativ leicht und es tut auch gut, wenn Freunde mir aufzeigen: guck mal, hier oder da
quetscht du dein Leben eigentlich nur in die kleinen Zwischenräume, die andere dir lassen. Dass ist nicht okay so auf Dauer. Schieb das ein bisschen in die Mitte.

Oha, das war mal wieder etwas lang geraten ...
Ich wünsch dir eine gute Woche und halt uns weiter auf dem Laufenden

26.05.2014 21:56 • #8


A


Hallo Howeynous,

x 4#9


Howeynous
Meine Antwort wird leider nicht ansatzweise so ausführlich und detailliert ausfallen können, ich hoffe du bist mir nicht böse :)

Richtig schlechte Phasen hatte ich zum Glück nicht mehr, obwohl eine davon dieses Wochenende turnusgemäß dran gewesen wäre... aber ich habe ja schon angekündigt, ich war abgelenkt. Ich habe bei einem offenen Schachturnier mitgespielt, was zwar anstrengend war, aber auch ein schönes Erlebnis - und ich habe überraschenderweise das Turnier gewonnen vor allem ein guter Schub fürs doch sehr angekratzte Selbstwertgefühl war das, außerdem gab es ein ganz nettes Preisgeld... von dem ich mir in den kommenden Wochen Dinge gönnen möchte und werde, die ich mir sonst nicht trauen würde mir zu leisten.

Das dringend benötigte Erfolgserlebnis - hat es nachhaltig was gebracht?
Bezweifle es leider.
Schachturniere in der Nähe gibt es nicht so oft, als dass ich damit meine schwierigen Phasen regelmäßig kaschieren könnte. Das war ein kurzer und schöner Ausflug in eine Welt, in der ich geschätzt werde und alle mehr oder weniger ähnlich ticken^^
Meine Euphorie wurde leider direkt zurückgeholt, als ich gestern Abend vom Turnier zurückgekommen bin und meine Mails gecheckt habe. Ich zitiere nur Ausschnitte aus den ersten Sätzen der Mails:
Hi Tim. Ich habe leider schlechte Nachrichten.
Leider muss ich Ihnen mitteilen...
Ich habe viel zu tun zurzeit, daher...
Hi Tim, leider...
Im Kontrast dazu leider keine freundschaftliche Nachricht bekommen und auch keine Nachfrage, wie es denn bei dem Turnier gelaufen ist, was mir auch ziemlich egal ist.
Ich schaffe es aber nicht, Menschen dazu zu bringen, mehr als nur einmal eine nennenswerte Menge Zeit mit mir zu verbringen. Hast du generell den Eindruck, dass sich insbesondere junge Menschen gerne immer weniger Zeit füreinander nehmen? Könnte es eigentlich sein, dass ich in all den Jahren schon verlernt habe, wirkliche Nähe überhaupt zuzulassen, auch wenn ich mich sehr nach ihr sehne?
Die klare Tendenz ist, sich vielleicht für gewisse Dinge ein bisschen zu bewundern, sich aber von mir immer mehr abzuwenden. Nicht alle tun das mit Absicht. Aber alle tun es.
Mir tut es leider auch immer mehr weh, wenn andere im sozialen Netzwerken und so über ihre tollen Freunde etc. berichten und welche Abenteuer sie alles unternommen haben, so sehr ich es ihnen auch gönne und wünsche. Für mich ist vieles davon leider praktisch eben doch noch den entscheidenden Tick schwieriger. Aber mein Problem sind wie gesagt nicht die Unternehmungen an sich, nicht mal so sehr das Knüpfen von Kontakten, sondern die Intensivierung der selbigen.

Jetzt aber endlich noch kurz zu deiner eigentlichen Mail^^:
Es ist wohl nur ein kleiner Teil meines Problems, nicht immer die Motivation zu haben, um gut genug zu funktionieren.
Letztendlich bekomme ich mein Leben doch irgendwie ziemlich gut auf die Reihe, behaupte ich hier jetzt einfach mal ;)
Ich möchte aber nicht nur Pflichterfüllung betreiben, sondern einfach insgesamt zufriedener durch mein Leben gehen. So schlecht wie ich es manchmal denke geht es mir objektiv betrachtet nun wirklich nicht, so gut wie die meisten anderen denken aber auch nicht.

Kannst du heute ein Beispiel nennen, was du konkret tust, um dich selber ein bisschen mehr in die Mitte zu rücken? Ich meine nicht unbedingt eine Aktivität, das kann ein einfacher Gedankengang sein...

Ich verfalle übrigens heute noch gerne mal in Tagträume, aber möchte sie mir (noch) nicht verbieten.

Jetzt werde ich schlafen und morgen den ganzen Tag arbeiten.

Gute Nacht!
Tim

11.06.2014 02:34 • #9

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