26

Welchen Beruf habt ihr wie seid ihr darauf gekommen?

ElfenWeide
Dieser Thread richtet sich an alle, die über ihren Werdegang, (Traum)beruf und wie sie dazu gekommen sind erzählen möchten.
Wie schafft ihr es, mit psychischen Problemen, so eine wichtige Entscheidung zu treffen und euch darüber Gedanken zu machen, was ihr wirklich wollt? Eventuell auch gar nicht auf lange Sicht gedacht.
Arbeitet ihr, studiert ihr, macht ihr eine Ausbildung? Was/Welche? Wie gefällt es euch? Könnt ihr euch vorstellen, nochmal etwas anderes zu lernen?

15.11.2023 23:32 • x 3 #1


Dys
Naja, mein beruflicher Werdegang ist eigentlich, wenn ich so darüber nachdenke, meinen Ängsten und meiner Faulheit geschuldet. Vielleicht ist er ein Beispiel dafür, wie es nicht laufen sollte. Ich schreibs trotzdem mal, weil es ein „Lebenslauf“ den ich am liebsten so schreiben würde, wenn dieser für eine Bewerbung nötig wäre. Natürlich bekäme ich damit garantiert keinen Job

Jetzt kommt er also, der Werdegang.

In der Grundschule war ich gut und sollte aufs Gymnasium. Davor hatte ich Angst, weil meine damaligen Freunde nicht mitkommen konnten und ich mich also alleine dem Neuen Unbekannten stellen müsste. Also blieb ich auf der Schule und ging mit meinen Freunden halt auf die Hauptschule.

Auf der Hauptschule hatte ich absolut kein Problem mit den geforderten Aufgaben und wurde Faul. Den Stoff erledigte ich mit Links und für Hausaufgaben musste ich mich nicht anstrengen. Der Abschluss war ein Klacks und es stand nie zur Debatte, diesen nicht zu schaffen.

Zu meinem Ausbildungsberuf kam ich dann folgendermaßen. Mein guter Freund wollte diesen Beruf unbedingt lernen und fragte mich, ob ich mich bei der Firma auch bewerben will, denn es wäre ja toll, wenn wir dann zusammen in die Lehre gehen könnten. Mir kam dieser Gedanke nicht ungelegen, denn es wäre ja schön gewesen, nicht alleine etwas Neues Unbekanntes beginnen zu müssen. (Stichpunkt Angst). Also bewarben wir uns und machten zusammen einen Eignungstest. Ich bestand ihn und bekam das Angebot, die Ausbildung zu machen. Er aber nicht.

Da ich zu faul war, mich auch woanders zu bewerben und eigentlich auch keine Idee von einem Traumberuf hatte, nahm ich das Angebot an. Die Sommerferien waren danach sehr entspannt und die Aussicht danach endlich eigenes Geld zu verdienen, reichte mir. Im ersten Lehrjahr bekam ich 314,- D-Mark. Mein Taschengeld versechsfachte sich somit.
Die Ausbildung begann ich kurz nach meinem 15. Geburtstag und mit 17, weil ich die Gesellenprüfung vorziehen konnte, war ich mit der Ausbildung durch. Mein Berufschullehrer riet mir dazu, auf der Ausbildung aufzubauen und Richtung Techniker oder irgendwann Ingenieur, weiter zu machen. Nach dem Fachabi hätte ich aber fürs Studium in eine andere Stadt gemusst. Davor hatte ich Angst. Und auch etwas davor, das Studium zu finanzieren. Studium und dann nebenbei Geld verdienen, dafür war ich auch eher zu faul. Also hakte ich das ab und arbeitete als Geselle im gelernten Beruf.

Probleme mit einem Vorgesetzten sorgten dann dafür, dass ich mich auf einen artverwandten Job in einer aber gänzlich anderen Branche bewarb, als 18 war. Ich bekam den Job und etwas mehr Geld und das erlaubte mir dann auch, den Führerschein zu machen.
Bei dieser Firma blieb ich und wechselte irgendwann vom technischen Bereich in den Warenwirtschaftlichen. Die Aufgaben, die ich so nach und nach hatte, wurden zwar anspruchsvoller, aber eher bezüglich der Verantwortung und nicht bezüglich mehr Arbeit als solche. Das war gut für meine Faulheit. Nach 32 Jahren in der Firma, wurde sie geschlossen, nachdem sie zuvor von einem Konzern übernommen wurde, der sie letztlich als nicht mehr profitabel erachtet hat. Soviel zu einem Sicher geglaubten Job.

Also widmete ich mich mit 50 Jahren der Aufgabe, einen neuen Job zu finden. Leider konnte ich den nach 2 1/2 Jahren körperlich nicht mehr ausüben, wobei die psychische Belastung auch eine Rolle spielte. Ich war ja schon während ich noch in der Firma, in der ich 32 Jahre war, in die Depression gerutscht und entsprechend in Behandlung, die mir ja auch half.

Jedenfalls kündigte ich dann den Job nach besagten 2 1/2 Jahren und begab mich erstmals in eine Klinik um meine Psyche in Ordnung zu bringen. Dieser Prozess dauerte inklusive Wartezeit auf einen Platz und etwas Nachsorge dann gut 9 Monate bis ich der AfA für den Arbeitsmarkt zu Verfügung stehen konnte und somit auch zur Verfügung stand, mit knapp 54 Jahren auf dem Buckel.

Von seitens der AfA kam wie erwartet nicht wirklich viel, außer halt Vermittlungsvorschläge und natürlich ALG1. Meine Bewerbungen fanden wenig Resonanz, aber ich fand einen Job.
Ein „Freund“ aus Kindertagen, der sich selbstständig gemacht hatte, bot mir an, für Ihn zu arbeiten. Ich war skeptisch, ob ich das was ich für ihn leisten sollte, tatsächlich bewältigen könnte und sprach offen über meine Depression und wo meine Defizite sind.
Mein „Freund“ gab sich verständnisvoll und ich schlug ein Praktikum vor, dass ich der AfA dann mitteilen wollte. Als der Papierkram anstand, sagte er dann, „weißt Du was, das Praktikum können wir uns sparen“. Er stellte mich ein und ich war überaus dankbar, trotz eines wirklich mickrigen Gehalts, was ich ja auch wegen meiner Bedenken bezüglich meiner Leistungsfähigkeit zugestand. Leider entpuppte sich mein „Freund“ als jemand Anderer, wie Der, mit dem ich meine Kindheit verbracht habe.

Er behandelte seine Angestellten wie Dreck und machte auch bei mir keine Ausnahme. Die Fluktuation des Personals war bezeichnend. In meiner Zeit dort haben 12 Personen die Firma verlassen, nur 3 wurden gekündigt, die anderen gingen von sich aus. Vornehmlich diejenigen, die dem Chef eh zu teuer waren, die er aber, als er die Firma kaufte, mit übernehmen musste. Als ich ihm dann helfen sollte, einen weiteren Kollegen, der ihm zu teuer war und in seinen Augen ein „low performer“, loszuwerden, indem ich Dinge „finden“ soll, die das ohne Abfindung ermöglichen, war für mich die Sache dann auch erledigt. Vor allem weil, „wir ja Freunde sind und ich ihm das ja irgendwie schuldig wäre, weil er mich von der Straße geholt hat (o-ton meines „Freundes“), konnte ich nicht anders, als zu kündigen. Leider brachte das einen Nervenzusammenbruch mit sich und ich landete wieder in der Klinik.

Naja, dann kam Corona und seither beschränkt sich mein Werdegang auf Zeiten, in denen ich mich Bewerbe und Zeiten, die ich in Behandlung bin, in Kliniken oder Tageskliniken, wenn es garnicht mehr geht. Mit mittlerweile 60 habe ich auch tatsächlich keine Zuversicht mehr, nochmal nen Job zu finden. Zum Glück bekomme ich derzeit eine halbe EMR. Ich könnte also noch Teilzeit arbeiten, wenn ich es könnte, beziehungsweise, ich dürfte es laut DRV in dem erlaubten Rahmen.

Da ich eine LTA bewilligt bekommen habe, steht nun eine gesundheitliche Reha an, um zu ermitteln, wie eine berufliche Reha aussehen könnte. Die werde ich machen und nächstes Jahr werde ich dann wohl mehr wissen, wie es weitergehen könnte.

Mittlerweile mache ich mir tatsächlich weniger Gedanken, wie es weitergehen könnte. Für einen Traumjob ist es meiner Meinung nach in meinem Alter zu spät. Ein adäquater Job, den ich leisten kann, wäre bestenfalls eine Schadensbegrenzung für das was finanziell künftig zu erwarten ist, an Teuerungen beim Lebensunterhalt.

Wenn es also noch einen „Traumjob“ für mich gibt, wäre der eher so:
Die Kollegen sind okay und die Arbeit ist zu schaffen. Damit wäre für mich Work ein Teil von Life und somit in Balance. Am Monatsende bleibt finanziell etwas übrig, dass ich auch tatsächlich für unnötiges ausgeben könnte, sofern mir danach wäre. Die Freizeit, die mir bleibt, lässt mir dann die Wahl, ob ich mich langweile oder sie für etwas nutze, egal ob das als sinnvoll erachtet werden würde, oder nicht. Was das nun für ein Job ist, ist mir eigentlich egal.

Mir vorzustellen (nochmal) was anderes zu lernen, konnte ich immer und kann das auch jetzt noch. Nur sind es ja tatsächlich die damit verbundenen Überlegungen bezüglich des Finanziellen, in einer finanziell geprägten Welt, wo es daran scheitern kann. Des Weiteren wäre eventuell ja auch jemand nötig, der lehrt. Was dessen Bereitschaft angeht, jemandem was zu lehren, hängt dann aber auch von dessen Ansprüchen an den Lehrling ab, beziehungsweise worin der Erfolg dabei gesehen wird. Kurzum ob es der Mühe wert erscheint.

Es bedarf also Zuversicht in irgendeiner Form.

Momentan bin ich nicht zuversichtlich, ob mein ausschweifender Text tatsächlich das Thema trifft. Aber egal, ich lasse ihn mal hier und mein Werdegang ist damit mal dargestellt.

16.11.2023 14:30 • x 6 #2


A


Hallo ElfenWeide,

Welchen Beruf habt ihr wie seid ihr darauf gekommen?

x 3#3


M
Ich biete jetzt mal die Kurzfassung. Ich habe eine Ausbildung zur Krankenschwester gemacht da mich meine Eltern dazu gezwungen haben. Sie haben mich dort angemeldet in der Hoffnung das ich wie meine Schwester in den Orden eintreten werde. Meine Mutter hat dafür gesorgt das ihre Töchter alle mit 18 das Haus verlassen haben.

16.11.2023 17:50 • x 4 #3


Greta
Ich bin Jahrgang 1961, und als ich Ende der 1970er-Jahre den Schulabschluss in der Tasche hatte, war Traum-Beruf was für Träumer. Die geburtenstarken Jahrgänge drängten auf den Ausbildungsmarkt und es gab viel zu wenig Stellen für viel zu viele Bewerber. Die meisten jungen Leute fasten deshalb unterschiedliche Berufe ins Auge und nahmen dann einfach den, in dem sie einen Ausbildungsplatz bekamen. Viele gingen aber auch erstmal weiter zu einer Berufsfachschule, weil sie (trotz guter Abschlussnoten!) keine Lehrstelle fanden und die Zeit irgendwie überbrücken mussten.
Auch die Auswahl an Berufen war beschränkt, zumindest hier auf dem Land.
Die Mädchen wurden Verkäuferin, Friseurin oder Bürogehilfin. Wenn die Noten gut waren auch schon mal Krankenschwester oder Arzthelferin. Aber für all diese Berufe reichte ein Hauptschulabschluss; der war damals noch etwas wert.
Die Jungs machten was handwerkliches. Elektriker, Schreiner, Schlosser, KFZ-Mechaniker...

Abitur und Studium waren die Ausnahme. Das kam meistens nur für die Kinder der höheren Bildungsschicht in Frage, also für Kinder von Lehrern, Ärzten usw.

Oft hatten die Eltern das letzte Wort bei der Berufswahl. Es lief viel über Beziehungen. Man ging in den Betrieb, in dem auch der Vater schon arbeitete. Oder die Eltern kannten einen, der einen kannte, wo noch ein Lehrling gesucht wurde.

Für Mädchen wurde eine Ausbildung auch noch nicht als so wichtig angesehen. Die heirateten ja ohnehin meistens schnell und blieben dann wegen der Kinder zuhause. So hatte ich z.B. eine Schulfreundin, deren Vater nach ihrem Schulabschluss entschied, dass sie künftig in einem Gasthaus als Küchenhilfe arbeiten würde. Widerspruch? Gab es nur selten.
Andere Zeiten eben.

Ich selbst hätte gerne einen technischen Beruf erlernt. Damals war KFZ-Mechanikerin mein Traum.
Aber Frauen in Männerberufen war damals noch nicht wirklich ein Thema bzw. so gerade erst im Kommen.
Ich erinnere mich noch gut an die Diskussionen über getrennte Wasch- und Toilettenräume.
Bei meinen Eltern fand ich weder Verständnis noch Unterstützung.
So bin ich dann zunächst dem Weg meiner älteren Schwester gefolgt und habe eine Ausbildung zur Erzieherin begonnen. Das ging natürlich voll in die Hose. Hab's dann später noch mit Floristin versucht und auch mit Bürokauffrau.
Aber das war alles nicht so Meins.

Zu dieser Zeit begannen meine Depressionen.
Die berufliche Perspektivlosigkeit spielte sicher eine Rolle, ursächlich war sie aber wohl nicht.
Allerdings wusste man damals noch nicht viel über Depressionen; es gab sie quasi nicht. Entweder war man faul und bekam nichts auf die Reihe oder man hatte was am Kopf.
Ich selbst wusste damals also auch nicht, dass es eine Depression war und wurschtelte mich irgendwie so durch.
Zähne zusammenbeißen... durchhalten... durchhalten...

Ich habe dann früh geheiratet, zwei Kinder bekommen und nebenbei in einem jungen Unternehmen gejobbt (Start-up, würde man dazu heute sagen). Damit ging es mir gut; auch psychisch.
Dieses Unternehmen entwickelte sich rasant, wurde mit den Jahren immer größer und meine Aufgaben dadurch immer vielfältiger. Nach zwei Jahren hatte ich bereits eine Teilzeitstelle.
Dann kam die Scheidung und ich stürzte mich regelrecht in die Arbeit. Schnell wurde mir die Leitung der Abteilung angeboten. Ich griff zu.

Berufliche und private Belastungen förderten meine Depression.
Das ging schleichend, so ganz allmählich über Jahre, dass es mir zunehmend schlechter ging.
Mit Anfang 30 bin ich dann das erste Mal in Therapie gegangen, habe diverse Kuren hinter mich gebracht, weitere Therapien, und doch bestand mein Leben irgendwann nur noch aus Arbeit und Schlafen.

Ende 2020, nach 35 Jahren im selben Unternehmen, hat's mich dann endgültig geschmissen.
Seitdem bin ich arbeitsunfähig und seit Neuestem EM-Rentnerin.
Allerdings jobbe ich seit letztem Jahr im Archiv eines kleinen Vereins. Gestartet bin ich als Ehrenamtlerin, einfach damit ich mal rauskomme aus meiner Depri-Bude hier. Aber die Arbeit macht mir soviel Spaß, dass daraus mittlerweile ein kleiner Mini-Job geworden.
Und sollte es mir irgendwann keinen Spaß mehr machen, so lasse ich es einfach sein.

Tja, liebe @ElfenWeide, vielleicht kannst du mit den Geschichten aus früheren Zeiten jetzt gar nicht so viel anfangen.
Heute ist ja vieles ganz anders.
Zitat von ElfenWeide:
Arbeitet ihr, studiert ihr, macht ihr eine Ausbildung? Was/Welche? Wie gefällt es euch? Könnt ihr euch vorstellen, nochmal etwas anderes zu lernen?

Wie ist das denn bei dir?
Manches ist wohlmöglich heute leichter als früher, aber so einiges eben auch nicht.
Sich entscheiden zu müssen aus der Vielzahl an Möglichkeiten... die Unsicherheit, ob man bei steigenden Mieten, Energiekosten, Lebenshaltung, von dem gewählten Beruf überhaupt leben kann... die Diskussionen über Rente und Lebensarbeitszeit... Über sowas hat sich unsere Generation in jungen Jahren ja noch gar keine Gedanken machen müssen.
Magst du mal erzählen, wie es dir mit all dem geht?

Liebe Grüße
Greta

17.11.2023 10:54 • x 3 #4


Dys
Zitat von Greta:
Damals war KFZ-Mechanikerin mein Traum.

Tatsächlich hab ich diesen Beruf gelernt. Damals Ende der 70er Jahre gab es im Handwerk tatsächlich so gut wie keine Frauen, die das lernen konnten. Die Frauen die ich in der Berufsschule kannte, machten diese Ausbildung bei Industriefirmen, die es anboten. In meinem Ausbildungsbetrieb, der nichtmal so klein war, gab es für die Werkstatt Mitarbeiter keine getrennten Sanitäranlagen. Die Duschen waren keine Kabinen, Privatsphäre für Frauen also eher nicht gegeben. Daher gab es zu dieser Zeit in meinem Betrieb keine Frauen in der Werkstatt.

17.11.2023 12:10 • x 3 #5


Lilly-18
Ich war eine gute Schülerin. Auf Drängen meiner Volksschullehrerin haben mich meine Eltern aufs Gymnasium gehen lassen. Wir waren damals 5 Kinder aus meiner Klasse, die das durften, die ich heute noch alle mit Namen kenne.
Mit 15 wollten meine Eltern, dass ich von der Schule abgehe. Da hatte ich mittlere Reife. Ich war immer noch gut in der Schule und wollte Abitur machen. Das habe ich tatsächlich durchgesetzt, allerdings mit dem Hinweis, dass ich niemals studieren dürfte. Mein Vater hatte eine tiefe Abneigung gegen Akademiker. Mein Umgang in der Schule war meinen Eltern suspekt. Alles Ärzte-, Architekten-, Lehrerkinder und sowas.
Mein Abitur war gut. Ich durfte aber nicht studieren. Meine Mutter hat mich in der Bank untergebracht, in der sie selbst mal gearbeitet hat. Ich habe eine Ausbildung zur Bankkauffrau gemacht.
Mein Abschluss war sehr gut. Nach der Ausbildung noch studieren konnte ich nicht. Meine Eltern hatten mich nie unterstützt, und mein damaliger Freund, späterer Ehemann, hat Medizin studiert und bei mir gewohnt. Auch er wurde von den Eltern nicht unterstützt und so haben wir von meinem - nach der Ausbildung guten - Gehalt gelebt.
Ich war noch nie Bänker mit Leib und Seele, war aber überzeugt davon, dass einem jede Arbeit Spaß machen kann, wann man sie gut kann. Ehrgeiz hatte ich nicht, ich habe versucht, mich auf dem Niveau durchzuwurschteln, das mir am wenigsten Stress macht.
Kurz bevor mein Mann mit dem Studium fertig war wurde ich schwanger. Wir hatten kein einziges doppeltes Gehalt. Mein Mutterschutz ging nahtlos in seine erste Stelle über. Nach 4 Jahren kam das 2. Kind. Ich musste nach 3 Jahren kündigen, weil es damals noch keinen Anspruch auf eine Teilzeitstelle gab. Entweder ganz oder gar nicht hieß es damals.
Unterstützung hatte ich keine. Meine Schwiegermutter war schon sehr alt und meine Mutter hat voll gearbeitet und hat sich nicht für mich und die Kinder interessiert.
Ich war fast 10 Jahre zuhause. Kleine Jobs habe ich schon gemacht. Nur worauf ich Lust hatte. Immer nur ein paar Stunden.
Dann ist meine Ehe kaputt gegangen. Ich saß da in einem Haus, das wir gerade gekauft hatten. Mit zwei kleinen Kindern - die Große ist gerade in die Schule gekommen - und ohne Arbeit.
Nach einem Jahr habe ich meinen Mann zurückgenommen. Ich konnte meinen Kindern noch ein paar Jahre das Zuhause erhalten, aber das hielt natürlich nicht. Jobmäßig konnte ich mich auch nicht gerade etablieren. Kitas und Hort gab es damals noch nicht und die Omas waren mir keine Hilfe.
Seitdem habe ich über 10 verschiedene Jobs gemacht, bin nebenbei Putzen gegangen, um den Kindern das Elternhaus zu erhalten. Meinen Mann habe ich ausgezahlt, die Schulden habe ich übernommen und da eine kleine Erbschaft von meiner Oma in dem Haus steckt konnte ich es halten.
Gott-sei-Dank habe ich schnell meinen jetzigen Mann kennengelernt. Der ist schnell bei mir und den Kindern eingezogen, hat mir Miete und Haushaltsgeld bezahlt und es lief gut.
Jobmäßig habe ich tatsächlich nochmal in einer Bank gearbeitet, das war allerdings nach so vielen Jahren Pause die absolute Hölle. Ich habe vom Arbeitsamt immer wieder Schulungen bekommen, die sehr gut waren. Ich habe mit Mitte 50 nochmal eine Ausbildung zum Versicherungsfachmann gemacht. Das gefiel mir aber nicht.
Inzwischen arbeite ich in der Buchhaltung einer Behörde. Den Job habe ich bekommen, weil ich eine Bankausbildung habe. Somit schließt sich der Kreis.
Ich liebe meinen Job. Obwohl er nicht wahnsinnig anspruchsvoll und auch nicht so gut bezahlt ist. Aber ich liebe meine Arbeit. Und das werde ich jetzt machen, bis ich in Rente gehe. Ohne Stress, zufrieden mit mir selbst. Ich kann, was ich tue und es ist ok. für micht.

17.11.2023 15:40 • x 5 #6


ZeroOne
Ein spannendes Thema, @ElfenWeide !

Zitat von ElfenWeide:
Arbeitet ihr, studiert ihr, macht ihr eine Ausbildung? Was/Welche? Wie gefällt es euch?


Zu Schulzeiten war ich eher indisponiert, um es wohlwollend zu formulieren...
Trotzdem hab ich irgendwie das Abi auf Anhieb geschafft und danach ist der Groschen auch gefallen: 2 abgeschlossene Ausbildungen (eine davon sogar im Traumberuf der Kindheit), 1 abgebrochenes (zum Glück kam zeitnah die Einsicht...) und ein abgeschlossenes Hochschulstudium.

Beruflich war ich später die meiste Zeit in einem Konzern tätig. Dort hab ich mich kreuz und quer entwickelt - auch einige Zeit in unterschiedlichen Ländern. Das schöne an den großen Buden ist, dass die Möglichkeiten fast unbegrenzt sind, wenn man sich ein wenig engagiert und durchsetzt.

Jetzt bin ich (noch) mein eigener Chef. Ich konnte mir nach einem Burn-Out und den langwierigen, psychischen Folgen nicht mehr vorstellen, in einem Angestelltenverhältnis in einem vordefinierten Hamsterrad nochmals hohl zu drehen. Zumal die Wiedereingliederungsmaßnahmen meines damaligen Arbeitgebers mehr als bescheiden waren.

Mal sehen, was als nächstes noch kommt, aber ich hoffe, nicht mehr so viel...

Es war nicht immer einfach und ich bin nicht nur einmal voll gegen eine Wand gelaufen. Aber meistens war es dann doch so, dass gerade die Tätigkeiten, die anfangs gar nicht rosig aussahen, sich im Laufe der Zeit zu Traumjobs mauserten, in denen ich mich dann auch gerne weiter entwickelte.

Für mich war immer wichtig, Alternativen zu haben: einen Plan B, C, ... Wenn ich erst etwas ausprobiert hätte, das abgebrochen und mir dann von Null Gedanken über etwas anderes gemacht und dafür wieder ewig Vorlauf benötigt hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht weit gekommen.
Ich hab mich auch in den Zeiten, in denen ich beruflich zufrieden war, trotzdem immer umgesehen, ob hinter dem Tellerrand nicht doch noch was besseres wartet.

Klingt vielleicht blöd, aber ich finde, dass das wie bei Facharzt-Terminen ist: einen zu vereinbaren, Monate zu warten, dann keinen befriedigenden Befund zu bekommen, um wieder bei Zero anzufangen, bringt nicht viel. Daher macht man Termine am besten parallel und sagt die überflüssigen im besten Fall wieder ab.

Wenn sich das mit dem Fachkräftemangel so entwickelt, wie prognostiziert, dann wird der Arbeitsmarkt wahrscheinlich bald noch interessanter.

Zitat von ElfenWeide:
Könnt ihr euch vorstellen, nochmal etwas anderes zu lernen?


Auf jeden Fall! Aber dann nicht mehr für Beruf und Karriere, sondern zur Selbstverwirklichung ohne finanzielle Notwendigkeit. Ich würde z.B. gerne noch etwas an einer U.S. Hochschule machen, z.B. den Ph.D. Aber darüber möchte ich erst in ein paar Jahren nachdenken (das muss sich dann ja auch privat vereinbaren lassen).

17.11.2023 19:45 • x 2 #7

Pfeil rechts




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag