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Warum gibt es manchmal keinen Therapieerfolg?

K
Hallo,

ich bin 35 Jahre alt.
Ich trage neben einer rezidivierenden Depression noch allerhand andere psychische Erkrankungen mit mir herum.

Meine erste ambulante Therapie habe ich mit 15 begonnen.

Ich war 8 Wochen lang in einer Akutklinik , einmal gut 3 Jahre und ca. 6 Monate in ambulanter Therapie.
Psychiatrisch bin ich schon ewig und drei Tage in Behandlung.

Ich habe eine Schwerbehinderung zugesprochen bekommen und bin bei einem Reserveantidepressivum angelangt, weil die gängigen Mittel nicht gewirkt haben.

Seit 2018 bin ich durchgehend krankgeschrieben.
Nach vielen Gesprächen mit meinem Arzt bin ich den Weg gegangen und habe eine EU-Rente beantragt.

Nun geht es für mich zur Reha, das ist für mich auch in Ordnung.

Mein Problem besteht aber mittlerweile darin, dass ich nicht mehr sprechen möchte.
Ich möchte nicht mehr alles hervorholen und meine Biografie erzählen, denn ich merke es wird bei jedem mal schlimmer.
Es wühlt mich auf, es nimmt mich mit, aber es hilft mir nicht.

Ich bin ein Mensch der alles zerdenkt, oft und viel zu weit denkt.
Woher meine Probleme kommen weiß ich, all die Sachen kann ich reflektieren, auch mich kann ich reflektieren.
Weiss wo ich wie und warum ich handle wie ich handle.

Atemtechniken, Skills, Entspannungsübungen…mir hilft das nicht, mich macht das verrückt und ich weiß nicht warum.
In der Akutklinik habe ich mich 7 Wochen auf die Muskelentspannung eingelassen und dann ging es nicht mehr, ich habe innerlich immer mehr Wut angestaut, es hat mich um den Verstand gebracht.

Die Arbeit mit dem inneren Kind, ich kann es nicht.
Ich sehe das kleine Mädchen und die schlimmen Dinge die passiert sind aber ich kann es nicht als erwachsene Frau an die Hand nehmen und sagen dass es nun in Sicherheit ist.

Warum hilft bei manchen Menschen keine Therapie, warum gibt es kein vorankommen?
Andere gehen zu ihren Sitzungen und fühlen sich nach jedem mal besser…ich kann das nicht verstehen…und ich bin ein Mensch der alles verstehen muss, ich benötige für alles eine Erklärung…und hier finde ich keine.

22.02.2023 10:41 • #1


Simimu
@Klexx

Hallo,

ich bin zwar erst seit letztem Jahr in ambulanter Therapie, aber ich merke jetzt schon, dass sie mir bisher nichts bringt. Bin aktuell auch auf der Suche nach einem neuen Therapeuten.

Mir wurde der Therapeut von einer Freundin empfohlen, bei der die Therapie geholfen hat.
Meine Probleme dagegen werden gar nicht angegangen, sondern banale Themen, die gar kein Problem sind.
Nach der Therapie fühle ich mich nicht besser.

Gerade nach meiner Mobbing Erfahrung im Job hab ich sehr auf die Therapie gesetzt.

22.02.2023 11:11 • x 1 #2


A


Hallo Klexx,

Warum gibt es manchmal keinen Therapieerfolg?

x 3#3


buddl1
... wenn alles so einfach erklärbar wäre,
dazu möchte ich dich etwas zurückbringen, in die menschliche und dann auch wahrscheinlich in deine Vergangenheit.
als das Feuer zum Menschen kam, nein er erfand es nicht, aber sehr wohl lernte er damit umzugehen, weil er daran glaubte und es eben nützlich für ihn sei.
als man seine ländlichen Grenzen fand und man glaubte, dass die Erde eine Scheibe ist,
nun ja, die Menschen wurden eines Besseren belehrt....
keiner konnte sich vorstellen je zu fliegen oder auf dem Mond zu landen und doch glaubten viele Menschen daran.
was in deiner Kindheit auch passierte, du konntest kaum den bewusst entfliehen, folgtest dem was gefordert oder auch nur so gesagt wurde. allein das das schon richtig sei, egal ob du es verstanden hättest oder einem falschen Glauben folgtest,
letztlich bestimmte, dass den Grundstein deines jetzigen Ichs.
ja, es gibt mehr therapieresistente Menschen als man diese zu zählen mag, sei es weil nicht alle damit ehrlich umgehen können oder wollen.
ursächlich ist es aber aus meiner Sicht so, dass wenn das Gegenüber, der Ansatz, Form und Inhalte nicht vollständig auf einen Menschen passen und selbst wenn,
letztlich in deinem Kopf muss dieses angenommen werden und selbst ohne deinen Körper geht es nicht.
wie vor 1000 Jahren, ohne den eigenen Glauben, den eigenen Willen, die eigene Geschichte verstehen zu können, diese abzuschließen, sich dem neuen den gegenwärtigen den zukünftigen seine Kraft zu widmen...
das kann dir keiner vorgeben, es muss letztlich von dir kommen,
es ist dein Weg, alles andere kann dich begleiten, unterstützen und ja auch auffangen...
buddl1,

22.02.2023 11:20 • #3


111Sternchen222
Hey, @Klexx welche Therapieformen hast du denn schon durch. Vielleicht hast du nur noch nicht die richtige gefunden...

22.02.2023 11:58 • #4


K
@111Sternchen222

Sowohl tiefenpsychologisch als auch verhaltenstherapeutisch

22.02.2023 12:45 • #5


K
@buddl1

Naja, so einfach ist das alles nicht.

Niemand hat mir einen Therapieplatz gesucht, niemand die Akutklinken abtelefoniert etc.
Ich würde mal vermuten, jenes macht man nicht, wenn man keinen Willen hat…aber Kraft dazu die habe ich nicht mehr, jedenfalls nicht mehr für unzählige Gespräche und überall fange ich von vorne an.

22.02.2023 12:49 • #6


Nuance
Du deutest schlimme Erlebnisse in der Kindheit an. Demnach scheint es triftige Gründe für Deine seelische Verfassung zu geben.

Mich würde ja interessieren, welches Reservemedikament Du bekommst.
Es gibt so vieles, was man probieren kann. Ketamin, Dopaminagonisten (Parkinsonmedikamente) und auch Opioide.

Schmerzbedingt nehme ich Opioide. Sie wirken so gut, dass sie nahezu notwendigerweise in die Abhängigkeit führen.
Denn für die Stimmungsaufhellung würde man die Dosis - bei täglicher Einnahme - erhöhen müssen.
Ich bin sehr vorsichtig, lehne Medikamente wegen Giftigkeit grundsätzlich ab. Ich nehme nur wenig und nur tageweise. Die Pausen sind dann extreme Stimmungstiefs. Abmildern kann man es durch Ausschleichen. Und bei niedriger Dosis ist der Schritt zu null mg ja recht nah.

Vor dem Hintergrund habe ich oft folgende Gedanken:
Ideal ist die Metapher mit dem halb-vollen und halb-leeren Wasserglas.

Ohne diese Medikamente - bzw. im Entzug/den Pausen betrauere ich nicht nur das halb-leere Wasserglas - sondern schon eines, dem ein kleines bisschen Wasser fehlt.

In diesem Zustand trauert/fühlt man alles Negative, was einem im Leben widerfahren ist. Man ist ihm gewissermaßen ausgeliefert. Versuche, an Positives zu denken, scheitern und verblassen im Vergleich zu dem Pech, dem Unglück, das einem begegnet ist. Und wenn man sich noch so sehr zwingt, an diese positiven Aspekte des Lebens zu denken, sich abzulenken, so gelingt dies allenfalls kurz. Und die Abwägung der Pros und Cons führt zu dem Ergebnis, dass die Cons, die Verletzungen stark überwiegen. Und selbst wenn es einem gelingt, kurz an Positives zu denken - man fühlt es nicht.

Unter Medikamenten ist es verschieden. Es kommt auf die Dosis an und auch auf die Länge der vorangegangenen Pause. Manchmal versetzen sie mich eher nur in die Lage, positiver zu denken/fühlen. So ändert sich dann alleine, Zuhause - ohne Begegnungen, Aktivität - nicht so viel.
Aber oft steigert sich der Antrieb und ich unternehme etwas, gehe zB in die Stadt. Ich habe bemerkt, dass ich dann oft mehr kaufe. Ich sehe eine Orchidee oder - zur Zeit - eine Hyazinthe - und empfinde ihre Schönheit...
Ich denke und fühle diese Verletzungen der Vergangenheit dann nicht mehr und werde durch Positives abgelenkt.
Und wenn ich an Negatives denke - so registriere ich das eher als Fakt - aber das sonst notwendigerweise (normale?) negative Gefühl ist allenfalls andeutungsweise zu spüren/fühlen.

Anders als andere Depressive würde ich nie sagen, dass ich gar nichts mehr fühle. Mein Leben ist dann eher eine - ewige - Trauerweide... Ich denke, einige meinen wohl auch nur die abhanden gekommenen positiven Gefühle.

Mein persönliches Abwägungsergebnis - ewige Deprimiertheit (aus guten, sehr nachvollziehbaren Gründen) oder ab und zu ein positiver Tag - trotz der Konsequenz von extremer Deprimiertheit beim Abdosieren - ist klar.

Mir helfen einige sonnige Tage. Sie geben mir Hoffnung, ich schöpfe Kraft.

Die gängigen Antidepressiva erhöhen die bekannten Neurotransmitter. Man findet auch wissenschaftliche Artikel, die vermuten, dass Depressive weniger Opioidrezeptoren haben und über Opioide nachdenken.
Dann die Theorie mit Gehirnentzündungen. So haben viele Allergiker Depressionen.
Die Ursachen sind sehr wahrscheinlich vielfältig.
Auch Kinder von Müttern, die in der Schwangerschaft geraucht haben - wie bei mir - sind u.a. Depressionen häufiger...

Irgendwie schwierig finde ich zudem, dass Depressionen nach schwerwiegenden Erlebnissen - insbes. in der Kindheit - normal bzw. zu erwarten sind. Und da es Teufelskreise gibt, haben viele ja gesellschaftlich - partnerschaftlich/beruflich/finanziell eine ausweglose Situation. Also auch irgendwie keinen wirklich überzeugenden Grund, glücklich oder auch nur zufrieden zu sein...

Trotzdem - es wäre natürlich fantastisch, wenn es Möglichkeiten gäbe, die diese vermuteten Veränderungen im Gehirn rückgängig machen können.

Ich würde nicht aufgeben. Es laufen Studien zur transkraniellen Magnetstimulation (TMS abgekürzt). Bald könnte es Kassenleistung sein.
Ganz Mutige entscheiden sich für die EKT ua mit dem Risiko Gedächtnisstörungen.
Und spontan muss ich an Menschen denken, die unfallbedingt Gedächtnisstörungen und danach eine völlig andere Persönlichkeit haben. Nicht immer zum Nachteil.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob man durch das ewige Erzählen schlimmer Erinnerungen irgendwann geheilt werden kann. Ich sehe auch das Problem, dass es alles aufwühlt.
Andererseits hat eine - gefährliche - Sekte damit scheinbar Erfolge. Jedenfalls konnte man in bildgebenden Verfahren nachweisen, dass die Gehirnareale nach endlosen Gesprächen über die Traumata allmählich nicht mehr so stark aktiviert waren.
Insofern stellt sich die Frage, ob es zu wenig Psychotherapie sein könnte und man auf halbem Wege zur Genesung plötzlich ohne Therapie ist.
Eine mögliche Lösung wäre dann, es aufzuschreiben. Z.B. in einem Tagebuch - immer und immer wieder. So oft man möchte, so ausführlich wie man möchte... Aber eben nur, wenn man spürt/fühlt - das man es überhaupt in dieser Form machen möchte.

22.02.2023 13:08 • #7


K
@Nuance

Ich nehme Tranylcypromin.
Es hellt meine Stimmung nicht auf, aber die Phasen in denen es mir nicht gut geht sind etwas abgemildert, ich falle damit nicht ins bodenlose.

Ich habe mich im letzten oder vorletzten Jahr in der Charité Berlin gemeldet, dort lief eine Studie zum Thema Gehirnentzündung, ich durfte daran aber leider nicht teilnehmen aufgrund anderer Erkrankungen.

Ich glaube und weiß, dass nicht jedes Erlebnis aus der Kindheit eine Depression auslöst.
Meine Depression hängt an einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Während einer laufenden Therapie habe ich einen Waschzwang entwickelt, der bis heute zu Gast ist.

Und diese drei Felder sind nicht die einzigen, aber das spielt ja auch keine große Rolle.

Briefe schreiben, verbrennen etc. das habe ich während der Zeit in der Akutklinik gemacht, aber es fühlt sich für mich nicht nach dem richtigen Weg an, es hat mich nicht weitergebracht.

22.02.2023 13:20 • #8


T
Hallo Klexx

Diese Frage habe ich mir auch oft gestellt.
Die einzig plausible Antwort die mir darauf einfällt ist, dass man etwas braucht was einem die Therapie nicht geben kann.
Traurig wenn man sich zu den wenigen Menschen zählt, bei denen dies der Fall ist.
Aber was will man machen?
Die Medizin ist nicht perfekt, und wird es wohl niemals sein.
Wenn man Glück hat, gibt es in ein paar Jahren neue Methoden, die einem besser helfen.
Bis dahin kann man entweder abwarten, oder versuchen etwas anderes zu finden.

22.02.2023 13:40 • #9


buddl1
Zitat von Klexx:
Naja, so einfach ist das alles nicht.

Niemand hat mir einen Therapieplatz gesucht, niemand die Akutklinken abtelefoniert etc.
Ich würde mal vermuten, jenes macht man nicht, wenn man keinen Willen hat…aber Kraft dazu die habe ich nicht mehr, jedenfalls nicht mehr für unzählige Gespräche und überall fange ich von vorne an.

ich wollte da nicht selbiges behaupten,
jedoch genau das passende zu finden ist kann ebenso unwahrscheinlich sein wie Lotto-spielen. auch bezweiflle ich deine Anstrenungen dahingehend auch nicht.
aber bei dem Versuch alles zu erklären, alles zu hinterfragen,
für viele es eben dann eine Odyssee werden kann.
ob es dann eine Option ist, hinzunehmen wie es nunmal jetzt ist. mit dem was möglich sein kann, leben zu können, dass muss jeder für sich entscheiden.
nur weil andere, mehr oder etwas anderes haben, oder erfahren haben,
jeder Lebensweg ist einmalig und mit keinenm anderen identisch.

dass alles wiederholt anzugeben ist, keiner auf das bisher erzählte sich berufen kann,
liegt sicher in der Natur der Sache und ja diese Kraft ist nicht unendlich...
buddl1,

22.02.2023 13:54 • #10


Bennyhuggi
Deine Texte, so empfinde ich das sind sind schwer zu lesen und zu verstehen. Du sprudelst nur so mit Worten. So recht weiß ich nicht was Du meinst

22.02.2023 14:01 • #11


K
@Bennyhuggi

Da magst Du recht haben, tut mir leid

22.02.2023 15:11 • #12


111Sternchen222
So wie ich das lese hast du mit deinen Therapeuten aber immer in der Vergangenheit rumgewühlt und das sollte bei einer Kognitiven Verhaltenstherapie eigentlich nicht im Vordergrund stehen
Es geht insbesondere darum, problematische Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und sie gezielt zu bearbeiten.
Hast du das denn in deiner Verhaltenstherapie gelernt?

22.02.2023 20:08 • #13


A


Hallo Klexx,

x 4#14


M
@Klexx es tut mir leid zu lesen, das so vieles bei dir nicht geholfen hat. Das Problem bei den verschiedenen Therapieangeboten ist ja, dass dies Bausteine und Techniken sind. In Prinzip benötigt jeder eine maßgeschneiderte Therapie, aber so ist unser Gesundheitssystem leider nicht strukturiert. Wenn alles bisher bei dir kaum geholfen hat, dann gebe die Suche nicht auf. Hast du schon Erfahrungen mit einer Familientherapie / Systemischen Therapie gemacht? Wie ist es mit Kunsttherapie? Sport? Selbsthilfegruppen?

22.02.2023 20:22 • #14

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