Veränderungen in der Partnerschaft nach der Depression

Anika
Hallo,
ich habe nun schon einige Zeit meine Depression überwunden und spüre das normal auf Auf und Ab des Lebens wieder.

Selbstwert, Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein sind durch die Therapie gestiegen und all das ist mir mehr bewusst, als jemals zuvor in meinem Leben. Ich mag mich (meistens ), so wie ich bin. Diesen Satz konnte ich mir fast 50 Jahre nicht sagen.

Mit meinem Partner habe ich mich immer schon viel gestritten, wobei ich aber aller meistens klein beigegeben habe um die Harmonie wieder her zu stellen. Wut und Traurigkeit habe ich hinunter geschluckt. Na ja, das war auch wohl EIN Grund mit für die Depression.

Nun streiten wir uns nicht mehr so oft. Wir machen auch eine Paartherapie zusätzlich. Aber WENN wir uns streiten, dann geht es richtig ab. Ich gebe ja auch nicht mehr klein bei, stehe zu meiner Meinung. Kann aber auch öfter mal sagen: Das ist meine Meinung und du hast halt eine andere Meinung. Fertig!
Ich habe auch noch Wunden, und wenn er da hinein sticht, dann bin ich auch erst mal verletzt und brauche Zeit, bis mir das klar wird, was da in mir abgegangen ist. Aber ich bin mir dann bewusst, was da passiert ist und arbeite dran.

Manchmal merke ich, dass mein Partner früher sehr viel Selbstsicherheit gezogen hat, aus meinem ewigen nachgeben. Er konnte sich dann als der Stärkere fühlen und das ist nun nicht mehr so. Ich denke, er hat auch kein allzu grosses Selbstwertgefühl. Manchmal zweifel ich, ob das Liebe ist, was uns verbindet?

Wie hat sich eure Partnerschaft verändert nach der Depression? War da plötzlich Friede, Freude , Eierkuchen oder gab es auch Probleme, weil IHR euch verändert habt? Was hat sich verändert?
Ich würde mich über einen Austausch freuen, auch um uns gegenseitig zu stärken.

Ich weiss, dass es ein Partnerschaftsthema ist und ich habe überlegt, wo es hin gehört. Aber da es NACH der Depression ist, habe ich es mal hier hin gepostet.
Falls es woanders hin soll, bitte verschieben

Grüsschen von Anika

04.02.2010 18:16 • #1


S
hallo,

das ist sehr interessant; auch wenn meine antwort nicht 100% passen sollte......habe die erfahrung gemacht das ich durch mein ewiges ja-sagen und meinem starken harmonie bedürfnis stets in passiv-rollen befördert habe. manchmal bekomme ich das gefühl das meine partnerschaften und freundschaften aber auch arbeitsverhältnisse nur durch mein passives verhalten möglich waren. das führt mich auch zu dem gedanken ob es in der partnerschaft dann doch nicht liebe war oder doch nur ein passender begleiter..... . nach 2 therapien u.a. auch wegen Depressionen hatte ich ein wenig selbstvertrauen erlangt, und meine mitmenschen hatten nicht schlecht gestaunt das ich nicht mehr wirklich jeden blödsinn mitmache. besonders meine langjährige partnerin hatte derzeit nicht das geringste verständnis für meine kritiken und einwände (z.b. konnte sie es nicht verstehen das ich nicht mehr sonntags kostenlos für ihre eltern arbeite - die hatten gerne in notfällen auf mich als kostenlosen helfer in ihrem betrieb zurückgegriffen, ; schliesslich war ich ja der schwiegersohn und zahlender mieter in ihrer immobilie ;-))---- in der beziehung hat es dann dahin geführt das ich aus der gemeinsamen wohnung raus bin weil ich erkannte , das ich an dieser stelle keine chance mehr hatte. sie kannte mich ja als krankheitsbedingt problemhaften menschen der nun auch noch nein sagen konnte. daran konnte ihr selbstbewusstsein nicht mehr wachsen.

05.02.2010 20:54 • #2


A


Hallo Anika,

Veränderungen in der Partnerschaft nach der Depression

x 3#3


Anika
Hallo strooper,
ein bisschen ähnlich ist es ja schon.

Ich denke manchmal, dass der Partner (die Partnerin in deinem Fall) irgendeinen Nutzen hat von diesem sich klein machen, dem ständigen Ja-sagen und im Endeffekt auch von der Depression des anderen. Es ist wirklich nur eine Vermutung: Wenn beide irgendwo ein Selbstwertproblem haben, dann versucht man ja, unbewusst wahrscheinlich, sein Selbstwertgefühl zu erhöhen. Sich besser und stärker zu fühlen. Und das geht ja recht gut mit Hilfe eines Partners, der sich duckt. Und so kämpfen beide um die bessere Position. Jeder auf seine Art.

Und der Partner, der schwächer ist, oder bei dem dann noch andere Faktoren dazu kommen, z.B. war es bei mir mein Beruf, wird womöglich irgendwann depressiv. Und dann ist man ganz schwach und abhängig. Der gesunde Partner ist mit dieser Entwicklung gewiss nicht glücklich, denn nun muss er Rücksicht nehmen. FALLS erkannt wird, dass es sich um eine echte Krankheit handelt! Oder kann er sich auch ganz unbewusst in der Rolle des Wohlwollenden und Helfenden gut fühlen?

Ich glaube, da kommt dann auch oft der Spruch: Ich wünsche mir, es wäre wie früher! Aber wie früher darf es ja nicht mehr sein, denn das hat ja in die Depression getrieben.

Wenn nun der depressive Partner eine Therapie macht und seine eigenen Muster erkennt und langsam aus dem Loch krabbelt. Das Selbstwertgefühl steigt und man lernt, seine Bedürfnisse kennen und auch aussprechen, dann gerät das Ganze ja ins wanken. Es ist nicht wie früher, denn der gesunde Partner hat kein leichtes Spiel mehr, um seine Selbstwertgefühl auf angenehmen Niveau zu halten.

Und dann denke ich, dass die Beziehung nur noch funktionieren kann, wenn der gesunde Partner bereit ist, auch seine Probleme anzugehen oder bereit ist, die Muster zu erkennen und mit arbeitet, diese zu ändern. Denn sonst kommt da nur ein fürchterlicher Hahnenkampf bei heraus oder einer von beiden wird wieder depressiv.

Ich merke, dass bei mir und meinem Partner wunde Punkte bestehen, die jeder beim anderen ziemlich leicht trifft. Bei mir ist das unter anderem: Du bist überflüssig. oder: Du bist faul und dumm. Und das kommt mir dann als automatischer Gedanke bei Äusserungen meines Partners. Manchmal ganz banalen. Dann reagiere ich ärgerlich. Ich kann dann nach einigem Nachdenken sagen: Ich war verletzt, weil da mal wieder dieser oder jener wunde Punkt berührt wurde. Und mit den Methoden aus der Therapie, kann ich meine belastenden Gedanken in gute Gedanken ändern. Das braucht Kraft und Zeit!

Umgekehrt ist es aber auch so. Mein Partner fühlt sich durch Äusserungen verletzt, obwohl ich den Grund gar nicht erkennen kann. Er kennt seine wunden Punkte gar nicht. Ist auch nicht bereit, da mal nach zu schauen, sondern kämpft ums Recht haben, manchmal auch jähzornig. Und ich bin keine Therapeutin, die da die Aufgabe hat, wunde Punkte zu suchen. Wenn ich damit anfange, dann dreht sich in meinem Kopf wie früher ALLES nur um meine Partnerschaft und beeinträchtigt meinen Broterwerb und meine Erholungszeit.

Wir machen eine Paartherapie und doch kämpft er darum, dass er im Recht ist. Oder er jammert, dass er leidet, weil alles nicht mehr wie früher ist, macht sich Schuldgefühle und ich habe dann Sorge, dass ER nun depressiv wird.

Das macht mich dann wieder schwach und ich fühle mich schuldig. Ein besch.... Teufelskreis!! Und ich habe grosse Angst, wieder depressiv zu werden.

Der Gedanke macht mir Sorge, dass mein Partner ganz unbewusst ein gewisses Interesse daran haben könnte, dass ich mich wieder klein mache, ducke, schuldig fühle und depressiv werde.

Strooper, das war bestimmt keine leichte Entscheidung von dir, auszuziehen, aber bestimmt die richtige.

Ich würde das nicht schaffen!

Grüsschen von Anika

08.02.2010 13:41 • #3


F
Hallo, Anika, beim Lesen fällt dieser Machtkampf sofort auf. Ihr macht Paartherapie. Du schreibst, dass er seine wunden Punkte nicht kennt. Woher auch, wenn er nicht genauso wie du, gelernt hat, sich so zu reflektieren, wie du es hier grad tust. Du hast sehr viel geschafft, das liest man. Und ganz oft findet man dann dieses Ungleichgewicht, der eine entwickelt sich weiter, der andere bleibt stehen. Wie steht dein Partner dazu, selbst eine Therapie zu machen? Da er ja schon eine Paartherapie macht, fände ich das eine gute Lösung, damit er evtl. noch etwas für sich machen kann.

LG
Angelika

08.02.2010 17:40 • #4


S
Hallo Anika,

ich habe mich jetzt doch entschieden, deinen Thread hierher zu verschieben, da es sich eindeutig um eure Partnerschaft handelt.

Alles Gute für euch.

Serafina

08.02.2010 17:45 • #5


Anika
@Serafina: Ja, wo ich heute am schreiben war, dachte ich auch, dass es besser unter Partnerschaft passt. Danke, dass du den thread verschoben hast.

Hallo Angelika,
danke, dass du gelesen hast. Habe gedacht, ich hätte furchtbar kompliziert geschrieben

Während der abklingenden Depression hatte ich ihm das mal als Bedingung gestellt. Als die Machtkämpfe für mich fast unerträglich wurden. Entweder, er macht eine Therapie oder ich kann so nicht mehr mit ihm zusammen leben. Er suchte sich eine Therapeutin und hat dann im letzten Moment abgesagt. Er meint, dass er das nicht nötig hat, und das wäre ja auch so teuer, aber er gibt auch zu, Angst zu haben, was da alles ans Tageslicht kommen könnte. Der letzte Punkt ist wohl ausschlaggebend. Obwohl es in seinem Leben sicher nichts furchtbar belastendes gab, so weit ich das überblicke.

O.k. Dann haben wir uns für eine Paartherapie entschieden. Wenigstens etwas. Ich habe ihm auch angeboten, dass er alleine zu dieser Therapeutin gehen kann, wenn er möchte.

Aber er will nicht!

Ich kann ihn nicht zwingen und kann einfach nur versuchen, für mich selber gut zu sorgen. Leider spüre ich, dass ich mich innerlich entferne. Das finde ich auch irgendwie traurig. Vielleicht sollte ich das in der nächsten Sitzung mal ganz deutlich aussprechen. Das nehme ich mir jetzt mal vor.

Ist gut, dass ich mir das hier von der Seele schreiben kann.

Liebe Grüsse von Anika

08.02.2010 20:29 • #6


S
hallo anika,

ich finde auch das du eine sehr gute beschreibung der situationen abgegeben hast. der kampf um gleiches recht gehört zum leben und selbst der allerkleinste herrscher kann zerbrechen wenn er seinen thron abtreten muß, besonders wenn er an den bisher unterdrückten geht. bei meiner partnerin hatte ich ein ganz schauriges gefühl als ich irgendwann versuchte zu verstehen warum sie sich mir gegenüber so seltsam verhielt. sie versucht es wirklich jedem menschen auf dieser welt recht zu machen, ist immer freundlich und kann sich nirgends durchsetzen (mag mir garnicht ausmalen was sie alles so hat über sich ergehen lassen ohne das ich es mitbekommen hatte) , bei mir hatte sie aber keine gelegenheit ausgelassen, ärger und frust abzuladen und sowieso herrscher über meine zeit und gefühle zu sein. es hat mich wirklich sehr traurig gemacht wenn sie sogar den eisverkäufer so nett und freundlich begegnete wie einem langvertrauten freund und im nächsten moment mich wie luft behandelte oder einen verächtlichen blick entgegenwarf. das zerstört das selbstvertrauen vollends. immer wenn ich versuchte in starken zeiten auszureissen, lief sie mir hinterher. selbst heute zwei jahre nach dem auszug bietet sie mir noch an wieder einzuziehen. das muss man sich mal vorstellen. an dieser stelle erkennt man das von dir beschriebene mangelde selbstvertrauen des partners.---wie soll man sich jemanden unterordnen der sich selbst an unterster stelle platziert? da ist doch kein platz mehr

von anderen menschen mit problemen hatte ich gelernt das es sogar legitim ist den kontakt zu einem anderen menschen unverzüglich und komplett abzubrechen, ganz ohne erklärung; auch wenn es den anderen ganz arg verletzten mag. die nannten das denn selbstschutz. ich finde das zwar richtig blöd-aber scheint effektiv zu sein. zu meiner freundin hätte ich den kontakt auch vollends abgebrochen wenn wir nicht einen sohn im grundschulalter hätten. die familie an sich war mein größter halt meiner situation; dies hatte sie sich scheinbar zu nutze gemacht mich zu unterdrücken. ----die familie zu verlassen war ein wirklich sehr großer, schwerer schritt mit viel schmerz da ich ja auch nciht wie andere menschen die möglichkeit habe mich in meine arbeit zu stürzen. es ist aber ein großer befreiungsschlag aus der schusslinie zu kommen und die auferlegten pflichten abstreifen zu können. die hahnenkämpfe , so wie du es treffend beschreibst haben sich um etwa 85 % reduziert. sie schafft es heute noch manchmal mich per telefon zu manipulieren weil sie sonst wirklich niemanden hat mit dem sie das machen kann.
(es scheint in ihrer familie zu liegen: ihre schwester ist erst 23 , diese hat inzwischen 4 feste partner nacheinander runiert, alle 4 jungen männer waren nach iher gemeinsamen zeit psychicsh fertig und ihre feste arbeit los; ihr jetztiger hat grade den führerschein verloren und hat seinen job gekündigt) was ich damit bestätigen will ist das man als schwacher mensch wirklich seine energie für den broterwerb benötigt und ganz schnell statt einer starken schulter, einem weggefährten , eher einem blutsauger oder energievampir in die arme läuft. ---für mich habe ich entschieden ausschliesslich für mich selbst und allein zu entscheiden. einen gemeinsamen weg mit einem fremden wird es nicht mehr geben und diese erkenntnis habe ich mir durch viele andere bestätigen lassen , insbesondere vom schwachen geschlecht.

in diesem sinne kann ich jedem empfehlen ein klein wenig egoistischer zu werden und das thema partnerschaft auf platz 2,3 oder 4 zu verbannen da ich davon ausgehe das unsere eltern uns auf die welt gebracht haben um glücklich zu sein und nicht um andere glücklich zu machen....

09.02.2010 11:16 • #7


F
Liebe Anika,

ich habe auch oft Stress damit, dass ich meine, was ich schreibe, von anderen nicht verstanden wird. Heute grad fällt es mir auch ganz schwer, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Trotzdem würde ich dir gerne antworten.

Ich kenne es aus eigener Erfahrung und hier im Freundeskreis, wie es sich anfühlt, wenn sich jemand weiter entwickelt und der andere stehen bleibt. Manche haben ihre Partnerschaft beendet und sind munter und mutig ihren Weg vorangegangen, um sich den Abenteuer des Lebens zu stellen (u. a. ich) und andere, die halt mit ihrem erworbenen Wissen trotzdem Partnerschaften fortführten.

Ein Partner kann auch von dem anderen, der Therapie macht, vieles lernen. Ich z. B. lernte einen Mann kennen, der mich nahezu aussaugte, wenn ich von meinem Leben erzählte. Ihn faszinierte das. Ohne jetzt abzuschweifen, warum und weshalb ich von ihm erzähle, er ist heute mein Ehemann. Ich dachte eine Zeit, er müsse auch unbedingt in Therapie, um mit mir mitzuhalten. Ich war eine Zeit lang der Meinung, dass JEDER Therapie machen sollte, um zu verstehen, warum er wie handelt/e im Leben. Damals waren untherapierte Leute mir ein Graus. Heute sehe ich das aus anderen Augen.

Bei meinem jetzigen Ehemann stellte ich dann fest, dass er manches, was ich erzählte, auch für sich nutzen konnte. Darüber sprach ich dann mit meiner Therapeutin und sie sagte mir, dass nicht jeder Therapie machen müsse, sondern man ja auch voneinander lernen könne. Ich hatte meinen Mann damals als sehr selbstbewußt (er ist Geschäftsmann) kennengelernt, ich mußte nicht mehr die Starke für jemanden sein. Ich durfte Schwächen zeigen, klein sein.

Irgendwann stellte ich natürlich auch fest, dass er seine Unsicherheiten hatte.

Darüber sprachen wir dann und tun das auch heute. Und stützten uns dann gegenseitig mit unserem Wissen, unserem Erlebten. So kann man dann auch eine Partnerschaft entspannter angehehn. Ich kann ihn z. B. auch gut lassen, wenn er auf einmal so ganz anders reagiert, wie ich das für mich bräuchte. Und stelle fest, dass ich auch oft sehr gelassen mit uns umgehen kann.

Das braucht jedoch auch eine Entwicklung.

Ich habe für mich festgestellt, je gelassener ich mit mir umgehe und das nach außen vertrete, um so glaubwürdiger bin ich für mein Gegenüber. Auch für den jenigen, der mich bekämpfen will. Das erlebe ich auch zuweilen. Mit diesem für mich glaubwürdigen Auftreten nehme ich dem anderen die Zweifel an dem, was ich tu. Puuuuh, ich glaube, jetzt habe ich mich da in ein Gefühl reingetippt, was ich nicht so transportieren kann, wie ich das jetzt grad würde, damit es verständlich ist.

Dein Mann hat sicherlich Angst, etwas für sich zu tun, weil er evtl. Angst vor Veränderungen hat, weil er sein gewohntes Dasein nicht aufgeben will. Das ist ja auch verständlich. Es ist anstrengend, etwas im Leben zu verändern. Du schreibst, er will nicht. Dass ihr jedoch die Paartherapie macht, ist doch schon ganz viel. Vielleicht erkennt er irgendwann, dass es etwas ändern SOLLTE. Dieses ERkennen braucht aber so viel Zeit, ich weiß das aus eigener Erfahrung.

Letzt endlich sage ich mir dann immer, dass ICH die Entscheidungen treffen muss, wenn es mir mit irgend etwas nicht gut geht.

Und manchmal hilft es wirklich, wenn man sich mal was von der Seele tippen kann und die Sichtweise anderer wahrnimmt.

Ich wünsche dir viel Kraft für das Kommende.

Angelika

09.02.2010 13:18 • #8


Anika
Hallo strooper, Hallo Angelika,
Es ist wirklich gut, die Sichtweisen anderer kennen zu lernen. Menschen, die an sich gearbeitet haben, das immer noch tun und sich ganz bewusst für einen Weg entscheiden haben. Das erweitert meinen Horizont und ich kann meine Situation anders und mutiger beleuchten und auch anders sehen. Danke, strooper und Angelika, für eure Offenheit.

Es ist gut, zu wissen, dass das Leben nach einer Trennung weiter geht und auch noch Schönes passieren kann. Ich bin ja über zwei Jahrzehnte mit meinem Partner zusammen und dann denke ich oft, dass ich das nicht so über Bord schmeissen sollte.

Ich würde gerne das Thema Partnerschaft an 2. oder 3. Stelle in meinem Leben verweisen, aber das ist gar nicht so einfach. Ich denke und grüble fast ständig über meine Partnerschaft nach und das kann ja nicht o.k. sein. Da ich aber weiss, dass es im Zusammenhang mit meiner Depression ein wichtiger Punkt ist, bearbeite ich das nun. Ich neige ja zum flüchten, wenn etwas schwierig wird. In dieser Sache möchte ich mich aber ganz bewusst entscheiden, denn eine vorschnelle Flucht könnte im Nachhinein noch viel schlimmeres Grübeln verursachen, denk ich.

Was ich fest gestellt habe, ist, dass der ganz normale Alltag recht gut funktioniert. Da sehen wir uns auch eher wenig und haben Rituale, wo es kaum zu Streit kommt. Da sind die Rollen gut verteilt.

Wenn wir aber etwas zusammen unternehmen in der Freizeit, dann wird es problematisch. So bald wir mehr Zeit zusammen verbringen, kommt es ganz sicher zu Konflikten. Ich habe das mal beleuchtet und stellte fest, dass wir kaum gemeinsame Interessen haben. Und wenn da ein gemeinsames Interesse ist, wenn wir zusammen etwas unternehmen, dann haben wir sehr unterschiedliche Vorstellungen, wie das ablaufen soll.
Wir haben z.B. ein gemeinsames Hobby. Er ist mutiger und ich ängstlicher. Ich habe einen Weg gefunden, mit meinen Ängsten im Hobby umzugehen und Spass zu haben. Er gibt mir dann oft zu verstehen, dass ER auf mich Rücksicht nehmen muss. Macht mir Vorwürfe. Oder sagt, ich müsse meine Ängste überwinden, denn ich würde ihn einschränken. Und als Gipfel hin und wieder, dass ich gar keine Ängste hätte, sondern nur so tun würde, um ihn zu ärgern. Mittlerweile mache ich dann lieber alleine, denn ich mag nicht gerne abgekanzelt werden in meiner Freizeit. Für ihn ist das aber schon wieder ein Unding, dass ich alleine machen möchte. Ich würde gerne meine Ängste überwinden, das sag ich ihm auch, aber das geht nun mal nicht hopplahopp und schon gar nicht, wenn man sich unter Druck fühlt.

Und so ist das bei vielen Sachen. Unsere unterschiedlichen Vorstellungen, was Spass macht, gebären quasi die Streitereien. Und mir ist beim Nachdenken auch bewusst geworden, dass er es dann allermeistens so darstellt, als wenn ER eingeschränkt wird und ER Rücksicht nehmen muss.
Das empfindet er sicherlich so. Das ist seine Wahrheit. Das ist seine Sichtweise. Und leider fühle ich mich dann auch zu schnell, als der Hemmschuh, als das Hindernis und die Spassbremse.

Dann denke ich: Es passt einfach nicht! Es passt nicht zwischen uns. Er Hü. Ich Hott. Er schnell. Ich langsam. u.s.w.

In den letzten Tagen habe ich auch deutlich wahr genommen, wie schwer es mir fällt, zu sagen, was ICH WILL. Ohne wenn und aber. Ich zweifel dann an meinen Rechten. Denke, ich habe kein Recht, etwas wirklich zu wollen. Mir kommen dann richtig Ängste hoch und auch körperliche Symptome. Sodbrennen, Verspannungen, Zittern. Das ist mir erst in den letzten Tagen so deutlich bewusst geworden. Ich habe das verdrängt und bin dem Satz aus dem Weg gegangen: Ich will. Ich habe das Recht und das fordere ich, egal, was passiert.

Wobei ich sehr wohl sagen kann: Ich will nicht!

Und da ist vielleicht auch ein Knackpunkt. Er will! Ich will nicht! Hü und Hott. Ich bin in der passiven Rolle.

So, jetzt schicke ich das erst mal ab. Sonst wird das zu viel und zu verworren.

Grüsschen von Anika

11.02.2010 13:02 • #9


F
Zitat von Anika:
Und als Gipfel hin und wieder, dass ich gar keine Ängste hätte, sondern nur so tun würde, um ihn zu ärgern.


Wieder kann ich mich nicht gut konzentrieren, aber dieser Satz sprang mir sofort ins Gesicht. Mein Exmann sagte mir mal, als ich mich entschieden hatte, mich von ihm zu trennen, jedoch noch unser gemeinsamen PKW nutzte und damit einen Unfall baute, dass ich das extra gemacht hätte, um ihn zu ärgern. Im Laufe des Rosenkrieges, aus dem ich mich nicht entziehen konnte, hat er genau diesen Satz oft gebraucht ... um ihn zu ärgern. Das ging auch so weit, dass er mich vor den Kindern als Sozialschmarotzer bezeichnete und als jemand der sich Krankheiten anliest, um sie zu verwenden, um ihn zu ärgern.

Kann es sein, dass dein Mann durch sein Können, was bestimmte Dinge angeht, unglaubliche Macht ausüben MUSS, um sich groß und stark zu fühlen?

Ich reagiere mittlerweile auf so ein Verhalten sehr extrem. Sobald mich jemand so behandelt, wie du es beschreibst, kann ich oft sofort entgegenwirken und frage den anderen, warum er dieses Verhalten mir gegenüber gerade brauche.

Ich glaube nach wie vor, dass dein Mann deine Veränderungen sehr stark spürt und nun andere Wege versucht, statt mit dir gemeinsam einen Weg zu beschreiten.

Ich lese da nach wie vor Angst heraus vor der Veränderung, weil er der Veränderung nicht Stand halten kann. Er will dich nicht so. Er will dich anders, so, wie früher, als alles augenscheinlich noch gut war. Als du noch so funktioniertest, wie er es brauchte. Und ich glaube, selbst wenn du ihn mit diesen Tatsachen konfrontieren würdest, würde er vielleicht spüren, dass es so ist, es aber nicht zeigen. Denn er muss in diesem Spiel seine Rolle inne halten, und will aus irgend welchen Gründen dir nicht entgegen kommen. Ist also nix mit in guten wie in schlechten .... Ich wußte auch immer im Vorfeld, wann es bei uns knallte. Es gab kein Entkommen aus dieser Situation. Ich mußte irgendwann handelt, weil ich nicht mehr aushielt ...

Und finde es so schade, dass Partner manchmal nicht den Mut haben, dies zu erkennen. Das aber widerum hat mit ihrer Geschichte zu tun und ihrer Wahrheit um ein Thema.

Die Frage ist, warum er sich dir gegenüber so aufpumpen muss. Es liest sich wie ein Abstrafen ...

Mein Exmann geht so weit, dass er in seine verqueren Wahrheiten, die er penetrant vertritt, auch unsere gemeinsamen Söhne mit ein bezieht. Diese haben sich schon lange von ihm abgewandt. Bei uns passieren Sachen, wo andere, denen wir davon erzählen, nur ungläubig den Kopf schütteln. Niemand versteht das Verteidigen dieser Wahrheiten. Für meinen Exmann sind wir drei mittlerweile Feindbild.

Er sagte mal, dass er all die Sachen, die er gemacht hat und Worte, mit denen er uns zu tiefst verletzte, seine Mißachtung, seine Zerstörungswut und zuweilen körperliche Übergriffe nur passierten, weil ICH die Schuld trage. Ich trage die Schuld daran, dass er so ist, wie er ist. Ich trage die Schuld daran, dass er so geworden ist. Ich hätte das alles in ihm ausgelöst. Ich trage die Schuld. Bis zum jüngsten Gericht ...

Ich würde gerne noch mehr tippen, habe aber auch Bedenken, dass ich mich zu weit aus dem Fenster lehne. Ich merke gerade wieder diese unbändige Wut auf meinen Exmann, die ich nach wie vor brauche, um mich und meine mittlerweile erwachsenen Söhne zu schützen.

Pass weiterhin gut auf dich auf. Du machst es gut, wie du die Situationen einschätzt. Ich lese einfach immer daraus, dass du schon ganz viel für dich geschaffst hat. Mach weiter so ... (vielleicht gibt es ja für euch beide doch irgendwo, da ganz hinten am Horizont, einen anderen Weg, vielleicht erkennt er irgendwann ...)

LG
Angelika

11.02.2010 14:10 • #10


Anika
Hallo Angelika,
oh je, ich hoffe, dass ich in dir nicht zu viele negative Erinnerungen wach gerufen habe. Manchmal sind das wirklich kleine Sätze, die einem da irgend was in voller Wucht hoch kommen lassen.

Ich denke, auch mein Partner hat ein geringes Selbstwertgefühl, denn sonst bräuchte er ja dieses ständige Aufpumpen nicht. Wenn ich ihm dann sage, dass nicht nur ich dieses Problem habe, sondern ich vermute, dass das bei ihm ähnlich sein könnte, dann wehrt er ab. Er fühlt sich völlig in Ordnung. Was soll ich dann sagen? Ihm was einreden möchte ich nicht. Es ist ja sein Leben.

In der letzten Therapiestunde meinte er, es wäre alles schön und in Ordnung. Wir hätten uns ein Mal gestritten, aber er hätte das schon vergessen. Er gab zu, manchmal Spass an Streits zu haben und diese auch zu provozieren. Wobei er es so deutete, dass ICH ihn provoziere und er dann Spasseshalber darauf einsteigt. Er stellte das so lächerlich dar. Wenn ich mich an die Streitereien erinnere (es waren auch mehr als einer), dann hatte ich eher das Gefühl, es gehe bei ihm um Leben und Tod. Aber wer weiss, vielleicht habe ich ja auch eine verzerrte Wahrnehmung.

Ich habe in der Paartherapie gesagt, was mich belastet. Dass ich oft meine Bedürfnisse nicht aussprechen mag. Dass ich festgestellt habe, dass öfter mal meine wunden Punkte berührt werden, ich nun vermehrt darauf achten würde und dass ich mir wünsche, mein Partner würde bei sich mal schauen, wo seine Punkte seien, damit er nicht gleich so ausrasten muss und ich auch Rücksicht nehmen kann. Und dass ich sehe, dass der normale routinierte Alltag gut läuft, aber wenn wir etwas zusammen unternehmen, dass es dann sehr schnell kracht.

Und dann fiel mir auf, dass die Therapeutin gar nicht richtig darauf eingeht. Sie hält dann lange Monologe und sagt irgendwie jedes Mal das gleiche. Wie ein Selbsthilfebuch. Vor allem immer wieder, dass wir die Vergangenheit vergessen müssten. Das ist auch richtig. O.k., vergesse ich die Vergangenheit und schon am nächsten Tag geschehen wieder die gleichen Dinge, wie in der Vergangenheit. Ich gebe mir wirklich Mühe, jeden Konflikt als Einzelfall zu betrachten und mich nicht in diesen Vergangenheitssog runter ziehen zu lassen, was mir mal besser, mal schlechter gelingt. Je nach Konflikt.

Ich habe mir jetzt einfach fest vorgenommen, so wie strooper schrieb, dass ich meine Beziehung auf einen hinteren Platz verbanne. Hinter Dingen, die mir wirklich wichtig sind. Darum bemühe ich mich nun erst mal.
Und ich versuche, meine Bedürfnisse auszusprechen und sage mir: Was kann mir schon passieren? Nichts!
Und ich werde weiterhin genau beobachten, wo meine wunden Punkte sind, wann sie berührt werden und wie ich das schneller erkennen kann, ehe ich traurig oder wütend werde.

Und ich versuche, meinem Partner vermehrt aktiv Anerkennung zu geben, und nicht erst, wenn er danach schreit. Diese kleinen Alltäglichkeiten zu bemerken und ein Danke zu sagen, ohne Wenn und Aber. Wenn ich das so empfinde. Mal schauen, was passiert.

Denn bei ihm stelle ich fest, dass er fast immer ein ABER in der Tasche hat. Egal, was ich mache, es kommt aller meistens ein Aber. Das ist sehr demotivierend.

Und wenn die nächste Paartherapie wieder so läuft, dass vor allem die Therapeutin Monologe hält, dann denke ich, ist das raus geschmissenes Geld. Für sie ist es natürlich auch nicht leicht, wenn da der Mann sitzt und sagt, für ihn sei eigentlich alles in Ordnung und daneben die keifende Ehefrau, die in allem ein Problem entdeckt.

So ,genug geklagt. Jetzt gehe ich in den Tag und tue das, was MIR wichtiger ist.

Grüsschen von Anika

15.02.2010 10:52 • #11


M
Hallo Annika und alle anderen,
ich finde diese Diskussion hier sehr interessant. Vor allem wie sich bestimmte Partnerschaftsmuster in Beziehungen mit einem Depressiven wiederholen.

In meiner Ehe war auch ich die Depressive, die Passive, die Nachgiebige. Als ich in meiner Therapie dann auch endlich das Thema Partnerschaft anging, wurde ich zeitweise richtig wütend auf meinen Mann bei der Erkenntnis, wie sehr er von unserer Ehe profitierte und wie sehr ich darunter litt. Es gab Momente, da wollte ich nicht mehr mit ihm zusammenleben. Ich hielt es für sehr zweifelhaft, dass er sich an die neue Frau an seiner Seite gewöhnen würde. Denn ich habe mich durch die Therapie sehr verändert. Ich bin viel selbstbewusster geworden und kann sehr deutlich und bestimmt formulieren was ich möchte und was nicht.

Anfangs sind dann auch bei mir und meinem Mann die Fetzen geflogen. Zeitweise hat er versucht, mich ins Lächerliche zu ziehen, zu meinen, ich würde jetzt übertreiben. Erst als ich ihm ernsthaft und mit voller Überzeugung die Trennung anbot, hat er den Ernst der Lage wirklich begriffen. Gut vorbereitet durch meine Therapie konnte ich im deutlich machen, in welchem Ungleichgewicht sich unsere Ehe befindet. Auch habe ich gelernt, eine Situation genau zu analysieren und beispielsweise im Streit zu erkennen, ob ich mich jetzt wirklich über die Sache ärgere oder emotional angegriffen bin, weil alte Muster aus früheren Zeiten zum Tragen kamen. Meistens gelingt es mir dann, das Thema auf den Punkt zu bringen und meinem Mann ganz klar zu sagen, was ich von ihm will. Mit dieser klaren Ansage kann er umgehen, er nimmt es an und bemüht sich um Verbesserung.

Dieses ständige Bemühen seinerseits hat mich bisher von dem Gedanken abgehalten eine Paartherapie zu machen, ist aber eine Option, die ich mir immer noch offen halte. Denn manchmal hört mein Mann besser auf das, was andere ihm sagen, als wenn es aus meinem Mund kommt. Aber noch läuft es so ganz gut. Wir haben 2 Kinder, leben schon 16 Jahre zusammen, das schmeißt man nicht einfach weg. Und ich merke, dass es sich lohnt, den unbequemen Weg zu gehen.
Ich möchte nicht mehr klein bei geben um Streit zu vermeiden, ich fresse den Frust nicht mehr in mich hinein, sondern lasse ihn raus. Das hat schon so manchen in meiner Familie ein wenig erschreckt , zeigt aber nachhaltig Wirkung.

15.02.2010 13:00 • #12


Anika
Hallo und guten Morgen,
es tut gut, zu wissen, dass andere in ähnlichen Situationen steckten und es Schritt für Schritt schaffen, sich daraus zu befreien. Und es geht. Ich finde das so schön zu lesen, dass es funktionieren kann.

Mir fällt immer wieder auf, und nach deinem Beitrag, Missi, noch mal ganz deutlich, dass das bei mir auch ein grosser Knackpunkt ist. Zu sagen, was ICH will. Meine Bedürfnisse zu äussern. Klar und unmissverständlich. Und auch dabei zu bleiben. Manchmal sogar kompromisslos!
Ich bekomme schon bei der Vorstellung körperliche Symptome. Und das bezieht sich nicht nur auf die Partnerschaft. Das durchzieht mein ganzes Leben.

Und heute Morgen, als ich in mein Tagebuch schrieb, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Mir wurde bewusst, wie oft er Rücksicht nimmt, aus seiner Sicht. Bzw. er äussert, dass er Rücksicht auf mich nehmen muss. Er WILL irgend was. Er äussert seine Vorstellungen und Wünsche frei heraus und ich reagiere. Ich agiere nicht, ich reagiere. Und aus diesen Situationen sind viele viele grosse Streits entstanden, die alle Lebensbereiche betreffen.

Und dann fange ich an zu vermuten. Hat er wirklich das Gefühl, sich für mich verbogen zu haben? Hat er das Gefühl, ständig Rücksicht genommen zu haben?
Es könnte so sein. Wahrscheinlich sogar. Und dann denke ich: Wir sind so grundverschieden. Er Hü, ich Hott. Gegenseitig bis auf's Blut gequält.

Ja, manchmal habe ich mich durchgesetzt. Ich habe nicht immer klein beigegeben. ABER: Ich habe mich schuldig gefühlt. Wenn ich meinen Willen bekommen habe, dann habe ich Schuldgefühle gehabt, weil tief in mir etwas sagte: Ich habe nicht das Recht, meinen Willen zu bekommen. Es ist verkehrt, wenn ich mich durchsetze. Ich bin ein Nichts. Ich bin schlecht. Für ihn war es dann ein leichtes, mit meinen Schuldgefühlen zu spielen. Wenn dann etwas nicht gut lief (aus seiner Sicht) zu sagen: Du wolltest es ja so. Jetzt siehst du, was du davon hast. Selber Schuld.
Also fiel es mir zunehmend schwerer, zu entscheiden, was ich will. Zu meinen Bedürfnissen zu stehen. Besser dann klein beigeben, oder gar nichts sagen, als hinterher quälende Schuldgefühle haben.

Und das ist ein Anteil, der mich in die Depression getrieben hat und ich sollte sehr gut auf mich aufpassen jetzt, weil ich in den letzten Tagen wieder mal mit Gedankenkreisen aufwache und mit einer Trauer in mir.

Ich tue mir jetzt was Gutes. Fahre zu meiner Freundin zum Frühstück.

Liebes Grüsschen von Anika

16.02.2010 10:07 • #13


F
Zitat von Anika:

Mir fällt immer wieder auf, und nach deinem Beitrag, Missi, noch mal ganz deutlich, dass das bei mir auch ein grosser Knackpunkt ist. Zu sagen, was ICH will. Meine Bedürfnisse zu äussern. Klar und unmissverständlich. Und auch dabei zu bleiben. Manchmal sogar kompromisslos!
Ich bekomme schon bei der Vorstellung körperliche Symptome. Und das bezieht sich nicht nur auf die Partnerschaft. Das durchzieht mein ganzes Leben.



Klar und unmissverständlich Bedürfnisse zu äußern, das konnte ich auch nie. Ich erkenne mich in deinem Handeln und Fühlen wieder. Ich bin in meinem Leben meist, eigentlich immer den unteren Weg gegangen, um zu gefallen. So wurde ich erzogen, so habe ich gelebt. Keine eigene Meinung zu haben. Und was du über deinen Ehemann schreibst, kommt mir auch sehr bekannt vor.

Was mich jetzt interessiert, ob ihr überhaupt noch körperliche Nähe habt, Vertrautes, Zärtlichkeiten. Nehmt ihr euch noch in den Arm? Hast du zuweilen ein warmes Gefühl, wenn du an ihn denkst? Nimmt er dich wahr mit deinen Wünschen und tut Dinge gerne für dich? Tust du gerne etwas für ihn, ohne Druck zu spüren? Für mich sind das neben Vertrauen und den anderen so lassen können, wie er ist, die wichtigsten Bestandteile meines neuen Lebens mit einem Partner. Danach sehnte ich mich in meinem Vorleben.

Auch heute fällt es mir zuweilen schwer, in bestimmten Situationen gut für mich zu sorgen, aufzubegehren. Jedoch durch die Therapie merkte ich immer mehr, dass ich gar nicht mehr anders kann. Ich will gesehen werden, Ernst genommen werden. Das sage ich auch, wenn ich z. B. meine, dass man mich nicht wahrnimmt oder mich hören will. Auch im Alltag im Umgang mit anderen Menschen. Notfalls lasse ich mir auch mal ein paar Tage Zeit, etwas zu klären. Mir fällt halt nur auf, dass ich mittlerweile mit meinen Anliegen sehr ernst genommen werde.

Und man kann das lernen, altes Verhaltensmuster zumindest so weit ablegen, dass man sich gut fühlt.

Ich hätte auch damals alles gegeben, meine Ehe aufrecht zu halten, schon wegen der Kinder und für das, was wir geschafft hatten. Das war nicht wirklich wenig. Bei jeder Aktion jedoch dachte ich, wenn ich das oder jenes mit ihm mache, wie komme ich aus dieser Nummer wieder raus. Ich spürte nahezu, dass ich nichts mehr aufrecht halten konnte. Der Druck war so enorm, dass er mich zum handeln zwang. Und ich fühlte mich lange Zeit als Versager, vor mir, vor meinen Kindern und der Umwelt. Ich hatte nicht verstanden, dass das der erste Schritt zu meinem neuen Leben sein konnte. Ich bin damals an meiner Entscheidung fast zerbrochen.

Ich hatte damals an der Ehe festgehalten für andere. Nicht für mich.

Jedoch habe ich damals noch keine Therapie gemacht, sondern erst mit Beendigung meiner Ehe. Mein Exmann hatte Angst vor meiner Therapie, heute weiß ich, dass er die Veränderung halt nicht wollte und alles dransetzte, mich zu verletzten, mit allem, was ich anstrebte. Ich hatte nur zu funktionieren.

Mein jetziger Ehemann weiß um das alles und manchmal kommt es mir vor wie ein Tanz auf dem Vulkan. Wenn er nicht gut mit mir umgehen würde, irgendwann, aus irgend welchen Gründen, würde ich wieder eine Entscheidung treffen. Ich will und werde nicht mehr aushalten wollen/müssen.

Wenn ich nicht so extrem mit mir umgegangen wäre ... ich möchte mir nicht ausmalen, was aus mir geworden wäre.

LG
Angelika

16.02.2010 10:36 • #14


M
Liebe Annika,
Zitat von Anika:
Wenn ich meinen Willen bekommen habe, dann habe ich Schuldgefühle gehabt, weil tief in mir etwas sagte: Ich habe nicht das Recht, meinen Willen zu bekommen. Es ist verkehrt, wenn ich mich durchsetze. Ich bin ein Nichts. Ich bin schlecht.
Weißt du denn, woher diese Gedanken kommen?

Mir ging es nämlich genauso. Ich konnte einfach nichts durchsetzen, denn ich bekam auch immer Schuldgefühle. Heute weiß ich, dass mir dieses schuldbewusste Denken schon früh in meiner Kindheit eingeimpft wurde. Eigene Bedürfnisse anzumelden war Höchststrafe bei unserem agressiven Vater. Sie bedeuteten sogar bei meiner Mutter absoluten Liebesentzug, denn ich brachte damit die Familienruhe durcheinander. So habe ich ganz und gar verlernt, meine eigenen Bedürfnisse wahr zu nehmen. Meine Bedürfnisse waren nur die, nicht aufzufallen, damit ich ja keine Aufmerksamkeit bei IHM erregen konnte. Unsichtbar hieß eben auch gewaltfrei.

Ich habe also eigene Bedürfnisse gegen den Willen meines Mannes gleichgesetzt mit Liebesentzug. Ich dachte immer, dann liebt er mich nicht mehr, verlässt mich und ich bin dann ganz allein. Ganz allmählich habe ich geübt und geübt und gemerkt, dass ich Erfolg habe. Mit jedem kleinen Erfolg bin ich immer mutiger geworden. Sicher hat mir auch meine Therapeutin Rückhalt gegeben. Wir haben die Ereignisse immer gleich gemeinsam aufgearbeitet. Einen Satz den sie sagte, hat mich zutiefst geprägt:Sie meinen also, Ihr Mann ist Schuld an Ihrer Unzufriedenheit, weil sie zu schwach sind, ihre Bedürfnisse zu äußern?! Ich wusste, dass das so nicht stimmen konnte. Ich konnte ihm erst dann die Schuld geben, wenn er nicht bereit wäre, auf meine Bedürfnisse einzugehen. Aber das war er, wenngleich auch nicht immer mit voller Freude. Aber so ist das nun mal in einer Ehe. Ein Geben und Nehmen.

16.02.2010 11:10 • #15


Anika
Hallo Angelika

Zitat:
Was mich jetzt interessiert, ob ihr überhaupt noch körperliche Nähe habt, Vertrautes, Zärtlichkeiten. Nehmt ihr euch noch in den Arm? Hast du zuweilen ein warmes Gefühl, wenn du an ihn denkst? Nimmt er dich wahr mit deinen Wünschen und tut Dinge gerne für dich? Tust du gerne etwas für ihn, ohne Druck zu spüren? Für mich sind das neben Vertrauen und den anderen so lassen können, wie er ist, die wichtigsten Bestandteile meines neuen Lebens mit einem Partner. Danach sehnte ich mich in meinem Vorleben.


Körperliche Nähe ist seltener geworden. Es gibt sie z.B. das Küsschen beim nach hause kommen oder abends auf dem Sofa kuscheln. Zur Zeit ist mir eher selten nach S. und da mein Partner fast jegliche Umarmung gleich mit dem Wunsch danach in Verbindung bringt, halte ich mich zurück. Er reagiert zuweilen sehr wütend, wenn er will und ich nicht. Und da ist schon wieder dieses Hü und Hott. Er will oft, sehr oft und ich selten.
Früher habe ich halt auch mit gemacht, wenn ich gar nicht wollte. Einfach, um den Frieden zu bewahren. Das mache ich nicht mehr. Und wenn ich dann will, dann wirft er mir vor, dass er nur S. haben könne, wenn ICH bestimme. Wenn ICH sage, wann oder wann nicht.
Und das ist auch bei anderen Unternehmungen so. So bald ich sage, dass ich etwas nicht will, fühlt er sich kontrolliert und manipuliert. Und wenn ich sage, er könne das doch auch alleine machen oder mit jemand anderem (also...nicht den S. jetzt ) dann sagt er, dass es ihm keinen Spass machen würde. Wenn ich dann Vorschläge mache, wie seine geplante Unternehmung auch mir Spass bereitet, als Kompromisse suche, dann sagt er, dass ich schon wieder alles bestimmen will.

All das verwirrt mich sehr, weil ich dann nicht mehr weiss, welchen Anteil ich habe. Ob ich nun wirklich so schrecklich bin und dann suche ich wieder die Schuld bei mir.

Ich weiss nicht, ob ich warme Gefühle habe. Oft habe ich Sorge um ihn, weil er so anders sein kann von einer Minute zur anderen. Wir können schöne Momente haben, ein gutes Gespräch, lachen zusammen über etwas, aber ganz schnell kann die Stimmung umkippen. Entweder wird er wütend oder er verfällt in Selbstvorwürfe. Und dann kommen mir auch Ängste hoch. Und ich stelle mir dann die Frage, ob ich nicht doch Schuld bin.

Mein Vertrauen ist gesunken. Das habe ich irgendwann mit erschrecken fest gestellt. Vielleicht ist es zu oft vor gekommen, dass ich mich geöffnet habe, meine innersten Gefühle und Gedanken mitgeteilt habe, und er darüber wütend wurde.

Als ich in der Depression steckte, wollte ich mich von ihm trennen. Weil ich diese Verstrickung erkannte und keinen Ausweg sah. Wir haben uns so viel gestritten, als ich depressiv war. Als ich ihm ganz ernsthaft mitteilte, dass ich gehen werde, wollte er sich umbringen. Sich die Pulsadern aufschneiden. Wenn ich das aufschreibe, wird mir ganz schlecht. Es war so furchtbar. Ich verdränge die Gedanken an diese Nacht.

Ich fühle mich zunehmend verwirrt.

Manchmal denke ich, ob das schon an Beziehungssucht grenzt. Diese alten Muster auf zu decken, diese Beziehungsspielchen, und dann zu ändern.....das braucht so viel Kraft. Ich weiss nicht, ob ich die auf Dauer habe.

Ich finde deinen Ausdruck Tanz auf dem Vulkan klasse. Da kommt Kraft rüber und Feuer. Ich wünsche dir, dass du immer mehr diese Kraft und das Feuer spürst

Anika

17.02.2010 12:08 • #16


Anika
Liebe Missi,
auch bei mir kommen diese Sätze aus der Kindheit. Mein Vater war sehr dominant und für ihn war es wichtig, dass wir Kinder Leistung brachten und perfekt sind. Und das heile Familienbild nach aussen bewahrten. Wenn wir nicht funktionierten, reagierte er mit Gewalt. Körperlicher, so wie auch emotionaler. Meine Gefühle waren dabei völlig unwichtig und ich war ein sehr stilles Kind. Habe meine Bedürfnisse gar nicht geäussert. Ich habe mir eine eigene innere Welt aufgebaut, in der ich oft überlegte, oder auch Spiele ausdachte, wie ich alleine überleben kann. Meine Mutter hat sich nie gegen meinen Vater gewehrt, sondern immer stillschweigend alles gemacht. Sie hat mich somit auch nicht vor seiner Art beschützt oder mir vor gelebt, wie ich damit umgehen kann. Ausser: einfach parieren. Sie war oft krank und auch depressiv und meine Aufgabe war, ihr Sonnenschein zu sein, damit sie sich gut fühlte. Sie lebte genau so isoliert, wie wir Kinder. Ohne Freundinnen o.ä.
Ich habe Jahre lang in grosser Angst gelebt, sie könne sterben. Oft stand ich nachts ganz leise vor ihrem Bett und habe gelauscht, ob sie noch atmet.
Leider hatte ich auch keine anderen Bezugspersonen oder Vorbilder. Keine Grosseltern, Tanten etc. Nur meine Geschwister und die lebten ja im selben Dilemma. Wir lebten sehr isoliert, denn um das Ansehen nach aussen zu wahren, durften wir keine engeren Kontakte zu anderen aufnehmen. Auch in der Grundschulzeit nicht. Ich hatte keine Freundinnen. Erst als ich die Schule wechselte, mit 10 Jahren, änderte sich das.

Ja, auch bei mir ist da ein Gefühl von: Nicht mehr geliebt werden, wenn ich sage, was ich will. Angst, vor dem verlassen werden und nicht alleine überleben können. Wobei ich eigentlich weiss und mir bewusst bin, dass ich das kann. Es sitzt einfach so tief drinnen.
Mein Therapeut sagt oft, dass die alten Kindersätze nicht mehr gelten und ich mir meine eigenen Sätze sagen darf. Ganz neu. Mein eigenes Drehbuch.
Wenn ich mir das bewusst mache, spüre ich eine Leichtigkeit. Leider mischen sich die automatischen Kindersätze noch zu leicht dazwischen.

Zitat von Missi:
Einen Satz den sie sagte, hat mich zutiefst geprägt:Sie meinen also, Ihr Mann ist Schuld an Ihrer Unzufriedenheit, weil sie zu schwach sind, ihre Bedürfnisse zu äußern?! Ich wusste, dass das so nicht stimmen konnte. Ich konnte ihm erst dann die Schuld geben, wenn er nicht bereit wäre, auf meine Bedürfnisse einzugehen. Aber das war er, wenngleich auch nicht immer mit voller Freude. Aber so ist das nun mal in einer Ehe. Ein Geben und Nehmen.


Ein wahrlich sehr wichtiger Satz und logisch dazu.

Ob das Wort Schuld angebracht ist? Weil das spüre ich ja in meiner Beziehung als belastend. Allerdings umgekehrt. Mein Partner äussert ja seine Bedürfnisse unumwunden und wenn ich dann nicht darauf eingehe, gibt er mir die Schuld. Obwohl ich mich ja nicht schuldig fühlen sollte.

Es stehen sich ja eher unterschiedliche Bedürfnisse gegenüber. Und dann findet man einen Kompromiss, oder auch mal nicht. Bei dem Wort Schuld kommen mir gleich negative Gedanken. Vielleicht denke ich auch schon wieder zu viel

Dieses Üben von Bedürfnissen äussern, das ist ganz sicher sehr sehr wichtig. Auch wenn man auf Widerstand stösst. Nicht aufgeben, die eigenen Bedürfnisse wahr zu nehmen und auszusprechen. Für mich gehört Mut dazu, denn ich gebe zu leicht auf, wenn ich auf Widerstand stosse.

Grüsschen von Anika

17.02.2010 13:09 • #17


S
Ich verfolge hier sehr interessiert die Beiträge.

Auch ich reihe mich mal mit ein. All das Beschriebene könnte auch meine Geschichte sein. Als Kind immer nur geduldet, Liebesentzug als Bestrafung. Ich habe schnell als Kind gelernt, durch ein sehr kräftezehrendes Tun, Aufmerksamkeit zu erpressen. Wenn ich funktioniert habe, habe ich auch Zuwendung bekommen.

So hat sich mein Verhaltensmuster fortgesetzt. Und so kam es, dass es genauso in meiner Ehe abläuft. Erst durch meine Therapie wurde mir meine Verhaltensweise bewußt.

Ich habe gelernt, dass ich mich ernst und wichtig nehmen muss. Genau dann gelang es mir immer besser, meine Wünsche und Bedürfnisse zu äußern. Fehlendes Selbstwertgefühl, was mir in der Kindheit schon eingeimpft wurde, habe ich versucht abzulegen. Es gelingt mir zwar nicht immer, aber ich weiss jetzt woran es liegt, dass ich oft in die Opferrolle schlüpfe.

Wenn ich hinter dem stehe, was ich sage und einfordere, gelingt es mir auch immer besser, standhaft zu bleiben und mich nicht schuldig zu fühlen. Denn auch mein Mann kann wunderbar den Spieß umdrehen und mir die Schuld geben.

Ich wünsche euch und mir, dass wir es schaffen.

Serafina

17.02.2010 13:44 • #18


Anika
Hallo Serafina,
es tut einfach gut, dass ich hier aufschreiben kann und Reaktionen bekomme, die nicht verurteilen. Mein Tagebuch aus Papier ist so einseitig aber wichtig!

Und dass ich sehe, es gibt so viele mit ähnlichen Problemen. Jede hat ihr Päckchen zu tragen und jede hier stellt sich täglich den Überraschungen die das Leben und die Beziehung bereit hält.

Ich versuche, mir oft zu sagen, auch gerade, wenn ich mir unsicher bin, ob ich mich falsch oder richtig verhalten habe, dass ich ein unperfekter Mensch bin, so wie JEDER andere auch.

Anika

17.02.2010 14:19 • #19


S
hallo!

kindheit:

einige von euch haben hier ihre erlebnisse aus der kindheit beschrieben . ich kann diese dinge bestätigen; mein vater war zwar nicht gewalttätig, er hatte aber ein äusseres erscheinungsbild und selbstbewusstsein, das wirklich niemand auch nur auf die idee gekommen wäre ihn dazu zu ermuntern, denn als konsequenz hatte er schon mit einer trachtprügel gedroht. hinzu kam das er ein übertriebenes bedürfnis hatte aufmerksamkeit zu bekommen was dazu führte das er praktisch die instanz schlechtin, law and order der familie war. es gab ausschliesslich sein gesetz und ALLE hatten es zu befolgen. die mutter hatte uns nicht davor beschützt und wenn man damit aufwächst, meint man das es so sein müsse. man versuchte praktisch unsichtbar zu sein um nicht irgendeinen nervenaufreibenden konflikt heraufzubeschwören, andererseits versuchte man gedanken zu lesen und allzeit verfügbar zu sein um die vielen aufträge des vaters zu erledigen. liebe und zuwendung bekam man wenn man stets alle diese dinge erfüllte.
so geprägt wird man dann irgendwann ins erwachsen werden entlassen und landet unendlich anpassungsfähig in einer ...-

partnerschaft:

hier geht das spielchen weiter. man ist ja nett und lieb und macht wirklich JEDEN blödsinn mit. hauptsache man bekommt etwas liebe, anerkennung und natürlich auch S.. da sich der partner schnell an den bequemen allesmitmacher gewöhnt, glaubt auch dieser, dass er so ein leicht handzuhabendes menschlein nicht so schnell wiederbekommt und versorgt es mit allerlei suchtstillern und bosheiten (zuckerbrot und peitsche) um einen an der stelle zu behalten wo man sich befindet; nämlich nicht an seiner seite , sondern unterhalb der fußsohle. an diesem punkt kann man denke ich nciht mehr unterscheiden wer opfer und täter ist, denn man ist solange der mülleimer, fußabtreter für den partner , solange man es zulässt. ----ich hatte sehr lange höllische angst vor einer trennung. ich hatte nicth den geringsten sinn dafür es vielleicht mal mit einer anderen partnerin auszuprobieren. ......später ging es garnicht mehr und ich hab es doch ausprobiert; das hatte aber sehr lange gedauert.....viel zu lange. ich konnte es kaum glauben das mich ein fremder mensch mich mit so viel respekt und freundlichkeit behandelt. ........

das problem war das ich das wirkliche geliebt werden mir lebenslang durch unmögliche bedingungen hart erarbeiten musste.....dann plötzlich trifft man menschen von denen man etwas bekommt was man solange suchte und versucht dieses dann nicht wieder zu verlieren----praktisch das gleiche übel wieder!

deswegen:
--man muss lernen nötigenfalls allein klarzukommen, was nicht heissen soll das man keine feste partnerschaft haben soll. das o.g. geben und nehmen muss einigermassen gleichgewichtig sein.
--eigene wünsche sind unbedingt, sofern möglich zu erfüllen; man muß es allerdings selber tun. der partner hat oft kein interesse seine energie in für ihn nicht relevante dinge zu investieren.
--das eigene selbstbewusstsein steigt stetig wenn man seinen mitmenschen klarmacht das man selbstständig, allein agieren kann und auch ganz allein ohne fremde hilfe seine interessen und wünsche umsetzen kann. man darf nicht vergessen das wir in der regel auch allein sterben müssen....oder meinetwegen auch allein leiden, allein kopfzerbrechen, allein träumen etc.
--eine trennung vom partner sollte gut durchdacht sein, denn es kann sein das man ohne partner in ein tiefes loch stürzt aus dem man so schnell nicht wieder herauskommt oder sich in dieser situation in die nächste abhängigkeit/partnerschaft stürzt ------das ist dann noch weniger hilfreich!


diese dinge treffen sicher nicht auf jeden zu , und wer sie durchsetzen muss , braucht auch einige zeit dazu. ----das ergebnis ist fast magisch: nach schmerzlicher umsetzung gehen die mitmenschen auf meine bedürfnisse ein und respektieren mein freiheitsbedürfnis.

17.02.2010 15:36 • #20


F
Der rote Faden in meiner Kindheit, die aus mir einen Menschen gemacht hat, der immer den unteren Weg gegangen ist, zieht sich auch durch mein Leben. Bei uns war die Mutter die dominate, ich meine bis heute, dass mein Vater sich dem unterordnete, obwohl ... es gäbe da vieles zu erzählen. Ich wurde auch unsichtbar gemacht, ich hatte immer Angst vor den Eltern, besonders vor der Mutter, es wurde mit Heimabschiebung gedroht, wenn ich nicht funktionierte, obwohl ich eh schon nicht anwesend war. Ich frage mich oft, was ich Schlimmes getan haben muss, dass man mich so seelisch verkrüppelte. Zig Geschichten könnte ich hier erzählen. Es würde den Rahmen sprengen.

Wahrscheinlich bin ich deshalb auch die Mutter geworden, die ihren Kindern so gut wie alles erlaubte und ermöglichte (ob das nun richtig oder falsch war, sei dahin gestellt, ich tat mich jedoch schwer, meinen Söhnen Regeln beizubringen).

Und in der Zeit während der Therapie geschah halt das, was strooper beschreibt:

Ich habe mich irgendwann glücklich mit mir alleine gefühlt, ich war nie einsam, obwohl ich ohne Partner war. Ich habe mein Seelenglück nicht mehr von anderen abhängig gemacht, sondern habe meine innere Zufriedenheit erlangt. Diese jahrelange Unruhe (ich nannte es das Gefühl, als würden sich Ameisen unter meiner Haut bewegen) war irgendwann völlig verschwunden. Ich war zufrieden mit dem, was ich hatte, was ich lebte. Irgendwann war auch dieser Trieb, unbedingt einen Partner haben zu müssen, fort. Mir mit alleine ins Reine zu kommen, war mein Ziel und konnte erreicht werden.

Ich lernte meinen Mann erst danach kennen, so hatte ich für mich etwas durchbrochen, worunter ich jahre lang litt. Halt auch unter der Tatsache, immer wieder Männer kennen zu lernen, die auf das antrainierte Erziehungsmuster und meine damalige Ehe paßten. Männer, die mich klein halten wollten.

Ich habe mich nicht mehr von anderen abhängig gemacht, ich genügte mir selbst mit dem, was ich hatte, was ich für mich tat. Ich war sofern nicht mehr darauf angewiesen, dass mir andere Gutes tun zu ihren Bedingungen. So lernte ich Menschen schätzen, die mir Gutes tun konnten ohne etwas von mir zu erwarten.

Und ich bin mir im Klaren darüber, dass ich immer wieder, immer wieder, diesen Weg gehen würde und mich nicht von meiner Partnerschaft abhängig mache. Sicherlich würde es mir auch schwer fallen, das, was wir uns hier aufgebaut haben, zu verlassen, aber ich tat es schon einmal. Wenn es mir eng werden würde, dass ich mich in einer Zwangsjacke fühlen würde, müsste ich einfach wieder handeln, notfalls fliehen.

Das gilt jedoch nur für mich. Ich könnte es nicht mehr aushalten, so zu leben, dass ich stellenweise leiden würde. Ich wollte und will es für mich anders.

Im Moment bin ich in Sicherheit mit meinem Ehemann, in den fast sechs Jahren hat er mir nie das Gefühl gegeben, dass er mich benutzt, mich nicht achtet. Ich spüre seine Wertschätzung und den Respekt. Er behandelt mich so, wie ich es mir wünschte und ich mache es genauso mit ihm.

Wir bedanken uns gegenseitig für Kleinigkeiten, sei es einfach nur, dass er mir einen Kaffee kocht. Sich wahrnehmen. Unser Standesbeamter sagte vor fünf Monaten, als er uns traute, wir sollten immer freundlich miteinander umgehen, das sei das Geheimnis einer guten Ehe. Freundschaft sei die Grundlage. So wie ich den besten Freund behandele, so solle es mit dem Partner auch sei ... und wir beide freuten uns, dass wir uns über fünf Jahre lang schon so sahen und behandelten. Aber niemand hatte uns so darauf hingewiesen ...

(... und auch wir haben Auseinandersetzungen, schlechte Launen etc., ich möchte nicht, dass mein Geschriebenes wie ein Rosamunde-Pilcher-Roman anmuetet, jedoch bilde ich mir ein, dass wir eine gewisse Streitkultur haben, weil wir uns gegenseitig nicht demütigen)...

LG
Angelika

17.02.2010 17:49 • #21


Anika
Hallo,
gestern hatten mein Partner und ich ein sehr langes Gespräch. Es war wirklich gut, ohne gegenseitige Vorwürfe und Aggressionen. Wir waren sehr offen und haben auch darüber gesprochen, ob es noch Sinn macht, zusammen zu bleiben.

Wir haben beschlossen, es zu versuchen.

Als erstes haben wir uns vorgenommen, den Alltag auszubauen, der ja relativ harmonisch verläuft, weil er sich auf zusammen essen (vor der Glotze) und Fernseh schauen beschränkt. Z.B. mal wieder Brettspiele spielen, so wie früher oft. Auch mal essen gehen. Kleine Dinge halt.

Ich habe in dem Gespräch gemerkt, dass mein grosser Knackpunkt die Streits sind. Wenn unkontrolliert die Fetzen fliegen. Wenn ich an meine Kindheit denke und überhaupt mein Leben betrachte, dann waren Streits schon immer etwas ganz schreckliches für mich. Meine Eltern haben sich nie gestritten und wenn wir Kinder uns stritten, wurde es gleich unterdrückt. Ich habe das nie gelernt. Streiten und vertragen. Dass im Streit Dinge gesagt werden, die man selber oder der andere gar nicht so meint. Für mich geht einfach die Welt unter, wenn gestritten wird.
Ich nehme im Streit geäusserte verletzende Aussagen toternst, vergesse sie nicht und meine dann, ich müsse mich in Zukunft danach richten. Was natürlich äusserst unangenehme Gedanken und Gefühle in mir auslöst.

Das hat mit meinem, immer noch, geringen Selbstwertgefühl zu tun. Aber da arbeite ich ja dran.

Mein Partner denkt, ich sei noch depressiv und macht sich oft Sorgen deswegen. Das hat ganz sicher damit zu tun, dass ich mich verändert habe. Ich lache nicht mehr so einfach daher, wie früher. Bin ernster geworden. Verdränge die Dinge nicht einfach, sondern versuche sie auszudrücken. Möchte sie klären. Ich denke, ich konnte ihm seine Sorgen nehmen.

Wir sprachen auch über Trennung und es kam heraus, dass seine Angst vorm verlassen werden viel viel grösser ist und viel tiefer sitzt, als bei mir. Früher war sie bei mir auch sehr gross, aber mittlerweile weiss ich tief drinnen, dass es auch alleine weiter gehen würde für mich und nicht unbedingt nur negativ.
Dieses Gefühl hat er nicht und ich wünsche mir, dass er da mal genauer hin schaut. Und ich muss aufpassen, dass ich da nicht seine Therapeutin werde.

Wir haben versucht, auszudrücken, was Liebe für uns bedeutet.
Ich empfinde Liebe, wenn ich mich los gelassen fühle, wenn ich meinen Partner los lassen kann. Also, ein tiefes Vertrauen habe in mich und in ihn. Ein Gefühl von Freiheit in Verbundenheit.

Für ihn ist Liebe das Gefühl, für immer und ewig zusammen zu bleiben. Dass er sich meiner sicher sein kann.

Am Ende des sehr langen Gespräches (Stunden lang), in dem wir uns gesagt haben, wir wollen zusammen bleiben, es gemeinsam versuchen, Pläne schmiedeten, lachten, ehrlich waren.....sagte er toternst, dass ich ihm nun aber nicht versichert hätte, dass wir zusammen bleiben. Das hat mich so erschrocken, denn in mir war so ein liebevolles Gefühl in dem Gespräch entstanden. Ich habe wirklich diese Liebe in Freiheit gespürt. Ich habe gesagt, dass es DIE Sicherheit nicht gibt.

Und jetzt schreibe ich hier und denke: Mist, das ist ein sehr grosses Problem. Es ist schön, dass jeder sich bewusst gemacht hat, was seine Knackpunkte sind.
Am liebsten würde ich meinem Partner eine Therapie verordnen. Ich weiss nicht, ob er diese Angst alleine überwinden kann. Ich wünschte, er würde erkennen, wie viel leichter das Leben wird, wenn man diese Angst überwindet. Für ihn und auch für mich.

Ich habe echte Hoffnung geschöpft und das fühlt sich gut an. Ich weiss, dass ich diesen immer und ewig - Käfig verlassen darf und auch muss, was ja nicht Trennung bedeuten muss.

Grüsse von Anika

19.02.2010 11:47 • #22


F
.. trotz aller Zweifel einen großen Schritt gemacht ... ... das klingt gut ...

LG
Angelika

19.02.2010 12:21 • #23


Anika
Hallo,
vielleicht hat die Therapie ja doch was bewirkt. Dass mein Partner und ich offener reden können und auch Ängste zugeben mögen. Und Schwächen.

Und was du geschrieben hast, dass man sich im Streit nicht demütigt. Das ist eine sehr wichtige Sache. Wenn man doch weiss, dass der andere auch Ängste hat und sich oft schwach fühlt, dann haut man normalerweise ja nicht in diese Kerben. Unbewusst passiert es vielleicht schon mal.

Ich hoffe einfach, dass wir nun eine andere Redekultur entwickeln und uns schneller bewusst werden, wenn es eine aggressive Wendung nimmt.

Abwarten und nicht nur Tee trinken, sondern dabei euch bewusst bleiben

Ganz schönes Wochenende wünscht

Anika

20.02.2010 11:20 • #24


M
Hallo Anika,
ja, solche Gespräche habe ich auch immer wieder mit meinem Mann und sie tun mir auch so unendlich gut, wie du es beschrieben hast.

Ihr könnt stolz auf euch sein, dass ihr es schafft, miteinander zu reden statt nur übereinander, wie wir es heute immer wieder erleben können. Dieses Miteinander wird euch verbinden, Vertrauen schaffen und die Basis für euer Zusammenleben sein.

Ich wünsch euch beiden alles Gute!

21.02.2010 12:33 • #25


A


Hallo Anika,

x 4#26


Anika
Hallo,
weiterhin läuft es gut. Und wir können tatsächlich miteinander über unsere Probleme reden. Wir beissen uns nicht in irgendwelchen Kindereien fest, sondern überblicken, was da abläuft und können daher auch friedlich kommunizieren

Mir fiel letztens ein Buch von Jürg Willi über Zweierbeziehungen in die Hände und habe es verschlungen. Mir ist da noch mal einiges bewusst geworden.

Zum einen, dass unsere Partnerschaft in eine neue Phase tritt. Kinder aus dem Haus. Die einsamen Eltern bleiben zurück.

Zum anderen: Mein Mann ist ja ein ziemlicher Pascha und lässt sich gerne verwöhnen. Das war in all den Jahren, als die Kinder noch im Haus waren, ziemlich anstrengend. Und ich hatte immer den Anspruch: Bloss nicht werden, wie meine Mutter. Ein Hausfrauchen ohne Rechte, abhängig vom Mann, einsam, ohne Freundinnen, die schweigend alles in sich hinein frisst. Also habe ich mich um gute Anstellungen bemüht, wollte mein eigenes Geld haben, habe all die Jahre gearbeitet, und daneben habe ich mich noch um Haushalt, Finanzen, Kinder etc. gekümmert und auch noch um die Ansprüche meines Partners. Alle wollte ich zufrieden stellen!
Wenn ich mich mal beklagte, dass ich zu viel machen muss, hat mein Partner das überhaupt nicht so gesehen, sondern so gedreht, als ob er wahnsinnig viel mit hilft. Was definitiv nicht so war. Und dass ich doch so einen einfachen Job habe und er so schwer schuften muss. Darüber gab es häufig Diskussionen und Streit. Und im Endeffekt ist das ein grosser Grund mit für meine zwei Depressionen. Für diese tiefe Erschöpfung.

Ich habe das für mich erkannt und mein Mann hat es eingesehen. Ein Wunder!! Und es hat mir gut getan, dass er es ehrlich zu gegeben hat. Ich habe ja auch nichts im Streit vorgeworfen, sondern ihm ruhig gesagt, er solle doch einfach zugeben, dass er gerne verwöhnt wird und sich bedienen lässt und ein Pascha ist. Wir konnten dann auch gemeinsam darüber lachen.

Ich arbeite ja nun schon viele Monate nur sehr wenig ( bekomme aber noch ALG neben meinem Job) und habe festgestellt, dass ich eigentlich gerne den Haushalt mache. Koche. Und es uns gemütlich mache. Und dass ich deswegen absolut nicht wie meine Mutter bin (wobei ich jetzt erst richtig begreife, was sie durch gemacht hat), sondern immer noch eine Frau mit Rechten, eigenem Geld und eigenen Ansichten und Freundinnen und herrliche viel Zeit für mich selber
So habe ich meinem Mann den Vorschlag gemacht, dass ich in Zukunft nur noch wenig arbeite, dafür dann den Haushalt mache und ihm sein Paschadasein ermögliche. So wäre uns doch beiden gedient.
Falls ich wieder Vollzeit arbeiten sollte, werde ich eine bezahlte Kraft suchen, die den Haushalt macht. ICH mache das nicht mehr alleine!! Egal, auch wenn wir nur noch zu zweit sind und die Arbeit natürlich sehr reduziert ist, ohne Kinder. ICH werde mich auf Kompromisse mit meinem Pascha nicht mehr einlassen, denn ich weiss, dass sie von seiner Seite nicht eingehalten werden.

Im Moment geht es uns gut mit dieser Rollenverteilung, weil die Entscheidung bewusst getroffen wurde. Und im Moment kann ich mein fast Hausfrauendasein so richtig geniessen.

Schönen Tag von Anika

26.02.2010 10:21 • #26

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