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Umgang mit depressivem Partner - wie verhalten?

I
Hallo,
ich bin 51 und bin im Moment völlig hilflos im Umgang mit meinem Partner.

Wir sind seit fast 4 Jahren zusammen und leben leider noch in einer Fernbeziehung (150 km Entfernung - das geht noch). Trotzdem haben wir uns immer sehr gut verstanden, so oft wie möglich gesehen, die gemeinsame Zeit in vollen Zügen genossen und auch viel kommuniziert.
Vor 2 Jahren ist die Mutter meines Partners plötzlich verstorben (die Eltern lebten nebenan im Haus), der Vater, 78, mit Alk., blieb hilflos zurück. Mein Partner hat dann die Fürsorge (kochen, einkaufen, Dinge des Alltags regeln) übernommen. Nach einem Jahr folgte dann der Alk. Zusammenbruch des Vaters. Klinik, Psychatrie, geschlossene Abteilung Pflegeheim. Nach dem Zusammenbruch ging es meinem Partner nicht gut, er war mit den Dingen, die zu regeln waren, überfordert. Nun ist der Vater stabilisiert und soll auf eigenen Wunsch wieder nach Hause. Mein Partner kann damit überhaupt nicht umgehen, obwohl der Vater nun einen Betreuer hat, ist er regelrecht panisch, ihn in Kürze wieder im Nebenhaus zu wissen.
Noch dazu droht ein sich seit mehreren Monaten anbahnender Jobverlust. Ich habe versucht immer für ihn da zu sein und zu unterstützen, wo es möglich war. Wir haben über das Jobthema gesprochen und es war geplant (es ging von seiner Seite aus), dass er zu mir kommen und sich vor Ort eine Arbeit suchen wolle. Ich habe das begrüßt und mich darauf gefreut.

Nun ist er aber seit über einem Monat (beginnend damit, dass die Entscheidung gefallen ist, der Vater kommt zurück) in ein Loch gefallen. Er grübelt 24/7 und findet keinen Ausgang mehr, ist überfordert und hat kaum noch Kraft für irgendetwas. Ich komme nicht mehr an ihn heran, er will mich nicht sehen, nicht reden, will alleine sein. Er weiß nicht mehr wie es weitergehen soll in seinem Leben. Er will mich nicht mit in die Schei. hineinziehen. Würde am liebsten alles hinwerfen, weggehen und hinter sich lassen. Plötzlich steht sogar unsere Beziehung auf der Kippe, obwohl sogar nach dem Zusammenziehen auch Heiraten ein Thema war.
Ich bin nun ebenfalls überfordert und hilflos, weiß nicht mehr, wie ich mich verhalten soll. Ich habe versucht, die emotionalen Verletzungen, die er mir zugefügt hat, auf die akute Phase zu schieben, habe ihm gesagt, dass ich für ihn da sein möchte, dachte dann aber irgendwann auch über Trennung nach und habe ihn damit konfrontiert. Daraufhin meinte er, dass er das nicht wolle - und ich möchte es ja auch nicht. Wir wollten uns treffen um zu reden, doch dann war er dazu doch nicht in der Lage. Ich habe versucht ihm klar zu machen, sich mal an seinen Hausarzt zu wenden und sich dort Hilfe zu holen, aber dazu ist er auch noch nicht bereit.

Was tue ich nun in dieser Situation? Warten bis er sich durch seine Probleme alleine gekämpft hat? Seine Aussage, er will alles hinter sich lassen, akzeptieren und gehen? Was kann ich tun, um ihn zu unterstützen? Ich weiß mir keinen Rat mehr.

19.06.2022 10:48 • x 1 #1


Pilsum
Hallo ItsMe,

Du beschreibst eine schwierige Situation.
Nach Deiner Beschreibung scheint es so zu sein, dass Dein Partner in einen Entscheidungskonflikt gerät.
Es scheint, dass er sich seinem Vater sehr verpflichtet und verantwortlich fühlt. Nun sucht er nach einer
Lösung.
Dabei ist es schade, dass er Dir nicht sagen kann, was ihn hauptsächlich belastet.
Entscheidet er sich für die Verpflichtung seinem Vater gegenüber, kommst Du zu kurz.
Entscheidest er sich für eine Zukunft mit Dir, drückt ihn ein schlechtes Gewissen seinem Vater
gegenüber.
Leider glaube ich kaum, dass Du da viel Einfluss nehmen kannst. Folglich kannst Du nur warten,
wie er sich entscheidet. Helfen kannst Du ihm vermutlich erst dann wieder, wenn er Dich um
Rat und Hilfe bittet.

Ich verstehe, dass Du gern Klarheit haben möchtest. Da er aber zur Zeit keine endgültige Entscheidung
treffen will, könnte es erst einmal schwierig bleiben.

19.06.2022 11:32 • x 3 #2


A


Hallo ItsMe471,

Umgang mit depressivem Partner - wie verhalten?

x 3#3


I
Hallo Pilsum,
Danke für deine Rückmeldung.
Ich denke, der Vater ist nicht mehr das größte Problem, denn er war einverstanden dass ein Betreuer eingesetzt wird, damit er sich nicht kümmern muss, was auch bei einem Job nicht so gut geht. Es ist das Gesamtpaket, dass ihn überrollt hat und ihn in eine Depression gestürzt hat. Er ist leider nicht in der Lage, überhaupt nach Lösungen zu suchen. Nur kreisende Gedanken, die ihm nicht weiterhelfen und Selbstbemitleidung. Meiner Meinung nach, würde es ihm helfen, sich den kommenden Entscheidungen zu stellen, wenn er sich professionelle Hilfe holen würde. Es macht mich fertig ihn so leiden zu sehen.

19.06.2022 12:35 • #3


Pilsum
Wenn in einer solchen Situation ein Betreuer eingesetzt wird, halte ich das für das Beste.
Wenn Dein Partner nur schwer Entscheidungen für seine Zukunft und sein Leben treffen kann,
dann kannst Du es ihm auch nicht abnehmen.
Oft steckt eine Angst dahinter, etwas Falsches zu entscheiden.

Zitat von ItsMe471:
Meiner Meinung nach, würde es ihm helfen, sich den kommenden Entscheidungen zu stellen, wenn er sich professionelle Hilfe holen würde.

Das sehe ich wie Du. Nur darf man nicht unterschätzen, welch Kraft Angstgefühle haben können.
Die können richtig viel im Kopf blockieren.

Auch wenn Du darunter leidest, so wird es vermutlich lange dauern, bis er einsieht, dass er durch
therapeutische Gespräche wieder leichter Entscheidungen treffen kann.

19.06.2022 13:04 • x 2 #4


A
Zitat von ItsMe471:
Nach dem Zusammenbruch ging es meinem Partner nicht gut, er war mit den Dingen, die zu regeln waren, überfordert.

Sowas erschreckt mich. Wie ist das für Dich?

Er wird da nicht rauskommen ohne Hilfe. Denn wenn auch noch der Jobverlust droht, wird es noch schlimmer werden.

Wie es aussieht, kannst Du nur abwarten. Du kannst ihm aus der Entfernung auch nicht helfen.

Wobei ich mir generell überlegen würde, ob mir dieser Partner auch etwas geben kann oder ob er mich als Stütze braucht, um klar zu kommen.

19.06.2022 20:02 • x 1 #5


I
Hallo Anna,
mich erschreckt das auch etwas. Hatte das so nicht kommen sehen, und er erschien mir bislang auch nicht so hilflos.

Das ganze hat sich über das letzte halbe Jahr entwickelt, seit einem Monat steigert es sich zusehends.

Die Frage, ob er mir in Krisenzeiten auch eine Stütze sein kann, stelle ich mir inzwischen auch. Jedoch tue ich mich eben schwer zu gehen, wenn ich sehe wie schlecht es ihm geht.
Aber da ich ja auch nicht mehr richtig an ihn herankommen, wird mir wohl kaum etwas anderes übrig bleiben, wenn ich meine Nerven nicht ebenfalls ruinieren möchte.

19.06.2022 21:38 • x 1 #6


A
@ItsMe471

Grade kam mir der Gedanke, was ich tun würde:

Ich würde ihm sagen, dass wir zwei Möglichkeiten haben:

1) er lässt sich helfen und ich stemm das und geben Anweisungen (wobei das auch beiden Kraft kosten wird)

Oder

2) würde ihm sagen, dass ich mich hilflos fühle und ich das nicht aushalte. Deshalb gehe ich auf Abstand. Und dann würde ich mich tatsächlich auf mich konzentrieren.

20.06.2022 11:56 • x 1 #7


J
Liebe @ItsMe471

Ich habe so beim lesen den Eindruck, als möchtest du deinem Freund helfen und eine Stütze sein, aber du zerbrichst selbst darunter.

Ich bin kein Experte, aber ich denke du musst erstmal sehen das du für dich selbst stabil bist um dann auch gut helfen zu können.
Daher tue all die Dinge die DIR gut tun und lasse seine Probleme zumindest vorerst bei ihm. Du bist nicht Therapeut, sein Problemlöser oder was auch immer, sondern dann eine Unterstützung wenn er es zulassen kann.
Daher finde ich deinen Ansatz , du machst die Ansagen falsch und auch nicht zielführend. Denn dann ist es keine Beziehung auf Augenhöhe mehr.
Auch wenn er krank ist, ist er ein mündiger Mensch und du solltest ihn auch so behandeln.
Wenn es dir aktuell zu viel ist hilflos daneben zu stehen, sag es ihm und versuche Abstand zu seiner Krankheit zu bekommen.

Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan, aber ich bin auch das beste Beispiel das es gut ausgehen kann auch wenn es zwischenzeitlich ganz anders aussieht und sich anfühlt.

Aber alles mit deinem Augenmerk hauptsächlich auf dir. Du musst sehen wie weit es für dich erträglich ist, wie weit deine Geduld reicht und wie sich ggfs. dadurch auch deine Gefühle verändern.
Es ist euch beiden nicht gedient wenn dich das ganze so sehr belastet das es dir ebenfalls schlecht geht.

Lg
Just_me

20.06.2022 13:51 • x 2 #8


I
Liebe Just_me,
natürlich möchte ich mit ihm zusammen durch die Krise gehen, ich finde es nur schade, dass er völlig abblockt. So hatte ich ihn in den ganzen Jahren nicht erlebt.
Bekam in den letzten Wochen auch ständig gesagt, dass er am liebsten alle Zelte abbrechen würde und irgendwo einen Neuanfang machen würde, wenn er Single sei. Oder, er sei mit allem und sich selbst überfordert und habe auch keine Kraft mehr diese Beziehung fortzuführen. Er sei leer, seelisch und körperlich am Ende. Er wolle mich schützen vor sich und vor dem was kommen könnte. Richtig konkret wird er nicht.

Als ich dann aus Selbstschutz in Erwägung gezogen habe die Beziehung zu beenden und meine Sachen zurück haben wollte, war er dazu auch nicht in der Lage. Im Gegenteil: er entschuldigte sich ein paar Tage später für sein Verhalten und hoffte nicht alles zerstört zu haben. Ich sei ein Teil von ihm und er wolle mich nicht verlieren. Ein persönliches Treffen und reden war ausgemacht, was aber letztlich nicht zustande gekommen ist, weil ihm die Kraft fehlte und sein gesamtes Kopfkino wieder angelaufen ist. Er wollte das Gespräch auf später schieben, wenn er Klarheit zum Thema Arbeit hat. Das Thema Rückkehr Vater ist nach wie vor auch noch nicht ausgestanden.

Ich kann es nicht einschätzen ob es an seiner depressiven Stimmung liegt oder ob er wirklich alles als Ballast empfindet.

Du und Anna habt recht, ich sollte nach mir schauen, mir Gutes tun und Abstand zu den Dingen finden. Das möchte ich auch, nur kann ich mit solchen unklaren Dingen nicht gut umgehen ich arbeite noch daran.

LG und Danke für euren Blick auf die Dinge. Das tut unglaublich gut.

20.06.2022 16:59 • x 1 #9


A


Hallo ItsMe471,

x 4#10


I
Hallo in die Runde.
Ich habe mir zu Herzen genommen, mehr nach mir zu schauen und mich nach einem Therapieplatz umgesehen, da ich doch zu stark unter der aktuellen Situation leide.

Leider gibt es ja überall ewig lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz. Nun habe ich die Möglichkeit für eine Onlinetherapie gefunden. Heute hatte ich ein Erstgespräch bei einer Therapeutin bei mir in der Nähe, die mich auch für eine Onlinetherapie geeignet hält. Ich hoffe, dass ich dann bald den ersten Termin bekomme. Hat jemand von Euch Erfahrungen mit einer Onlinetherapie?

LG ItsMe471

23.06.2022 19:47 • #10

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