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Normales Leben mit depressivem Partner erreichen?

ElfenWeide
Guten Abend.
Meine Frage ist, wie ich es schaffen kann, mit meinem Partner ein möglichst ,,normales‘‘ Leben zu leben. Er hat Depressionen + PTSD, jahrelange Therapie und sehr viele Fortschritte gemacht. Ich habe keine Diagnose, bin aber doch selbst mental oft angeschlagen und zeige neurodivergente Züge.

Wir sind Anfang und Mitte 20, ca 2 Jahre zusammen. Er ist mehr der Stubenhocker, schaut Serien/Filme/YouTube oder zockt. Ich war das auch sehr lange, allerdings weil ich kaum Freunde hatte. Ich wäre lieber gern öfter mal was unternehmen.

Wir nehmen uns auch viel vor, viele Ideen kommen von ihm. ,,Ich freue mich auf einen tollen Sommer mit dir‘‘ Allerdings kommt es öfter vor, dass er sagt wir könnten ja mal das und das machen und es kommt oft nicht zustande, gerät in Vergessenheit etc. Im Januar waren wir mal in der Stadt im Kino und etwas Essen, das war wunderschön. Wir haben vielleicht alle paar Monate mal so etwas. Ich erhoffe mir immer, dass ich, da ich ihn nun habe, öfter Dinge unternehmen kann. Alleine macht es mir keinen Spaß.

Generell ändert er auch oft seine Meinung bezüglich verschiedener Themen. Er meint, es könnte an seinem Empfinden liegen, welches sich immer wieder ändert.

Ich war immer ein sehr gehemmter Mensch, weshalb es mich nun in meiner Beziehung oft triggert, wenn er in den gleichen oder anderen Dingen gehemmt ist. Da ich ja durch ihn versuche, ,,normaler‘‘ zu werden. Beispielsweise Küssen oder Nähe in der Öffentlichkeit. Er mag das nicht so sagt er. Allerdings ging das damals sehr oft, gerade am Anfang (Da hatten wir keine Möglichkeit uns drinnen zu treffen er wirkte 0 so als wäre es ein Problem für ihn. Er suchte diese Nähe immer als erstes). Früher konnte ich Nähe in der Öffentlichkeit auch nicht ab bei meiner Familie/Freunden. Aber mal ein kleines Küsschen? Ohne vorher links und rechts zu schauen, dass weit und breit auch keiner zu sehen ist?
Mir wäre es sicher auch hin und wieder unangenehm bzw ungewohnt für mich, da ich ja eben selbst mein Leben lang gehemmt war/bin, aber er wäre meine Motivation, das zu ändern…

Er hat Probleme mit Familienstrukturen, da er selbst nie eine richtige hatte. Daher war er nur einmal bei mir Zuhause, danach fast 2 Jahre nicht mehr. Vor einem 3/4 Jahr sprach ich es an, da natürlich auch meine Eltern ihn gerne mal richtig kennenlernen würden. Er ist auch nie bei Geburtstagen dabei, alle fragen immer nach ihm. Ich habe es erklärt.
Er sagte, vielleicht geht es irgendwann, aber er möchte erst dass es ihm so gut damit geht, dass die Beziehung nicht im Nachgang darunter leidet. Jetzt ist es soweit, er möchte das nächste Mal kommen. Ich bin wahnsinnig stolz und freue mich sehr, wie stark er ist, allerdings ist da immer dieser Gedanke… Wie sehr ich darum gekämpft habe für etwas total selbstverständliches.

Er wollte mir einen Wohnungsschlüssel geben, falls ich denn einen möchte. Ich wohne mit Bus und Bahn 1,5h weg, weshalb wir uns nur am WE sehen. ein paar Wochen später hieß es ,,Ich hätte dir ja einen gegeben, aber ich weiß nicht ob ich das mit meinem PTSD könnte wenn dann einfach jemand reinkommt‘‘ Das verstand ich nicht, fragte aber (leider) nicht nach. Der Vorschlag kam ja von ihm allein.. Und ich würde niemals kommen, wenn er nicht Zuhause ist, würde vorher immer Bescheid sagen wann ich da bin etc.

Es sind die kleinen Dinge, die manchmal etwas mehr weh tun als es mir lieb ist. Er ist meine 1. Beziehung. Ich würde so gern einmal alles kitschige erleben, was in der 1. Beziehung der Fall ist, zumindest ein bisschen. Natürlich wird es besser, aber es ist doch oft hart.

Habt ihr Tipps wie ich damit umgehen kann und wie ich ihm vielleicht helfen oder eine gewisse Sicherheit geben kann, dass es besser wird?

28.03.2024 00:14 • x 1 #1


bones
Hallo,

nun woran merkst du ,dass er Fortschritte gemacht hat? Wenn ich so rauslesen, dann scheint das für mich nach dem durchlesen nicht so eindeutig zu sein. Klar, kann man das hier nicht klar erkennen weil man ihn nicht kennt . Aber so was du schreibst, macht es mir nicht den Eindruck. Ist er denn im Moment noch in Therapie? Was mir auffällt ist, dass du schreibst, dass er sich sehr gerne in die digitale Welt vertiefen lässt. Das ist ein absolutes No Go zur beitragung der Besserung. Man kann selbstverständlich die digitale Welt nützen.aber sollte nicht die Hauptrolle übernehmen. Auch als Stubenhocker kann man raus gehen und unter Menschen sein. Ist sogar wichtig, gerade bei psychischen Erkrankungen. Das das nicht einfach sein mag, das bestreite ich nicht. Ist es sogar. Aber das ist halt ein ständiges arbeiten mit sich. und von allein wird es mit Sicherheit nicht besser, wenn er die meiste Zeit vorm Bildschirm sitzt.

Auch wenn es ihm besser gehen würde, würde er sein Verhaltensmuster nicht ablegen wollen. Im Gegenteil. Ist halt die einfachste und bequeme Variante. Müsste er aber in seiner Therapie gelernt haben.

Du kannst da wenig ihm helfen. Das muss er selber einsehen und auch umsetzen wollen.

28.03.2024 09:24 • x 1 #2


A


Hallo ElfenWeide,

Normales Leben mit depressivem Partner erreichen?

x 3#3


ZeroOne
Hi @ElfenWeide ,

ich habe auch deinen älteren Thread gesehen, in dem du von schwereren Zeiten und einer (vorübergehenden) Trennung berichtet hattest. Insofern ist es schön, jetzt zu lesen, dass es Fortschritte gab und ihr noch zusammen seid.

Viele von den Themen, die du jetzt oben beschreibst, sehe ich persönlich auch als normal bei vielen Partnerschaften an, die keine psychischen Erkrankungen mit im Boot haben: Unterschiedliche Vorstellungen von Freizeitgestaltung, Verhältnis zur Verwandtschaft, offener Austausch von Zärtlichkeiten, Zweitschlüsselaushändigung, etc.

Vielleicht triggern deinen Freund aufgrund seiner Erkrankung dabei einige Aspekte mehr, als es bei gesunden Menschen der Fall ist, aber nach meinem Empfinden ist der geeignetste Ansatz trotzdem der gleiche: Offenheit, Vertrauen, das Gespräch suchen.

Vermutlich kann man dazu jetzt unendlich viel schreiben, aber unter dem Strich müssen einerseits Bedürfnisse und Wünsche ehrlich und offen kommuniziert werden; andererseits aber auch, was die andere Seite leisten kann und will.

Am Ende werden wohl immer beiden Seiten Zugeständnisse / Kompromisse abverlangt und man muss für sich selbst abgleichen, wie weit man diese tragen kann, ohne das Glück, oder sich selbst dabei zu verlieren.

Oft sind es nur kleine Dinge, die man am Anfang aufgrund der rosa Brille vielleicht gar nicht sieht. Aber leider entwickeln die sich mit der Zeit, wenn man sie nicht offen(siv) angeht (ohne dabei zu versuchen, den Partner zu formen).

Weiterhin alles Gute!

28.03.2024 13:19 • x 2 #3


Pilsum
Hallo ElfenWeide.

Zitat von ElfenWeide:
Generell ändert er auch oft seine Meinung bezüglich verschiedener Themen. Er meint, es könnte an seinem Empfinden liegen, welches sich immer wieder ändert.


Ein Mensch, der oft seine Meinuung ändert ist vielleicht noch auf der Suche danach, was für ihn und
sein Leben eher richtig und was eher für ihn vermutlich eher falsch ist.
Gerade bei jungen Menschen finde ich soetwas eher normal.

Ich denke ich weiß, warum dies so ist. Möchte hier aber nicht näher darauf eingehen.
Menschen die fast ausschließlich unterbewusst denken, ändern ihre Meinungen häufig nach der
gerade bestehenden Gefühlslage.
Das ändert sich dann, wenn man beginnt, immer häufiger zwischendurch einmal sehr langsam
und bewusst beginnt, nachzudenken. Beim langsamen, bewussten Denken braucht man seine
Meinung kaum noch nach der Gefühlslage verändern.

Wenn etwas so ist, dann ist und bleibt es erst einmal so. Solange, bis man sicher ist, dass eine
andere Meinung sinnvoller ist.

Zitat von ElfenWeide:
Habt ihr Tipps wie ich damit umgehen kann und wie ich ihm vielleicht helfen oder eine gewisse Sicherheit geben kann, dass es besser wird?


Andere Menschen sind so etwas wie ein Spiegel, der eigenen Meinung. Das hört sich jetzt vielleicht
etwas schwierig an. Es ist aber sehr einfach und hilfreich.

Wenn Dein Partner depressiv ist, dann kann es sehr gut sein, dass er auf der Suche danach ist, was für
ihn der richtige Weg ist.
Helfen kannst Du ihm hoffentlich, indem Du ihm immer wieder einmal zuhörst und indem Du ihm
hier und dort schon mal sagst, welche seiner Sichtweisen Du eher gut und welche Du eher nicht
so gut findest.
Dabei kann er sich selbst besser kennen lernen und er lernt auch Deine Sichtweisen besser kennen.
Das sollte mit der Zeit sehr vieles erleichtern.

Viele Grüße
Bernhard

29.03.2024 11:49 • x 2 #4


ElfenWeide
Zitat von Pilsum:
Hallo ElfenWeide. Ein Mensch, der oft seine Meinuung ändert ist vielleicht noch auf der Suche danach, was für ihn und sein Leben eher richtig und ...

Ich danke dir für deinen Beitrag, der ein bisschen Licht ins Dunkle für mich gebracht hat!
Möchte nur noch hinzufügen, dass er sehr lange schon depressiv ist. Lange bevor wir uns kannten, etwa 8 Jahre ist er in Therapie.

29.03.2024 19:21 • x 1 #5


bones
Zitat:
etwa 8 Jahre ist er in Therapie


Was hat er in den 8 Jahren alles umsetzen können,was er aus de Therapie mitgenommen hat?

30.03.2024 09:25 • #6


Dakota
Definiere normales Leben.

30.03.2024 12:29 • #7

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