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Trennung / Pause trotz Suizid-Gedanken des Partners ansprechen?

F
Hallo Community,

Ich bin Filine und hoffe ihr könnt mir vielleicht ein wenig helfen, klarer zu sehen bzw. eure ähnlichen Erfahrungen mit mir teilen.
Ich hatte bereits einen ähnlichen Beitrag in dem es um die Depression meines Partners ging.

Nun kurz die Lage. Ich wohne mit meinem Partner zusammen, wir haben ein gemeinsames Baby. Er hat seit fast zwei Jahren Depressionen (nicht diagnostiziert, weil noch nicht in Behandlung). Er sitzt zuhause und versucht immer wieder hoch zu kommen, aber eine wirkliche Verbesserung ist nicht eingetreten. Ich kümmere mich um fast alles. Kind, Haushalt, komplette Finanzen. Er hat gar kein Geld, weil keine Arbeit oder sonstiges.
Ich hadere nun schon länger mit einer Trennung oder zumindest einer Pause. Nun wollte ich dies ansprechen, da erzählte er mir von seinen Selbstmordgedanken. Wir hatten daraufhin ein Gespräch über seine Zukunft. Und ich habe ihn erneut gebeten in Therapie zu gehen. Wir haben nun einen Termin für ihn auf einer Station in einem Monat.

Nun traue ich mich nicht mehr über Trennung zu reden oder eine Pause. Und schon gar nicht es umzusetzen. Ich habe Angst, dass ihn das noch heftiger runterzieht und er seinen Gedanken Taten folgen lässt. Er meinte wir wären das einzig gute in seinem Leben. Und er hätte Angst vor einem stationären Aufenthalt. Er würde diesen Schritt nur mit mir zusammen gehen und nur, wenn ich ihn nicht verlassen würde, wenn er dann erstmal weg ist.

Es läuft nicht gut zur Zeit zwischen uns. Ständig ist dicke Luft. Und auch die Finanzen stressen mich enorm. Es reicht hinten und vorne nicht und er tut nicht groß etwas, um wenigstens etwas für sich selbst zu zahlen.
Ich weiß nicht wie ich diese Situation noch Monate fortführen soll.

Irgendwie fühle ich mich als Heuchlerin. Ich habe ihm auf Nachfrage gesagt, ich verlasse ihn nicht. Aber das war auch eine Situation, in der ich schwer was anderes hätte sagen können. Er redete immerhin über recht konkrete Selbstmordgedanken.
Ich fühle mich so gefangen. Ich habe Angst, dass jegliche Zurückweisung von mir fatale Folgen hat und weiß nicht damit umzugehen.

War einer von euch in einer ähnlichen Lage? Habt ihr euch irgendwo Hilfe gesucht?
War es schlecht zu lügen und ihm nichts zu erzählen?

Ich würde mich über ein paar Gedanken von euch freuen.

Liebe Grüße
Filine

12.10.2019 16:44 • #1


CeHaEn
Moin Filine!

Ich fand es gar nicht so einfach, einen hoffentlich hilfreichen Beitrag zu schreiben und dabei nicht endlos abzuschweifen. Jetzt versuche ich mich kurz zu fassen.

Du kennst jetzt ungefähr die gefühlte Realität deines Partners. Ich kann ihn verstehen, denn in seiner Situation wird er seinen eigenen Wert gar nicht mehr sehen. Da ist der Beziehungspartner häufig ein letzter Strohhalm, an dem man sich festklammert.
Dein Partner braucht Hilfe, um von dieser Schiene abzuspringen und sich wieder selbst als vollwertigen Menschen wahrzunehmen; seinen Selbstwert und seine Selbstwirksamkeit wiederzufinden; seiner eigenen Verantwortung für sich selbst gerechtwerden zu können.

Zitat von Filine:
Ich habe ihm auf Nachfrage gesagt, ich verlasse ihn nicht. Aber das war auch eine Situation, in der ich schwer was anderes hätte sagen können.

Natürlich hättest du etwas Anderes sagen können. Du hättest ihm sagen können, dass dich die Situation bereits überfordert und dass du nicht weißt, wie lange du noch so weitermachen kannst.
Das wäre für deinen Partner scheußlich gewesen, das könnte ich ihm nachfühlen. Es könnte ihn leider auch vom Vorhaben der Therapie abrücken lassen, denn aus seiner Sicht möge sein letzter Strohhalm damit abgebrochen sein und es würde sich ja eh nicht mehr lohnen. So viele Konjunktive.

Das ändert jedoch nichts daran, dass du nur begrenzt durchhalten kannst, ohne selbst irgendwann Schaden zu nehmen.
Das hättest du ihm nicht nur sagen können, sondern auch dürfen! Du leidest immerhin selbst unter den derzeitigen Umständen.

Zitat von Filine:
Er redete immerhin über recht konkrete Selbstmordgedanken.
Ich fühle mich so gefangen.

Du fühlst dich gefangen.
Das Aussprechen von Suizidgedanken wirkt sehr leicht manipulativ, egal ob der Absender das beabsichtigt oder nicht. Es ist ein sensibles Thema. Die Gedanken sollte man ernstnehmen. Meiner Meinung nach zeigen sie jetzt gerade einfach, dass dein Partner sich hoffnungslos überfordert fühlt. Er weiß nicht mehr, was er tun soll - oder vielleicht weiß er es und hat nur Angst davor? Immerhin hat er dir gegenüber seine Angst vor der Klinik offenbart.
Als Empfängerin dieser Botschaft lässt du dich von ihr aber auch manipulieren, bzw. manipulierst du dich selbst. Und warum? Weil dein Partner dir sehr am Herzen liegt und du nicht willst, dass ihm etwas zustößt. Er liegt dir am Herzen.

Zitat von Filine:
Ich habe Angst, dass jegliche Zurückweisung von mir fatale Folgen hat und weiß nicht damit umzugehen.

Tun wir mal so, als wären wir knallhart: Was dein Partner tut oder nicht tut, das liegt in seiner Verantwortung. Es ist ja nicht so, als ob du ihn schlecht behandeln und ihn näher zum Suizid treiben würdest (nehme ich an ).

Dabei muss man sich in so einer Lage nicht unbedingt kalt und hart geben.
In eurem Fall geht es nicht bloß darum, ob du einen schwierigen Freund aushalten möchtest. Es geht um die Chance, die Situation für eure kleine Familie zu verbessern. Ich denke, dass man die vorigen Punkte im Hinblick auf diese Chance auch liebevoll ausdrücken und nutzen kann. Vielleicht kannst du eine Idee dafür entwickeln.

Die Entscheidung kann dir leider niemand abnehmen und ob sie gut war, kannst du nur im Nachhinein feststellen.

13.10.2019 11:54 • x 3 #2


A


Hallo Filine,

Trennung / Pause trotz Suizid-Gedanken des Partners ansprechen?

x 3#3


Jedi
Hallo Filine !

Ich möchte Dir zu den Suizidgedanken etwas schreiben.
Zitat von CeHaEn:
Das Aussprechen von Suizidgedanken wirkt sehr leicht manipulativ, egal ob der Absender das beabsichtigt oder nicht.

Da stimme ich CeHaEn zu, dass eine solche Suizidaleäußerungen manipulativ verstanden werden können.
Beabsichtigt, so glaube ich, ist es in den wenigsten Fällen !
Natürlich erschreckt es Dich, lässt Dich Unsicherheit u. Überfordert damit zurück, wenn dein Partner in einer solchen Lebenskrise,
wie ihr sie gerade erlebt, Suizidgedanken äußert.
Für Suizidgedanken gibt es in der Regel für den, der sie äußert einen oder mehere Auslöser (seine unbehandelte Depression?)
Oft verbirg sich auch dahinter, selbst sich eine Last zu sein, bzw. für Andere eine Last zu sein !
Diesen Menschen geht es gerade schlecht u. solche Suizidabsichten, erschaffen in ihrer Situation, dass sie damit eine Lösung
für ihr Problem gefunden haben !

Sicherlich sollte man solche Äußerungen ernst nehmen !
Seine Suizidgedanken, die er äußert, kannst Du gegenüber deinem Partner auch ansprechen, in der Regel wollen solche Menschen auch darüber sprechen.
Auch solltest Du ihm gegenüber klar sagen, wie es sich für Dich gerade anfühlt.

Das was Du tun kannst, wäre deinen Partner darin zu bestärken, dass er dringend professionelle Hilfe aufsuchen sollte !

Eine Entscheidung, ob Du Dich trennst oder ob ihr eine Beziehungspause einlegen wollt, hängt natürlich auch von dem Verhalten deines Partners ab, ob er nun professionelle Hilfe in Anspruch annehmen möchte, die er meiner persönlichen Meinung, nach dem Inhalt deines Beitrags, sehr dringend nötig hätte !
Aber auch Du , solltest gut für Dich sorgen, gerade, weil Du auch die Verantwortung für euer gemeinsames Baby zu tragen hast !

Sicherlich keine einfache Entscheidung, aber Du solltest Deine Entscheidung nicht allein von den Suizidalen Äußerungen abhängig machen, sondern eher danach, was fühlt sich für Dich eher stimmig an u. was ist für das Baby am besten !

Dies ist meine ganz persönliche Meinung dazu gewesen !

CeHaEn hat es schon auf den Punkt gebracht,
Zitat von CeHaEn:
ob sie gut war, kannst du nur im Nachhinein feststellen.

u. ich möchte dazu ergänzen, wenn wir eine Entscheidung treffen, dann ist es immer so, für entscheiden uns immer für Etwas, aber damit auch gleichzeitig, immer gegen Etwas !

LG Jedi

Zitat von Filine:
Er hat seit fast zwei Jahren Depressionen (nicht diagnostiziert, weil noch nicht in Behandlung).

Eine solche Vermutung liegt sicher nahe, dass er villt. an einer Depression erkrankt sein könnte.
Diese Unbehandelt zu lassen, ist natürlich für Ihn selbst u. schafft für Dich u. euer Kind keine gute Lebensbasis.
Depressionen sind heute sehr gut zu behandeln u. man kann damit auch gut leben !

13.10.2019 12:48 • x 2 #3


Hoffnung21
Hallo Filine

Da ist guter Rat teuer.
Ich würde zum einen nicht akzeptieren, dass dein Freund sich nicht behandeln lässt. Nun ist er jetzt dazu ja bereit. Du kannst mal in dich hineinhorchen, wie die Zeit mit ihm VOR der Erkrankung war, würdest du ihn so gerne wieder wollen, oder hat sich generell etwas an deinen Gefühlen geändert? Du kannst ihn vielleicht einfach als (platonischen) Freund durch die Therapie begleiten und die Entscheidung noch etwas aufschieben.
Eines irritiert mich, das sind die geäußerten Suizidgedanken. Als ich in meiner schlimmsten Zeit hin und wieder Suizidgedanken hatte, hätte ich NIE im Leben meinem Mann davon erzählt, er weiß davon bis heute nichts. Ich liebe ihn viel zu sehr, als dass ich ihm diese Angst um mich zugemutet hätte. Und wir führen eine Beziehung seit sehr vielen Jahren, in der wir wirklich über alles sprechen. Nun gut, hier ist vermutlich jeder anders gestrickt und ich kann auch nur für mich selbst sprechen, vielleicht ging es mir aber auch nicht so schlecht wie deinem Freund (hatte nur eine mittelschwere Depression).
Vielleicht weiß hier sonst noch jemand im Forum was dazu?

Ich wünsche dir eine weise Entscheidung, die dich glücklich macht, mit der du aber auch leben kannst .

VG Eis

14.10.2019 01:14 • x 4 #4


F
Hallo ihr Lieben,

Erstmal vielen Dank für eure Beiträge. Es hat mir echt gutgetan eure Worte zu lesen. Auch wenn ich erst jetzt zum Antworten komme.

Zitat von Eis:
Eines irritiert mich, das sind die geäußerten Suizidgedanken.


Seine Äußerung kam in einem sehr betrunkenen Moment und ich glaube, er hätte sie unbetrunken nicht geäußert. Zudem habe ich selbst einen Suizidversuch vor einigen Jahren hinter mir und mit ihm darüber geredet. Ich schätze, dass ihm das ein wenig die Hemmung genommen hat.

Zitat von CeHaEn:
Das Aussprechen von Suizidgedanken wirkt sehr leicht manipulativ, egal ob der Absender das beabsichtigt oder nicht.


Tatsächlich ist mir das vorher gar nicht so in den Sinn gekommen. Obwohl es ja auf der Hand liegt. Und ja, diese Äußerung hat mich sehr beeinflusst und beeinflusst mich noch jetzt. Ich habe das Gefühl nicht ehrlich sein zu können und ihn schonen zu müssen. Weil er sonst noch weiter instabil werden könnte.
Ich weiß aber nicht, wie ich da wirklich von los kommen soll und frei davon agieren kann. Meine Sorge um ihn ist so groß, dass sie alle Aktionen irgendwie lahm legt.

Und ja, es liegt in seiner Verantwortung, was er tut. Aber ich schätze, dass lässt sich leichter sagen, als es wirklich zu verinnerlichen. :/

Zitat von Jedi:
Das was Du tun kannst, wäre deinen Partner darin zu bestärken, dass er dringend professionelle Hilfe aufsuchen sollte !


Ich hatte es nun versucht und ihm einen stationären Termin besorgt. Davon ist er aber nun wieder abgerückt und ich will ihm zu nichts zwingen. Ihn mit einer Trennung unter Druck zu setzen, damit er in Behandlung geht, erscheint mir irgendwie falsch. Immerhin sollte er das doch komplett freiwillig machen, um wirklich Wirkung zu erzielen. Oder sehe ich das falsch? Habt ihr denn bereits Erfahrung mit so etwas. Also wie eine Therapie verläuft, wenn sie unter Druck geschieht?

Zitat von Jedi:
wenn wir eine Entscheidung treffen, dann ist es immer so, für entscheiden uns immer für Etwas, aber damit auch gleichzeitig, immer gegen Etwas !


Wie wahr. Mir fällt es wahrscheinlich auch einfach schwer, loszulassen. Den Gedanken an eine gesunde Beziehung mit ihm und eine Familie zu dritt.

Ich bin mir unsicher, was ich tun soll. Ob ich nun noch weiter warten soll. Sind ja immerhin zwei Jahre. Er meint er will nun alles angehen. Aber nun ja. mit Blick auf die Vergangenheit kommt da kaum Hoffnung.

Vielleicht hat jemand hier Ahnung wie ich da mehr Selbstsicherheit erlange. Vor allem Entscheidungen durchzusetzen. Das ist so schwer für mich.

Liebe Grüße

Filine

17.10.2019 17:09 • x 3 #5


Jedi
Hallo Filine !

Zitat von Filine:
Ihn mit einer Trennung unter Druck zu setzen, damit er in Behandlung geht, erscheint mir irgendwie falsch.

Das sehe ich ganz genau so !
Eine therapeutische Behandlung kann nur Erfolg haben, wenn dies der Betroffene selbst für sich erkennt,
dass er diese Hilfe benötigt u. wenn er sie sich auch selbst sucht.
Zitat von Filine:
Also wie eine Therapie verläuft, wenn sie unter Druck geschieht?

Gar nicht !
Ich kann mir kaum einen Therapeuten vorstellen, dass er mit einem solchen Klienten arbeiten wird, dem seine Situation nicht deutlich ist u. dass eine therapeutische Hilfe für ihn auch sinnvoll erscheint.
Eine Mitarbeit in einer therapeutischen Begleitung ist absolut zwingend erforderlich ! Ohne geht es nicht !
Zitat von Filine:
ihm einen stationären Termin besorgt.

Darin kann ich keinen Sinn erkennen können, wenn dies nicht von deinem Partner ausdrücklich gewünscht würde.
Das Du es gut damit meinst, kann ich natürlich verstehen.
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Zitat von Filine:
Mir fällt es wahrscheinlich auch einfach schwer, loszulassen.
Den Gedanken an eine gesunde Beziehung mit ihm und eine Familie zu dritt.

Das klingt schon recht resigniert u. wäre auch schade, wenn es sich für Dich, so Hoffnungslos anfühlt.
Aber das kann ich natürlich nicht wirklich beurteilen !
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Zitat von Filine:
Er meint er will nun alles angehen.

Villt. meint er es ja doch ernst ?
Zitat von Filine:
mit Blick auf die Vergangenheit kommt da kaum Hoffnung.

Schade, wenn sich das für Dich so tatsächlich bewahrheiten würde.
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Zitat von Filine:
Ich bin mir unsicher, was ich tun soll. Ob ich nun noch weiter warten soll.

Schwierig Dir dazu etwas zu sagen !
Du solltest für Dich ein Gefühl entwickeln, wieviel Vertrauen da noch vorhanden ist u. zu was Du bereit bist, da mitzutragen.
Zitat von Filine:
wie ich da mehr Selbstsicherheit erlange

Werde Dir einmal klar darüber, wie es um ein gemeinsames Vertrauen noch steht.
Zitat von Filine:
Vor allem Entscheidungen durchzusetzen.

Das wird sich dann ergeben.
Zitat von Filine:
Das ist so schwer für mich.

Klar ist so eine Situation nicht leicht, aber Du/Wir müssen immer in unserem Leben Entscheidungen treffen u. das bedeutet
für uns Allen, dass wir auch Mutig sein müssen u. die Verantwortung für unsere Entscheidungen auch zu übernehmen haben.

LG Jedi

17.10.2019 19:45 • x 2 #6

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