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Mein Leidensweg, eure Meinung - unkontrollierte Gedanken

B
Hallo zusammen,

ich habe in der vergangenen Zeit zu einzelnen Themen geschrieben.

Jetzt wollte ich einfach mal meinen gesamten Leidensweg teilen.

Alles fing an vor gut 6-7 Monaten. Ich habe mich immer öfter überfordert oder nicht gefühlt. Sei es im Job, in der Partnerschaft oder in privaten Freizeitangelegenheiten. Ohne es erstmal richtig wahrzunehmen! Zu viele Bälle in der Luft. Diverse Gespräche zur Zukunft haben mir Angst gemacht, verstärkt die zur Partnerschaft und bevorstehende Hochzeit, auch wenn das nach wie vor mein Ziel und Wunsch ist!

Als meine Gedanken dann im Februar unkontrolliert einprasselten und ich zunehmend gefühllos wurde, habe ich mich akut in ein psychiatrisches Krankenhaus begeben. Dort eingestellt auf Medikamente (Mirtazapin bis 45mg) habe ich 5 Wochen verbracht ohne jede Verbesserung. Ich habe zwar versucht alles mitzumachen, war aber oft träge für Ergotherapie oder dergleichen. Konnte mich einfach nicht begeistern. In der Klinik fiel mir auf, dass ich keine Freude aber auch keine Trauer mehr fühlen konnte. Nur innere leere und ein toter lebloser Körper. Alles was ich spürte war ein dumpfes kribbeln im bauch oder ein vibrieren, manchmal schliefen mir meine gliedmassen ein. Ich wurde dann entlassen ohne jeden Fortschritt mit der Diagnose mittelschwere Depression.

Nach zwei Wochen zu hause habe ich wieder jegliche Kontrolle über meine Gedanken verloren und mit der Angst vor einer Psychose habe ich mich nochmals klinisch behandeln lassen. Ein Behandlungsversuch mit einem Neuroleptikum (Olanzapin bis 20mg) wurde eingeleitet. Nach 4 Wochen keine Verbesserung und die Ärzte verneinten die psychose weil ich ja mit dem Medikament eine Verbesserung erfahren sollte. Die erneute Entlassung von heute auf morgen war angesagt. Das war so Ende April.

Ab hier habe ich wöchentlich ambulant eine PT besucht und konnte mich minimal leicht stabilisieren. Die PT meinte ich sollte eine psychosomatische Reha machen. Also war ich in einer Einrichtung dafür vorstellig. Dort hat man mich erstmal abgelehnt, weil meine depression mit psychotischen Symptomen einhergehen würde und das zu dem Zeitpunkt Anfang Juni noch nichts in derartiger Klinik für mich wäre.

Daraufhin habe ich einen Psychiater aufgesucht. Er hat mir seit Anfang Juli das Olanzapin abgesetzt und ein neues Mittel namens Reagila Cariprazin, auch ein Neuroleptikum 1,5mg, verordnet um besser zugänglich für eine Therapie zu sein. Mit dem Medikament scheint es mir in den letzten 4 Wochen wieder leicht verbessert zu gehen und wir haben das noch auf 3mg aufdosiert, auch wenn ich mehr Antrieb habe bin ich immer noch gefühllos. Die gabe eines Antidepressiva steht in den nächsten Wochen auch im Raum! Das könnte zusätzlich helfen, oder?

Aktuell warte ich auf einen stationären Platz in einer post-akut Klinik für die weitere Struktur mit der ich wieder gesund werden will. Ich bin zwar sehr hin und hergerissen zu einem erneuten klinischen Aufenthalt, aber naja. Ein weiterer Versuch!

Auf der Symptomebene war in den letzten 6 Monaten alles dabei: unkontrollierte Gedanken bis Gedankenleere, Gefühllosigkeit ohne Freude und ohne Trauer oder Neugier, Leere, abreissende Gedanken, Vergesslichkeit, Abgeschlagen, antriebslos, Schlafprobleme, Druck im Körper und diverse Misempfindungen im Körper, Kopdruck, Kribbeln, Vibrieren, Gefühlstörung, Augenprobleme mit Punkten oder Sehstörung, leichter Tinitus, etc.
Und das alles mit ängstlich kritischer Selbstbeobachtung!

Ich frage mich einfach wielange dieser Zustand wohl noch anhalten wird. Zum schreien!

Nunja, das erstmal mein Weg und ein Einblick mit der Hoffnung auf ein paar Tipps oder positive oder kritische Kommentare.

Danke und viele Grüsse
bk82

03.08.2019 14:01 • x 3 #1


maya60
Hallo bk82, ja, auch ich wünsche dir, dass dieser Zustand zum Schreien bei dir sich deutlich verbessert. Und ich bin beeindruckt, wie konsequent du deine Erkrankung behandeln lässt und der Frage der Diagnostik in Kliniken nachgegangen bist!

Psychiatrischer Facharzt, die von ihm und bei den Klinikaufenthalten getestete und abgestimmte Medikation, regelmäßige Psychotherapie und die anderen stationären Behandlungen, das ist wichtig und du machst das gut.

Ich lese aber auch heraus, wie zügig du handelst und kann mir direkt vorstellen, wie du am Anfang deiner Erkrankung zu viele Bälle in der Luft beruflich und privat jongliert hast und dich dann auch überfordert gefühlt hast oder taub und emotionslos.

So ergeht es vielen von uns, die sich zu lange überfordert haben, bis sie dann immer mehr psychische und psychosomatische Beschwerden und Probleme bekamen und im Burnout/einer Erschöpfungsdepression landeten.

Und je mehr wir uns dann mit uns und unseren Erkrankungen in der Psychotherapie beschäftigt haben, desto mehr haben wir bemerkt, dass es nicht erst mit den Krankheitssymptomen begann, sondern dass diese die Spitze eines Eisberges aus Überforderungen und Altlasten waren, die es aufzuarbeiten galt und aus denen Veränderungen für die weitere Lebensführung zu erarbeiten waren.

Könnte das bei dir auch eine Rolle spielen? Also, der Aspekt Stresserkrankung? Dein Beitrag fängt nämlich für mich so an.

Liebe Grüße! maya

03.08.2019 15:09 • x 3 #2


A


Hallo bk82,

Mein Leidensweg, eure Meinung - unkontrollierte Gedanken

x 3#3


Hoffnung21
Hallo bk82

So wie Du es schilderst, könnte dir schon noch ein anderes Antidepressiva oder eine Kombination was bringen. Hast du denn Schlafprobleme, weil du Mirtazapin nimmst und haben sie sich verändert? Mirtazapin wirkt ja eher dämpfend als antriebssteigernd, so wundert es mich nicht, dass du dich in der Klinik öfters nicht aufraffen konntest. Neuroleptika werden meines Wissens nach auch zur Augmentation gegeben, d.h. zur Verstärkung des Antidepressiva, es muss also nicht sein, dass du eine Psychose hast.

Die Symptome, die du schilderst sind typisch für eine Depression, das hatte ich weitgehend auch so, und leider muss ich dir sagen, dass du wohl noch Geduld brauchen wirst. Ich würde beim Psychiater versuchen, einen Wechsel oder zusätzlich ein Antidepressiva zu erhalten.

LG Eis

03.08.2019 15:35 • x 2 #3


maya60
Ach ja, das wollte ich ja auch noch fragen: Deine Angst vor einer Psychose hast du an unkontrollierten Gedanken festgemacht? Wenn diese unkontrollierten Gedanken sorgenvolle Grübeleien und Gedankenkarusselle sind, dann kommen sie auch bei Depressionen vor, genau wie Eis schreibt.

Wenn es aber einbrechende Gedanken ganz anderer Art sind, die sich nicht ständig angst- und sorgenvoll um dich selber drehen, dann mag es anders sein.
Sowieso müssen das natürlich die Fachärzte diagnostizieren. Ich frage nur als interessierter Laie.

Woran machen deine Fachärzte die Psychose fest? Du schreibst, dass in der Klinik die Diagnose nur am ersten Erfolg der Medikamente festgemacht wurde, nachdem du Angst vor einer Psychose hattest? Und woran noch? Was sagt dein Psychiater?

Liebe Grüße! maya

03.08.2019 15:41 • x 2 #4


B
@Eis
Mirtazapin habe ich als erstes Antidepressiva bekommen, auch weil mein einschlafen schlecht war. Antidepressiv hat es nach 6 Wochen m.E. nicht gewirkt. Aktuell komme ich gut in den Schlaf, manchmal helfe ich mit Baldrian nach. Leider werde ich früh wach und schlafe dann so im 2h Rythmus.
Hast du denn auch diese Gedankenleere oder abreissende Gedanken? Auch Druck und Vibration gehörte zu deinen Symptomen? Das habe ich bisher nirgends so gelesen und es bedrückt mich.
Wie lange hat denn die Phase bei dir gedauert?

@maya60
Meine Gedanken sind keine Karusselle. Ich Frage mich halt ständig, wann die Erkrankung aufhört oder was es konkret ist. Bin halt gedanklich oft auf der Symptomebene oder aber ich kann keinen Gedanken fassen. Ich springe ab und an in Themen oder Sachverhalte die Jahre keine Bedeutung mehr für mich haben, da kommt manchmal Müll. Davor habe ich dann Angst, speziell in Ruhephasen.
In der Klinik wurde die Psychose eher ausgeschlossen wg. ausgebliebener Wirkung der Medis. Mein Psychiater meinte, es sind aber psychotische Symptome dabei. Wie siehst du das jetzt nach meinen Schilderungen? und wie lange plagte dich dieser Zustand?

Liebe Grüße
bk82

03.08.2019 16:31 • x 2 #5


maya60
Hallo bk, Gedanken um die Symptomebene, ängstliche Selbstbeobachtung und alter Müll, der nämlich oft sehr wohl wichtig ist, aufzuarbeiten in der Psychotherapie, kenne ich auch von depressiven Grübeleien, die auch nicht zu stoppen waren.

Ich würde mal deinen Psychiater nach den psychotischen Symptomen fragen. Er ist der Fachmann! Wir tauschen hier nur unsere Erfahrungen als von Depression Betroffene (die durchaus auch weitere psychische Diagnosen haben mitunter wie ich z.B, ADHS)aus und sind Laien, haben aber dennoch unsere langen Erfahrungen und unsere Laienfragen bringen uns weiter.

Es ist wichtig, zu verstehen, welche Symptome zu welcher Diagnose gerechnet werden. Und warum du z.B. momentan kein Antidepressivum nimmst, obwohl du die Diagnose einer mittelschweren Depression hast.

Wenn es dir aber schon etwas besser geht, dann, weil dein Psychiater sein Handwerk versteht. Aber du musst selber verstehen, was du hast. Denn in deinem ersten Bericht liest es sich teilweise so, als ob du die Diagnose Psychose hast, weil du selber Angst hattest, eine zu haben.
So gehen Fachärzte aber nicht vor, sie machen sich selber ein Bild und das ist wichtig für dich, nachzuvollziehen und bestimmt auch, mit uns hier Rückhalt beim Diskutieren zu haben.

Liebe Grüße! maya

03.08.2019 16:44 • x 2 #6


Hoffnung21
Hallo bk,

Meine Hauptsymptome waren Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Kopfdruck, Vergesslichkeit, Konzentrationsprobleme, Verlieren des Roten Fadens mitten im Gespräch, kein klares strukturiertes oder logisches Denken mehr möglich, Kraftlosigkeit, Freudlosigkeit aber keine Gefühllosigkeit sondern eher seeeehr emotional mit viel Tränen bei jeder Gelegenheit. Schlafprobleme hatte ich zwar auch, aber die hielten sich im Rahmen.

Druck und Vibration hatte ich nicht, aber ganz massiven Kopfdruck, der in den ersten Monaten fast durchgehend da war. Tinnitus hatte ich auch nicht, aber mein Zusammenbruch begann mit dem 6. Hörsturz (aber alle ohne Tinnitus). Bzgl. Kribbeln und Gefühlsstörung: das waren bei mir schon psychosamatische Beschwerden, da wusste ich noch gar nichts von einer Depression. Man hat zwar auf der stärker betroffenen Seite eine Neuroforamenstenose festgestellt, aber das hat sich nur durch eine extreme Verspannung der ganzen Nacken-Schultermuskulatur zu den Gefühlsstörungen und Kribbeln entwickelt. Ebenso hatte ich eine starke Schulterproblematik, war da ein halbes Jahr vor der Depression in orthopädischer Reha. Das hat es aber nur noch verschlimmert (ambulante Reha und mit sehr viel Stress verbunden) und jetzt nach mittlerweile über 2 Jahren antidepressiver Behandlung sind die Schmerzen so gut wie weg. Also auch das waren schon psychosomatische Beschwerden.

Du siehst, jeder hat ein paar Symptome mit anderen gemeinsam, aber einiges hat auch jeder nur für sich. Lass dich davon nicht beunruhigen, das ist halt so.

Welche deiner Symptome deuten denn auf eine Psychose hin? Mir ist da nichts aufgefallen, kenn mich aber mit Psychosen auch nicht so gut aus.

Das waren meine ständigen Fragen an die Psychotherapeutin: wie lange dauert das denn? Die Antwort war immer das kann man nicht sagen. Ich persönlich war etwa 9 Monate Arbeitsunfähigkeit, dann 3 Monate Wiedereingliederung, dann 6 Wochen gearbeitet und Rückfall mit 4 Monaten Arbeitsunfähigkeit. Ich war also in Summe etwa 16 Monate krankgeschrieben. Jetzt nach gut 2 Jahren würde ich sagen ich bin auf einem guten Weg, allerdings noch mit Antidepressiva und bis vor kurzem noch in Psychotherapie. Ich muss sehr aufpassen bzgl. meines Verhaltens und vieler Pausen, die ich brauche.

Alles Gute
Eis

03.08.2019 17:36 • x 1 #7

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