Klinik ohne chemische Medikamente und Antidepressiva

W
Hallo,
bin auf der Suche nach einer Klinik, in der Medikamente wirklich nur in äußersten Notfällen und nur nach Einverständnis mit den Patienten verabreicht werden. Immer wieder stoße ich bei Berichten über stationäre Aufenthalte auf die Tatsache, dass trotz aller anderen Aussagen auf der hompage der einzelnen Kliniken, Patienten regelrecht dazu genötigt werden, Medikamente zu schlucken, auch wenn keine Selbstgefährdung oder Therapieunfähigkeit vorliegt. Ich leide an einem dicken Burnout und damit einhergehend einer mittelschweren Depression.
Ich möchte durch dieses Tief möglichst bewusst gehen und daraus lernen, was es eben zu lernen gibt.
Welche Erfahrungen habt Ihr mit der Habichtswaldklinik in Kassel und Bad Grönenbach (dies ist z.Zt. meine persönliche Vorauswahl).
Habe bereits die Klinikbewertungen angeschaut, bin aber nicht schlauer geworden.
Danke schon ´mal
W.

14.09.2008 10:30 • #1


Hans-Jürgen
Hallo Wölfin,

in allen Kliniken, die nach dem Herrenalber Modell arbeiten, wird großer Wert darauf gelegt, ohne Betäubung und ohne
Krückstöcke zu arbeiten. M.W. sind das die Kliniken in Bad Herrenalb, Bad Grönenbach, Wolfsried u. Adula Klinik, Oberstdorf. Ich war vor ca. 10 Jahren in der Klinik Bad Grönenbach und mir hat die Therapie sehr gut geholfen.

Wenn Du möchtest, kannn ich Dir Näheres darüber berichten.

Liebe Grüße
Hans-Jürgen

15.09.2008 17:46 • #2


A


Hallo Wölfin,

Klinik ohne chemische Medikamente und Antidepressiva

x 3#3


A
Hm ... da stellt sich mir auch ne Frage - bin auch überhaupt kein Tablettenmensch ...

MUSS man die nehmen? Ich möchte aus der Reha kommen so wie ich dann bin und nicht gepuscht
durch Medikamente, wo ich, wenn ich die absetze, in ein tiefes Loch falle ...

Gibts da rechtliche Vorgaben?
EIGENTLICH weiß ich, dass man nichts gegen den Willen des Patienten in dieser Richtung tun DARF,
aber wird es einem dann ausgelegt als Therapie-Verweigerung? Haben sie nämlich in der TK in meinen Abschlussbericht geschrieben ... obwohl ich nur meine Ressourcen nutzen wollte.

Vielleicht weiß ja jemand etwas dazu?

Danke und lieben Gruß, A.

15.09.2008 23:20 • #3


W
Hallo Ihr beiden!
Das tat einfach gut! Hatte in diesem Forum bereits oft schon das Gefühl, dass die Antwort auf viele verzweifelte Beiträge war: geh doch zum Neurologen und lass Dir Medis verschreiben, natürlich freundlich und fürsorglicher formuliert, sonst wäre ich nicht weiter Gast in diesem Forum, aber für mich manchmals sehr beängstigend und unbefriedigend. Bin jetzt froh, dass Ihr Euch gemeldet habt, und noch dazu alte Hasen hier im Forum!
Das mit der Therapieverweigerung ist genau das Problem dabei. Bin bereits seit mehr als drei Monaten krank geschrieben und ein Wiedereingliederungsversuch ist bereits gescheitert. Da ich verbeamtet bin, macht zwar keine Krankenkasse Druck, aber mein Arbeitgeber wird nicht mehr lange still halten, sie werden Forderungen nach Änderung der Therapie stellen und ich wäre bereit und hätte vielleicht sogar Spass daran, in einer stationären Therapie weiter an mir zu arbeiten, raus aus dem gewohnten Umfeld zu kommen, aber diese Medikamente...............
Habe die meiste Angst davor, dass diese etwas an meinem Wesen/ Seele ändern können,was nicht mehr rückgängig zu machen ist und die Arbeit mit mir eher behindert, als fördert.
Hallo Hans-Jürgen,
fände es richtig nett, wenn Du mir ein bisschen darüber erzählen würdest!!! Habe zwar auch schon von dem Bad Herrenalber Modell gehört und vor ca 15 Jahren ´mal ein Buch von einer Frau gelesen, die dort stationär war, ich glaube es hieß so ähnlich wie von mir aus nennt es Wahnsinn, aber ein richtiger Tatsachenbericht ist mir lieber. Vielen Dank schon ´mal.
Erleichterte Grüße
W.
Kleiner Nachtrag:
Wie setze ich meinen Therapieplatzwunsch gegenüber der Krankenkasse (keine Private)/Beihilfestelle durch? Weiß das jemand?

17.09.2008 08:07 • #4


Hans-Jürgen
Hallo Wölfin,

habe hier mal einiges über meine und die heutige Zeit über Grönenbach bzw. das Herrenalber Modell zusammen gestellt.
Bezüglich Deiner Wunschklinik ist es m.E. am Besten, Dein Therapeut bzw. Dein Arzt empfiehlt die Klinik, bei mir war das jedenfalls so, konnte dann auswählen zwischen Wolfsried und Bad Grönenbach.

http://www.rehakliniken.de/w3.php?nodeI ... haId=11041
http://www.foerder-kreis.de/uns/uns_fset_modell.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Zw%C3%B6lf ... e-Programm
http://www.bonding-psychotherapie.de/fo ... ition.html

Unter den folgenden Links kannst Du Dir unter dem Stichwort Galerie einiges aus dem Ort sowie dem wunderschönen Allgäu anschauen.

http://www.groenis.de/
http://www.lebenistbegegnung.de/index.p ... 49catid=2

Bad-Grönenbach ist ein kleines aber liebenswertes Nest im Unter Allgäu, zwischen Kempten und Memmingen gelegen. Ist inzwischen zu meiner 2. Heimat geworden, da ich alljährlich nach dorthin zum Ehemaligen Treffen zurückkehre. Mein Klinikaufenthalt liegt nunmehr ca. 10 Jahre zurück, da diese Zeit mein Leben doch sehr veränderte, denke ich sehr gerne daran zurück.

Leider hatte ich damals zuvor fast keinerlei Informationen über das, was mich dort erwartete, sodaß ich zunächst fast geschockt war, in Anbetracht der Nähe, wie sich die Mitpatienten untereinander gaben. Fast überall konnte ich beobachten, daß sich viele Mitpatienten des Öfteren umarmten und im Wohnzimmer gab es gar eine Kuschelecke.
Das alles war mir zunächst sehr suspekt, hatte ich zuvor andere Menschen doch stets auf möglichst großem Abstand gehalten, ansonsten meine Maske aufgesetzt, weil ich, wie viele Menschen, so erzogen worden war, das es niemanden etwas angehe, wie es hinter der Maske aussehe, dahinter verbarg sich leider viel Leere, sehr viel Leere. Ich war und benahm mich stets so, wie die anderen mich haben wollten. Um mich noch selbst ertragen zu können, rauchte ich Unmengen an Zig. und trank literweise schwarzen, starken Kaffee. Auch Schokolade stopfte ich unter Stress in größeren Mengen in mich hinein, wenn das nicht half, dann durfte es zur Beruhigung auch mal eine Valium und ähnliches sein.

In der Klinik wurde ich mit genau diesen Dingen konfrontiert, das fand ich zunächst äußerst fies, war ich doch gekommen, mich wieder gesund machen zu lassen! Stattdessen gab man mir dort zu verstehen, das der Schlüssel zu meiner Genesung nicht dort sondern bei mir selbst liegen würde! So hatte ich mir das alles keineswegs vorgestellt sondern eigentlich war ich dorthin gekommen, um Mitleid zu heischen und das meine Funktionsfähigkeit wieder soweit hergestellt würde, sodaß ich weiter wursteln könnte wie bisher. Hier bekommst Du nicht, was Du willst sondern das, was Du brauchst... stand in großen Lettern irgendwo an der Wand, was immer diese Worte auch für mich bedeuten würden...

Zunächst einmal mußte ich mich verpflichten, weiter leben zu wollen und nicht Hand an mein Leben zu legen. Konnten die meine Gedanken lesen? Für den Fall, das die Therapie dort schief gehen sollte, hatte ich genau diesen Weg bereits für mich ausgewählt, ich fühlte mich ertappt! Außerdem mußte ich mich verpflichten, für die Dauer des Klinikaufenthaltes abstinent zu leben, keine Zig. mehr, keinen Alk. (damit hatte ich allerdings keine Probleme), keine Beruhigungsmittel, auch keine sonstigen Medikamente und keine S. Beziehungen zu Mitpatienten.

Und, was für mich obendrein das Allerschlimmste war, die ersten 10 Tage durfte ich weder telefonieren noch Briefe schreiben oder empfangen, die Klinik nur zum Morgenspaziergang und einer Hundestrecke verlassen, Kaffee und Cola nach 17.00 Uhr nicht mehr trinken, das alles war mir zuviel und so wollte ich bereits am zweiten Tag wieder weg. Sowohl eine Schwester als auch eine Mitpatientin haben da gut auf mich eingewirkt und ich bin ihnen noch heute sehr dankbar dafür, das sie mich zum dableiben überredeten, denn mir wäre wirklich sehr viel entgangen, das ich heute keinesfalls mehr missen möchte.

Lag der Sinn meines Lebens damals fast ausschließlich darin, Erfolg zu haben, koste es, was es wolle und möglichst viel und effektiv zu schuften, so wurde ich dort sowohl sanft als auch manchmal recht unsanft darauf aufmerksam gemacht, das das eigentliche Leben sehr viel facettenreicher und aus vielem Anderen besteht, als nur zum Wohle anderer möglichst effektiv zu funktionieren! Ich habe dort etwas wieder erlangt, was mir total abhanden gekommen war, den Zugang zu mir und insbesondere zu den tieferen Gefühlen ! Aber bis dorthin war es schon ein langer und steiniger Weg, der auch einige Rückschläge beinhaltete. Insbesondere hatte ich bis dato ein CoDa Verhalten, machte für einige andere Leute noch deren Arbeit und bekam selten etwas dafür zurück. Zu allem Überfluß gefiel ich mir auch noch in der Rolle und war eigentlich zutiefst überrascht, das ich etwas gegen meine Co Abhängigkeit unternehmen sollte. Aber mein Körper hatte mir schon unmißverständlich durch 2 riesige Magengeschwüre klar gemacht, das es so nicht weiter gehen konnte, ich so nicht mehr weiter leben konnte.

So war ich denn auch bereit, mich auf die Therapie und die Mitpatienten (Therapeutische Gemeinschaft) einzulassen und es hat mir sehr geholfen. Nie zuvor in meinem Leben habe ich jemals mehr Liebe erfahren als dort!

Nach der Klinik habe ich noch einige Zeit an den 12 Schritte Gruppen E-A (Emotions-Anonymus und CoDa) teilgenommen. Noch heute treffe ich mich mit einigen Ex-Grönis, wir verbringen dann gemeinsam ein Wochenende oder gar länger.

Nimm, was Du brauchen kannst, alles andere laß bei mir.

Liebe Grüße
Hans-Jürgen

19.09.2008 12:36 • #5


W
Lieber Hans-Jürgen,
vielen Dank! Habe ganz viel genommen . Hört sich ziemlich gut an! Da ist so´ne kleine wuselige Aufregung gemischt mit Angst im Bauch....., diese zeigt mir oft, dass etwas gefährlich, aber damit auch meistens genau richtig ist.
Liebe Grüße
Ulli

20.09.2008 06:33 • #6


Hans-Jürgen
Hallo Ulli,

ganz vergessen, das Buch Von mir aus nennt es Wahnsinn von Dr. Walther Lechler und Jaqueline Lair habe ich auch gelesen. Leider allerdings erst nach der Therapie, ich bekam es von den Mitpatienten meiner Kerngruppe zum Abschied geschenkt. In vielem, was dort aufgeführt ist, entdecke ich Parallelen. Auch ich habe zu Bad Grönenbach und zu der Klinik eine Beziehung wie zu einer 2. Heimat entwickelt, jedes Jahr zieht es mich zumindest einmal dorthin zum Ehemaligentreffen zurück. Wenn ich irgendwo in der ferneren Umgebung bin, mache ich ebenfalls zumeist einen Abstecher nach dort. Es erscheint mir seither wirklich wie ein neues Leben !

Aber ich finde, Angst brauchst Du dort keine zu haben. Meines Wissens hat bislang jeder die Klinik dort noch als Lebender verlassen, viele sogar, die vorher schon eigentlich zumindest seelisch tot waren (z.B. ich)

Liebe Grüße
Hans-Jürgen

21.09.2008 14:15 • #7

Pfeil rechts




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag