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Kinderwunsch mit Depressionen

N
Hallo ihr Lieben!
Dank Google bin ich eben auf diese Seite gestoßen und hab mich direkt mal angemeldet.

Ich habe offenbar seit mindestens zwei Generationen vererbte Depressionen, die durch einige persönliche Schicksalsschläge ausgelöst oder verstärkt wurden.
Ich war zwei mal auf Medikamente eingestellt und beim zweiten Mal, was noch nicht allzu lang her ist, hatte ich das Gefühl, sie halfen. Durch verschiedene Gründe habe ich sie abgesetzt gehabt, hätte jedoch nichts dagegen sie wieder zu nehmen, da ich merke, dass es mir seitdem wieder sehr schlecht geht.

Bei meinem Partner und mir besteht allerdings seit einer Zeit Kinderwunsch.
Heute stand ein Termin bei meiner Psychiaterin an und wir haben sie darauf angesprochen. Wir sind zur Zeit beide ohne Arbeit, arbeiten aber gut mit dem Arbeitsamt etc zusammen, damit es bergauf geht.

Die Ärztin hat uns dringend vom Kinderwunsch abgeraten, auch weil wir uns einig sind, dass ich die Medikamente wieder anfangen sollte.
Sie stellte außerdem in Frage, ob wir bereit seien, für ein Kind zu sorgen und das 24H am Tag.

Mein Partner glaubt sich in dieser Sache sehr gefestigt, er hat auch bereits einen Sohn, um den er sich, wenn er ihn denn mal zu Gesicht bekommt (schwierige Kindesmutter+weite Entfernung) sehr toll kümmert. Er ist sich sicher, wir würden uns ergänzen und gegenseitig helfen.

Ich glaube eigentlich auch, dass wir es schaffen würden, nur leider lasse ich mich von meinem Umfeld oft schnell beeinflussen bzw einschüchtern und das hat auch die Ärztin geschafft.

Wie denkt ihr über die Sache? Hat vielleicht jemand Erfahrungen?
Lieben dank 3

18.02.2020 20:58 • x 1 #1


maya60
Hallo NocheinMensch und Willkommen im Forum!

Gleich mal eine neugierige Frage zu Beginn: Wie kommst du zu deinem Nickname hier: NocheinMensch? Hat dir jemand das Menschsein abgesprochen? Bei mir galoppierten gleich die Assoziationen los, ob du dich vielleicht durch das Gespräch mit deiner Psychiaterin (oder anderen) über euren Kinderwunsch nur wie ein wandelnder Risikofaktor für Elternschaft behandelt gefühlt hast und nicht wie ein Mensch mit natürlichem Kinderwunsch? Oder hat dieser Nickname gar nichts mit deinen Depressionen und gar nichts mit eurem Kinderwunsch zu tun?
Wenn dir diese Frage zu persönlich ist, entschuldige, dann beantworte sie einfach nicht.

Ich finde es sehr verantwortlich von dir, genau über dieses Thema Kinderwunsch mit Depressionen nachzudenken und dir überall, auch hier im Selbsthilfeforum, dazu Austausch zu suchen. Denn ich verstehe dich sehr gut, teilte einige deiner Risikofaktoren für die Entscheidung zur Elternschaft, bin Mutter geworden und das lief auch gut für uns 3, unseren Sohn aus seiner Sicht, seinen Vater und mich, depressive Mutter, bisjetzt und er ist jetzt 19 Jahre alt. Aber es war höllisch anstrengend und hat mich sehr ausgebrannt.
Denn bei uns ist so vieles unkonventionell und unkonventionell gelaufen, dass ich das unmöglich pauschalisieren kann.

Andererseits weiß ich, dass Depressionen so unterschiedliche Ausprägungen haben, dass ich das, wenn ich an die Mütter mit Depressionen denke, die ich kenne, auch auf keinen Fall als knallharten Ablehnungsgrund behaupten kann, der generell gegen die Elternschaft bei Depressionen spricht. Aber schon als ernsthafen Risikofaktor! Es ist aber einfach soviel vom Einzelfall abhängig.

Kinderwunsch mit wiederholten Depressionen bei dir und familiärer Disposition für Depressionen und ohne ausreichendes Erwerbseinkommen ist eine Ausgangssituation, bei der sich mir zunächst die Frage stellt, ob eine gute Chance besteht, dass ein ausreichendes Familieneinkommen in absehbarer Zeit erreicht werden kann. Dann wäre es nämlich schonmal ein Risikofaktor weniger. Denn Kinder sind teuer und Kinder in Armut sind von vornherein von vielem ausgeschlossen, aber auch hier hängt es sehr vom Einzelfall ab.
Wer will sich da als Richter aufspielen über solch einen existentiellen Wunsch bei Menschen wie einen Kinderwunsch?

Mir jedenfalls fällt das schwer, wenn ich bedenke, was hinter den tollsten Familienfassaden alles passiert und wie wenig sich oft Normaloeltern von Eltern mit Depressionen unterscheiden in ihrem Gestresstsein.

Darum würde ich erstmal anders an dieses Thema herangehen: Habt ihr ein, zwei oder sogar noch mehr verlässliche und kinderliebe und gesunde Verwandte oder Freunde in der Nähe, die euch helfen würden mit eurem Kind? Herzenspaten oder Herzensgroßeltern? Das würde das Ganze schonmal viel stabiler machen.

Und wie fallen deine Depressionen aus? Ziehst du dich dann ganz zurück und kannst nur noch im Bett liegen oder bist du dann noch voll in deinem Alltag, aber fühlst dich nur in depressiven Stimmungstiefs?

Während einer Schwangerschaft trotz nötiger medikamentös behandelter Depression keine Antidepressiva mehr zu nehmen, das riskiert eine Verschlimmerung der Depression, gerade dann noch, wenn die großen hormonellen Umstellungen dazu kommen und dann das Eingewöhnen mit einem Neugeborenen auch stressig ist naturgemäß.
Was gibt es da für Behandlungsvarianten? Ich weiß es nicht, schon gar nicht mehr heute.

Das sind erste Annäherungsfragen für mich, wenn ich deinen Beitrag lese. Pauschal JA oder NEIN zu sagen ist mir nicht möglich, absolut nicht.
Aber sammle hier doch einfach noch weiter, ebenso bei Familienberatungsstellen. Ich würde sogar meine Psychotherapie zu dem Thema Kinderwunsch ganz intensiv an deiner Stelle verwenden, das ist mit Sicherheit auch eine Riesenhilfe.

Liebe Grüße! maya

18.02.2020 22:30 • x 3 #2


A


Hallo nocheinmensch,

Kinderwunsch mit Depressionen

x 3#3


N
Hey Maya, lieben Dank für deine ausführliche Antwort!

Zitat:
Gleich mal eine neugierige Frage zu Beginn: Wie kommst du zu deinem Nickname hier: NocheinMensch? Hat dir jemand das Menschsein abgesprochen?


A: Mir kam einfach mal in den Sinn, wie viele Menschen auf online Plattformen herumgeistern, und ich bin nur noch ein weiterer mensch davon



Zitat:
Kinderwunsch mit wiederholten Depressionen bei dir und familiärer Disposition für Depressionen und ohne ausreichendes Erwerbseinkommen ist eine Ausgangssituation, bei der sich mir zunächst die Frage stellt, ob eine gute Chance besteht, dass ein ausreichendes Familieneinkommen in absehbarer Zeit erreicht werden kann.


A: eigentlich sieht es relativ positiv aus, es ist nur leider noch nichts fest


Zitat:
Darum würde ich erstmal anders an dieses Thema herangehen: Habt ihr ein, zwei oder sogar noch mehr verlässliche und kinderliebe und gesunde Verwandte oder Freunde in der Nähe, die euch helfen würden mit eurem Kind? Herzenspaten oder Herzensgroßeltern? Das würde das Ganze schonmal viel stabiler machen.


A: ich denke, meine Eltern würden uns definitiv helfen. Auch mein Cousin hat ein eigenes Kind, vielleicht würden sie auch helfen. Freunde hätte ich denke ich auch, die uns unter die arme greifen würden



Zitat:
Und wie fallen deine Depressionen aus? Ziehst du dich dann ganz zurück und kannst nur noch im Bett liegen oder bist du dann noch voll in deinem Alltag, aber fühlst dich nur in depressiven Stimmungstiefs?


A: Laut meinem Freund bin ich dann sehr zurückgezogen, heule viel und bin im gegenüber verbal etwas aggressiver als sonst. Er hilft mir allerdings in solchen Phasen gut und sie gehen schneller vorbei als sonst.



Zitat:
Während einer Schwangerschaft trotz nötiger medikamentös behandelter Depression keine Antidepressiva mehr zu nehmen, das riskiert eine Verschlimmerung der Depression, gerade dann noch, wenn die großen hormonellen Umstellungen dazu kommen und dann das Eingewöhnen mit einem Neugeborenen auch stressig ist naturgemäß.
Was gibt es da für Behandlungsvarianten? Ich weiß es nicht, schon gar nicht mehr heute.


A: Ich weiss es leider auch nicht. Hab versucht mich zu informieren aber bisher nicht viel rausgefunden. Würdest du also eher raten gar nicht erst mit den Medikamenten anzufangen vor einer geplanten Schwangerschaft?


Ich komme leider noch nicht so gut klar mit den Antworten hier xD ich hoffe, du kannst damit etwas anfangen,
Liebe Grüße,
nocheinmensch

18.02.2020 23:15 • x 1 #3


maya60
Hallo NocheinMensch, wenn es gut aussieht, wenn auch nicht sofort, mit einem sicheren Familieneinkommen und wenn ihr verlässliche nahe Bezugspersonen für euer Kind in der Nähe hättet, sind das schonmal gute Stabilitätsfaktoren für das Kind.

Ich würde dir auch empfehlen, zu googeln und zu lesen und dir von Familienberatungsstellen Informationen zu holen, was genau die Risiken für Kinder mit depressiver Mutter sind.
Dann würde ich mir ganz offen und ehrlich zusammen mit deinem Mann konkret überlegen, wie euer Kind davor geschützt werden kann, wer konkret und verlässlich als feste gesunde Bezugsperson phasenweise dich ersetzen kann, wenn du dich zurückziehst, wenn du viel weinst, wenn du sogar aggressiver werden könntest. Das sind alles hoch beängstigende Erlebnisse für Kinder und wenn da nicht sofort eine andere stabile Bezugsperson da ist, die das Kind umsorgt, ist die Gefahr groß, dass es selber psychische Belastungen oder sogar Schäden bekommt.
Ich bin mit einer depressiven Mutter aufgewachsen, die sich leider nicht selber so sah und sowohl meine Schwestern als auch ich haben durch ihre erschreckenden Rückzüge, ihr Weinen und ihre Gereiztheit und Aggression ernsthafte eigene psychische Probleme bekommen.
Es kann auch keine Lösung sein, dass dein Mann dann einspringt, so dass niemand Geld verdient.

Solche Aspekte wollen gut durchgeplant und vor allem bewusstgemacht sein. Nur so wurde unser Sohn davor bewahrt.

Was die Medikamente betrifft, würde ich deine Psychiaterin konkret nach welchen fragen, die auch in der Schwangerschaft genommen werden dürfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da gar nichts gibt, oder? Wir haben damals ein Kind adoptiert, daher hatte ich diese Frage nicht zu entscheiden, ich nahm aber damals eh noch keine Medikamente. Wie dem auch sei, ist es viel zu lange her für aktuelle Tipps in Sachen Medikamenten.

Und ich würde dir, falls du das noch nicht machst, dringend eine Psychotherapie suchen. Zum einen brauchst du dann vielleicht weniger Medikamente, zum anderen gehören meiner Erfahrung nach und der Erfahrung vieler anderer Depressiver nach wichtig 3 zentrale Aspekte zur Verbesserung von Depressionen:

1.) eine Psychotherapie
2.) Wenn nötig, auch Medikamente
3.) Die Anpassung des Alltags an die Depression und die Disposition zur Depression, also Stressmanagement, Entspannungsübungen, Achtsamkeitsübungen u.a.

Zum Punkt 3 hilft auch ganz wesentlich eine Psychotherapie. Und eben, was ich sehr empfehlen würde, den ganzen Aspekt eures Kinderwunsches und der Risikofaktoren gründlich von allen Seiten in der Psychotherapie behandeln, damit die Entscheidungen und Planungen gut für ein Kind und gut für dich und gut für deinen Mann sind ohne dass einer zu kurz kommt oder überfordert wird.

Das alles würde ich machen, bevor ich mich entscheide. Alles, was mein Mann und ich uns vor unserer Entscheidung damals erarbeitet haben, war Gold wert. Einfach hineinstolpern in das Familienabenteuer ist bei Depressionen nicht möglich, zu gefährlich für das Kind und uns selber.

Liebe Grüße! maya

18.02.2020 23:33 • x 3 #4


O
Guten Abend!

Das ist ein sehr heikles Thema und letztendlich kann einem da niemand die Entscheidung abnehmen.

Es geht hier ja im wesentlich darum, einem Kind ein gutes Leben zu schenken.

Ich denke, wenn die Depression gut behandelt ist und man als Erkrankter weiß, wo man im Notfall Hilfe bekommt und sie sich dann auch nimmt, ist ein Familienleben - auch ein gutes bzw gesundes - machbar.

Die Kombi von Depression und finanzielle Unsicherheit finde ich allerdings eher bedenklich, ohne das jetzt genauer ausführen zu wollen.

Es gibt Antidepressiva, die in der Schwangerschaft genommen werden können. Das war bei mir (leider) damals auch nötig. Bin/ War also selbst Betroffene.
Somit kann ich sagen, dass ein glückliches Familienleben durchaus grlingen kann. Allerdings musste ich immer gut auf mich achten und hatte nach der zweiten Schwangerschaft wieder eine Krise.
Grundsätzlich geht es uns gut. Meine Kinder sind gesund und munter.

Allerdings sind wir finanziell in Sicherheit. Wir sind und waren beide berufstätig.

Ein Familienleben mit Kleinkindern ist sehr sehr anstrengend. Organisatorisch, nervlich, etc. Es ist immer was zu tun. Anfangs auch rund um die Uhr. Die Partnerschaft wird strapaziert, es gibt Uneinigkeiten, etc.

Das sind jetzt nur so Gefanken, die mir dazu einfallen.

Lg

19.02.2020 00:25 • x 2 #5


O
Ich kann Maya nur zustimmen.

Zitat von maya60:
Einfach hineinstolpern in das Familienabenteuer ist bei Depressionen nicht möglich, zu gefährlich für das Kind und uns selber.

19.02.2020 00:29 • x 1 #6


S
Hallo NocheinMensch,

Du schreibst, Dein Partner hätte einen Kinderwunsch. Wie ist es bei Dir? Hast Du auch einen oder willst Du Deinem Partner nur einen Gefallen tun?

Ich selbst habe seit ca. 14 Jahren schwere Depressionen. Mal geht es mir gut, dann hatte ich aber auch schon schwere Tiefs so dass ich teilweise bis zu einem Jahr krankgeschrieben war. Und in der Psychiatrie war ich auch schon ein paar Mal.

So viel zum Hintergrund.

Mein Mann und ich hatten auch einen starken Kinderwunsch. Meine damalige Psychiaterin hat sich quasi geweigert, mich dahingehend zu unterstützen, Kinderwunsch und Medikamente gehen ihrer Ansicht nicht zusammen. Daraufhin habe ich den Psychiater gewechselt. Mein neuer, bei dem ich seitdem bin, vertrat die Meinung, dass das mit dem richtigen Medikament schon ginge. Ich habe das Medikament gewechselt und auch meine Frauenärztin mit einbezogen. Mein Sohn ist heute acht Jahre alt.

Als er zwei Jahre alt war, war ich 4 Wochen zum Medikamentenwechsel in der Psychiatrie. Als er drei bis vier Jahre alt war, ging es mir so schlecht, dass ich in nach der Arbeit aus der Kita geholt habe, ihn irgendwo in die Ecke gesetzt habe, mich aufs Sofa gelegt habe und gehofft habe, dass mein Mann bald von der Arbeit kommt. Ich habe mich also nicht angemessen um ihn kümmern können. Als er vier war, war ich zweimal sieben Wochen in der Psychiatrie, weil es mir so schlecht ging. Seitdem bin ich psychisch mehr oder weniger stabil, aber das Mutter-Sohn-Verhältnis ist nicht ganz ungetrübt. Eine Zeit lang hat er mich total ablehnend behandelt. Dann waren wir (da war er fünf) zusammen in Mutter-Kind-Kur. Seitdem ist unser Verhältnis besser geworden. OK, Papa ist immer noch der Held und ich bekomme keine Küsschen, aber damit kann ich leben.

Aktuell ist es so, dass mein Sohn in die zweite Klasse geht. Es gibt Schwierigkeiten in der Schule, da er verhaltensauffällig ist. Gott sei Dank nicht aggressiv, aber sehr laut, bockig und er hört nicht auf die Lehrerin. Deswegen haben wir viele Termine an der Backe (Gespräche in der Schule, Erziehungsberatung, Sohn zur Kinderpsychologin fahren) und machen uns natürlich Sorgen, wie es für ihn weitergeht. Da ich durch die Depression nicht so belastbar bin, wie der Durchschnittsmensch kostet mich das alles sehr viel Kraft, die an anderer Stelle fehlt. Zudem ist mein Sohn auch zu Hause überdurchschnittlich anstrengend. Auch mein Mann, der eigentlich die Ruhe und Gelassenheit in Person ist, stößt langsam an seine Grenzen. Ich wünsche mir oft, ich hätte mehr Zeit für mich selbst.

Fazit: So sehr ich meinen Sohn liebe, frage ich mich, ob mein Kinderwunsch mit all dem Wissen, dass ich heute habe, auch noch so groß wäre, wie damals. Überlegt es Dir gut. Ein Leben mit Kindern ist nicht automatisch glücklicher, ist es vor allem anders.

Schöne Grüße
Martina

19.02.2020 09:10 • x 2 #7

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