Jahrelang depressiv, fühle mich kaum mehr menschlich

M
Hallo,
ich bin mir nicht mal sicher was ich mir hiervon erhoffe aber vielleicht hat ja jemand einen hilfreichen Ratschlag parat.

Kurz zu mir:
Ich bin 23 Jahre alt, männlich studiere zwar momentan Biowissenschaften im 3. Semester, habe jedoch in den letzten 5 Monaten aufgehört mein Studium (Pflichtmodulpraktika+Prüfungen) aktiv zu absolvieren, weil ich an einem Punkt angekommen bin an dem ich kräftemäßig nicht mehr weitermachen konnte. Ich bin zwar immatrikuliert aber im Grunde ist das was ich gerade tue komplette Zeitverschwendung, weil meinerseits kein bisschen Interesse oder Motivation vorhanden ist. Ich weiß auch, dass ich niemals beruflich in dieser Fachrichtung einsteigen werde. Da ich mich in meinem jetzigen Zustand hilflos fühle und perspektivlos bin, führe ich dieses Schauspiel weiter (wohne zurzeit im Haus meiner Eltern die im Glauben sind, dass ich mein Studium durchziehen werde).

Dass mein Leben beruflich in keine erkennbare Richtung verläuft ist zwar eine Belastung aber das eigentliche Problem ist, meine schon seit der Kindheit vorhandene Depression die mir immer weiter meine Menschlichkeit raubt.
Ich erinnere mich nicht mehr ab wann genau es unerträglich wurde aber ~8.Klasse war mein Bedürfnis zu Sterben das erste mal groß genug um es mit Schlaftabletten, Schnap. und leicht bekleidet bei Minusgraden auf meinem Balkon zu versuchen. Es lief damals nicht wie geplant und ich bin nur verkotzt und durchgefroren aufgewacht. Im Nachhinein war es gut so, weil ich zwei tolle Schwestern habe und mein Tod sie vielleicht sogar ruiniert hätte was ich eigentlich niemals wollte.

Nach meinem Scheitern habe ich mich darauf konzentriert es nicht wieder zu versuchen und einfach immer weitergemacht um meiner Familie meinen Suizid nicht aufzubürden. Die Familie meiner Tante ist daran schon zerbrochen und sowas hat Niemand verdient.
Da ich für mich sowieso keine Zukunft sah und mich ehrlich gesagt nichts an diese Welt gebunden hat, habe ich weiter einfach irgendetwas gemacht was mich nicht viel Kraft kosten würde. Nach der Realschule ging es dann also auf's Gymnasium wo ich 3 angenehme Jahre verbrachte, weil ich dort exzessiv und eigentlich täglich mit Freunden Koma saufen betrieben habe. Der Alk. ist nach wie vor meine Eigentherapiemethode wenn der Drang nach Suizid zu stark wird und ich kurz davor bin. Er ist wirklich das Einzige was mich kurzzeitig daran erinnert, dass ich ein Mensch bin und mich vergessen lässt.
Ich trinke allerdings nicht mehr täglich, weil ich anhand meiner Mutter gesehen habe was Alk. mit einer menschlichen Psyche anstellen kann und ich dahingehend ein bisschen traumatisiert und abgestoßen bin.

Nach dem Abi folgte die Mechatronikerausbildung die ich abbrach, jahrelanges jobben als alle möglichen Aushilfen, überwiegend schwarz wodurch ich im Lebenslauf nicht wirklich etwas vorzuweisen hätte, und letztendlich eine weitere Verzweiflungstat in der Hoffnung Zeit zu schinden, nämlich die Immatrikulation an der Uni.

Ich bin über die Jahre als Mensch körperlich aber vor allem psychisch so verkommen, dass ich objektiv betrachtet ein absolut, inkompetenter Versager geworden bin. Um das nicht so leer im Raum stehen zu lassen versuche ich mal meine Probleme etwas präziser zu beschreiben
Ich habe schon vor Jahren die Fähigkeit verloren mich konzentrieren zu können, Dro.einfluss in Form von Zig. geben mir vlt. 5 Konzentrationsminuten wenn es denn mal für Prüfungen sein musste (bin praktisch Kettenraucher in Prüfungsphasen) aber eigenständig ist es unmöglich geworden. Konzentrationsstörung ist kein Ausdruck mehr hierfür, ich fühle mich fast Dement. Ich habe Rückenschmerzen und Migräne, seit Jahren starkes Sodbrennen und Verdauungsprobleme, mein Schlaf erschöpft mich mehr als dass er mir Energie gibt. Oft bin ich so entkräftet, dass mir schwindelig wird, vor allem in Stresssituationen(wie die Fahrt zur Prüfung) fühle ich mich seit Neustem regelrecht blutleer und bekomme Schlafanfälle weswegen ich auch aufgehört habe Prüfungen zu besuchen. Ich habe regelmäßig Panikattacken auf die je nachdem wie lange sie gehen, mein Kreislauf zusammensackt und ich Schweißausbrüche bekomme, mir eiskalt wird und sich meine Blutgefäße zusammenziehen.

Ich habe Angst davor zu telefonieren und seit meiner Zeit in der ich jetzt überwiegend daheim sitze (~5 Monate) habe ich jetzt noch die Angst entwickelt mich in der Außenwelt, als der Versager der ich bin, blicken zu lassen. Ich tue es zwar wenn ich mit meinem Hund Gassi gehe aber ich gehe Menschen strikt aus dem Weg. Ich habe kaum mehr Kraft um zu sprechen, ich sage nur das nötigste und selbst das ist unfassbar anstrengend.

Ein großes Problem ist auch, dass ich ich mich Niemandem anvertrauen kann, weil durch meinen dummen, aggressiven Vater und meine schizophrene Mutter die mich oft schikaniert hat (weil ich meinem Vater optisch ähnlich sehe) ein riesiger Vertrauensbruch entstanden ist. In diesem Moment gibt es nicht eine Person auf der Welt die hierüber Bescheid weiß. Ich bin schon immer allein und einsam, vertrage aber gleichzeitig keine Gesellschaft und hasse Aufmerksamkeit.

Es gibt wirklich nichts mehr, das mich interessiert, was ich sehen, sagen oder fühlen möchte. Mein Körper fühlt sich jeden Moment so an als ob jede Zelle sich übergeben möchte, als gehöre ich hier schon lange nicht mehr hin, vor allem nicht in meinen Körper.
Ich habe nichts mehr was mich persönlich hier hält, und es wird schon seit über 10 Jahren kontinuierlich schlimmer.

Irgendwann kann man nicht mehr nur für andere leben obwohl ich mir das wünschen würde.
Auch wenn mir Aussagen wie: Es wird besser von anderen Depressiven im Kopf herumschwirren, hört sich sowas langsam nur noch wie ein schlechter Scherz für mich an.

Ich kann nicht mehr. Ich kann mir auch nicht selbst helfen oder helfen lassen.
Wann wird es besser?

27.03.2019 03:27 • #1


Juju
Hallo und herzlich willkommen.
Deine Geschichte erschüttert mich und ich kann Dir auch nicht sogen ob es und wann es besser wird.
Deine Altersangabe ist aber richtig? Anfang 20?
Wie ist denn das Verhältnis mittlerweile zu Deinen Schwestern?
Gibt es irgendetwas, was Dir in Deiner Vorstellung Spaß machen könnte? Ich weiß, diese Frage ist doof, aber vielleicht fällt Dir etwas ein? Wie ist denn die Beziehung zu Deinem Hund? Zu Tieren?

Liebe Grüße. Ich hoffe, dass Dich das Forum und seine Mitglieder Dich positiv begleiten können.

27.03.2019 09:01 • #2


Alexandra2
Lieber Mehanti,
Ich möchte Dich zuerst mal in den Arm nehmen, wenn Du erlaubst. Vieles von dem Du schreibst, kenne ich selbst. Von Suizidgedanken und - Versuch, Einsamkeit in der Welt, der zunehmende Kraftverlust und stetige Verschlechterung.
Du bist kein Versager, sondern hast mit dieser Krankheit unbehandelt viel geschafft. Sehr sehr viel.
Es wird Zeit, daß Du Dich behandeln lässt, einen guten Psychiater findest und Therapeuten. Es macht einen riesigen Unterschied, wenn sich der schwarze Betondeckel und irgendwann der Schleier lüftet und sich die Sicht auf die Welt ändert. Du wirst sehen.
In einer schweren Depression brauchen wir intensive Behandlung. Du kannst nur gewinnen, zumal Du in einer nachvollziehbaren Zeitschleife im Studium steckst, in der Du aus Ratlosigkeit verharrst.
Du kannst Deinen Hausarzt fragen nach einem Psychiater, diese sind versiert in der Behandlung.
Auch eine Psychosomatische Klinik kann helfen, allerdings gibt es Wartezeiten. Bis dahin hast Du vielleicht einen Arzt und Therapeuten gefunden und mit der Therapie begonnen.
Depressionen werden auch durch Neurotransmitter- Mangel und dieser auch durch (chronischen) Stress ausgelöst. Die richtigen Medikamente gleichen den Mangel aus und Stress Reaktionen haben sich im Organismus eingeprägt. Aber auch die lassen sich mindern.
Ich bin mein ganzes Leben depressiv, wie ich inzwischen weiß, was sich durch massiven Streß kontinuierlich verschlechterte. Ich konnte nichts dagegen tun, weil mein krankes Kind die ganze Kraft brauchte. Nun kann ich nie mehr arbeiten, mich sehr schlecht konzentrieren usw., habe Gottseidank nur mittlere Tiefs und hoffe, daß ich hie und da etwas Lebensfreude spüre. Das ist sehr viel für mich, in der schweren Depression ging gar nichts.
Hier bist Du in guter Gemeinschaft, hier findest Du Gehör, etwas Mut und ein bisschen Zuversicht. Nichts ist uns fremd, viele antworten, noch mehr Menschen lesen, Du bist nicht allein.
Liebe Grüße
Alexandra2

27.03.2019 09:46 • #3

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