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Frohe Weihnachten

Deadalus
Weihnachtskatze

Wenn ich an Weihnachten denke, fällt mir immer eine ganz bestimmte kleine Katze ein. Zum erstenmal begegnete ich ihr an einem Herbsttag, als Mrs. Ainsworth mich gebeten hatte, nach einem ihrer Hunde zu sehen. Überrascht schaute ich mir das kleine struppige Geschöpf an, das da vor dem Kamin saß.
Ich wusste gar nicht, dass Sie eine Katze haben, sagte ich.
Mrs. Ainsworth lächelte. Wir haben auch keine. Das ist Debbie. Sie ist eine Streunerin. Sie kommt zwei- oder dreimal in der Woche, und wir geben ihr etwas zu fressen.
Haben Sie den Eindruck, dass sie bei Ihnen bleiben möchte?
Nein. Mrs. Ainsworth schüttelte den Kopf. Sie ist ein scheues kleines Ding. Kommt hereingeschlichen, frisst ein bisschen, und schon ist sie wieder weg. Sie hat etwas Rührendes, aber sie will offenbar weder mit mir noch mit irgend jemand sonst etwas zu tun haben.

Ich sah mir die Katze wieder an. Aber heute will sie nicht einfach nur gefüttert werden.
Das stimmt. Es ist komisch, aber ab und zu kommt sie hereingehuscht und sitzt ein paar Minuten am Kamin. Als ob sie sich einmal etwas Gutes gönnen möchte.
Ja, ich verstehe. Es war etwas Außergewöhnliches in Debbies Haltung. Sie saß kerzengerade auf dem dicken Teppich vor dem Kamin und machte keine Anstalten, sich zusammenzurollen oder zu putzen, sondern blickte nur still vor sich hin. Und irgend etwas an dem staubigen Schwarz ihres Fells, ihrem halbwilden, mageren Äußeren sagte mir, dass das hier ein besonderes Ereignis in ihrem Leben war, eine seltene und wunderbare Sache. Sie genoss voll Wonne eine Behaglichkeit, von der sie sonst nicht einmal träumen konnte.

Während ich sie noch beobachtete, drehte sie sich um, schlich lautlos aus dem Zimmer und war fort. So ist das immer mit Debbie, lachte Mrs. Ainsworth. Sie bleibt nie länger als zehn Minuten.
Mrs. Ainsworth war eine mollige Frau mit freundlichem Gesicht, etwas über vierzig und genau so, wie ein Tierarzt sich seine Kunden wünscht - wohlhabend, großzügig und Besitzern von drei verhätschelten Bassets. Der für diese Rasse typische leidende Gesichtsausdruck brauchte sich nur ein wenig zu verstärken, und schon geriet Mrs. Ainsworth in größte Aufregung und eilte ans Telefon.

Meine Besuche bei Mrs. Ainsworth waren deshalb häufig, aber ohne ernsten Hintergrund, und ich hatte reichlich Gelegenheit, die Katze zu beobachten, die mich brennend interessierte. Einmal lagen die drei Bassets malerisch auf dem Kaminteppich und schnarchten, während Debbie in ihrer üblichen Haltung mitten unter ihnen saß - aufrecht, angespannt, den Blick traumverloren auf die glühenden Kohlen gerichtet.
Diesmal versuchte ich mich mit ihr anzufreunden. Mit geduldigem Schmeicheln und sanftem Zureden gelang es mir, mit einem Finger ihren Hals zu streicheln. Sie antwortete darauf, indem sie sich an meiner Hand rieb, wandte sich aber gleich danach zum Aufbruch. Sobald sie aus dem Haus war, schoss sie durch eine Lücke in der Hecke, und das letzte, was ich sah, war eine kleine schwarze Gestalt, die über das nasse Feld flitzte.
Ich möchte nur wissen, wohin sie geht, sagte ich leise vor mich hin.
Mrs. Ainsworth stand plötzlich neben mir. Wir sind bis heute nicht dahintergekommen.

Erst am Weihnachtsmorgen hörte ich wieder von Mrs. Ainsworth. Sie entschuldigte sich gleich: Es tut mir so leid, Mr. Herriot, dass ich Sie ausgerechnet heute belästige. Aber bei aller Höflichkeit konnte sie die Sorge in ihrer Stimme nicht verbergen. Es ist wegen Debbie. Irgend etwas stimmt nicht mit ihr. Bitte kommen Sie schnell.
Als ich über den Marktplatz fuhr, dachte ich wieder einmal, dass Darrowby an Weihnachten aussah wie zur Zeit von Charles Dickens: der menschenleere Platz mit dem hohen Schnee auf dem Kopfsteinpflaster, der auch von den Traufen längs der gitterbekrönten Dachkanten herabhing, die bunten Lichter der Christbäume, die durch die Fenster der dicht zusammengedrängten Häuser funkelten, freundlich und einladend vor dem kalten Weiß der dahinterliegenden Hügel.
Mrs. Ainsworths Haus war über und über mit Lametta und Stechpalme geschmückt; aus der Küche drang ein verführerischer Duft von Truthahn mit Salbei- und Zwiebelfüllung. Aber ihre Augen blickten sorgenvoll, als sie mich durch die Diele führte. Debbie lag regungslos auf der Seite, und dicht neben ihr, an sie geschmiegt, ein winziges schwarzes Kätzchen. Ich habe sie einige Wochen nicht gesehen, sagte Mrs. Ainsworth. Dann kam sie vor etwa zwei Stunden hierher - stolperte irgendwie herein und trug das Junge im Maul. Sie legte es auf den Teppich, und ich habe mich zuerst darüber amüsiert. Aber dann sah ich, dass etwas nicht stimmte.

Ich kniete nieder und fühlte mit der Hand über Debbies Hals und Rippen. Sie war magerer als je zuvor, ihr Fell war schmutzig und schlammverkrustet. Als ich ihr Augenlid herunterzog und die glanzlose weiße Bindehaut sah, wusste ich Bescheid. Während ich den Unterleib abtastete, schlossen sich meine Finger um einen harten Knoten tief in den Eingeweiden. Fortgeschrittenes Lymphosarkom. Endstadium und hoffnungslos.
Ich sagte es Mrs Ainsworth. Sie liegt im Sterben - im Koma; sie leidet nicht mehr.
Oh, das arme Ding! Sie schluchzte und streichelte immer wieder den Kopf der Katze, während ihre Tränen auf das verfilzte Fell tropften. Was muss sie durchgemacht haben! Ich hätte mehr für sie tun sollen.
Ein paar Augenblicke schwieg ich, denn ich verstand ihren Kummer. Dann sagte ich beruhigend: Niemand hätte mehr tun können, als Sie getan haben.
Aber ich hätte sie hier behalten sollen - sie hätte es gut gehabt. Es muss schrecklich gewesen sein da draußen in der Kälte, als sie so krank war. Und dann hatte sie auch noch Junge! Wie viele mögen es wohl gewesen sein?
Ich zuckte die Achseln. Das werden wir wohl nie erfahren. Vielleicht nur dieses eine. Manchmal kommt das vor. Und ausgerechnet zu Ihnen hat sie es gebracht, überlegen Sie mal.
Ja, das schon. Als Mrs. Ainsworth das schmutzige schwarze Bündel aufhob, öffnete sich das winzige Mäulchen zu einem tonlosen Miau. Ist das nicht seltsam? Sie war schon halb tot und brachte ihr Junges hierher. Und gerade zu Weihnachten. Ich beugte mich nieder und legte die Hand auf Debbies Herz. Es schlug nicht mehr. Ich hüllte den kleinen Körper in ein Tuch und trug ihn in den Wagen. Als ich zurückkam, streichelte Mrs. Ainsworth noch immer das Kätzchen, und ihre Tränen waren versiegt. Ich hatte noch nie in meinem Leben eine Katze.
Ich lächelte. Nun, es sieht ganz so aus, als hätten Sie jetzt eine.

Das Kätzchen wuchs rasch zu einem schönen Kater heran, dem sein ungestümes Wesen den Namen Frechdachs einbrachte. Er war in jeder Hinsicht das Gegenteil seiner scheuen Mutter. Wie ein König stolzierte er über die prächtigen Teppiche im Hause Ainsworth.
Bei meinen Besuchen beobachtete ich mit Vergnügen, wie er sich entwickelte, und ganz besonders gern erinnere ich mich an das Weihnachtsfest ein Jahr nach seinem Einzug.
Ich war wie üblich unterwegs gewesen - die Tiere haben bis heute nicht gelernt, Weihnachten als einen Feiertag anzusehen. Das viele Anstoßen mit gastfreundlichen Bauern hatte mich in eine rosige Stimmung versetzt, und auf dem Heimweg hörte ich Mrs. Ainsworth rufen: Frohe Weihnachten, Mr. Herriot! Kommen Sie herein, und trinken Sie etwas zum Aufwärmen! Das Aufwärmen hatte ich nicht nötig, aber ich fuhr ohne zu zögern in die Auffahrt. Im Haus war alles froh und festlich wie ein Jahr zuvor. Und diesmal gab es keinerlei Grund zu irgendeinem Kummer - Frechdachs war ja da.
Mrs. Ainsworth lachte. Wissen Sie, für die Hunde ist er ein rechter Quälgeist. Für die Bassets war das Auftauchen des Katers so etwas wie das Eindringen eines Flegels in einen exklusiven Klub.
Ich möchte Ihnen etwas zeigen. Mrs. Ainsworth nahm einen harten Gummiball von einem Schränkchen und ging hinaus. Frechdachs folgte ihr. Sie warf den Ball über den Rasen, und der Kater sprang ihm nach; dabei konnte man seine Muskeln unter dem schwarzglänzenden Fell spielen sehen. Er packte den Ball mit den Zähnen, trug ihn zu seiner Herrin, ließ ihn fallen und wartete gespannt. Ich traute meinen Augen nicht. Eine Katze, die apportierte!
Die Bassets schauten voller Verachtung zu. Nichts hätte sie jemals dazu bringen können, hinter einem Ball herzujagen. Mrs. Ainsworth wandte sich zu mir: Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?
Nein, erwiderte ich, noch nie. Das ist ja wirklich ein ganz besonderer Kater.
Sie nahm Frechdachs auf, hielt ihn dicht ans Gesicht und lachte, als er schnurrte und sich verzückt an ihre Wange schmiegte. Als ich ihn ansah, ein Bild des Glücks und der Zufriedenheit, musste ich an seine Mutter denken. Ging ich zu weit, wenn ich mir vorstellte, dass diese todkranke Kreatur mit letzter Kraft ihr Junges zu dem einzigen behaglich warmen Plätzchen brachte, das sie je kennen gelernt hatte, in der Hoffnung, dass es ihm dort gut gehen werde? Vielleicht.
Aber ich war offenbar nicht der einzige, der so dachte. Mrs. Ainsworth lächelte mir zu. Debbie würde sich freuen, sagte sie. Ich nickte. Ja, ganz sicher. Es war genau heute vor einem Jahr, als sie ihn herbrachte, nicht wahr?
Ja. Sie drückte Frechdachs an sich. Das schönste Weihnachtsgeschenk, das ich je bekommen habe.

29.11.2009 20:19 • #16


A
... wunderbar...!

04.12.2009 11:44 • #17


A


Hallo Gabi22,

Frohe Weihnachten

x 3#3


3noby1
Zitat von Alannis:
... wunderbar...!


ja !

@ moonlightwoman : danke !

06.12.2009 09:43 • #18


Deadalus
Sehr schön ....

Mondlichtfrau....

Jetzt träum ich mal weiter und denke an EUCH...

Semper Fidelis

Georg

06.12.2009 20:49 • #19


T
Wow!!!

Treffende Worte!

Träne

07.12.2009 09:59 • #20


Gabi22
Das Weihnachtslicht

Eines Abends im Advent, beschloss ich Weihnachten wieder einmal auf der Erde zu verbringen.
Ich war lange nicht mehr dort gewesen.
Der Weg zur Erde war weit und beschwerlich und er wurde auch kaum mehr begangen, außer von ein paar Engeln. Diese mussten sich ab und zu da unten umsehen, denn sie schrieben die Chronik der Erde.

Nur einer machte sich Jahr für Jahr auf den Weg, das war der Weihnachtsmann. Viel Arbeit hatte er nicht mehr, denn es gab nur noch sehr wenig Kinder, die an ihn glaubten.
Für diese Kinder machte er sich besondere Mühe, denn sie waren seine Hoffnung für den Frieden der Erde.

Ich konnte den traurigen Erzählungen des Weihnachtsmannes kaum Glauben schenken, er war halt doch schon ein recht alter Mann. Auch die Chronik, welche die Engel schrieben, erschien mir nicht wahr. Diese Engel übertreiben doch immer wieder. Ich wollte mich selbst davon überzeugen!

So kam es, das ich am Morgen des Weihnachtstages auf der Erde landete, und war entsetzt über all die Dinge, die ich mir ansehen musste: Leute im Geschenke – Kaufrausch Weihnachtslieder plärren aus Lautsprechern - angespannte, gehetzte Gesichter - schlichtweg ein Durcheinander, das es früher nie gegeben hatte.
Beim Kommentar einer jungen Frau horchte ich jedoch auf:
„Dieses Weihnachtsgetue nervt mich, hoffentlich ist der Rummel bald vorbei!
Das ist er wohl, dachte ich mir. Die Leute tun nur noch so, als ob Weihnachten wäre, das eigentliche Weihnachtsgefühl kennen sie schon längst nicht mehr.
Auch abends in den Familien wurde es kaum besser.

Schnell - schnell, in die Kirche. Heute muss man da ja hin, es ist doch Weihnachten - rasch nach Hause, das Essen wird sonst kalt. Der Teller ist noch nicht leer, da quengeln schon die Kinder. Sie wollen ihre Geschenke, schließlich hat man sie lange genug neugierig gemacht. Gleich - ist es soweit - JETZT...

Mir standen die Tränen in den Augen, so traurig war ich lange nicht gewesen. Ich musste etwas tun, um den Menschen wieder echte Freude zu schenken.
Da kam mir eine Idee: Ich hatte ja noch mein Weihnachtslicht einstecken! Mit dem tröstete ich im Himmel kleine Engelchen, die von ihrer Wolke gefallen waren, oder spendete Trost für alle, die traurig waren. Wieso sollte dieses Licht auf der Erde nicht auch seine Wirkung tun? Rasch griff ich in meine Tasche und streute Weihnachtslicht in jedes Haus. Kein einziges habe ich vergessen.

Auf einmal wurde es überall still. Den Menschen wurde warm ums Herz. Die Erwachsenen wollten sich zuerst gegen dieses Gefühl wehren, denn sie kannten es nicht oder hatten es vergessen. Die Kinder aber, sie nahmen es sofort an. Für sie war es das Schönste, was sie je erlebt hatten.
Die Alten lächelten still. Ja, Weihnachten hatte seinen Zauber wieder, der im Laufe der Zeit verloren gegangen war.

So etwas darf nie mehr geschehen dachte ich mir und ließ vorsorglich eine ganze Menge Weihnachtslicht auf der Erde zurück, bevor es ich mich wieder auf den Heimweg machte.
Dieses besondere Licht brennt seitdem in jeder Kerze und bringt Frieden und Zuneigung, aber auch Ruhe und Nachdenklichkeit in die Häuser und Herzen der Menschen.

Ja, ja brummte der Weihnachtsmann wohlwollend, als er mich bei seiner Heimkehr empfing. Du hast den Menschen das schönste aller Geschenke gemacht, du hast ihnen die Freude gegeben.
Damit wandte er sich um und ging zu seiner Weihnachtswerkstatt.

10.12.2009 11:21 • #21


M
Hallo Gabi,
die Geschichte habe ich auch und verschenke sie gerne in diesen Weihnachtstagen.

Aber hier habe ich noch eine wunderbare Geschichte:

Der Tag, an dem sich Weihnachtsmann und Osterhase trafen

„Was machst du denn noch hier?“ wunderte sich der Osterhase, als er den Weihnachtsmann auf der Fensterbank sah. „Deine Zeit ist ja nun wirklich vorbei. Wir haben doch schon Ende Januar!“ wurde der Osterhase richtig laut. „Ich stehe hier, solange ich will und solange mich Herr und Frau Martens hier stehen haben wollen!“ verteidigte sich der hölzerne Weihnachtsmann, der sich auf seinem Stecken aufstützte. „Schau her, das Tannengrün neben dir, passt auch nicht mehr in die Zeit!“ gab der Osterhase ihm weiter zu verstehen. „Ich bringe Blumen für die Fensterbank, das passt viel besser.“ und zeigte dabei auf die Pflanze mit dem Keramiktopf, den er mit sich trug. „Es ist ein Usambaraveilchen, weißt du?“ erklärte der Osterhase dem Weihnachtsmann.

Nun mischte sich auch der Esel aus Ton in das Gespräch mit ein. „Ich passe wohl auch nicht mehr hierher, hm? Die ganzen Feiertage über, habe ich zusammen mit dem Ochsen und Maria und Josef an der Krippe, das Jesuskind bewacht und dann kann man sich noch nicht mal von der Arbeit ausruhen!“ Der Esel blickte den Osterhasen wütend an. „Außerdem wollte die Frau des Hauses mich noch hier behalten, weil ich ein besonderes und darüber hinaus zeitloses Kunstwerk bin. Ich passe zu jeder Zeit hierher. Mich hat man, soviel ich weiß, vor langer Zeit im Werkunterricht liebevoll hergestellt und seitdem stehe ich hier an meinem Platz! Nur an den Weihnachtstagen verlasse ich ihn, um an der Krippe zu stehen.“

Der Osterhase hatte die letzten Worte des Esels nicht mehr mitbekommen und sah sich weiter um. Da erblickte er zwei Engel auf der Fensterbank, die zwei Kerzen in den Händen hielten und ihren Kopf nach oben streckten. Ihr Mund war zum Singen leicht geöffnet. Der Osterhase wunderte sich, wie fröhlich und anmutig die beiden Engel ihre Lieder schmetterten. „Für euch ist die Zeit doch auch schon abgelaufen! Habt ihr etwa Weihnachten verschlafen?“ rief er den Engeln zu, die sich vom Singen nicht abhalten ließen. Als sie das Lied beendet hatten, ergriff plötzlich einer der beiden Engel das Wort: „Übrigens, Osterhase, nun mach mal einen Punkt. Wir gehören das ganze Jahr über unter die Menschen und nicht nur zur Weihnachtszeit! Verstehst du das? Und darum stehen wir noch hier!“ „Es geht mir doch nur darum, dass ich meinen Blumentopf irgendwo hinstellen kann. Ich wüsste jedenfalls keinen besseren Ort, als vor dem Fenster. Und Blumen brauchen nun einmal Licht!“ verteidigte sich der Osterhase und sein linkes Ohr knickte vor lauter Kummer ein.

Der Weihnachtsmann hatte die ganze Zeit über dem Gespräch gelauscht und war sehr nachdenklich geworden. „Wollen wir uns nicht in Ruhe unterhalten und das Problem lösen? Setze dich doch einfach zu uns auf den Tannenzweig und den Blumentopf stellst du neben dich. Für dich ist noch Platz genug, du brauchst uns nicht in deiner Ungeduld zu vertreiben.“ Der Weihnachtsmann fuhr weiter fort: „Vielleicht sind wir schon in ein oder zwei Wochen weg. Ich zumindest. Warte doch mal ab!“ beschwichtigte der Weihnachtsmann den Osterhasen.

„Die Weihnachtsmänner, die ich kenne, sind schon alle in der Kiste!“ „Was sagst du?“ fragte einer der Engel erschrocken. „Ich meine, die sind schon alle in den Keller gepackt, um im nächsten Jahr wieder herausgeholt zu werden.“ ergänzte der Weihnachtsmann. „Solange soll ich hier warten, bis ihr endlich Platz macht? Ich muss unbedingt auf die Fensterbank, sonst geht mein Usambaraveilchen noch ein!“ rief der Osterhase ärgerlich.

„Hey, vielleicht können wir uns über unsere Arbeit unterhalten, wo du schon mal da bist.“ hatte der Weihnachtsmann auf einmal eine Idee. „Wir haben doch eine ähnliche Aufgabe bei den Menschen zu erfüllen, hast du das vergessen?“ „Wieso?“ fragte der Osterhase verständnislos und stellte seine langen Ohren auf. „Ja, überleg` doch mal!“ half der Weihnachtsmann ihm auf die Sprünge. „Du schenkst den Kindern schöne, bunte Ostereier und Schokolade und ich schenke ihnen Weihnachtsmänner und andere Figuren aus Schokolade, Spielzeug oder andere nützliche Sachen. Außerdem gibt es bunte Kugeln und anderen Weihnachtsschmuck zum Fest.“ „Stimmt!“ musste der Osterhase zugeben. „So sehr unterscheiden wir uns in unserer Arbeit und vom Sinn unserer Feste gar nicht voneinander.

Wir beide sind Boten einer anderen Welt und künden neues Leben an!“ erklärte der Weihnachtsmann weiter. „Deine Aufgabe ist es, die Ostereier als Symbol für den Anbruch neuen Lebens zu verschenken. Die Christen sagen dazu Auferstehung.“ „Und Deine Aufgabe,“ sagte der Osterhase, „ist es, mit den Geschenken die Menschen an das größte Geschenk zu erinnern, das ihnen an Weihnachten gemacht wurde: Die Geburt eines Kindes, das den Namen Jesus trägt.“ „Ja und Engel gibt es an Weihnachten ebenso, wie zu Ostern!“ riefen beide Engel wie aus einem Mund. „Es ist doch seltsam,“ sagte der Osterhase, der nun auch sehr nachdenklich geworden war, „dass wir soviel gemeinsam haben.“ „Das ist wahr! Ich denke gerade an die Engel in der Weihnachtsgeschichte, die den Hirten die Nachricht von der Geburt des Jesuskindes mit den Worten überbrachten: „Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird, denn euch ist heute der Heiland geboren…!“ Der Weihnachtsmann machte eine kurze Pause.

„Mir fällt ein, dass auch an Ostern Engel eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hatten. Sie waren es, die den schweren Stein vom Grab wälzten.“ meinte der Esel, der gar nicht so dumm war, wie man es von ihm behauptete. „Ja und als Jesus von seinem Vater nach drei Tagen vom Tod auferweckt wurde, standen Engel als Gottes Boten vor dem leeren Grab und verkündeten den Frauen die gute Nachricht, dass Jesus lebt.“ beeilte sich der Weihnachtsmann zu sagen.
„Und zu der Maria Magdalena haben sie auch etwas gesagt, weil sie so traurig war“ wusste der Esel noch zu berichten. „Ist das nicht unglaublich, welche wichtige Rolle Engel an Ostern und Weihnachten spielen?“ wandte der Weihnachtsmann sich an den Osterhasen.

„Meine Rolle ist auch nicht zu verachten!“ mischte sich wieder der Esel ins Gespräch ein. „Ohne mich wäre dem Ochsen an der Krippe sicher langweilig. Und in der Ostergeschichte bin ich auch wichtig, denn ich trage schließlich Jesus beim Einzug nach Jerusalem auf meinem Rücken, wenn das nichts ist?!“

Der Osterhase hatte dem Esel nur ungern zugehört und wollte sich gerade auf den Tannenast, der auf der Fensterbank lag, niedersetzen, als er plötzlich aufschrie: „Arbeitsunfähigkeit, die Tannennadeln pieksen ja erbärmlich! Ich brauche endlich einen besseren Platz!“„Ich gebe dir meinen Holzstecken, auf den kannst du dich setzen!“ Der Weihnachtsmann hielt ihm den entgegen. „Gib` mir lieber deinen leeren Rucksack, auf dem sitze ich weicher!“ antwortete der Osterhase.

Als sie miteinander eine Weile gesessen hatten, hörten sie neben sich ein leises Gurren. „Was ist das?“ fragte der Osterhase erschrocken. Als er sich umdrehte, sah er einen weißen Vogel auf dem Tannengrün sitzen. „Wo kommst du denn her?“ wollte der Osterhase wissen. „Warum bist du nicht in deinem Winterquartier? Zum Ausfliegen ist es doch noch viel zu früh in dieser kalten Jahreszeit.“ „Ich bin eine Friedenstaube,“ antwortete der weiße Vogel, „und bringe den Menschen und den Tieren Frieden. Aber wie ich sehe, ist wohl hier keine Arbeit für mich. Ich weiß nicht, warum man mich hierher bestellt hat? Komisch, man sagte mir, dass hier zwei Streithähne anzutreffen wären. Aber ich sehe hier niemanden streiten, auch keine Hähne!“

Da mussten alle herzhaft lachen. Als sie sich wieder beruhigt hatten, sah der Weihnachtsmann dem Osterhasen tief in die Augen. „Eigentlich ist doch Platz für alle auf der Fensterbank. Und selbst wenn wir uns mal in die Quere kommen, ist es doch alles halb so schlimm. Jeder von uns braucht für den anderen nur etwas Geduld.“ „Ja und es gibt immer eine Lösung.“ gab der Osterhase kleinlaut zu. „Und wenn wir uns nicht begegnet wären, hätten wir gar nicht herausgefunden, wie viel wir gemeinsam haben, stimmt`s?“ wandte sich der Weihnachtsmann an den Osterhasen und rückte seinen Bart zurecht.

© Gudrun Kropp, (*1955), Lyrikerin, Aphoristikerin, Kinder- und Sachbuchautorin Quelle : »Der empfindsame Weihnachtsbaum«, ungewöhnliche Geschichten, Gedichte Gedanken zur Advents- und Weihnachtszeit

11.12.2009 10:41 • #22


F
Und damit es mir Weihnachten nicht langweilig wird, denke ich mal lieber jetzt schon darüber nach, was man am Heiligen Abend so alles machen kann ? Bin zwar in einer Reha, aber werde die Tage nicht nur dort im Zimmer verbringen wollen, aber nur, wenn mir bis dahin Ideen eingefallen sind, was man in Berlin so machen könnte.

Vielleicht habt ihr ja ein paar nette Ideen.

Eichenlaub

11.12.2009 21:21 • #23


S
Hallo,

also in Berlin gibt es zig Möglichkeiten auch am Heiligen Abend und generell zu Weihnachten etwas zu machen. Ich selbst lebe in Berlin und weiß, dass das Angebot groß ist.

Vllt stöberst du mal hier: http://www.google.de/search?hl=deq=ver ... =aq=foq=

Du wirst sicherlich viele schöne Sachen machen können - wenn du es willst -.

Ich wünsche dir, dass du die Tage so verlebst, wie du dir es vorstellst.

LG von Serafina

11.12.2009 21:35 • #24


Mind
Weihnachten in einer Reha-Klinik? Ist es wenigstens Seehof? :-)

11.12.2009 23:13 • #25


A
Oh macht dich das nicht traurig ? mir graut schon vor weihnachten leider.
Tut dir den die Reha gut ?

LG rena

12.12.2009 00:35 • #26


Pyxidis
Weihnachten in der Reha oder in einer Klinik zu verbringen, muß nicht traurig sein. Ich habe vor zwei Jahren auch Weihnachten in der Klinik verbracht, weil ich absolut überhaupt keinen Menschen auf der Welt mehr hatte und auch nicht mehr alleine bleiben konnte. Und siehe da. Es waren noch zwei andere Patienten da, die auch niemanden hatten und Weihnachten mit mir gefeiert haben und es war schön. Ich habe Weihnachten mit diesen auch traurigen, kranken und einsamen Menschen verbracht und es war das erste Mal, daß ich wieder etwas klitzekleines fühlen konnte. Ich denke gerne an dieses Weihnachtsfest zurück.

Und Eichenlaub hört sich auch gar nicht so an, als wäre sie traurig darüber Weihnachten in der Reha zu feiern. Es hört sich vielmehr so an als freue sie sich ein paar schöne Tage in Berlin zu verbringen, oder irre ich mich da Eichenlaub?

Scorpio

12.12.2009 00:56 • #27


A
@scorpio war von mir wirklich nicht böse gemeint es tat/ tut mir nur so leid für sie , aber wenn es so ist da sie sich freut, dann freu ich mich für sie.
also hattest du damals dann also noch ein schönes weihnachtsfest ?

rena

12.12.2009 01:01 • #28


Pyxidis
Liebe Rena,

das weiß ich doch, daß es nicht böse gemeint war!

Aber ich glaube wirklich, so wie Eichenlaub sich anhört, daß sie nicht traurig ist. Aber dazu kann sie wahrscheinlich am Besten etwas sagen.

Und ja ich hatte ein schönes Fest, zwar nicht im klassischen Sinne, aber ich war sehr dankbar mit diesen beiden lieben Menschen zusammenseinzudürfen und wir waren sehr sehr nett zueinander. Wir haben zusammen gekocht. Ich soweit es mir möglich war. Sind zusammen in die Kirche gegangen, die beiden wollten beten und Menschen etwas wünschen, ich wollte einfach dabei sein und dann haben den Abend zusammen verbracht. Naja, vormittags war es nicht so schön, fast alle mir bekannten Arzte und Schwester waren nicht mehr da oder sind nach Hause gefahren und ich hatte damals diese absolut fürchterliche Angst vorm Alleinsein. Nein es war nicht nur Angst davor. Es war einfach nicht möglich. Ich konnte es nicht. Ich hätte es nicht ertragen. Nicht aushalten. Und dann waren diese beiden da und mir wurde auf einmal bewußt wie schrecklich in Bezug auf meine Familie es doch ist, daß zwei mir fast noch fremde Menschen besser zu mir sind und das Weihnachten mit ihnen zu verbringen viel schöner ist als es je mit meiner eigenen Familie war. Und dann hat es Klick gemacht. Ich wußte auf einmal, daß ich auch ein schönes Leben haben kann mit anderen Menschen mit Menschen, die nett zu mir sind, daß ich meine Familie dafür nicht brauche. Und diese Erkenntnis hat mir noch sehr geholfen auf meinem weiteren Weg. Deshalb ist es ein ganz besonderes Weihnachten für mich.

Liebe Grüße
Scorpio

12.12.2009 01:18 • #29


A


Hallo Gabi22,

x 4#15


F
Hallo Ihr,

vielen Dank für eure Antworten.

Nein traurig bin ich im Moment nicht so sehr, eher habe ich Angst. Angst davor völlig allein zu sein. Soziale Kontakte sind für mich schwierig.
Ich habe gedacht, wenn ich mich vorher schon mal etwas um die Organisation des 24.ten kümmere, dann falle ich nicht in ein emotionales Loch.
Aber das scheint auch in Berlin schwieriger als gedacht zu sein. Ich habe mir die Veranstaltungskalender angesehen und am 24.ten gibt es meist keine Veranstaltungen. Ab dem 25 ten fängt es dann wieder an.
Bisher höre ich nur von allen Seiten, dass die Meisten nach Hause fahren. In meinem Inneren möchte ich mich an diesem Tag verkriechen, aber ich weiß, dass das nur zum Zusammenbruch führt und ich möchte versuchen das zu verhindern, auch gegen innere Widerstände, hoffe nur die äußeren Umstände lassen das auch zu und ich finde Unternehmungen.

LG Eichenlaub

12.12.2009 10:03 • #30

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