
Oli
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Ich fange mal ganz pingelig an:
Ich habe heute einen neuen Kindersitz ins Auto gefummelt (mit zwei Star-OPs und Gleitsichtbrille sind die Anleitungen dafür echt - naja - nix für alte Väter halt).
Die Farbe des Sitzes wird vom Hersteller mit "Cognac" angegeben. Warum nennen die das nicht orange oder rote-bete-pipi? Oder halt irgendwie so, dass ein vierjähriges Kind etwas damit anfangen kann?
Diese Farbe war die knalligste Farbe, die im Angebot war. Alles andere war grau. Wenn man Glück hat, gibt es Kinderwagen und -sitze in dunkelgrau mit hellgrauen Applikationen (okay: ein paar Ladenhüter in gedecktem marineblau sind noch zu kriegen). Welches Kind hat als Lieblingsfarbe grau?
Die Sitze sind grau, damit sie gut ins graue Auto vors graue Haus in den grauen Kieselvorgarten passen. (Ich pointiere und übertreibe.)
Was ich sagen will: es geht bei vielem, was wir unseren Kindern angedeihen lassen, eher um uns als ums Kind. Das ist ja auch in Ordnung, wie ich finde, denn fröhliche Eltern sind goldwert für die Entwicklung von Kindern. Prima fände ich es aber, wenn wir unseren Wunsch, uns mit Hilfe unserer Kinder zu entfalten, auch so sehen würden und unser Verhalten nicht mit den Bedürfnissen des Kindes begründen würden und erst Recht nicht mit unterschiedlichen Bedürfnissen von Mädchen oder Jungen. Der einzige mir bekannte geschlechtsspezifische Unterschied von Kindern bis sechs Jahren ist jener der Intimpflege (und normalerweise ist die Frage nach der Intimpflege nicht eine der ersten, die man jemandem stellt, wenn man ihn zum ersten Mal trifft).
Die Frage von Freunden und Bekannten, ob das Neugeborene ein Mädchen oder ein Junge sei, ist also im Grunde die Frage danach, ob die Eltern zufrieden sind und sich vorstellen können, mit ihrem Kind ihre in das Kind projizierten Wünsche der Selbstentfaltung leben zu können. Wer das Leben mit Kindern als Sinn stiftend erlebt, der stiftet sich eben selbst diesen Lebenssinn. Es gibt ja mittlerweile eine ganze Menge Menschen, die keine Kinder haben, und ihr Leben deshalb dennoch nicht als komplett hohl ansehen - manche nennen das dann "kinderfrei" und nicht "kinderlos".
Kinder als für das eigene Leben in der eben geschilderten Weise als Sinn stiftend zu sehen, ist ja nicht verwerflich, aber es kann m.E., wenn es nicht bedacht wird, der Anstoß sein zu einer sich selbst verstärkenden Entwicklung hin zu eben jenen stereotypen Bildern von Männern und Frauen, die hier im Thread immer wieder zur Sprache kommen.