Erschöpfung meines Partners - er ist oft krank

cicera
Guten Abend Zusammen,

und einen freundlichen Gruß in das gesamte Forum

Also, da bin ich wieder, nur dieses Mal als Angehörige. Ich eröffne mal dieses Thema hier und befürchte doch gleichzeitig, dass ich (noch) gar nicht so strukturiert die jetzige Situation von meinem Partner und mir zusammenfassen kann, weil ich irgendwie noch gar nicht die Vogelperspektive darauf habe.

Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, ein paar Gedanken niederzuschreiben.

Mein Freund hat seit Januar 2012 einen essentiellen Tremor (hochfrequent), sprich ein andauerndes Handzittern in der rechten Hand, ähnlich wie bei Parkinson. Dazu ein Kopfzucken. Vermutlich hat er dies auch schon länger, aber er konnte es gut verstecken. Im besagten letzten Januar war er dann deshalb im Krankenhaus und es wurden etliche Tests durchgeführt. Unter anderem auch eine Hirnwasser-Untersuchung durch Entnahme von Nervenwasser aus dem Rückenmarkskanal. Ein Ergebnis gab es nicht, deshalb auch die Diagnose Tremor - das ist wohl so ein Art Oberbegriff für Zittern ohne erkennbare Ursache.

So genau weiß ich es jedoch nicht, und auch die einzelnen weiteren ärztlichen Schritte und Medikamente kann ich gar nicht im Detail benennen. Ich mache mir deshalb Vorwürfe. Vielleicht habe ich es zu lange als Lappalie angesehen? Als vorübergehende Störung? Ich habe die Krankheit lange nicht ernst genommen, auch wenn ich meinen Freund und seine Bedürfnisse sehr wohl ernst genommen habe.

Es ging ihm nach dem Krankenhausaufenthalt eigentlich gut, die Medikamente haben das Zittern verbessert. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass ich seine Müdigkeit, Abgespanntheit und Überbelastung in den folgenden Monaten zwar wahrgenommen habe, aber für mich einfach noch nicht das große Bild dazu klar war (heute weiß ich es besser). Ihn hat seine Arbeit komplett eingenommen, will heißen am Abend war er komplett ko und hat eigentlich gar nichts mehr gemacht außer auf der Couch zu liegen. Auch am Wochenende hieß es immer nur Ich will mich ausruhen. Bis auf einen kleinen Bummel in der Stadt haben wir ein Jahr lang nichts gemacht. Aber gut, ich bin auch eher häuslich veranlagt und habe es nicht als Warnzeichen gedeutet.

Heute weiß ich, dass es wohl schon eine ankommende Erschöpfung war. Seine Arbeit war auch Grund dafür - im Sommer 2011 (also ein halbes Jahr vor seinem Krankenhausaufenthalt) hat er einen Job angenommen, der sich ganz anders als wie im Vorstellungsgespräch besprochen darstellte. Um es kurz zu machen - er hatte weniger Verantwortung als vorher und wurde von seinem Teamleader, der als Puffer zu seinem Chef fungierte, im Endeffekt nur für minderwertige Hilfsarbeiten ausgenutzt. Teamwork, was ihm sehr wichtig ist, wurde überhaupt nicht gelebt. Man wollte nicht voneinander lernen, so wie mein Freund es mag und auch aus seinem letzten Job kannte. Ideen zur Veränderung wurden allerdings gerne von diesem Teamleader als (natürlich eigene!) Ideen beim Chef vermarktet.

Viele Kollegen in seinem Büro waren unzufrieden mit der Situation - er hatte allerdings als Einziger bereits nach einem Jahr (letzten Oktober) den Mut die Notbremse zu ziehen und wechselte intern in der Firma zum Kundenservice. Man muss dazu sagen, dass wir beide BWL studiert haben und ich kann daher mir vorstellen, dass dieser Wechsel vom Business Development zum Kundenservice auch schon einen Knacks an seinem Selbstwertgefühl darstellte. Ungerechtfertigt wie ich finde, da dies kein Call Center Job ist, sondern er die Logistikdienstleistunden eines Kunden zusammen mit drei anderen Kollegen koordiniert.
Er versuchte sich einzuleben und sich das Buchungssystem einzuverleiben. Er tat sich aber schwer aufgrund seiner Erschöpfung, der Müdigkeit und der Konzentrationsstörung. Teilweise ist dies auch seinen Medikamenten geschuldet – da sein Zittern quasi Ausdruck eines hochmotorigen Kreislaufes ist, wirken die Tabletten natürlich in die gegenteilige Richtung, bewirken ein Runterfahren des Kreislaufes, sprich Müdigkeit.

Naja, es war nicht all zu leicht, aber wir waren noch positiv gestimmt, weil sich schließlich jeder erst einmal in einen neuen Job einarbeiten muss.

Nun ja, hinzu kam nun, dass ich mich letzten Dezember für einen Arbeitsortwechsel entschieden habe und aus der gemeinsamen Wohnung aus- und 450km weggezogen bin. Vielleicht mag das unglaublich klingen, aber ich dachte wirklich, dass das funktionieren würde.

Man muss dazu sagen, dass wir schon immer sehr logisch dachten und jeder schon einmal in die Ferne gezogen ist, fürs Studium, für einen Job… wir haben unsere Fernbeziehung immer gemeistert und es als vorübergehendes notwendiges Übel angesehen. Wir sind seit fast acht Jahren zusammen und haben davon nur drei davon in jeweils der gleichen Stadt verbracht. Das war wie gesagt immer in Ordnung und ein bisschen haben wir es auch genossen. Man war sein eigener Herr und gleichzeitig war es natürlich aufregend und besonders schön, wenn man sich am Wochenende sah.

Genauso (heute sage ich: naiv) dachte ich eben auch dieses Mal, dass wir es schaffen als ich nun diesen Januar meinen Job an einem neuem Arbeitsort angetreten habe. Naja und heute haben wir den Salat. Er ist dieses Jahr schon monatelang krank gewesen. Die Symptome und seine depressive Verstimmung seit ein paar Wochen muss ich aber morgen aufschreiben. Ich bin jetzt sehr müde. Aber es tat gut, es aufzuschreiben.

Gute Nacht von Cicera

01.07.2013 23:16 • #1


Katie
Hallo liebe Cicera,

ich möchte dir nur als kleine Rückmeldung zurücklassen, dass ich deinen eingehenden Beitrag gelesen habe und mir vage vorstellen kann, dass du dich
von all den diffusen Problemen, die befürchtet werden könnten - jedoch nicht zwingend müssten - mit dem Rücken an die Wand gedrückt fühlst.
Schreib bitte weiter auf, wenn es dir gelingt, dazu die nötige Energie aufzubringen.

Oft hilft Schreiben doch mehr als man meint, um zu einer Vogelperspektive zu gelangen.

Viele Grüße

02.07.2013 23:56 • #2

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