Enttäuscht vom Leben - wieder Hoffnung finden

Nordlicht
Hallo,
ich möchte einmal meine heutige Enttäuschung niederschreiben. Ich weiß im Moment gar nicht mehr, wem ich zeigen kann, dass es mir nicht gut geht und wem lieber nicht. Ich leide seit einigen Jahren an Depressionen, was nicht heißt, dass es mir 365 Tage im Jahr schlecht geht und ich es ständig nach außen auch zeige. Also was ich eigentlich schreiben wollte: Ich bin ein riesengroßer Musikfan und gehe sehr gerne auf Konzerte. Ich habe Anfang des Jahres (oder Ende letzten Jahres) eine E-Mail von einem Mädel bekommen, die meine Lieblingsband auch mag und die ca. 80 km von mir wohnt und norddeutsche Gleichgesinnte sucht.

Wir hatten einen total intensiven Mailkontakt und haben uns nach einiger Zeit wie ein altes Ehepaar ;-) jeden Abend eine Gute-Nacht-SMS geschickt. :-) Ich hatte das Gefühl wir sind genau auf einer Wellenlinie, sie hat beruflich die gleiche Ausbildung wie ich und auch einen Stubentiger wie ich, ist ungefähr in meinem Alter ...

Dann haben wir uns Ende Februar auf einem Konzert in echt getroffen und der Kontakt wurde abrupt weniger, auch die SMS. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich in echt vielleicht doch nicht so mochte oder es an meinem Gewicht liegt (neben meinen Depressionen leide ich an einer Ess-Störung und bin etwas kräftiger; ich mache leider vieles von meinem Gewicht abhängig). Es war merkwürdig, dass der Kontakt so abebbte. Auf eine E-Mail vom 12.3. hatte ich auch noch keine Antwort und gestern hat sie mich gefragt, ob alles ok wäre, weil ich mich auf Facebook (dort bin ich gerne unterwegs und aktiv) so rar gemacht habe. Ich habe ihr dann geschrieben, dass es mir gerade nicht so gut geht und ob sie meine E-Mail gar nicht bekommen hat? Kann ja mal sein.

Als P.S.: habe ich ihr meine obigen Bedenken geschrieben und heute bekam ich als Antwort, dass sie mit Leuten, die Depressionen haben, nicht umgehen kann und mit solchen Leute nicht klar kommt, weil sie selbst mal sehr schlimme Depressionen hatte. Sie wäre trotzdem gerne weiter mit mir befreundet. WIE soll das denn bitte gehen? In einer Freundschaft sollte man doch zeigen können, wenn es einem nicht gut geht und das könnte ich bei ihr ja gar nicht. Vor unserem Treffen wollte sie sogar mit mir in den Urlaub fahren.

Ich weiß gerade nicht, was ich denken soll. Auf der einen Seite will sie sich sicherlich schützen, auf der anderen Seite ist es für mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich mag bald keine neuen Freundschaften knüpfen ... Ich bin verunsichert und enttäuscht. Vielen Dank fürs Lesen.

11.04.2012 19:17 • #1


G
Mhm, ich verstehe deine Sorgen. Ich denke aber auch, dass sie dir ja eine Tür offen gelassen hat. Sie will den Kontakt nicht gleich einstellen, sondern erstmal sehen wie es läuft. Ich kann das verstehen. Und natürlich ist es richtig, dass man in einer Freundschaft erzählen können sollte, was einen so bedrückt. Aber es darf nicht übertrieben werden. Und gerade wir Depressiven überbeanspruchen unsere Umgebung gerne mal. Und ich kann auch verstehen, dass man sich etwas schützen möchte. Gerade weil man als Ex-Depressiver weiß, wie schwierig diese Krankheit ist und man schneller wieder reingerät, als einem lieb ist.

Sieh doch diese Freundschaft einfach mal ganz nüchtern ohne Erwartungen. Hab weiter Kontakt wie bisher, unterhaltet euch. Das Thema Depression muss doch nicht besprochen werden.

11.04.2012 20:33 • #2


A


Hallo Nordlicht,

Enttäuscht vom Leben - wieder Hoffnung finden

x 3#3


Nordlicht
Vielen lieben Dank für Deine Antwort.

Nach dem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, ist es schon etwas besser geworden. Aber eine richtige Freundschaft werde ich mit ihr doch nicht aufbauen können, weil ich ihr nie zeigen könnte, wenn ich eine schlechte Phase habe. Dann wird es bei einer flüchtigen, oberflächlichen Bekanntschaft bleiben. Natürlich darf es in einer Freundschaft nicht übertrieben werden, aber bei ihr hätte ich das Gefühl, dass ich dann nie erzählen darf, wenn es mir nicht gut geht. Ich hätte gerade gedacht, dass ein Ex-Depressiver gerade weiß wie es ist, daran erkrankt zu sein.

12.04.2012 10:49 • #3


K
Hallo,
ich kann Deine Enttäuschung schon gut verstehen, aber ich kann Deine Bekannte auch verstehen.
Der Umgang mit depressiven Menschen ist nicht immer einfach und man kommt recht schnell an seine Grenze, es verunsichert einen und ausserdem hat man auch Angst das falsche zu sagen oder zu tun.
Mein Partner ist seit über 20 Jahren depressiv und obwohl ich da nun viel besser mit umgehen kann, gerate ich trotzdem immer wieder an meine Grenzen.
Sehe es doch erst einmal als lockere Bekanntschaft, vielleicht ergibt sich mehr daraus, vielleicht auch nicht,
es grüßt Dich Kämpfer

12.04.2012 13:22 • #4


Nordlicht
Hallo Kämpfer,

vielen Dank für Deine Nachricht. Ich hätte bei Ihrer Nachricht gerade gedacht, dass sie was wie es ist, wenn man Depressionen hat. Außerdem habe ich ihr gegenüber noch nie gezeigt, wenn ich eine schlechte Phase habe. In meiner Mail hatte ich nur geschrieben, dass es mir zurzeit nicht gut geht und ich mich deshalb etwas zurückgezogen habe. Ich werde es auch als lockere Bekanntschaft sehen. Nach Ihrer Mail sehe ich keine Basis und Zukunft für eine Freundschaft. Dann stünde ich immer unter Druck, dass ich ihr gegenüber immer gut drauf sein muss und nicht zeigen kann, dass es mir gerade nicht so gut geht.

13.04.2012 13:56 • #5


D
Ich halte reine Internetkontakte für wenig geeignet, um Freundschaften oder Partnerschaften aufzubauen (vor allem dann, wenn sie weit entfernt wohnen), denn man entwickelt meist ein Bild von seinem Gegenüber, das nicht der Wirklichkeit entspricht. In Deinem Fall stand sie wohl einfach nicht auf Dich, was wohl auf Äußerlichkeiten zurückzuführen ist.

Letztlich zählt auch nicht, ob man Depressionen hat oder nicht, sondern wie man sich nach außen verkauft. In unserer schnelllebigen, hedonistischen Konsumgesellschaft wollen sich die meisten Menschen eben nicht mit möglichen Problemfällen auseinandersetzen.

Ich bin auch ein großer Musikfreak, aber ich weiß zu genau, dass kaum eine Frau meinen Musikgeschmack teilt, von daher gebe ich diesen Dingen nicht zu viel Gewicht.

22.04.2012 17:37 • #6


B
Mir is das auch mal passiert, aber mit Depressionen hatte das nix zu tun, eher mit Sympathie.

Ich sollte eine Anstellung in England anfangen. Es war ein neues Team und ich bekam vor ab die Telefonnummern meiner zukünftigen Kollegen. Mit einer habe ich in den 2 Wochen vor Abreise täglich telefoniert. Wir haben uns super verstanden. Als wir uns dann in England in Person kennen lernten, waren wir uns gegenseitig so unsympathisch das wir nie wieder ein Wort gewechselt haben, zum glück hatte wir im Job auch nich viel miteinander zu tun.
Ich hätte mir das nie vorstellen können, aber es passiert, auch ohne Depressionen.

Ärger Dich nich zu lange drüber, so weißt Du wenigstes was Sache ist und die Sache verläuft nich im Sande und Du fragst Dich ständig was den das Problem ist. Die Wahrheit tut manchmal weh.

23.04.2012 06:44 • #7


K
Hallo,
bei mir ist es gerade so, das ich dabei bin, eine eventuelle Freundschaft zu einer depressiven Person aufzubauen -- so unterschiedlich kann es sein.
Ich arbeite seit fast 20 Jahren ehrenamtlich im Krankenhaus und diese Person ist seit gut 2 Jahren dabei. Wir haben beide Tiere und somit einen gemeinsamen Berührungspunkt, irgendwann hat sie mir dann von ihren Depressionen erzählt und das sie in die Klinik muß.
Trotz aller Schwierigkeiten muß ich sagen, das ich sie als Person sehr schätze, ob es eine wirkliche Freundschaft wird weiß ich nicht, avber ich könnte es mir vorstellen.
Gehe einfach alles langsam an und sehe es auch kritisch, das Internet gibt vielen Menschen die Möglichkeit, sich ganz anders dazustellen, denn hier sind sie nicht wirklich greifbar!
Es grüßt Dich Kämpfer

24.04.2012 21:57 • #8

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